Black Swan im Projekt-Management

Das Risiko ist größer als Sie denken

06.12.2011 von Karin Quack
Im Durchschnitt sind Projekte um 27 Prozent teurer als geplant. Das klingt nicht dramatisch. Aber dieser Wert vernebelt eine gefährliche Wahrheit: Jedes sechste Projekt läuft völlig aus dem Ruder.
Wer hat Angst vor dem schwarzen Schwan?
Foto: Fotolia/Uwe Ohse

Woran denken Sie beim Begriff "Schwarzer Schwan"? An einen idyllischen Teich? Die Oscar-prämierte Leistung der Schauspielerin Natalie Portman? Oder an die Wuppertaler Dichterin Else Lasker-Schüler, die sich selbst gern so titulierte? Der Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb bezeichnete als "Black Swan" eine seltenes und unvorhersehbarer Ereignis, das eine unverhältnismäßig große negative Wirkung hervorruft.

McKinsey und die Said Business School der University of Oxford haben sich diesen Begriff ausgeliehen. Mit ihm bezeichnen sie ein Projekt, das sein Budget um mindestens 200 Prozent überzieht und 70 Prozent mehr Zeit verschlingt als geplant. Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit - Stichwort: Normalverteilung - sollte das die absolute Ausnahme sein. Die Analysten und Wissenschaftler haben für derart überzogene Projektbudgets eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 0,7 Prozent ausgerechnet.

Aber diese Gesetze gelten offenbar nicht für Projekte im Umfeld der Informationstechnik. Dort ist es 30 mal wahrscheinlicher, dass ein Projekt komplett aus dem Ruder läuft: Zwölf bis 18 Prozent der IT-Vorhaben sind "Schwarze Schwäne", so haben die Management-Beratung und die renommierte Hochschule in langjährigen Untersuchung von rund 1500 Projekten herausgefunden.

Seit vier Jahren arbeitet McKinsey jetzt schon mit dem Lehrstuhl von Professor Bent Flyvbjerg zusammen: Der Oxford-Professor hat eine Methode zur Risikovorhersage in Projekten entwickelt, die sich vor allem in Großbritannien und Dänemark durchgesetzt hat: Dort ist sie für alle öffentlichen Projekte im Infrastrukturbereich verbindlich, sagt Jürgen Laartz, Director im Business Technology Office von McKinsey. Mit dieser "Reference Class Forecasting" genannten Methode lässt sich das Risiko für ein Scheitern des Projekts bereits vor dem eigentlichen Start eingrenzen. Flyvbjergs Arbeit gab denn auch den Anstoß zu der Studie.

Vier schwarze Schwäne
Risiken beim Projekt-Management
Der Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb bezeichnete als "Black Swan" eine seltenes und unvorhersehbarer Ereignis, das eine unverhältnismäßig große negative Wirkung hervorruft. Es lassen sich vier Prototypen unterscheiden:
Schwarzer Schwan 1:
Der "frühe" Schwarze Schwan erlebt die Kostenexplosion bereits in der Spezifizierungsphase. Dieser Anstieg kann auch im Projektverlauf nicht mehr aufgefangen werden. Also ist dies der Projekttyp, der am Ende die höchsten Kostenüberschreitungen aufweist. Aus Sicht von McKinsey wäre es sinnvoll, hier sofort die Reißleine zu ziehen: "Aber kaum jemand hat den Mut, diese Projekte in einem derart frühen Stadium zu canceln", weiß Laartz aus Erfahrung. Stattdessen versichere man sich gegenseitig, die Kosten im Projektverlauf schon wieder einsparen zu können: "In den Köpfen der Projekt-Manager ist eben ein unrealistisches Risikoprofil gespeichert."
Schwarzer Schwan 2:
Der "typische" Schwarze Schwan" macht sich erst in der Design-Phase bemerkbar. Dort steigen die Kosten durchschnittlich um das Dreifache des geplanten Budgets an, bleiben aber in der Folge stabil. Das bedeutet am Ende immer noch exorbitante Überschreitungen um die 300 Prozent.
Schwarzer Schwan 3:
Das "umgedrehte hässliche Entlein" heißt so, weil es am Anfang hübsch aussieht und nach Erfolg riecht. Dass es sich um einen Schwarzen Schwan handle, bleibe lange unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, sagt Laartz. Erst in der Entwicklungsphase offenbare sich, dass anfangs nicht sauber gearbeitet wurde - beispielsweise dann, wenn sich Randbedingungen ändern oder die Integration in die IT-Umgebung ansteht. Häufig unterschätze das Projektteam auch die Zahl der Use Cases. Werden solche Spezifikationsfehler erst nachträglich evident, kostet ihre Korrektur Zeit und Geld.
Schwarzer Schwan 4:
Der "verhungernde" Schwarze Schwan ist der bereits erwähnte Projekttyp, der unter Budget bleibt - aber nur, weil die angepeilten Ziele kontinuierlich verringert werden. So ergibt sich trotz der günstigen Kostenentwicklung ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Der Durchschnitt besagt wenig

