Ratgeber Speicher-Crash

Datenrettung mit den Profis

18.10.2012 von Nicolas Ehrschwendner
Fallen Speichersysteme eines Unternehmens durch einen technischen Defekt aus, bedroht das im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens. Mit der richtigen Strategie geht der Speicher-Crash jedoch glimpflich aus. Für den Ernstfall stehen professionelle Datenretter bereit, die Daten selbst in aussichtslos erscheinenden Lagen schnell wieder herstellen können.
Festplatten sind recht empfindlich und nicht lange haltbar.
Foto: Attingo Datenrettung, www.attingo.com

Steintafeln sind sichere Speichermedien – Wind und Wetter können ihnen nichts anhaben und ihre gespeicherten Daten, also Inschriften, kann man selbst nach Jahrhunderten noch lesen. In Unternehmen können IT-Administratoren von dieser hohen Widerstandsfähigkeit ihrer Speichersysteme nur träumen, denn digitale Daten sind deutlich flüchtiger. So ist beispielsweise die Lebensdauer von Festplatten auf wenige Jahre begrenzt und Hersteller geben selbst für Enterprise-Laufwerke, die anders als normale Desktop-Festplatten für den Dauerbetrieb ausgelegt sind, nicht mehr als die branchenüblichen 5 Jahre Garantie.

Um einem Datenverlust wirksam vorzubeugen, setzen Unternehmen deshalb auf moderne Speicher-Management-Systeme, bei denen die Ausfallwahrscheinlichkeit sehr gering ist. Dazu gehören zum Beispiel RAID-Systeme, in denen mehrere Festplatten zu einem Verbund zusammengeschlossen sind und durch eine clevere Verteilung der Daten eine hohe Datensicherheit erreichen. Oftmals verfügen die Speichersysteme über zusätzliche Backup-Funktionen und können Daten so laufend sichern.

Auch modernste Speichersysteme schützen nicht vor Datenverlust

Dennoch – kein Speichersystem schützt hundertprozentig vor Datenverlust. Besonders Festplatten sind anfällig für Defekte, da sie viele mechanisch bewegte Komponenten einsetzen. Durch Erschütterungen, Überhitzung, Produktions- oder Transportschäden können die Schreib-/Leseköpfe der Festplatte auf den Plattenoberflächen aufschlagen und diese beschädigen – Datenverlust ist dann vorprogrammiert.

Auch die stabileren Solid-State-Disks (SSDs), die im Grunde nur aus einer Gruppe von Flash-Speicherzellen bestehen, sind vor Schäden nicht gefeit. Durch oben genannte Einflüsse kann deren Innenleben ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden, etwa durch Haarrisse in der Platine. Spätestens bei höherer Gewalt hilft keine noch so sorgfältige Behandlung und Wartung des Speichersystems. Eine durch einen Blitzschlag hervorgerufene Überspannung, ein Wassereinbruch oder ein Brand im Rechenzentrum können Datenträger so stark beschädigen, dass gar kein Zugriff auf die dort gespeicherten Informationen mehr möglich ist. In solch einem Fall hilft nur noch ein Datenrettungsprofi. Von Datenrettungsversuchen in Eigenregie raten Experten übrigens ab, da sich Hardware-Defekte zum einen nicht mit Software-Tools beheben lassen. Zum anderen sollte man die defekten Datenträger auch auf keinen Fall selbst öffnen. Dabei entsteht an den empfindlichen Bauteilen und den gespeicherten Daten oftmals zusätzlich schwerer Schaden, was die Chancen auf eine erfolgreiche Datenrettung stark verringert.

Daten-GAU bedroht die Existenz von Unternehmen

Datenretter rechtzeitig auswählen.
Foto: Attingo Datenrettung, www.attingo.com

In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen nur unzureichend auf einen Daten-GAU vorbereitet sind. Laut einer aktuellen Studie des IT-Dienstleisters Iron Mountain und des Marktforschungsunternehmens Macarthur Stroud ist wenigstens einem Drittel der 900 befragten mittelständischen Unternehmen bewusst, dass ein Datenverlust ihren Geschäftsbetrieb ernsthaft gefährden kann. Über 40 Prozent der Firmen überprüfen aber ihre Datensicherungs-Systeme nur ein einziges Mal pro Jahr. Experten empfehlen hingegen, alle zwei bis drei Monate entsprechende Tests durchzuführen. Ohne die passende Strategie können Unternehmen im Ernstfall ihre Daten allerdings nicht schnell genug wiederherstellen, was bereits an trivialen Dingen wie dem Informationsmanagement scheitern kann: Wissen Mitarbeiter nicht, an wen sie sich im Schadensfall wenden müssen, verstreicht wertvolle Zeit ungenutzt. Tut sich zu lange nichts, droht dem Unternehmen durch den Datenverlust ein immenser wirtschaftlicher Schaden und im schlimmsten Fall sogar der Konkurs. Einer Untersuchung des Security-Anbieters Symantec zufolge mussten deutsche Firmen nach einer Datenpanne im Jahr 2010 durchschnittlich 3,4 Millionen Euro aufbringen, um die Ursache aufzuklären und den entstandenen Schaden einzudämmen. Ein Jahr zuvor lag der Wert noch bei 2,6 Millionen Euro.

