Kopfmonopole und "Spezlwirtschaft" sind der Albtraum jeder Einkaufsabteilung: Auf diese provokant verkürzte Formel lässt sich das Grundproblem bei der Beschaffung von IT-Dienstleistern in Unternehmen zuspitzen. Zunächst einmal setzt dem Einkauf heute der Kosten- und KPI-Druck zu, und so sind Lösungen gefragt, um die Beschaffung von externen Dienstleistungen möglichst einfach, standardisiert und transparent zu gestalten.
Dieses Bestreben steht durchaus in einem gewissen Widerspruch zur Materie selbst, denn Softwareentwicklung und Projektmanagement lassen sich von ihrem Wesen her nicht einfach in klar definierte Bausteine mit Preisetikett pressen. Erschwerend kommt eine Praxis hinzu, die oft auf langjährigen persönlichen Beziehungen basiert, und bei der schon mal fachliche und kaufmännische Kriterien außen vor bleiben.
Kosteneinsparungen in Millionenhöhe
Viele Unternehmen haben jedoch erkannt, dass im Bereich Dienstleistungs-Einkauf ein großes Optimierungspotenzial schlummert und entsprechend groß ist das Interesse an konkreten Lösungsansätzen. Am Markt finden sich daher auch eine Vielzahl an Anbietern für Externen-Management, deren Portfolios sich stark unterscheiden. Als einfachste Variante gilt hier die reine Vermittlung von Fachkräften über einen Provider mit eigenem Netzwerk, auch Body Leasing genannt. Andere Unternehmen differenzieren sich mit einem recht breiten Serviceportfolio, das vom Vertragsmanagement über Berater- und Dienstleister-Screening bis zur strategischen Sourcing-Beratung reicht.
Dass sich derartige Projekte lohnen, zeigen Beispiele aus der Beratungspraxis der metafinanz Informationssysteme GmbH. So gelang es hier beispielsweise, bei einem großen Konzern Kostenersparnisse von einigen Millionen Euro pro Jahr zu erzielen.
Maverick Buying - am Einkauf vorbei
Aktuell praktizieren viele deutschen Unternehmen beim Dienstleistereinkauf das pragmatische Modell des "Maverick Buying". Dabei holen sich die Fachabteilungen und Geschäftsbereiche direkt, also ohne den "Umweg" über eine Einkaufsabteilung die notwendigen Berater und Entwickler. Begleitende planerische und administrative Maßnahmen wie etwa Sourcing-Strategien oder Staffing-Optimierungen finden dabei nur rudimentär oder gar nicht statt.
In einem dreistufigen Reifemodell stellt dies die unterste Stufe 1 dar. Zu den typischen Nachteilen auf dieser untersten Stufe zählen:
nicht-optimierte Konditionen;
uneinheitliche Vertragsgestaltung;
Dienstleistervielfalt;
ausufernder administrativer Aufwand;
fehlende Transparenz.
Dienstleistereinkauf optimieren
Unternehmen, die den Dienstleistereinkauf auf Stufe 1 praktizieren, können mit ein paar gezielten Maßnahmen die Effizienz steigern und die Kosten senken.
Zum Einstieg bieten sich folgende Maßnahmen an:
Bündelung der Einkaufsabwicklung
Vereinheitlichung über Templates und Best Practices
Einführung von Approval-Prozessen (Genehmigungsprozess zu Preisen, Dauerläufern und ähnlichem)
Aufbau einer zentralen Lieferantenliste
Etablieren eines Risikomanagements
Zentralisierung, Risiko-Management
Einen Schritt weiter - auf Evolutionsstufe 2 - befinden sich Unternehmen, die ihr Netzwerk aus externen Dienstleistern bereits aktiv managen. Typische Merkmale dieser weiterentwickelten Form des Supplier-Managements sind die Zentralisierung des Einkaufs, und damit verbunden auch zentrale Preisverhandlungen. Weitere Charakteristika der Stufe 2 sind der Aufbau eines Risiko-Managements, die Entwicklung einer Sourcing-Strategie, die Formalisierung der Prozesse und ein kontinuierlicher Prozess zur Überprüfung und Optimierung des strategischen Lieferantennetzwerks. Folgende Vorteile lassen sich daraus ziehen:
Entlasten der Administration
bessere Messbarkeit der Dienstleistungen
Zentralisiertes Reporting
Niedrigere Kosten
Aufbau von Partnerschaften
Strategischer Bedarfsplanung mit Lieferanten
Industrialisierung
Auch Stufe zwei ist noch geprägt von individuellen Vereinbarungen und persönlichen Beziehungen.
Solche informellen Formen der Beschaffung stehen im Gegensatz zu den Prinzipien in industriell geprägten Branchen.
Dort herrscht eine "Prozessdenke", die konsequenterweise auch auf den Dienstleistereinkauf angewandt wird -aktuell stellt das die höchste, dritte Evolutionsstufe dar.
Inzwischen existieren bereits einige erfolgreich umgesetzte Beispiele für ein industrialisiertes Dienstleister-Management - unter anderem in der Automobilindustrie.