Die überwiegende Mehrzahl der untersuchten Projekte bewegt sich kostenmäßig im "Normalbereich", den McKinsey zwischen minus 50 und plus 80 Prozent des veranschlagten Budgets ansiedelt. Der Durchschnitt liegt bei einer Budgetüberschreitung von "nur" 27 Prozent der Kosten. "Da sollte man meinen, dass alles in Ordnung wäre", macht sich Laartz zum Advocatus Diaboli.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt aus dem Ruder läuft, ist in der IT 30 mal höher als woanders.
Foto: McKinsey, University of Oxford

Erst bei genauerem Hinsehen offenbart sich, dass jedes sechste der untersuchten Projekte kostenmäßig im "Fat Tail" der Statistik landet. So genant, weil sich die Gesamtkosten dieser Vorhaben in vielen Fällen auf das Vier- oder sogar Sechsfache des ursprünglich kalkulierten Budgets beliefen. Wohl gemerkt, von Projekten, die offiziell als erfolgreich abgeschlossen galten. Abgebrochene Vorhaben wurden hier nicht berücksichtigt.

Ein Projekt, das deutlich, sprich: um mehr als die Hälfte, unter den Plankosten bleibt, gilt übrigens auch als Schwarzer Schwan. Unerwartet geringe Kosten sind zwar auf den ersten Blick positiv. Doch schnell werden die negativen betriebswirtschaftlichen Folgen sichtbar. Nicht nur, dass eine solche Diskrepanz auf eine schlechte Planung hinweist. Vielmehr lassen sich die günstigen Kosten, so Laartz, oft darauf zurückführen, dass Abstriche hinsichtlich der "Benefits" gemacht werden. Selbst wenn das nicht der Fall ist, werden so Mittel gebunden, die anderswo wirkungsvoll hätten eingesetzt werden können.

IT für erfolgreiche Projekte
Die besten Projekt-Management-Tools
Mit Hilfe der richtigen Software können sich Projekt-Manager auf das Wichtigste konzentrieren: Die Projektziele klar kommunizieren und das Team erfolgreich führen.
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3. 5pm
5pm stellt eine intuitive und einfach gehaltene PM-Anwendung dar, die die Projektplanung und die Analyse von Aktivitäten und Arbeitszeiten in den Vordergrund stellt.<br /><br /> Preis: Ab 18 US-Dollar pro Monat für bis zu fünf Anwender<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
4. Smartsheet
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5. Projectplace
Projectplace stellt eine der umfangreichsten PM-Tools auf dem Markt dar und bietet professionelle Funktionen wie Videokonferenzen und VoIP, sowie Features, die aus Facebook und Twitter bekannt sind.<br /><br /> Preis: Ab 19,50 Euro pro User / Monat (1 Projekt)<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
6. Clocking IT
Clocking IT ist ein mächtiges PM-Werkzeug aus der Open Source-Szene, das sich vor allem unter Software-Entwicklern einen Namen gemacht hat.<br /><br /> Preis: Kostenlos<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
7. Google Sites
Obwohl eigentlich nicht als PM-Lösung konzipiert lässt sich Google Sites aufgrund seiner vielen Kollaborations-Features als zentrale PM-Plattform nutzen. <br /><br /> Preis: Kostenlos<br /><br /> Auf Deutsch: Ja
8. Ace Project
Ace Project bietet sich als interessante, Kollaborations-orientierte Alternative an für alle, die das PM-System lieber auf den eigenen Servern betreiben möchten. <br /><br /> Preis: Ab 1495 US-Dollar für bis zu 20 Anwendern (Lizenzkauf)<br /><br /> Auf Deutsch: Nein
9. Onepoint Project
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10. ActiveCollab
ActiveCollab bietet alles, was man von einer PM-Software erwartet, und richtet sich ausschließlich an Unternehmen, die eine On Premise-Lösung bevorzugen.<br /><br /> Preis: Ab 249 US-Dollar (Lizenzkauf)<br /><br /> Auf Deutsch: Nein

Vier schwarze Schwäne

Schwarze Schwäne tauchen in unterschiedlicher Gestalt auf. Es lassen sich vier Prototypen unterscheiden.

