4 Führungsqualitäten

Das zeichnet einen guten Chef aus

11.01.2021 von Heinz Fritz
In der heutigen Wirtschaftspraxis sind es vor allem vier Qualitäten, die eine wahre Führungspersönlichkeit aufweisen sollte. Managementtrainer Heinz Fritz erklärt, welche Eigenschaften die Siegertypen tatsächlich auszeichnen.
Führungsqualitäten sind in Wirtschaft und Politik gleichermaßen wichtig.
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Über kaum ein Thema wird in der Geschäftswelt so heftig diskutiert wie über die Qualitäten, die eine wahre Führungspersönlichkeit auszeichnen muss. Kaum ein anderer Bereich des menschlichen Lebens - von der Liebe einmal abgesehen - wurde von Geschichtsschreibern so leidenschaftlich dargestellt wie dieser.

Doch was genau sind die Charakteristika, die eine echte Führungspersönlichkeit auszeichnen? Woraus setzt sich Führungsqualität wirklich zusammen? Und welche Eigenschaften scheinen nur ein Teil davon zu sein?

Führungsqualität in der Geschichte

In der Geschichtsschreibung finden wir das Thema Führungsqualität vor allem im Zusammenhang mit Krieg wieder. "Führungspersönlichkeiten" wie Alexander der Große, Julius Cäsar und Napoleon sind strahlende Beispiele für schnelle Expansion und Ausdehnung des eigenen Machtbereichs. Für viele gelten sie daher gleichsam als ruhmreiche Beispiele wahrer Führungspersönlichkeiten. Bei Umfragen werden sie oft zuerst genannt, während Persönlichkeiten aus dem Bereich der Wirtschaft, wie Siemens, Krupp, Thyssen, Grundig, Iacocca oder Ford, nur selten erwähnt werden.

Doch verdienen diese kriegerischen Persönlichkeiten wirklich den Status "Führungspersönlichkeit"? Sollten uns ihre Charaktereigenschaften als Beispiele guter Führungsqualität dienen?

Es scheint Teil unserer kriegerischen Ader als Menschen zu sein, dass wir große Krieger und Eroberer bewundern. Interessanterweise wird den Königen, Kaisern, Präsidenten und anderen Persönlichkeiten, die ihren Völkern Wohlstand und ein friedliches Zusammenleben ermöglichten, relativ wenig Beachtung zuteil. Vom Hollywood-Gesichtspunkt aus könnte man sagen, dass ihr Leben nicht genug Story enthält.

Führung in Start-ups: 3 Stimmen
Start-Up-Kultur
Ist von Start-Ups die Rede, fallen schnell Assoziationen wie jung, hip, kreativ. Auf den folgenden Seiten finden Sie Zitate aus drei Perspektiven: von einer Gründerin, einem Management-Consultant und einem Professor.
Gründerin Nora Heer
"Start-Ups müssen oft in kurzer Zeit erfolgreich sein, um sich gegenüber Anderen zu beweisen. Dies ist nur möglich, wenn es die jeweiligen Führungskräfte schaffen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und alle konsequent am gleichen Strang ziehen", sagt Nora Heer, Gründerin des Start-Ups Loopline Systems.
Berater Frederic Cuny
Für Frederic Cuny aus der Geschäftsleitung vom Management-Berater Kienbaum besteht Führung aus zwei Komponenten, Management und Leadership. "Mit Management wird prozessorientierte Führungsverhalten verbunden, mit Leadership die Fähigkeit, Leute für ein gemeinsames Unterfangen zu motivieren", erklärt Cuny. "Die erste Komponente der Führung ist innerhalb der Start-up Szene eher unerwünscht, in der Tat, die zweite Komponente wird eher überthematisiert. Da liegt der Widerspruch!"
Professor Thomas Schildhauer
IEB-Direktor Schildhauer beobachtet: „Alle wollen die smarten jungen Leute!“ Von daher könnten sich etablierte Unternehmen bei den Start-Ups etwas abgucken.