Kennzeichnend für ein Externen-Management der Stufe 3 sind Prozesse, die Schritte wie Anforderungsdokumentation, Beauftragung, Abnahme und Inbetriebnahme, vereinfachten Einkauf und Vertrags- und Risikomanagement umfassen. An die Stelle individueller Projektbeziehungen mit Beratern treten hier klar definierte Spezifikationen, die von den Dienstleistern eigenverantwortlich im definierten Zeitrahmen und der spezifizierten Qualität zu erfüllen sind.
Wie das in der Praxis funktionieren kann, lässt sich am Zuliefermodell der Automobilbranche darstellen. Der Lieferant erhält vom Auftraggeber eine eindeutige Spezifikation über die zu liefernden Komponenten zu einem fixen Preis. Den Käufer interessieren einzig der Liefertermin und die Prüfung der gelieferten Qualität, alle weiteren Detailfragen rund um Planung, Produktion und Lieferung der Komponenten sind einzig Thema des Lieferanten.
Industrielle Software-Entwicklung
Das Prinzip der Industrialisierung lässt sich nun nicht so einfach auf den "weichen" Sektor der IT-Dienstleistungen übertragen. Hierzu bedarf es einiger konzeptioneller Grundüberlegungen, indem man beispielsweise Leistungen in Form eines Gewerks erbringt. Per Definition ist bei Gewerken der fachliche Leistungsumfang klar beschrieben - also beispielsweise, was ein Stück Software können soll. Aufgabe des Lieferanten ist es, zu einem Termin X das fertige +Produkt in der vereinbarten Güte bereitzustellen, andernfalls wird die Leistungsvergütung angepasst.
Allerdings birgt das Gewerk für den Auftraggeber einige Herausforderungen und Risiken. So erfordert das Erstellen von Spezifikationen viel Knowhow und Erfahrung, damit die Entwicklung von Softwarekomponenten oder das Projektmanagement eindeutig beschrieben werden. Die Komplexität für den Auftraggeber steigt auch durch den Umstand, dass bei größeren IT-Projekten mehrerer Lieferanten Teilprodukten beisteuern. Am Ende muss sich hier der Auftraggeber um die Integration der gelieferten Bestandteile und die Qualitätssicherung kümmern.
Die Lösung liegt in "Services"
Smarter erscheint das Modell "Service", das vom meist synonym verwendeten Begriff "Dienstleistung" abzugrenzen ist. Bei einer "Dienstleistung" muss sich der Auftraggeber selbst um vielfältige Aktivitäten kümmern - von der Planung über die Besetzung der Aufgaben und die Steuerung bis zur Qualitätssicherung. Auch bei Haftungsfragen kann der Auftraggeber trotz Dienstleisterhaftung in der Praxis wenig erwarten, so dass Risiken wie Auslastung und Terminverzögerungen beim Auftraggeber liegen.
Ein "Service" hingegen stellt eine klar spezifizierte Dienstleistungsart dar. Der Auftragnehmer bietet diese auf Anforderung zu einem vereinbarten Preis an, er steuert sie selber und erbringt sie in nachprüfbarer Qualität.
Illustrieren lässt sich ein derartiger Services anhand eines konkreten Praxisbeispiels: In einem Softwareprojekt ging es darum, einem Kunden ein virtuelles Team von 15 Entwicklern als Kapazität zur Verfügung zu stellen. Dabei übernahm die Besetzung und die Steuerung des Teams nicht der Kunde, sondern der Servicegeber. Entsprechend der Vereinbarung erhielt dieser alle zwei Wochen ein Set an Entwicklungsaufträgen vom Kunden, das dann gemäß dem SLA abzuarbeiten war. Das SLA enthielt auch die Option der Skalierung der Auslastung um bis zu 20 Prozent nach oben oder unten.
Kooperation mit dem Einkauf
Entscheidend für den Erfolg dieses Modells im Entwicklungsumfeld ist letztlich der klar definierte Serviceauftrag und die Integration ins Kundenprojekt. In diesem Fall handelte es sich um ein klar abgegrenztes -Systemumfeld in Form einer Web-Anwendung und den notwendigen technischen Skills. Förderlich war auch der Einsatz der Entwicklungsmethode Scrum, die es ermöglicht, das Projekt in kleine Arbeitsschritte und Aufgabenpakete zu segmentieren - in sogenannte Sprints.
Doch auch andere Faktoren sind beim industrialisierten Dienstleistungseinkauf entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Oft ziehen beispielsweise der Fachbereich und der Einkauf nicht an einem Strang, weil divergierende Interessenlagen existieren. Der Einkauf fokussiert nur Vereinfachungen und Kostensenkungen, während die Fachbereiche Nachteile wie fehlende Freiheitsgrade, Mehraufwände bei Spezifikationen sowie Bürokratie befürchten - und daher mauern. Um eine reibungslose Umsetzung sicherzustellen, sollten sich daher beide Seiten frühzeitig verständigen und die jeweiligen Vorteile herausarbeiten.
Risiken beim Sourcing
Fazit
Mit der Industrialisierung können Unternehmen ihr Externen-Management nachhaltig verbessern, indem sie den Wettbewerb fördern, den Lieferanten mehr Verantwortung übergeben und Risiken reduzieren. Doch auch in kleinerem Umfang lohnen sich Optimierungen auf den Evolutionsstufen 1 und 2, indem IT, Fachabteilungen und der Einkauf die Prozesse verschlanken, die Verwaltung vereinfachen und so am Ende auch die Kosten verringern. (sh)