Der Konkurrent fürs iPad tritt an

Das WeTab im Test

08.10.2010 von Thomas Rau
Das WeTab hatte einen schlechten Start: Der deutsche iPad-Herausforderer erwies sich in ersten Vorführungen als Rohrkrepierer. Kann das fertige Produkt die Scharte auswetzen? Der Test zeigt es.

Das WeTab war im Frühjahr noch als WePad angetreten, um Apples Tablet Konkurrenz zu machen. Doch nach misslungenen Präsentationen erster Vorseriengeräte wurde das deutsche Tablet zur Lachnummer.

Jetzt kommt das WeTab tatsächlich auf den Markt: Und der Hersteller gibt offen zu, dass vieles, was versprochen war, noch nicht funktioniert: Zum Beispiel funktionieren Eingaben per Multitouch noch nicht. Android Apps sollte das WeTab ursprünglich in einer virtuellen Maschine unterstützen: Auch diese Funktion fehlt noch.

Aktuell steht das WeTab 3G bei Amazon in zwei Varianten zur Verfügung:
- WeTab 16GB (Bluetooth 2.1 + EDR, Wi-Fi) für 449.- €
- WeTab 32GB (UMTS, Bluetooth 2.1 + EDR, Wi-Fi, GPS) für 569.- €

WeTab verspricht zwar, dass ein Update diese Mängel beseitigen soll. Außerdem ist für Anfang Oktober ein weiteres Update angekündigt, das unter anderem das Mailprogramm verbessern soll. Im Dezember will WeTab dann ein umfassendes Update mit Bugfixes und neuen Funktionen ausliefern – sozusagen ein Service Pack. Doch diese Ankündigungen verstärken den Eindruck, dass das WeTab noch unfertig ist.

Die Rückseite des WeTab: Rechts oben der Einschaltknopf

Das gilt aber nur für die Software: Die Verarbeitung des Magnesiumgehäuses ist gut, das WeTab fühlt sich stabil und wertig an. Drückt man allerdings etwas fester auf die Rückseite, knarzt das Tablet. Die Vorderseite nimmt der berührungsempfindliche Bildschirm ein: Display und Displayrahmen liegen wie beim iPad hinter einer Glasscheibe. Unten ist der Rahmen breiter als oben: So weiß man immer, wie man das WeTab halten muss. Dreht man das Tablet aber ins Hochformat, sticht der asymmetrische Rahmen sofort unangenehm ins Auge.

Vorteil: Offene Plattform
Das WeTab gibt sich offener und flexibler als das Apple iPad und auch als die meisten Android-Geräte. Das beginnt schon bei den Schnittstellen: Das WeTab hat zwei USB-Buchsen: Diese unterstützen zum Beispiel USB-Sticks und Festplatten. Allerdings zeigte der Dateibrowser des WeTab keine Inhalte auf NTFS-formatierten Speichern an. Fotos lassen sich einfach per SD-Kartenleser auf das WeTab befördern. Eine Internetkamera bringt das WeTab ebenfalls mit.
Über einen Mini-HDMI-Ausgang an der linken Gehäuseseite kann man Filme und Fotos vom Tablet auf einem Fernseher ausgeben: Das passende Kabel liefert WeTab aber nicht mit.
Unser Testgerät war das WeTab mit 32 GB internem Flash-Speicher und 3G-Modem: Das Mobilfunkmodem arbeitet mit einer Standard-SIM-Karte. Allerdings erkannte das Tablet eine eingelegte SIM-Karte erst nach einem Neustart. Danach ist man aber schnell online: Im Menü sind die Zugangsinformationen für 17 deutsche Mobilfunkprovider hinterlegt – man muss nur den passenden auswählen. Die Surfgeschwindigkeit über HSDPA war ordentlich.

Außerdem bietet das WeTab WLAN und Bluetooth zum Anschluss an ein kabelloses Netzwerk. Das WLAN-Modul unterstützt WPA/WPA2-Verschlüsselung und merkt sich auch Funknetzwerke, mit denen es schon einmal verbunden war. Allerdings baut es die Verbindung zu bekannten Routern nicht automatisch auf, sondern erst nachdem man den „Verbinden"-Knopf drückt.

Software
Ein Basis-Software-Paket ist auf dem WeTab bereits vorinstalliert. Darunter finden sich ein Musik- und Videoplayer, ein Kalender und ein Adressbuch. Außerdem kann man mit dem WeTab vom Start weg Office-Dokumente wie Texte und Tabellen erstellen und bearbeiten, denn OpenOffice ist installiert. Als Ebook-Reader ist FbReader installiert: Allerdings kann das WeTab bei diesem Programm das Bild nicht ins Hochformat drehen. Als Ebook-Reader kann das WeTab daher nicht überzeugen. Dazu kommt, dass es derzeit noch keine Zeitungs- und Zeitschriften-Apps für das WeTab gibt.

