25 Jahre Photoshop

Das Programm, das die Realität veränderte

24.05.2015
Photoshop ist aus dem Alltag kaum wegzudenken. Das einstige teure Werkzeug für Kreativ-Profis ist heute auf Smartphones kostenlos zu haben - und muss sich dort gegen eine Vielzahl neuer Apps behaupten. Vor 25 Jahren begann die Photoshop-Geschichte ganz bescheiden.
Wie alles begann... Adobe Photoshop 1.0.7
Foto: Adobe

Digitale Bildbearbeitung hat die Art verändert, wie wir die Welt sehen. Die Leichtigkeit, mit der kleine Details und ganze Bilder absolut realistisch verändert werden können, gehört inzwischen zum Alltag. Models auf dem Magazin-Cover bekommen leuchtenden Teint und schlankere Linien. Möbel-Händler wie Ikea bauen für ihre Kataloge ganze Wohnlandschaften am Computer. Werbeagenturen können die verrücktesten Fantasien umsetzen. Die Kehrseite: Fotos von Konflikten, Unfällen und Katastrophen können im Internet alle manipuliert sein. Im aktuellen Fotoreporter-Wettbewerb World Press Photo wurde ein Fünftel der Bilder wegen zu starker Veränderungen herausgesiebt - drei Mal mehr als im vergangenen Jahr.

Die Software, die praktisch zum Synonym für die digitale Bildbearbeitung wurde, wird nun 25 Jahre alt. Ihr Einfluss ist enorm. Nur ein Beispiel: Geht es etwa um offensichtlich misslungene Bildmanipulationen, spricht man gleich von "Photoshop fails".

Photoshop war zwar nicht das erste Programm für digitale Bildbearbeitung - wurde aber schnell zum erfolgreichsten. Obwohl der Name inzwischen fest mit dem Software-Konzern Adobe verbunden ist, begann die Geschichte von Photoshop als Familien-Projekt weit entfernt vom Silicon Valley.

Im Jahr 1987 schrieb der Doktorand Thomas Knoll an der University of Michigan nebenbei eine Software, die ihm helfen sollte, Graustufen auf einem Schwarz-Weiß-Monitor anzuzeigen. Das kleine Programm mit dem Namen Display hätte eine Bastel-Übung bleiben können, wenn Thomas' Bruder John Knoll nicht beim Spezialeffekte-Studio Industrial Light & Magic des "Star Wars"-Schöpfers George Lucas gearbeitet hätte.

John sah in Display einen Ausgangspunkt für komplexere Funktionen zur Bildbearbeitung. Die Brüder fügten die Unterstützung verschiedener Bildformate sowie Filter hinzu. Sie sorgten dafür, dass man einzelne Teile des Bildes sowie Merkmale wie Farbsättigung verändern konnte. Als sie schließlich das Gefühl hatten, ein kommerziell taugliches Programm in der Hand zu haben, gingen Thomas und John Knoll auf Partnersuche in der IT-Industrie.