  1. Der "frühe" Schwarze Schwan erlebt die Kostenexplosion bereits in der Spezifizierungsphase. Dieser Anstieg kann auch im Projektverlauf nicht mehr aufgefangen werden. Also ist dies der Projekttyp, der am Ende die höchsten Kostenüberschreitungen aufweist. Aus Sicht von McKinsey wäre es sinnvoll, hier sofort die Reißleine zu ziehen: "Aber kaum jemand hat den Mut, diese Projekte in einem derart frühen Stadium zu canceln", weiß Laartz aus Erfahrung. Stattdessen versichere man sich gegenseitig, die Kosten im Projektverlauf schon wieder einsparen zu können: "In den Köpfen der Projekt-Manager ist eben ein unrealistisches Risikoprofil gespeichert."

  2. Der "typische" Schwarze Schwan" macht sich erst in der Design-Phase bemerkbar. Dort steigen die Kosten durchschnittlich um das Dreifache des geplanten Budgets an, bleiben aber in der Folge stabil. Das bedeutet am Ende immer noch exorbitante Überschreitungen um die 300 Prozent.

  3. Das "umgedrehte hässliche Entlein" heißt so, weil es am Anfang hübsch aussieht und nach Erfolg riecht. Dass es sich um einen Schwarzen Schwan handle, bleibe lange unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, sagt Laartz. Erst in der Entwicklungsphase offenbare sich, dass anfangs nicht sauber gearbeitet wurde - beispielsweise dann, wenn sich Randbedingungen ändern oder die Integration in die IT-Umgebung ansteht. Häufig unterschätze das Projektteam auch die Zahl der Use Cases. Werden solche Spezifikationsfehler erst nachträglich evident, kostet ihre Korrektur Zeit und Geld.

  4. Der "verhungernde" Schwarze Schwan ist der bereits erwähnte Projekttyp, der unter Budget bleibt - aber nur, weil die angepeilten Ziele kontinuierlich verringert werden. So ergibt sich trotz der günstigen Kostenentwicklung ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Zehn Tipps für Projekt-Manager
So kommen Sie groß raus ... oder?
Sie möchten, dass Ihre Projekte zäh verlaufen, weil Sie sich damit in der Firma profilieren können? Dann folgen Sie den Ratschlägen von Jürgen Rohr.
Tipp 1
Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck. Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede.
Tipp 2
Starten Sie mit einer problem-orientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen.
Tipp 3
Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback. Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten.
Tipp 4
Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation.
Tipp 5
Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 PowerPoint Slides. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!
Tipp 6
Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein. Das wäre ja noch schöner: Sie planen knapp bei Budget und Terminen und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören.
Tipp 7
Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein. Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen.
Tipp 8
Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine. In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden.
Tipp 9
Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten. Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld.
Tipp 10
Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik. Wenn jemand mit einem Feedback zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus.

Vage Gründe für das Scheitern

Warum IT-Projekte unberechenbarer sind als andere Vorhaben, mag auch Laartz nicht eindeutig begründen. Möglicherweise kämen hier verstärkt die beiden am weitesten verbreiteten Ursachen für Fehleinschätzungen zum Tragen. Die seien:

Weitere Besonderheiten von IT-Projekten liegen auf der technischen Seite. Dazu gehören beispielsweise Unwägbarkeiten in der Implementierungsphase. Wie Laartz einräumt, ist die Untersuchung in diesem Punkt noch nicht abgeschlossen: "Wir können nur etwa jeden zweiten Fall auf seine Ursachen zurückführen."