Im Startmenü – der so genannten Pinnwand – befinden sich neben den Icons für die installierten Programme noch weitere Verknüpfungen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Apps, sondern nur um Links auf Webseiten, zum Beispiel Youtube. Ähnlich sieht es im WeTab Market aus: Im speziellen Online-Software-Angebot für das Tablet gibt es derzeit nur sehr wenige echte Programme, etwa den Acrobat Reader, den Google-Browser Chromium oder den Messenger Empathy. Fast alle anderen Angebote sind wieder nur Web-Links. Hier muss WeTab unbedingt noch nachbessern: Einen Zugriff auf den Android Market wird es zwar nicht geben, denn das WeTab erfüllt dafür nicht die Bedienungen von Google. Doch es soll möglich sein, auf andere Android-App-Verzeichnisse zuzugreifen. Außerdem wird das WeTab Zugriff auf Intels AppUp-Markt bekommen. Doch dort sind die meisten Apps noch auf Netbooks und nicht auf Tablets zugeschnitten.
Ob das WeTab schon bald mit mehr Software verpflegt wird, ist unklar: Ein Entwicklerkit für das Tablet wird es erst im Dezember geben.

Das WeTab unterstützt auch Multi-Tasking: In einem Menü zeigt das Tablet alle geöffneten Programm- und Browserfenster verkleinert an. So kann man sie bequem schließen oder zwischen ihnen wechseln.

WeTab: Multimedia-Leistung und Bedienung

Multimedia
Die Offenheit des WeTabs zeigt sich vor allem im problemlosen Umgang mit verschiedenen Video- und Audioformaten: Anders als das iPad oder Android-Tablets spielt das WeTab vom Fleck weg fast alles ab, was man ihm vorsetzt. Auch weniger verbreitete Formate wie Ogg und Flac bereiten dem WeTab keine Probleme. Ob Container wie MP4, MKV oder AVI, ob Codecs wie Xvid oder H.264 – das WeTab gibt alles flüssig wieder, selbst in HD-Auflösung.

Bei Flash-Videos schneidet das WeTab nicht so gut ab: Zwar spielt es im Gegensatz zum iPad auch Videos von Webseiten ab. Meist klappt das aber nicht flüssig, häufig laufen Bild und Ton nicht synchron. Auf YouTube funktionieren viele Videos in Standard-Auflösung ohne Ruckeln, doch an Webvideos in HD-Videos scheitert das WeTab.

Bedienung
Während beim iPad meist der Zeigefinger als Mausersatz dient, wird beim WeTab der Daumen zum zentralen Steuerelement. Hält man das Tablet im Querformat in beiden Händen zeigt es je nach Programm am linken Rand Bedienfelder an, die sich bequem mit dem Daumen erreichen lassen. Am rechten Rand erscheint immer die Menüleiste für die Pinnwand: Dort kann man die Pinnwand-Icons neu anordnen, den Browser starten oder die Tastatur einblenden. Außerdem befindet sich dort eine verkleinerte Übersicht der Pinnwand, damit man schnell per Daumen zur gewünschten Programmverknüpfung scrollen kann. iPad- oder Android-Nutzer müssen sich daran erst gewöhnen, das man beim WeTab vertikal durch den Startbildschirm scrollt und nicht per Wischbewegung durch Menüseiten blättert.

Die Idee der Daumensteuerung ist sinnvoll, hat aber Schwächen: Zum Beispiel ruckelt der Bildschirm beim vertikalen Scrolling durch die Pinnwand oder auch im Browser. Manchmal ist die Daumensteuerung auch ein etwas umständlicher Ersatz für die fehlende oder nicht flüssig funktionierende Gestensteuerung. Schließlich unterstützen einige Programme – zum Beispiel OpenOffice – die Daumennavigation gar nicht an, obwohl sie dort besonders nützlich wäre. Im Fotobetrachter würde man sich dagegen die übliche Wischgeste wünschen: Doch stattdessen muss man mit dem Finger kleine Menü-Icons treffen.

Die Bedienung des WeTab hakt auch an anderen Stellen: Beim Scrollen durch Webseiten ruckelt der Bildschirm merklich, manchmal stoppt die Bildbewegung auch, obwohl man mit dem Finger weiter wischt. Schnellere Wischbewegungen setzt das WeTab nicht in schnelleres Scrolling um. Da das WeTab (noch) keinen Pinch-Zoom unterstützt, vergrößert man Webseiten durch zweimaliges Tippen: Doch es dauert meist mehrere Sekunden, bei komplexeren Webseiten sogar über zehn Sekunden, bis die Webseite vergrößert dargestellt wird.

