Strabag-Tochter nutzt SAPs Enhancement Packages 4

Das Risiko Release-Wechsel beherrschen

28.09.2009 von Andreas Schaffry
Deutsche CIOs geben den Großteil ihrer IT-Budgets für Release-Wechsel aus. Die Tochter des Baukonzerns Strabag, die Strabag Property and Facility Services GmbH, dagegen führt Upgrades für ihre zentrale SAP-ERP-Software auf Basis von SAP Enhancement Packages durch. Damit kann der Immobiliendienstleister neue Geschäftsfunktionen selektiv und nach individuellem Bedarf zuschalten und aktivieren.
Übersicht über die leistungen der Enhancement Packages 4.

Release-Wechsel und Upgrades sind für CIOs ein Geschäft mit Tücken. Bringen sie ihre zentrale ERP-Software auf den aktuellen und vom Hersteller empfohlenen Release-Stand, belastet das zum einen finanzielle und personelle Ressourcen in der IT-Organisation. Zum anderen sind Upgrades mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, sie dauern manchmal sechs Monate oder auch länger.

Release-Wechsel - teuer und von geringem Nutzen

Release-Wechsel sind mit hohen Kosten und geringem Nutzen verbunden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung des Grazer Systemhauses C&P AG unter mehr als 300 mittelständischen und großen Unternehmen. 44 Prozent der befragten CIOs gaben an, innerhalb der letzten drei Jahre für Migrationsprojekte im Schnitt zwischen 26 und der Hälfte des IT-Budgets ausgegeben zu haben. Teilweise waren es sogar mehr als die Hälfte.

Mit den Enhancement Packages können wir zusätzliche Funktionalitäten bei einem stabilen ERP-Kernsystem schneller und deutlich kostengünstiger implementieren als bei einem ‚klassischen‘ Upgrade." Wolfgang Hohmann, Senior Spezialist Systems Integration & IT-Projects bei STRABAG Property and Facility Services.

Zudem ist der mit einem Upgrade verbundene geschäftliche Nutzen, etwa im Hinblick auf eine höhere Prozessqualität und -effizienz, häufig fraglich. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die ihre ERP-Standard-Software sehr stark an die individuellen Unternehmensprozesse angepasst haben. Hier müssen CIOs darauf achten, dass alle Erweiterungen oder Eigenentwicklungen aus dem vorigen Release-Stand auf das neue ERP-Release angepasst werden. Ist ein Upgrade mit einer technischen Migration verbunden, müssen dabei beispielsweise auch Stammdaten auf ein neues Datenmodell umgestellt werden. Häufig sind diese firmenspezifischen Eigenarten einer ERP-Installation jedoch nur unzureichend dokumentiert. Nicht zuletzt sind beim Umstieg auf eine neue ERP-Version auch lizenzrechtliche Fragen zu klären.

Einzelfunktionen statt kompletter Release-Wechsel

Vor genau diesen Problemen standen bisher auch SAP-R/3-Kunden wie die Strabag Property & Facility Services GmbH, ein Komplettdienstleister für die Bewirtschaftung und das Management von Immobilien. Seitdem das Unternehmen auf die aktuelle Version SAP ERP 6.0 umgestellt hat, kann es neu ausgelieferte Funktionalitäten, etwa für das Immobilienmanagement, nach Bedarf und optional zuschalten beziehungsweise aktivieren.

Enhancement Packages: Neue Funktionen in SAP ERP einspielen

Die Enhancement Packages von SAP umfassen branchenspezifische und branchenübergreifende Erweiterungen sowie neue Funktionalitäten für SAP ERP sowie seit Kurzem auch für die SAP Business Suite. Jedes neu ausgelieferte SAP Enhancement Package für SAP ERP enthält auch die zuvor bereitgestellten Erweiterungen, das heißt sie sind kumulativ. Das soll laut SAP dazu beitragen, Release-Zyklen und -Planungen zu synchronisieren. Neue Funktionalitäten, die SAP-Kunden mit den Enhancement Packages einspielen, sind zunächst inaktiv. Sie lassen sich mit einer speziellen Technik, dem SAP Switch Framework, selektiv aktivieren und verwalten. Somit bestimmen Anwenderunternehmen von SAP-Lösungen selbst, welche funktionalen und technischen Erweiterungen sie wann zur Verfügung haben möchten.

Ermöglicht wird dies, weil SAP funktionale Weiterentwicklungen für die ERP-Software kontinuierlich und planmäßig über sogenannte Enhancement Packages ausliefert. Die Erweiterungspakete beinhalten sowohl neue Funktionen für übergreifende sowie branchenspezifische Geschäftsprozesse als auch neue und gebündelte Enterprise Services (ES Bundles).