Datenretter schon im Vorfeld auswählen

Zu einer guten Notfall-Strategie gehört es deshalb, einen Verantwortlichen zu benennen, der bei drohendem Datenverlust alle Aktionen koordiniert. Kommt es zu schwerwiegenden Problemen am Speichersystem, sollten Unternehmen zudem einen Datenrettungs-Dienstleister an ihrer Seite haben, der die verlorenen Daten schnell wiederherstellen kann. Haben Unternehmen im Zuge ihrer Notfall-Strategie bereits im Vorfeld einen Datenrettungs-Dienstleister ausgewählt, sichern sie sich damit viele Vorteile: Ihnen steht sofort ein Ansprechpartner zur Seite, der sie bei einer Datenpanne umfassend berät und die richtigen Rettungsmaßnahmen ergreift. Wer dagegen erst im Problemfall nach einem Datenretter Ausschau hält, hat schlechte Karten: Die Internet-Suchmaschine Google listet gleich seitenweise Datenrettungs-Anbieter auf, liefert jedoch keinen Anhaltspunkt, welcher davon wirklich professionell und seriös arbeitet. Es gibt jedoch einige Kriterien, anhand derer man einen Profi-Datenretter zweifelsfrei erkennen kann.

Kriterien für einen seriösen Datenrettungs-Dienstleister

Eine oberflächliche Schadensanalyse bieten manche Datenretter sogar gratis an.
Foto: Attingo Datenrettung, www.attingo.com

Ein zuverlässiger Datenretter wird sicherlich mit Referenzen namhafter Kunden werben und seinem Portfolio gegebenenfalls auch Testberichte von Fachmedien zur Seite stellen. Empfehlungen für Datenretter finden sich zum Beispiel auch in speziellen Internetforen, in denen Administratoren sich über ihre Erfahrungen austauschen.

Bei einer Datenpanne brauchen die Unternehmen einen technisch kompetenten, zuverlässigen Partner. Er muss sie zunächst einmal korrekt beraten, muss technische Maßnahmen und Möglichkeiten klar kommunizieren und schnell Hilfe anbieten können.

Vorsicht ist angesagt, wenn der kontaktierte Anbieter sofort eine Datenrettung zum Festpreis anbietet, ohne den betroffenen Datenträger vorher gesehen zu haben. Das entspricht nicht der üblichen Vorgehensweise, denn ein seriöser Datenretter stellt jedem Rettungsversuch eine Diagnose voran, mit der er die Schwere des Schadens sowie den Rettungsaufwand ermittelt und damit letztlich der Preis veranschlagt.

Für die erste Diagnose ist es in der Branche allerdings durchaus üblich, einen Festpreis zu berechnen. Eine oberflächliche Schadensanalyse bieten manche Datenretter sogar gratis an. Die Kosten für die anschließende Datenrettung bewegen sich für eine Festplatte dann etwa zwischen 700 und 2000 Euro netto. Der genaue Endpreis hängt dabei von Kostenfaktoren wie etwa Bearbeitungsdauer und benötigte Ersatzteilen ab. Bei circa 1000 bis 1500 Euro ist laut Auskunft von Datenrettungs-Profis folgender „klassischer“ Fall angesiedelt: Die externe 2,5 Zoll Festplatte fällt im laufenden Betrieb herunter und funktioniert anschließend nicht mehr. Geht es darum, die Daten eines RAID-Verbunds zu rekonstruieren, wird es dagegen fast immer teurer als 2000 Euro. Denn hier sind gleich mehrere Festplatten im Spiel und das Rettungsverfahren ist somit aufwendiger.

Professionelle Datenrettung mit Profi-Equipment

Ein seriöses Datenrettungs-Unternehmen sollte unbedingt mit Reinraumlaboren ausgestattet sein.
Foto: Attingo Datenrettung, www.attingo.com

Ein professioneller Datenretter analysiert zunächst immer den defekten Datenträger. Bereits hierbei stellt er fest, welche und wie viele Daten sich wiederherstellen lassen. Daraus ermittelt er den benötigten Aufwand für die Datenrettung und die anfallenden Kosten für den Kunden. So hat dieser Transparenz und kann entscheiden, ob sich die Zurückgewinnung der Daten für ihn lohnt.

Bei der Datenrettung lesen die Experten zuerst alle Rohdaten vom beschädigten Speichermedium aus, sichern sie und stellen anschließend das verwendete Dateisystem wieder her. Profi-Datenretter legen immer mehrere Kopien der Rohdaten an. Denn so können sie das Ausgangsmaterial für weitere Rekonstruktionsversuche in jedem Fall erhalten. Ein seriöses Datenrettungs-Unternehmen sollte unbedingt mit Reinraumlaboren ausgestattet sein. In diesen lassen sich defekte Datenträger in einer staubfreien Umgebung öffnen. Das ist zum Beispiel bei klassischen Magnet-Festplatten dringend notwendig, denn ungefilterte Raumluft enthält viele Partikel. Bereits winzige Mengen von ihnen können zu schweren Schäden auf der Datenträgeroberfläche führen. Zudem verfügen professionelle Datenrettungs-Dienstleister über ein umfangreich ausgestattetes Lager, in dem sie die allermeisten Datenträger-Ersatzteile sofort parat haben.

Datenschutz entscheidet mit

Wo liegen meine Daten?
Foto: Attingo Datenrettung, www.attingo.com

Bei der Auswahl des Datenrettungs-Anbieters sollten neben Reputation, Preisen und Labor-Ausstattung auch Datenschutz und Datensicherheit eine Rolle spielen. In Deutschland ansässige Dienstleister sind an die strengen hiesigen Datenschutzgesetze gebunden und müssen daher im Umgang mit fremden Daten besondere Vorsicht walten lassen. Trotzdem lohnt es sich bei der Auswahl des Datenretters auf jeden Fall, gezielt Fragen nach der Datensicherheit zu stellen, etwa: An welchem Ort und von wem werden die Daten eingesehen? Wer speichert sie und wie werden sie bearbeitet? Bei einem Anbieter außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes sollten Unternehmen noch genauer hinschauen, weil dort in der Regel weniger strikte Datenschutz-Bestimmungen als hierzulande gelten. (ph)