Das uneinheitliche Bedienkonzept des WeTab zeigt sich auch in Kleinigkeiten. Auf der Pinnwand abgelegte Lesezeichen öffnet man beispielsweise mit einem Fingertipp, bei Programmverknüpfungen muss man zweimal drücken.

Das WeTab besitzt einen Lagesensor: Doch die meisten Anwendungen unterstützen nur eine 180-Grad-Drehung – man kann das WeTab also wahlweise mit den Schnittstellen links oder rechts halten. Nur im Browser dreht das Tablet den Bildinhalt auch hochkant. Sehr störend: Beim Drehen wird der Bildschirm meist kurz dunkel. Das wirkt nicht elegant, und geht auch bei Tablets, die nicht von Apple stammen, flüssiger.

Eine Bildschirm-Tastatur kann man sich einblenden lassen: Allerdings lässt sich die virtuelle Tastatur nicht frei positionieren. Sie verdeckt dann das Eingabefenster zum Beispiel bei OpenOffice und beim Browser: Man sieht dann nicht mehr, was man tippt. Kleiner Lapsus am Rande: Der Bildschirm-Tastatur fehlt eine Taste für "%".
Abgesehen davon sind die Tasten groß genug, um auch schneller zu tippen. Zu schnell darf man aber auch nicht sein: Bei flotten Tastatur-Akrobaten verschluckt die Tastatur manchmal Eingaben .

Eine externe Tastatur kann man per USB oder Bluetooth ans WeTab anschließen.

Browser-Leistung
Flüssig funktionierte auch das Surfen im Internet mit dem WeTab: Der Browser arbeitete schnell und schlug bei Javascript- und Rendering-Tests wie Sunspider oder Browsermark auch das iPad. Auch beim Test künftiger Webformate wie HTML5 oder CSS3 schnitt das WeTab überzeugend ab.

WeTab: Bildschirm, Akkulaufzeit und Betriebsgeräusch

Bildschirm
Der Bildschirm des WeTab bietet mit 11,6 Zoll eine größere Diagonale und mit 1366 x 768 Bildpunkten eine höhere Auflösung als das iPad (9,7 Zoll, 1024 x 768). Besser ist er aber nicht: Er ist beispielsweise sehr winkelabhängig, sowohl bei vertikaler wie horizontaler Draufsicht. Selbst wenn man das Tablet bei der Ansicht im Querformat nur wenig aus der idealen Blickwinkel kippt, verliert das Bild sofort an Kontrast und Farbsättigung.
Auch bei der Helligkeitsmessung schnitt das WeTab mit maximal 182 cd/m2 nur sehr mittelmäßig ab. Zum Vergleich: Der Bildschirm des iPad strahlt mit 330 cd/m2.

Akkulaufzeit und Gewicht
Mit einem Gewicht von 1020 Gramm wiegt das WeTab rund 300 Gramm mehr als das iPad. Sehr schmal fällt dagegen seine Akkulaufzeit aus: Bei der Wiedergabe eines Videos von der Festplatte und maximaler Bildschirmhelligkeit war nach rund drei Stunden Schluss – das iPad hält bei derselben Aufgabe mehr als doppelt so lange durch.

Ergonomie
Schon nach kurzer Betriebszeit erwärmt sich das WeTab spürbar auf der Rückseite. Zwar wird es auch nicht unangenehm heiß, doch bei Smartphones oder Tablets ist man so etwas nicht gewohnt. Gleiches gilt für den Lüfter: Er arbeitet fast ständig und ist in ruhiger Umgebung deutlich zu hören. Ein klarer Minuspunkt für das WeTab.

Fazit

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn das WeTab nicht so viel versprochen hätte. Denn das, was schon funktioniert, tut dies eigentlich ganz gut: Das WeTab ist also auf keinen Fall ein schlechtes Tablet. Doch der Test zeigt, dass es derzeit absolute keine Konkurrenz für das iPad ist. Das liegt aber nicht an den fehlenden Funktionen, sondern an grundsätzlichen Defiziten des Tablets.

Denn bei Akkulaufzeit, Bildschirmqualität, Bedienung und Ergonomie liegt das WeTab weit hinter Apple zurück. Ob es aufgrund seines offenen Systems und pfiffiger Ideen wie der Android-Einbindung das iPad überholen kann, muss es noch beweisen.
Derzeit ist es daher nur für Anwender zu empfehlen, die bereit sind, das Tablet bei sich reifen zu lassen. Wer dagegen sofort ein Rundum-Sorglos-Tablet will, muss zum iPad greifen, für eine vergleichbare Ausstattung aber auch über hundert Euro mehr ausgeben.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.