Datenintegrationssystem für LTL

25.10.2002 von Andreas Roth
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Unter dem Motto “Powered by Intellect” bietet die Lufthansa Technik Logistik GmbH (LTL) der Luftfahrtbranche Logistiklösungen. LTL hat eine interne Prozessautomatisierung eingeläutet: Ein neues Datenintegrationssystem analysiert jährlich automatisch über 1,9 Millionen logistische Prozesse für Abrechnungszwecke und ordnet alle relevanten Vorgänge den verschiedenen Zollverfahren zu. Die Basis bildet "Datastage XE" von Ascential Software .

Auch die Fluggesellschaften kämpfen derzeit mit Umsatzeinbußen aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Situation. Hinzu kommt der große Kostendruck im intensiven weltweiten Wettbewerb. Effiziente Ressourcennutzung ist daher einer der Schlüssel für erfolgreiches Abschneiden. Um lange Flugzeugliegezeiten im Hangar oder Aircraft-on-ground-Zeiten, die sich aus technischen Problemen ergeben, auf ein Minimum zu reduzieren, müssen Ersatzteile schnellstmöglich zum Reparaturort gebracht werden - vom kleinsten elektrischen Schalter bis hin zum sieben Tonnen schweren Boeing-747-Jumbo-Triebwerk.

Foto: LTL

Die LTL, eine Tochter der Lufthansa Technik AG, hat sich hier weltweit einen guten Namen gemacht und zum Beispiel durch schnelles, zuverlässiges Transport-Management und sofortige Materialbeschaffung bis hin zur kompletten Organisation von Reparaturkreisläufen im Sinne einer Supply Chain eine Spitzenposition erarbeitet.

Um den Nutzen der hierbei anfallenden großen Mengen wertvoller Prozessdaten systematisch zu vergrößern, entschied sich die LTL Anfang 2001 ein Datenintegrationssystem aufzubauen, das Daten aus den operativen Systemen zusammenführt und aufbereitet. Dieses sollte in einem Projekt zunächst in der Abrechnung entstehen und den Startschuss für die Strategie einer sukzessiven, internen Prozessautomatisierung geben.

Ziel war, das Abrechnungssystem mit internen und externen operativen Systemen aus Bestandsführung, Lagerung, Versand und Transport-Management so zu verketten, dass logistische Prozessdaten das Abrechnungssystem verbessern. Das zu entwickelnde Datastage- Projekt beinhaltete verschiedene Aufgaben: Die Extraktion aller abrechnungsrelevanten Informationen aus den operativen Systemen, die Verknüpfung zu Informationssets mit entsprechenden logistischen Prozessketten und das Aufbereiten für die Weitergabe an das (SAP-)Abrechnungssystem. Mit dieser IT-Struktur ist die LTL auch für die Zukunft bestens für ihre wichtige Aufgabe im In- und Ausland gerüstet, denn neben der kompletten Lufthansa-Flotte versorgt das Unternehmen auch ein breites Spektrum internationaler Fluggesellschaften.

Die Feinkonzeption und Realisierung begann im Februar 2001. Die Phase der Konzeption und das Programmieren erforderten insgesamt sechs Monate. Parallel dazu realisierte CSC Ploenzke für SAP R/3 4.6 ein eigenes Abrechnungsprogramm. Als Server-Plattform wurde ein „HP N4000“ sowie ein „L2000-Unix-Server“ eingesetzt, auf dem mit dem ETL-Tool (ETL = Extraction, Transaktion und Laden) die Prozesse der Extraktion und der Verknüpfung entwickelt und drei Monate im Parallellauf zum alten Vorgängerabrechnungssystem getestet wurden. In diesem Zeitraum erhielten auch gleichzeitig Key User und Anwender Schulungen am System.

