Linux-Distribution für Profis

Debian 5.0 Lenny im Test

23.02.2009 von Markus Franz
Debian GNU/Linux ist als besonders stabile Linux-Distribution für den Server bekannt. Nach fast zwei Jahren Entwicklungszeit bringt die Open-Source-Community mit der Version 5.0, Codename Lenny, zahlreiche Verbesserungen für die Installation und den Betrieb.

Ubuntu Linux, das selbst auf Debian GNU/Linux basiert, erobert Stück für Stück den Desktop. Doch auf dem Server kann sich das Open-Source-System gegen die Mutterdistribution nur schwer durchsetzen: Hier bevorzugen Administratoren weiterhin Debian GNU/Linux, das als robust und schnell bekannt ist. Das letzte Release, Debian 4.0 (Etch), liegt schon fast 22 Monate zurück. Vergangene Woche haben die Entwickler fast termingerecht die neue Version freigegeben.

Debian 5.0 präsentiert auch weniger erfahrenen Nutzern einen übersichtlichen Desktop auf Gnome-Basis.

Debian GNU/Linux 5.0 läuft auf zahlreichen Hardwarearchitekturen, insgesamt werden zwölf Plattformen unterstützt: Sun Sparc, HP Alpha und Risc, IBM PowerPC und S/390, Intel IA-32 und IA-64, Mips, ARM sowie AMD64 und Intel EM64T. Neu in Debian GNU/Linux 5.0 ist die Unterstützung der Orion-Plattform von Marvell, die in vielen Speichergeräten verwendet. Unterstützte Speichergeräte sind die QNAP Turbo Station, HP Media Vault mv2120 und Buffalo Kurobox Pro. Zusätzlich unterstützt Lenny jetzt mehrere Netbooks, insbesondere den Eee PC von Asus.

Erleichterte Installation

Das größte Hindernis für eine weitere Verbreitung von Debian GNU/Linux war bisher die recht schwierige Installation: Es gab keinen ausgereiften grafischen Installer und keine Live-CDs, mit deren Hilfe man das System direkt ohne Installation ausprobieren konnte. Hier muss sich Debian zudem auch mit etablierten Konkurrenten wie Ubuntu oder OpenSuSE messen. Mit Lenny hat die Entwicklergemeinde nun Boden gut gemacht. Der grafische Installer lässt sich bereits im Bootmenü bei der Installation auswählen. Besonders Linux-Einsteigern bleibt so der lästige Textmodus erspart.

Auch an diesem Punkt richtet sich Debian aber weiter vor allem an erfahrene Anwender: Der Komfort im Installer lässt zu wünschen übrig. Sowohl die Partitionierung als auch der Bootloader lassen sich weiterhin nicht besonders benutzerfreundlich konfigurieren: Für die Installation von GRUB muss man sich selbst merken, wie man zuvor die Festplatte aufgeteilt hat. Gegenüber Ubuntu kann Debian aber bei der grafischen Konfiguration von Software-RAIDs punkten, die elegant gelöst ist.

Gnome auf dem Desktop

Debian GNU/Linux lässt sich von verschiedenen Medien installieren. Die bevorzugte Arbeitsumgebung Gnome ist nun schon auf der ersten CD enthalten, sodass ein grundlegendes System keine weiteren Datenträger benötigt. Auf den zusätzlichen CD/DVD-Images befindet sich wie üblich eine Vielzahl an Software, die nach Prioritäten sortiert wurde - wichtige Pakete sind auf den vorderen CDs gelandet, unwichtigere eher auf den CDs mit einem höheren Index. Erstmals gibt es mit Lenny auch Blu-Ray-Medien, die die Auslieferung aller Pakete für eine gesamte Architektur auf einem einzigen Datenträger erlauben.

Neben den klassischen Medien kann Debian GNU/Linux jetzt auch direkt ohne vorherige Installation verwendet werden. Lenny hat die sogenannten Live Images eingeführt, mit deren Hilfe man ein funktionsfähiges Linux direkt von CD oder USB-Stick - oder auch aus dem Netzwerk - starten kann. Zunächst gibt es die Live-CDs aber nur für die x86- und x64-Architektur.

Schwierig wird es bei der Installation von Debian, wenn man Geräte mit spezieller Firmware braucht. Die Pakete dazu sind nicht auf den CD/DVD-Images, sondern nur im Netz verfügbar - auf sie ist der Zugriff jedoch unmöglich, wenn man gerade für WLAN die Treiber erst noch einspielen muss. Hier setzt Debian zwar die Philosophie fort, keinerlei proprietäre Software direkt auszuliefern. Doch für den Heimanwender wird es damit unnötig schwer. Ansonsten funktioniert die Hardwareerkennung aber recht zuverlässig. Mit der Integration von X.Org 7.3 konfiguriert sich der X-Server bei der meisten Hardware selbst. Neu eingeführte Pakete erlauben die komplette Unterstützung des NTFS-Dateisystems und die Verwendung der meisten Multimedia-Tasten ohne zusätzliche Konfiguration. Verbesserungen für Notebooks wurden integriert, wie die CPU-Frequenzskalierung ohne zusätzliche Konfiguration.

