Datel - ein Trauerspiel?

11.12.1974

Keineswegs, der Verkauf der deutschen Datel Gesellschaft für Datenfernverarbeitung mbH stellt sicher - so heißt es nicht nur offiziell, so darf angesichts der Geschäftsphilosophie der Käufer vermutet werden -, daß das bisherige technologische Konzept der Datel fortgeführt wird. Die großen Vorstellungen vom Rechnerverbundnetz - ein flächendeckendes Netz von Datel-End-Büros, die untereinander über schnelle Leistungen in Verbindung stehen - soll konsequent weiterverfolgt werden.

Auch der neue Mehrheitsaktionär, die französische GSI (Générale des Service Informatique) verfolgte bereits ähnliche Pläne. Die Firma macht im laufenden Jahr etwa 140 Millionen Francs Umsatz im Service-Rechenzentrums-Geschäft - und zwar in Frankreich, Belgien, in der Schweiz, in Italien und demnächst auch in England. Durch den Datel-Ankauf kommen etwa weitere 30 Millionen Mark dazu.

Ganz klar, daß man für die Zukunft auf die Datenfernverarbeitung setzt; reitende Boten bis zum nur wenige Kilometer entfernten Remote-Batch-Terminal, besser noch Online-Anschluß mit der eigenen Anlage für intelligente Auswertungen oder

Spitzenbelastungen. Die etwa fünfhundert deutschen Service-Rechenzentren werden das alles nicht gerne sehen.

Das Datel-Motto heißt "durchhalten", denn langfristig scheint das Konzept zu stimmen. Es hat sich auch wirtschaftlich in den USA bereits durchgesetzt und ist angesichts der neuesten technischen Lösungen Ó la Arptanet eher konservativ als revolutionär. Die Voraussetzungen sind gut: In langjähriger Arbeit hat die Datel ein fertiges Konzept für den Computerverbund in der Tasche, das viele, viele Mannhahre und sehr viel Geld kostete. In den miserablen Datel-Bilanzen war davon nichts zu sehen. Know-how läßt sich nicht bilanzieren. Das gilt auch nicht für die Software. Mittlerweile gibt es Datel-Standardpakete für alle wichtigen und viele zusätzlichen Anwendungen in Handel und Industrie. Das hat zweistellige Millionen-Summen gekostet und zunächst kaum Umsatz gebracht.

Mit neuem Management, das nicht mehr unbedenklich rote Zahlen als Vorabinvestitionen betrachtet, dürfte die Datel jetzt wieder ernst zu nehmen sein. Für viele Anwender wird sie mehr und mehr zur Alternative zum eigenen Rechner im Haus, für viele Nichtanwender wird der Sprung zum billigen DFÜ-Terminal sicherlich interessant.

Schade, daß sich keine deutsche Käufergruppe fand? Vermutlich war in Branchenkreisen das Datel-Image bereits zu schlecht. Jetzt gibt es aber wenigstens eine europäische Lösung.

"Computerleistung aus der Steckdose" kommt ganz bestimmt.