Turbo-Netze

Das Potenzial der Glasfaser

27.08.2008 von Gerhard Kafka
Die Lichtleiter erobern sich ein immer größeres Einsatzgebiet. Konnten sich vor ein paar Jahren nur die Carrier die teuren Fasern leisten, sollen jetzt Plastikfasern selbst bei der Heimvernetzung Einzug halten.

Ähnlich wie das Mooresche Gesetz (Moore’s Law) - das besagt, dass sich die Transistorendichte auf einem Chip alle 24 Monate verdoppelt - beschreibt Nielsen‘s Law den Bandbreitenbedarf für den Internet-Zugang: Jakob Nielsen von der gleichnamigen Nielsen Norman Group in den USA, früher Professor an der Kopenhagener Universität, hat herausgefunden, dass für den ambitionierten Highend-Privatanwender die Internet-Zugangsgeschwindigkeit jährlich um 50 Prozent wächst. Ähnliche Steigerungsraten gelten für den deutschen Internet-Austauschknoten DE-CIX in Frankfurt am Main, wo sich laut Harald Summa, Geschäftsführer des eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft, innerhalb der letzten zwei Jahre die Kapazität verdoppelt hat.

Foto: Kafka

Und ein vom Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) im Februar 2008 veröffentlichtes Gutachten für die Landesregierung Rheinland-Pfalz zum "Breitband-Internet" rechnet für das Jahr 2015 mit einem Standardanschluss pro Haushalt, der bei 100 Mbit/s liegen wird. Im kommerziellen Bereich wird eine ähnliche Entwicklung erwartet, die aber wegen der unterschiedlichen Bedürfnisse vom Kleinst- bis zum Großunternehmen nicht weiter konkretisiert ist. Die treibenden Kräfte für den ständig steigenden Bandbreitenbedarf sind Bündelangebote für den Privatkunden, wie etwa Triple Play mit interaktiven Videodiensten wie IPTV, HDTV und Video on Demand sowie VPN-Dienste, Telepräsenz und Telemedizin für Geschäftskunden. Diese hohen Übertragungskapazitäten lassen sich zukunftssicher nur mit der Glasfaser als Übertragungsmedium zufrieden stellend und wirtschaftlich realisieren.

Lichtwellenleiter im Einsatz

Die Glasfaser wird heute in allen drei Netzbereichen eingesetzt: in öffentlichen Weitverkehrsnetzen (WAN), firmeneigenen lokalen Netzen (LAN) sowie Heimnetzen. Ein Beispiel für den Kapazitätszuwachs im WAN-Bereich sind die Transatlantik-Seekabel für die Telekommunikation, allgemein als TAT (Trans Atlantic Telephonecable) bekannt, die heute aus Single-Mode-Glasfasern bestehen. So besitzt das im März 2001 in Betrieb genommene TAT-14-Seekabel eine Gesamtkapazität von 640 Gbit/s. Das System basiert auf einer dualen bidirektionalen Konfiguration mit jeweils zwei Glasfaserpaaren, über welche mittels DWDM 16 Wellenlängen mit STM-64 übertragen werden. Im Fehlerfall stehen zwei Ersatzpaare als Backup zur Verfügung. Reliance Globalcom betreibt heute mit dem FA-1 - übrigens das erste transatlantische Ringsystem - ein Übertragungssystem mit einer geschützten Kapazität von 2,4 Tbit/s. Wie ein Seekabel verlegt und repariert wird, zeigt Alcatel-Lucent in einer Flash-Animation anschaulich.

Kunststoff löst die klassische Glasfaser ab und soll die Vernetzung per Licht auch im privaten Bereich erschwinglich machen.
Foto:

Auf Betriebsgeländen und in Bürogebäuden werden im Rahmen der anwendungsneutralen strukturierten Verkabelung mittlerweile im Primär- und Sekundärbereich ebenfalls in der Regel Glasfasern verlegt. Mit Blick auf die im Vergleich zum Seekabel relativ geringen Entfernungen - typischerweise bis zu zwei Kilometer - reichen hier Multimode-Glasfasern aus, die im Betrieb wesentlich günstiger sind als die im WAN verwendeten Single-Mode-Fasern. Als Lichtquelle dienen preiswerte LEDs, während für die Single-Mode-Fasern hochpräzise Laser erforderlich sind. Dafür lassen sich mit Single-Mode-Fasern Entfernungen zwischen 70 und 100 Kilometern ohne Signalregenerierung überbrücken.

Das digitale Heim ist dagegen eine Domäne der POF (Plastic Optical Fiber), die auch zum Selberverlegen angeboten wird. Sie hat wegen ihrer hohen Dämpfung nur eine begrenzte Reichweite von rund 30 Metern. Die lichtleitende Faser im POF-Kabel ist etwa ein Millimeter stark und lässt sich mit einem scharfen Messer trennen. Weil sie ihre geringste Dämpfung im sichtbaren Bereich besitzt, können sehr preiswerte rote und blaue LEDs als Sender fungieren, man kann die Daten quasi "sehen".

Die klassische Glasfaser

Die ursprüngliche Glasfaser besteht aus einer zylindrischen Faser aus Quarzglas (SiO2), dem so genannten Kernglas. Dieses ist in ein Mantelglas eingebettet, das ebenfalls aus hochreinem Quarzglas besteht, aber einen unterschiedlichen Brechungsindex hat. Geschützt wird die Glasfaser durch eine Beschichtung, die über einer wenige Mikrometer dünnen Lackschicht liegt. Der Durchmesser des Kernglases liegt je nach Fasertyp zwischen neun und 300 Mikrometern, die Mantelglasdicke liegt bei zirka 50 bis 150 Mikrometern. Die Schutzbeschichtung hat eine Stärke von 50 bis 100 Mikrometern. (hi)