Müssen Führungskräfte ihre Mannschaft mit solcher Härte behandeln, wie es Kapitän Bligh von der Bounty getan hat? Sollten sie in ihrer Redegewandtheit Cicero übertreffen? Benötigen sie so viel Charisma wie John F. Kennedy? Ist so viel Gewalt nötig, wie sie Karl der Große gegen die Sachsen einsetzte? Oder sollte man als Führungskraft besser ein zweiter Ghandi sein?

Anti-Führungsqualitäten

Analysiert man die großen "Führer" der Vergangenheit, treten einige Qualitäten zu Tage, die definitiv nicht zu den wirklichen Führungsqualitäten zählen. Eine davon ist Volksverhetzung, bei der man eine Gruppe von Menschen gegen eine andere aufwiegelt und so destruktive Handlungen auslöst. Manipulation und Betrug sind ebenfalls keine Führungsqualitäten, genauso wenig wie destruktive Gewalt.

Man kann das Fehlen von Führungsqualität bei einer Person in leitender Stellung auf lange Sicht immer daran erkennen, dass ihre Aktionen mehr Chaos als Ordnung schaffen und die Mehrheit darunter zu leiden hat.

Wahre Führungsqualitäten

In der heutigen Wirtschaftspraxis sind es vor allem vier Qualitäten, die eine wahre Führungspersönlichkeit auszeichnen. Zunächst einmal muss eine Führungspersönlichkeit große Ziele oder Visionen haben, etwas, was sie antreibt und was auch für ihre Mitstreiter ein Ausgangspunkt von Motivation ist.

Hochschule St. Gallen über "Rollen, Prozesse und Führung in der digitalen Transformation"
Digitale Transformation
Wie sieht die digitale Transformation in der Praxis aus und welche Auswirkungen hat sie auf Führungs- und Unternehmenskultur? Um diese Frage kreist der zweite Teil einer groß angelegten Studie der Hochschule St. Gallen (HSG). Deren Institut für Wirtschaftsinformatik hat dabei mit T-Systems Multimedia Solutions und dem Bundesverband Digitale Wirtschaft zusammengearbeitet. Die Ergebnisse sind unter dem Titel „Rollen, Prozesse und Führung in der digitalen Transformation“ dokumentiert.
Vier Wege
Die HSG skizziert vier Möglichkeiten: Entweder benennen Unternehmen einen CDO oder eine Digital Unit. Alternative ist ein Stab, der abseits vom Tagesgeschäft und außerhalb der Linienorganisation arbeitet, oder ein Unternehmen, das digitalisiert genug ist, um die Verantwortung nicht zentral verorten zu müssen. Das ist bisher allerdings ein Ideal.
Neues Job-Profil
Einer der Befragten sagte, die Unternehmen bräuchten einen Manager mit speziellem Job-Profil, der IT- und Strategiekompetenz kombiniere. Oft seien das allerdings "teure Leute, die man sich nicht leistet".
Adidas-Gebäude "Pitch"
Der Sportartikelhersteller Adidas hat ein neues Gebäude namens "Pitch" hochgezogen. 300 Mitarbeiter testen aus, wie Menschen in Zukunft arbeiten wollen.
Arbeiten im "Pitch"
Adidas hat den "Pitch" nach neuen, luftigen Arbeitsplatzkonzepten ausgerichtet, die die Kollaboration erleichtern sollen.
Essen im "Pitch"
Im "Pitch" muss dank großer Küche niemand hungern.

Dann muss sie in der Lage sein, Verantwortung für einen Bereich zu übernehmen. Dies schließt alle Vorgänge, Maschinen, Werkstoffe und natürlich auch die Mitarbeiter innerhalb dieses Bereichs ein. Eine "Organisation" kann niemals für etwas verantwortlich sein, nur die Individuen in ihr können das. Und der größte Teil dieser Verantwortung lastet auf den Schultern der zuständigen Führungskraft.

Darüber hinaus muss eine Führungspersönlichkeit über gute Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Sie muss in der Lage sein, ihren Mitarbeitern zuzuhören, um Situationen zu erfassen, und darüber hinaus auch in der Lage sein, ihre Ideen und Anweisungen auf verständliche Weise mitzuteilen. Nur so kann sie Übereinstimmung und Koordination hervorbringen, was dazu führt, dass das gesamte Team in die gleiche Richtung arbeitet.