"Unsere größte Herausforderung ist, immobilienwirtschaftliche Standardprozesse schnell und flexibel an Kundenanforderungen anzupassen sowie diesen aktuelle Informationen, etwa über ungenutzte Flächen, zeitnah bereitstellen zu können", erklärt Wolfgang Hohmann, Senior Spezialist Systems Integration & IT-Projects bei der Strabag Property and Facility Services. Statt die installierte ERP-Software komplett auf den neuesten Stand zu bringen, kann das Unternehmen selektiv genau die Funktionen auswählen, die es für seine Geschäftstätigkeit benötigt, und in das bestehende ERP-System einspielen. Andere Bereiche des ERP-Kernsystems bleiben davon unberührt.

Hintergrund ist, dass die Strabag-Tochter auf der zentralen Service-Plattform REM@on mit SAP ERP als operativem Kernsystem sämtliche im Rahmen des Immobilienmanagements erforderlichen Prozesse kundenindividuell abbildet, steuert und koordiniert. Dazu gehören Abläufe vom Flächen- und Vertragsmanagement über die Nebenkostenabrechnung und das Immobilien-Controlling bis hin zur Eigentümerabrechnung. Das Unternehmen mit seinen fast 5.000 Mitarbeitern in Deutschland bewirtschaftet rund 15,4 Millionen Quadratmeter Nettogrundfläche in rund 35000 zum größten Teil gewerblich genutzten Immobilien.

Keine Eigenentwicklungen erforderlich

Zwingend notwendig für die effiziente kaufmännische Bewirtschaftung der Immobilien ist, dass die IT diese Prozesse technisch einwandfrei unterstützt. Dafür müsse laut Hohmann die ERP-Landschaft stets auf dem aktuellsten Stand sein. Darüber hinaus erhalte man so auch einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern. "Da SAP Neuerungen jetzt über Erweiterungspakete bereitstellt, sind aufwendige Upgrades nicht mehr notwendig." Als einer der ersten SAP-Kunden hatte der Immobiliendienstleister bereits das zweite Erweiterungspaket installiert und damit positive Erfahrungen gemacht.

"Wir haben uns deshalb entschlossen, im Rahmen der regelmäßigen Wartung auch das SAP Enhancement Package 4 einzuspielen, die von uns benötigten Funktionalitäten auszuwählen und zu aktivieren", so Homann. Das sind unter anderem Geschäftsfunktionen für die Liegenschaftsverwaltung, die Vorsteuerberichtigung nach Paragraf 15a des Umsatzsteuergesetzes, die Auswertung zur Umsatzabrechnung sowie neue und erweiterte Standardreports zur Nebenkostenabrechnung.

"Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass wir die mit dem EhP ausgelieferten Funktionen für die Bewirtschaftung der Immobilien nicht mehr selbst entwickeln mussten und zudem von SAP Supportleistungen erhalten", hebt Hohmann hervor. "Dadurch konnten wir nicht nur rund 20 Programmiertage, sondern auch zusätzliche Kosten in Höhe von rund 60.000 Euro einsparen. Ein weiteres Plus: Da das EhP 4 komplett installiert ist, lassen sich bei Bedarf auch weitere, bisher noch inaktive Geschäftsfunktionen einfach zuschalten.

Strabag-Erfahrung: Installation innerhalb von sieben Wochen

Da die über das EhP 4 ausgelieferten funktionalen Erweiterungen nun isoliert betrachtet werden können, blieb der zeitliche Aufwand für Tests und der Abgleich mit den bereits installierten Funktionen gering. Die Strabag Property and Facility Services konnte das vierte Erweiterungspaketes daher innerhalb von sieben Wochen erfolgreich einspielen und die benötigten Funktionen sofort aktivieren. Voraussetzung dafür war die Installation des SAP Solution Manager. Das Going Live erfolgte in zwei Schritten im Februar und März 2009.

Zu den Erfolgsfaktoren aus organisatorischer Sicht zählten laut Hohmann, dass fachliche Anforderungen frühzeitig spezifiziert wurden, der Fachbereich das Projekt durchgängig unterstützte sowie SAP einen projektbegleitenden Support bereitstellte.

Kritisch sieht Hohmann, dass die mit dem Einspielen des Enhancement Package 4 verbundene Downtime 32 Stunden betrug, "Unser Unternehmen muss für seine Kunden praktisch an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr dienstbereit sein". Sein Ziel ist daher, die Downtime künftig auf unter zehn Stunden zu reduzieren. Auch den Zeitraum für das Einspielen von Erweiterungspaketen will Hohmann in Zukunft von bisher sieben auf sechs Wochen verringern.