Das macht die Suche nach einem Gegengift umso schwieriger. Nicht einmal die Betrachtung der Best-in-class-Projekte hilft hier sehr viel weiter: Auch von den IT-Vorhaben, in denen fast alles richtig gemacht wurde, endete jedes zehnte im "schwarzen" Bereich.

Size doesn't matter that much

Jürgen Laartz, Director im Business Technology Office von McKinsey
Foto: Euroforum/Meyer

Seit den 90er Jahren beschäftigen sich die Berater und Analysten mit der Frage, was signifikante Budgetüberschreitungen verursacht und wie sie sich vermeiden lassen. Zum Ende des vergangenen Jahrhunderts galt die von Capers Jones aufgestellte These, dass die Wahrscheinlichkeit der finanziellen Bruchlandung mit der Größe des Projekts wachse. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Standish Group später in ihrem "Chaos Report".

McKinsey ist jedoch anderer Ansicht: "Es gibt keine Korrelation von Misserfolg und Projektgröße", konstatiert Laartz - "jedenfalls heute nicht mehr". Die Unternehmen hätten mittlerweile gelernt, umfangreiche Projekte zu modularisieren: "In der Folge haben sich die Risikoprofile von großen und mittleren Projekten angenähert."

Allerdings tun sich Analysten und Wissenschaftler auch schwer, andere Zusammenhänge zu finden. Fest steht allerdings, dass die finanziellen Exzesse auch mit exorbitanten Zeitüberschreitungen einhergehen. Dass Projekte mehr als anderthalb mal so lange dauern wie geplant, ist dabei sogar noch an der Tagesordnung. Die Vorhaben, die ihre Plankosten um mehr als 200 Prozent überschreiten, brauchen noch mehr Zeit: Im Durchschnitt überziehen sie den Zeitplan um 68 Prozent. Das veranlasst Laartz zu der Feststellung: "Je länger ein Projekt dauert, desto höher das Risiko eines Cost Overrun." Also ist nicht der Projektmfang, sondern die benötigte Zeit der Hauptrisikofaktor.

10 Tipps für erfolgreiche IT-Projekte
Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Projektauftrag klar definieren
Der Projektauftrag ist das A und O der Projektdurchführung. Er bildet die Grundlage für die Abnahme der Projektergebnisse und damit den Projekterfolg!
Projekt in steuerbare Arbeitspakete schneiden
In jeder Phase des Projekts den Überblick bewahren.
Betroffene zu Beteiligten machen
Ein offenes Ohr für die Projektbeteiligten erhöht die Akzeptanz der zukünftigen Nutzer.
Projekt(kern)team klein halten
Auch bei der Durchführung eines Projektes gilt: Zu viele Köche verderben den Brei.
Umgang mit Change Requests definieren
Hinterfragen Sie Änderungswünsche während der Projektdurchführung kritisch und prüfen Sie sie auf ihre Sinnhaftigkeit.
Abnahme-Prozess formalisieren
Keine Kritik ohne Verbesserungsvorschlag: Ein Feedback-Formular mit Pflichtfeld "Verbesserungsvorschlag" sorgt für Konstruktivität im Feedback-Prozess.
Projektmanagement leben
Kommunikation, Kommunikation und nochmal Kommunikation!
Management of Change: „Hypercare“ einplanen
Ein speziell hierfür ernannter Ansprechpartner hilft über Probleme und Sorgen in den ersten Tagen nach der Systemeinführung hinweg.
Übergabe in den Betrieb sicherstellen
Eine geregelte Übergabe ermöglicht den reibungslosen Betrieb des IT-Systems.
Lessons Learned
Die Erfahrungen sollten am Ende eines Projekts zusammengetragen werden, um für die nächsten Projekte zu lernen.

Maßnahmen zur Risikoverminderung

Folglich besteht eine Maßnahme zur Risikoverminderung darin, statt eines "Big-Bang"-Dreijahres-Projekts lieber drei Einjahresprojekte umzusetzen, die jeweils aufeinander aufbauen. Das hat diverse Vorteile:

Der Business-Plan hat ausgedient

Ein Handikap der meisten Projekt-Management-Strukturen ist das fehlende "Inkasso" des Projektnutzens. Zwar formulieren die Projektverantwortlichen einen Business-Plan, um ihre Vorhaben zu rechtfertigen. Doch wenn diese erst einmal genehmigt sind, gerät der Plan schnell in Vergessenheit. Nur jedes fünfte Unternehmen gleicht Projektergebnis und Business-Plan auch im Verlauf des Vorhabens und hinterher ab. Ein fataler Fehler, wie Laartz bemerkt hat: "Wenn man diesen Punkt aus dem Auge verliert, trifft man leicht die falschen Entscheidungen." Jedes Projekt müsse "gegen den Business Case gemanagt" werden. Sonst entwickle es sich zu einem reinen Technologieprojekt.