Die Do's und Don'ts der Führung im leeren Büro
Don't: Isolation
Flexibles Arbeiten ist nicht für jedermann: Mitarbeiter mit großem Bedürfnis nach sozialer Interaktion benötigen Alternativen.
Don't: Ständige Erreichbarkeit
Das Pochen auf ständige Erreichbarkeit schadet der Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeiter und führt oftmals zu Burn-Out.
Don't: Schlechte Organisation
Die Umstellung auf ein flexibles Arbeitsmodell über Nacht überfordert die Mitarbeiter und führt selten zum Erfolg.
Don't: Kontrolle
Die permanente Überwachung ist durch die Einschränkung der individuellen Arbeitsweise die größte Hürde auf dem Weg zur flexiblen Arbeit.
Don't: Arbeitsweise vorschreiben
Vorschriften zu Zeitplanung und Arbeitsweise mindern die Leistung der Mitarbeiter.
Do: Feedback
Regelmäßiges Feedback auf die geleistete Arbeit bindet Mitarbeiter auch über große Distanzen an das Team.
Do: Spielregeln definieren
Klare und transparente Regeln vermeiden Missverständnisse und erleichtern den Arbeitsalltag.
Do: Vertrauen
Anwesenheit ist nicht gleich Produktivität. Flexibles Arbeiten heißt vor allem, Mitarbeitern zu vertrauen.
Do: Regelmäßige Meetings
Nur der enge Austausch im Team sorgt für einen reibungslosen Ablauf und ein positives Arbeitsumfeld.
Do: Investitionen
Investitionen in Technik und Support garantieren eine sichere Verwaltung und den Zugriff von jedem beliebigen Ort.

Last but not least gehört zu den besonderen Qualitäten einer Führungspersönlichkeit eine gewisse Zuneigung zu den Mitarbeitern, die sie führt. Eine menschenverachtende Einstellung ist nicht sehr förderlich dabei, mit anderen zu arbeiten, geschweige denn, sie zu motivieren.

Betrachten wir diese vier Qualitäten einer Führungspersönlichkeit im Detail.

Qualität Nummer 1: Große Ziele

Die großen Führungspersönlichkeiten der Vergangenheit haben große Ziele verfolgt, an denen sie ohne Wenn und Aber festgehalten haben, für die sie gekämpft haben und bei denen sie sicher waren, sie zu erreichen. Hierbei ist das Attribut "groß" relativ zu sehen. Als Führungskraft eines Unternehmens müssen die angestrebten Ziele nicht aus dem Erreichen der Weltherrschaft oder der Top-Marktposition bestehen. Irreale Ziele können äußerst demotivierend wirken. Es geht darum, Ziele zu wählen, die zu Expansion führen und das eigene Team voranbringen.

Ein weiterer Faktor, der in der Vergangenheit oft übersehen wurde, ist, dass Ziele konstruktiv sein sollten. Eine Führungspersönlichkeit, die "über Leichen geht", um ihre Ziele zu erreichen, wird auf Dauer nicht wirklich erfolgreich.

Qualität Nummer 2: Verantwortung

Der Begriff der Verantwortung wird heutzutage zu oft mit Schuld gleichgesetzt oder damit, dass man seine Konsequenzen zieht und von einer Führungsposition zurücktritt. Dabei umfasst Verantwortung aber weitaus mehr. Sie bedeutet, dass man fähig ist, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu bewältigen, Situationen zu lösen und Hindernisse zu überwinden. Eine Führungskraft, die für ihren Aufgabenbereich Verantwortung übernimmt, schafft Ordnung und sorgt dafür, dass die Dinge richtig laufen.

Hier haben wir das große Dilemma mit der heutigen Politik. Viele Politiker sind nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, und können daher keine klaren Entscheidungen treffen. Zweifel, Unsicherheit und Verängstigung führen dazu, dass Entscheidungen vertagt und faule Kompromisse ausgehandelt werden.