Aktualisierte Pakete und Java

Wie immer ist Debian GNU/Linux zwar nicht ganz auf dem aktuellsten Stand, besticht aber durch etwas ältere Software, deren größte Sicherheitslücken und Fehler bereits bekannt und ausgebessert sind. Da dies gleichzeitig einer der größten Kritikpunkte an der Distribution ist, vollzieht Lenny hier einen Spagat zwischen Aktualität und Stabilität. Die Pakete sind tendenziell aktueller, hinken aber immer noch deutlich der Konkurrenz Ubuntu und OpenSuSE- hinterher.

Lenny enthält außerdem eine Vielzahl aktualisierter Softwarepaketen, darunter KDE 3.5.10, eine verbesserte Version des Gnome-Desktop 2.22.2 sowie XFCE 4.4.2 und X.Org 7.3. Hinzu kommen OpenOffice 2.4.1, Gimp 2.4.7, Iceweasel 3.0.6 und Icedove 2.0.0.19 (die Debian-Versionen von Firefox und Thunderbird), ferner die Datenbanken PostgreSQL 8.3.6 und MySQL 5.0.51, Apache 2.2.9 und Samba 3.2.5. Mit dem Kernel 2.6.26, der GNU Compiler Collection 4.3.2 und dem Xen Hypervisor 3.2.1 ist auch der Kern der Distribution recht aktuell. Zusätzlich gibt es mehr als 23.000 zusätzliche Pakete.

Erstmals ist in Lenny Java enthalten: Nachdem Sun Microsystems die Programmiersprache und die Laufzeitumgebung Schritt für Schritt als Open Source freigegeben hat, hat die Community nun eine komplett freie Alternative zur Sun Java Virtual Machine gebaut. Mit dem OpenJDK 6 und GNU-Classpath liefert das Main-Repository nun erstmals Java und Java-Anwendungen aus. Bisher war das auf Grund der schwierigen Lizenzpolitik nicht möglich. Besonders für Heimanwender, Programmierer und auf dem Server dürfte sich das positiv bemerkbar machen.

Internationalisierung erweitert

Auch an der Internationalisierung haben die Lenny-Entwickler weiter gearbeitet: Das Installationssystem für Debian GNU/Linux 5.0 wurde in 63 Sprachen übersetzt. Für Benutzer, deren Muttersprache nicht Englisch ist, unterstützt die Paketverwaltung jetzt übersetzte Beschreibungen. Damit wird automatisch die Beschreibung in der jeweiligen Muttersprache des Benutzers angezeigt, falls die Übersetzung existiert. Auch im Bereich Multimedia hat sich mit Lenny einiges getan: Erstmals haben die Entwickler darauf geachtet, dass im Main-Repository die nötigen Codecs eingebunden wurden, um MPEG abzuspielen oder mit Kaffeine DVB-T-Programme zu empfangen. Im Test funktionierte das recht problemlos.

Sichere Pakete für den Server

Debian ist vor allem als schlanke und dauerhaft stabile Linux-Distribution auf dem Server bekannt. Auch Lenny füllt diese Rolle sehr gut aus und übersetzt zahlreiche Server-Pakete wie PHP oder Apache mit den speziellen Hardening-Optionen des GCC. So sollen die Dienste schwerer angreifbar sein, sofern man eine sichere Grundkonfiguration gewählt hat. Apropos Grundkonfiguration: Auch Lenny startet standardmäßig keine Serverdienste, sodass die Grundinstallation vernünftig abgesichert ist.

Gleichzeitig sind in keiner Linux-Distribution die Konfigurationen von Apache, PHP, MySQL und anderer Dienste mit derart sicheren Vorgaben eingestellt. Das erschwert unbedarften Anwender zwar das Aufsetzen eines Server, macht den Umgang aber sehr sicher. Eine weitere Verbesserung der Systemsicherheit stellt die Installation von verfügbaren Aktualisierungen vor dem ersten Neustart durch den Debian-Installer dar. Die Zahl der Setuid-Root-Programme wurde minimiert und Debian Lenny liefert PHP erstmals mit dem Suhosin-Härtungspatch aus.

Fazit: Stabiles und sicheres Linux

Debian GNU/Linux bleibt auch mit Lenny seinen Prinzipien treu: Eine stabile und sichere Linux-Distribution, die ausschließlich freie Software enthält. Mit dem grafischen Installer, der besseren Internationalisierung, optimierter Hardwareerkennung und nicht zuletzt den Live-CDs wird es für weniger erfahrene Nutzer zwar einfacher, Debian einzusetzen. Doch die Community richtet sich weiterhin vor allem an Experten, die Debian für den Server bevorzugen. Hier gibt Lenny ein exzellentes Bild ab. Es bleibt spannend, was Ubuntu & Co in den nächsten Releases aus der guten Debian-Grundlage machen. (wh)