Das Unternehmen: Hervorgegangen aus der Lufthansa Technik (mit 51 Prozent Anteilseigner) und der Lufthansa Cargo (mit 49 Prozent Anteilseigner) besitzt die 1998 gegründete Lufthansa Technik Logistik GmbH jahrzehntelange Erfahrung in der weltweiten Materiallogistik im Luftfahrtbereich. Mit acht deutschen Standorten an Flughafenzentren und weltweiten Niederlassungen versorgt die LTL nicht nur die gesamte Lufthansaflotte, sondern auch ein breites Spektrum internationaler Fluggesellschaften, Hersteller und Überholungswerkstätten. In knapp vier Jahren hat die LTL ihren Umsatz auf über 100 Millionen Euro verdoppelt und die Belegschaft um über ein Drittel auf heute mehr als 800 Beschäftigte erweitert.

Inzwischen extrahiert das neue System die operativen Daten direkt aus internen und externen Datenquellen. Dazu zählen unter anderem die SAP-R/3-Systeme der Muttergesellschaft Lufthansa Technik, Oracle-basierende Systeme wie Helas, Assist oder Lots sowie Daten externer Track- und Trace-Systeme (Lufthansa Cargo, Fedex, DHL). In der Transformation werden die benötigten, abrechnungsrelevanten Belegdaten erfasst, entsprechend logistischen Prozessketten zu objektorientierten Datastage-Sets (ODS) verknüpft, geprüft, gefiltert und anschließend an das weiterverarbeitende Abrechnungssystem übergeben. Dies heißt konkret: Es sind in der Auftragsabrechnung auf Anhieb abrechnungsbereite, logistische Prozessketten erkennbar, denen Kontierungsinformationen zugeordnet werden

können.

Pro Jahr lassen sich jetzt fast zwei Millionen logistische Prozesse automatisch für Abrechnungen aufbereiten. Das ursprüngliche System hätte sich angesichts des Datenvolumens in dieser Form nicht aufwerten lassen. Von der Prozessautomatisierung profitieren vor allem auch die Kunden und Partner. Statt Einzelpositionen erhalten sie Abrechnungen, die in vereinfachter Form logistische Prozesse auflisten und wiederum eigene Buchungen oder Abrechnungen erleichtern. Die Lufthansa Technik bekommt auf der Basis des neuen Abrechnungssystems täglich prozessorientierte, abrechnungsbereite Daten und optimiert damit ihrerseits das interne Abrechnungssystem sowie das zeitnahe Controlling.

Das neue Abrechnungssystem der LTL hat Anfang 2002 das alte System vollständig abgelöst. Die LTL hat mit diesem Projekt Eingang in die Data-Warehousing-Technologie gefunden, nämlich Daten zu extrahieren, in einer Staging-Area bereitzustellen und in mehrdimensionale Informationen umzuwandeln. Da sich die Lösung als produktiv und stabil erwies, hat die LTL inzwischen das zweite Business-Intelligence-System im Bereich des Zollwesens eingeführt. Die Daten stammen in diesem Fall aus Anwendungen und Datenbanken, die Regel- und Prüfmechanismen für Zollverfahren für die durchschnittlich über 400 000 jährlichen Warenbewegungen der LTL managen.

Foto: LTL

Strategie für ein globales Data Warehouse

Nach zwei abgeschlossenen, erfolgreichen Projekten entstehen nun auch in anderen Fachbereichen Ziele für eine Data-Warehouse basierende Prozessautomatisierung, die den Datennutzen systematisch vergrößert. Die IT-Fachleute prüfen derzeit, inwieweit Funktionen, die bereits mit Datastage programmiert sind, für andere Fachabteilungen mit ähnlichen Problemstellungen instrumentalisierbar sind. Aus technischer und organisatorischer Sicht lassen sich durch die offene Entwicklungsumgebung und Skalierbarkeit flexibel weitere Fachabteilungen und Datenquellen anbinden und Prozesse sukzessive automatisieren.

Damit konkretisiert sich zunehmend die Entwicklung einer übergreifenden Data-Warehouse-Architektur, die Daten in eine Sternumgebung verschiedener Fachbereiche verteilt und übergreifende Korrelationen sowie mehrdimensionale Informationen liefert. Was ursprünglich eine Strategie der Informationstechnik war, entwickelt sich inzwischen von Seiten der Fachabteilungen zu einer unternehmensweiten Data-Warehousing-Idee, zunehmend Prozesse zu automatisieren und letztlich unternehmensweit strategische Instrumente und Kennzahlen für alle Fachbereiche bereitzustellen.