Eine Führungskraft, die Verantwortung übernehmen kann, ist gleichfalls bereit, einen Teil davon zu delegieren und ihre Mitarbeiter dazu zu bringen, ihrerseits Verantwortung für ihre jeweiligen Bereiche zu übernehmen. Dabei ist ihr bewusst, dass Verantwortung eine individuelle Angelegenheit ist und man sie niemals einer Gruppe als Ganzer, sondern nur einzelnen Mitgliedern der Gruppe übertragen kann.

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Sie agiert - und das ist ein weiterer Aspekt von Verantwortung - im Interesse aller Beteiligten. Wenn sie ein Unternehmen auf Erfolgskurs bringt, achtet sie darauf, dass sowohl das Unternehmen selbst als auch die Mitarbeiter gewinnen. Unternehmenserfolg auf Kosten der Mitarbeiter mag leichter zu erreichen sein, zeugt aber nicht von Verantwortung und wirkt sich auf lange Sicht negativ für das Unternehmen aus.

Beim Faktor Verantwortung unterscheiden sich die wenigen Führungspersönlichkeiten in unserer Gesellschaft generell von all jenen, die bei ihrer Arbeit lieber Anweisungen entgegennehmen und in untergeordneten Positionen arbeiten.

Qualität Nummer 3: Kommunikation

Während dem Faktor Kommunikation im zwischenmenschlichen Bereich generell enorme Bedeutung zukommt, ist er für eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit ebenfalls unabdinglich. Es kommt nicht von ungefähr, dass die großen Führungspersönlichkeiten der Geschichte gleichsam hervorragende Redner waren. Sie konnten ihre Ideen transparent darstellen, sie zu ihren Mitstreitern hinüberbringen und somit ihre Unterstützung gewinnen.

Dabei kann nicht jeder, der große Reden schwingt, auch wirklich kommunizieren. Entscheidend ist, ob er seine Zuhörer bzw. Mitarbeiter wirklich anspricht und in ihnen den Wunsch weckt, die von ihm kommunizierten Ideen zu verwirklichen.

In der Vergangenheit wurde die Fähigkeit zur Kommunikation oft dahingehend missbraucht, Menschen für destruktive Ziele zu begeistern. Eine Führungskraft, die dies tut, übernimmt keine wirkliche Verantwortung für die von ihr geführten Menschen und bringt ihnen auch keine wirkliche Zuneigung entgegen, da sie sie letzten Endes für eine Idee oder Ideologie opfert. Der entscheidende Punkt hierbei ist, ob die Absichten der Führungskraft - egal wie sie es kommunikativ darstellt - letzten Endes konstruktiv oder destruktiv sind.

Qualität Nummer 4: Zuneigung

Ob man es glaubt oder nicht: Zuneigung ist eine wichtige Führungsqualität. Das bedeutet nun nicht, dass man als Führungskraft all seine Mitarbeiter lieben, in eine "Make pace not war"-Haltung verfallen oder alle Fehler tolerieren sollte. Es bedeutet einfach, die Menschen, die man führt, zu schätzen, sie zu respektieren und als Menschen anzuerkennen.

Genau an diesem Punkt versagten alle Diktatoren der Geschichte. Sie empfanden für ihre Mitmenschen keine wirkliche Zuneigung, sondern höchstens Verachtung, weshalb es ihnen nichts ausmachte, sie für persönlichen Gewinn oder irgendwelche fiktiven Ziele zu opfern.

Gefühllose Hardliner mögen Mitarbeiter durch übermäßigen Druck und Drohungen zur Arbeit zwingen können, auf Dauer werden sie jedoch die Motivation ihrer Mitarbeiter zunichte machen. Es ist daher ein wichtiges Kriterium für eine Führungskraft zu wissen, wie viel Druck sie ausüben muss, um Produktion zu erzielen. Hierbei ist wirklich Fingerspitzengefühl nötig.

Zusammenfassung

Wenn die tatsächlichen Führungsqualitäten bekannt sind und richtig gewichtet werden, können auf allen Ebenen wahre Führungspersönlichkeiten hervorgebracht werden. Dies ist für Wirtschaft und Politik gleichermaßen wichtig, denn ohne eine ausreichende Zahl von Führungspersönlichkeiten, die Dinge voranbringen, fehlt unserer Gesellschaft die nötige Ordnung.