Im einem größeren Rahmen betrachtet, hapert es häufig an einer sauberen Governance, also der Verankerung der IT im Business. Nach Auffassung von McKinsey sollte es in jedem Unternehmen einen "Owner" für die Wertbetrachtung der IT geben. Aber da diese Position zwangsläufig an der Schnittstelle zwischen Business und IT angesiedelt ist, fühlt sich häufig keine Seite dafür zuständig. Also gibt es sie fast nirgendwo.

Spielregeln für das Projekt-Team
Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Tipp 2
Eine offene Kommunikation einhalten.
Tipp 3
Eine konstruktive Zusammenarbeit umsetzen.
Tipp 4
Zu Problemen grundsätzlich Lösungsvorschläge anbieten.
Tipp 6
Keine Arbeitspakete ohne Termin und Verantwortlichen definieren.
Tipp 7
Delegieren von Arbeitspaketen vermeiden.
Tipp 8
Lieber miteinander reden anstatt E-Mail-Ping-Pong zu spielen.
Tipp 9
Keine politischen Spielchen treiben.
Tipp 11
Dynamik entwickeln und auf das gesamte Projektteam sowie alle Anwender übertragen.

COMPUTERWOCHE-Kommentar

Karin Quack, Redakteurin COMPUTERWOCHE
Foto: Karin Quack

Was ist eigentlich ein erfolgreiches IT-Projekt? Die naheliegende Antwort: ein Projekt, das seinen Zeit- und Budgetrahmen einhält. Wirklich? Nein, selbstverständlich nicht. Das ist zwar schon sehr löblich - vor allem, wenn es sich um ein naturgemäß zur Proliferation neigendes IT-Projekt handelt. Aber ein Kongressvortrag ist ja auch nicht schon deshalb gelungen, weil der Redner exakt 45 Minuten gesprochen und in dieser Zeit den Raum nicht verlassen hat.

Wenn der Sprecher das Thema verfehlt oder ständig abschweift, sind die Zuhörer genervt und am Ende unzufrieden. Analog dazu ist ein erfolgreiches Projekt eins, das sich ans Thema hält, sprich: die Spezifikationen einhält. Das ist ja wohl das mindeste, werden Einige jetzt einwenden. Aber sie verkennen, dass sich vor allem in langfristigen Projekten die Anforderungen häufig ändern. Ein Projekt, das hier up to date bleibt, hat zumindest einen Teilerfolg errungen.

Doch es gibt durchaus Projekte, die formal alle Anforderungen erfüllen - auch die nachträglich gestellten - und trotzdem als gescheitert gelten müssen. Warum? Weil ihr Produkt nicht genutzt wird. Erst in der Anwendung des aus dem Projekt entstandenen Systems entscheidet sich, ob das Vorhaben seine Kosten wert gewesen ist. Das macht die "Wertbetrachtung" so schwierig.

McKinsey rät jedem Unternehmen, explizit einen Zuständigen für den Wertbeitrag der IT zu bestimmen. Aber wer sollte das sein? Ein Controller wird nur die messbaren Fakten betrachten. Eine strategische Erörterung à la "Wo stünde das Unternehmen ohne dieses Projekt"? liegt außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Die Perspektive eines Fachbereichs-Managers ist naturgemäß durch den Abteilungshorizont eingeengt.

Der Wertbeitrags-Manager müsste eine Person sein, die genug technisches Know-how hat, um Projekte beurteilen zu können, aber gleichzeitig so viel vom Business versteht, dass sie die für das Unternehmen relevanten Verbesserungen wahrnehmen kann. Das klingt verdächtig nach der Definition eines guten CIOs. Der kann diese Aufgabe allerdings nur erfüllen, wenn er unbefangen an die Projekte herangeht. Voraussetzung dafür ist also eine strikte Trennung zwischen der Demand- und Supply-Seite der IT. (qua)