Fotomontage
"And you think your having a bad day at work!!" Mit dieser Unterschrift kursiert obiges Foto im Internet mit der Erklärung, es sei von National Geographic zum Foto des Jahres nominiert wurden. Keinesfalls - es handelt sich um eine geschickte Fotomontage. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/helicopter_shark/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
Gestellte Szene und Retusche
Dieses berühmte Foto des 2. Weltkriegs zeigt Soldaten, die auf dem Reichstag in Berlin eine sowjetische Fahne hissen. Der russische Fotograf Yevgeny Khaldei hatte den Auftrag bekommen, ein symolisches Foto zum Sieg über Deutschland zu schießen. Zuvor hatten bereits die Amerikaner mit dem berühmten <a target="_blank" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Raising_the_Flag_on_Iwo_Jima">"Raising the Flag on Iwo Jima"</a> ein erfolgreiches Propagandabild präsentiert. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/red_army_flag_over_reichstag/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
Gestellte Szene
Ein junges Pariser Pärchen ist auf diesem berühmten Foto "The Kiss at City Hall" von Robert Dosineau zu sehen. Es erschien 1950 in der Zeitschrift <i>Life</i> und ist heute noch in der Form von Postkarten und Postern beliebt. Erst in den 1990ern kam heraus, dass es kein Schnappschuss war, sondern eine gestellte Szene mit Modellen. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/the_kiss_at_city_hall/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
Fotomontage und Retusche
So stellte man sich 1954 in der Zeitschrift "Popular Mechanics" den "Heimcomputer" der Zukunft vor. Besser gesagt, man stellt sich heute vor, dass das 1954 so gewesen wäre - denn das Foto ist nur eine geschickte Fotomontage. <br /><br /> <a href="http://urbanlegends.about.com/library/bl_rand_home_computer.htm" target="_blank">Quelle: urbanlegends.about.com</a>
Retusche
Das berühmte Cover der Beatles-CD <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Abbey_Road" target="_blank">"Abbey Road"</a> zeigte usprünglich McCartney mit einer Zigarette in der Hand. Auf heutigen Poster-Versionen des Bildes wurde diese wegretuschiert. <br /><br /> <a href="http://www.cs.dartmouth.edu/farid/research/digitaltampering/" target="_blank">Quelle: Dartmouth College, Image Science Group</a>
Bildbearbeitung
Fototermin in einer Schule und Präsident Bush hält das Buch verkehrt herum. Wie peinlich! Nein - nur nachbearbeitet. Auf dem Original hält George Bush das Buch richtig. <br /><br /> <a href="http://www.wired.com/politics/law/news/2002/11/56430" target="_blank">Quelle: wired.com</a>
Fotomontage
Was für eine Flugshow - ein Dutzend Kampfjets fliegt in Formation und bildet den Schriftzug "USA". Wer hier ins zweifeln gerät hat recht: Das war doch eher die Arbeit einer Bildbearbeitungssoftware mit Klon-Tool. <br /><br /> <a href="http://urbanlegends.about.com/library/bl-usa-flyby.htm" target="_blank">Quelle: urbanlegends.about.com</a>
Fotomontage
"The Tourist of Death" wurde dieses Foto getauft. Es zeigt einen Touristen auf dem Dach des World Trade Centers, während sich gerade eines der entführten Flugzeuge dem Gebäude nähert. Ein Fake, der zum Kult geworden ist. Hunderte Nachahmer haben den "Touristen des Todes" mittlerweile in andere Fotos montiert. <br /><br /> <a href="http://www.touristofdeath.com/" target="_blank">Quelle: touristofdeath.com</a>
Fotomontage
Sensationsfund in Saudi Arabien: Bei der Suche nach Gasvorkommen ist man in der Wüste auf das Skelett eines Riesenmenschen gestoßen. Klingt unglaubwürdig? Ja, die Montage war ein Teilnehmer eines Photoshop-Wettbewerbs auf <a href="http://www.worth1000.com" target="_blank">worth1000.com</a>. <br /><br /> <a href="http://www.snopes.com/photos/odd/giantman.asp" target="_blank">Quelle: snopes.com</a>
Gestellte Szene mit Doppelgänger
Es wäre schon ein gelungener Schnappschuss: Präsident Bush versucht sich an einem Rubiks Würfel. Doch das ist gar nicht der "echte Bush". Hier posiert ein Doppelgänger für die Künstlerin Alison Jackson. Sie stellt mit Promi-Doubles gezielt fiktive Szenen dar, die die Prominenten in unbeobachteten Momenten zeigen. <br /><br /> <a href="http://www.alisonjackson.com/photos.html" target="_blank">Quelle: alisonjackson.com</a>
Fotomontage
Vier iranische Raketen werden in den Wüstenhimmmel gefeuert. Vier Raketen? Nein - ein Raketenstart schlug fehl, also klonte man ihn nachträglich ins Bild. <br /><br /> <a href="http://www.cs.dartmouth.edu/farid/research/digitaltampering/" target="_blank">Quelle: Dartmouth College, Image Science Group</a>
Fotomontage
Ein Bild wie es jeder Wahlkampfmanager fürchtet: Sarah Palin posiert im Stars-and-Stripes-Bikini und Gewehr. Natürlich hat sich das Bild als eine Fotomontage entpuppt - nur der Kopf stammt von einem Foto von Sarah Palin. <br /><br /> <a href="http://www.cs.dartmouth.edu/farid/research/digitaltampering/" target="_blank">Quelle: Dartmouth College, Image Science Group</a>
Retusche
"Unser Präsident soll schöner werden". Nach diesem Motto wurden für Pressefotos beim französischen Staatspräsidenten Sarkozy einige Speckröllchen entfernt. <br /><br /> <a href="http://www.rhetorik.ch/Bildmanipulation/Bildmanipulation.html" target="_blank">Quelle: rhetorik.ch</a>
Retusche
Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel profitierte im Nachhinein von den Künsten der digitalen Bildbearbeitung: Ihr wurden kurzerhand in Pressefotos die Schweißflecken entfernt. <br /><br /> <a href="http://www.rhetorik.ch/Aktuell/05/07_27.html" target="_blank">Quelle: rhetorik.ch</a>
Retusche
Was macht man, damit ein Schauspieler dem historischen Original näher kommt? Man passt das einfach historische Original an. So geschehen bei diesen Fotos zum Film <i>Wallküre</i>, in dem der US-Schauspieler Tom Cruise den deutschen Offizier Claus von Stauffenberg mimt. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/cruise_vs_von_stauffenberg/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
Perspektive
Gewächshaus neben dem Atomkraftwerk? Nein, allein der Kamerawinkel reicht aus, um dieses Gemüse riesig wirken zu lassen. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/giant_tomatoes/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
Fotomontage
"Snowball, die Monsterkatze". Dieses nachbearbeitete Foto der Katze "Jumper" verhalf ihr im Internet zu ungeahntem Ruhm. <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/hoax/photo_database/image/snowball_the_monster_cat/" target="_blank">Quelle: museumofhoaxes.com</a>
(ungeschickte) Fotomontage
Der Teufel liegt im Detail: Vor allem in der Werbung sind häufig Bildbearbeitungs-Fehler zu finden. Hier läuft ein Bikini-Model mit Geisterhand auf der Schulter am Strand spazieren. <br /><br /> <a href="http://www.gigglesugar.com/324414" target="_blank">Quelle: gigglesugar.com</a>
Photoshop Disasters
Das Blog <a href="http://photoshopdisasters.blogspot.com/" targert="_blank">Photoshop Disasters</a> sammelt amüsante Fälle, in denen Grafiker gepfuscht haben. Bei diesem Bild wurde in der deutschen Zeitschrift <i>Intouch</i> versehentlich ein Kind von Brad Pitt und Angelina Jolie geklont. <br /><br /> <a href="http://photoshopdisasters.blogspot.com/2008/12/intouch-zahara-mystery-child-of-evil.html" target="_blank">Quelle: photshopdisaster.</a>
Hoax Photo Test
Sie glauben Bescheid zu wissen? Dann probieren Sie sich zum Abschluss am "Hoax Photo Test" von <a href="http://www.museumofhoaxes.com">museumofhoaxes.com</a>. Hier müssen Sie Bilder als Fälschung oder Original identifizieren. Glauben Sie nicht, was Sie sehen... <br /><br /> <a href="http://www.museumofhoaxes.com/tests/hoaxphototest.html" target="_blank">Zum "Hoax-Test"</a>

Das gestaltete sich gar nicht so einfach. Heute vergessene Firmen wie SuperMac oder Aldus winkten ab. Der erste Erfolg stellte sich ein, als der Scanner-Anbieter Barneyscan 200 Kopien des Programms zusammen mit seinen Geräten auslieferte. Die Wende kam schließlich mit einem Termin bei Adobe. Die Software-Firma hatte zwar gerade ein anderes Bildbearbeitungs-Programm im Blick - kam jedoch schnell zu dem Schluss, dass Photoshop besser war. Nach der ersten Einigung per Handschlag im September 1988 wurde der Deal erst im Frühjahr des Jahres darauf festgezurrt. Dann dauerte es noch einmal bis zum 19. Februar 1990, bis die Version 1.0 in den Handel kam. Es war der Beginn eines Siegeszugs, der vom Vormarsch der Digitalfotografie noch beschleunigt wurde.

Wechsel auf Abo-Modell

Vor mehr als drei Jahren leitete Adobe allerdings einen radikalen Umbau seines Geschäftsmodells ein: Den Vertrieb von Software wie Photoshop stellt Adobe auf ein Abo-Modell um. Früher musste man sich die Programme zwar für mehrere hundert Dollar kaufen - und so mancher Verbraucher griff angesichts der Preise zu illegalen Kopien aus dem Netz, konnte sie dann aber lange nutzen. Jetzt gibt es monatliche Gebühren. Für Adobe war es eine schmerzhafte Umstellung, Umsatz und Gewinn sackten ab. Inzwischen erholen sich die Zahlen aber. Und mit der neuen Basis könne man eine Umgebung auf PC und mobilen Geräten anbieten, betont die zuständige Adobe-Managerin Mala Sharma. Die Smartphone-Versionen treten gegen eine Vielzahl neuer Apps an - und sind entsprechend kostenlos.

Die Knoll-Brüder hatten bei ihrem ersten Deal mit Adobe den geschäftlichen Weitblick, zunächst die Kontrolle zu behalten und dem Software-Konzern nur eine Lizenz einzuräumen. So fiel die Summe entsprechend höher aus, als Adobe ihnen später die bereits erfolgreiche Software abkaufte. Thomas Knoll lebt weiter in Michigan, seine Doktorarbeit schrieb er nicht fertig. John Knoll machte Karriere in Hollywood als Spezialeffekte-Meister unter anderem in der "Star Wars"-Saga und dem Mega-Blockbuster "Avatar". Die Mitarbeit am zweiten Film der "Fluch der Karibik"-Reihe brachte ihm einen Oscar ein. (dpa/mb)