Das Mini-Märchen vom Aschenputtel

18.09.1981

Zum wievielten Male eigentlich setzt die Mini-computer-Branche zum Überholen der Mainframer an? Bisher ließen sich die Universalrechner-Hersteller nicht ausbremsen, wenn es um kommerzielle Applikationen ging, Anwendungen, die mehr Peripherie als Speicher beschäftigen.

Die "Supermini "-Anbieter, zu denen mittlerweile mehr als ein halbes Dutzend zählen, waren freilich bisher nicht sehr glücklich mit der Wahl ihrer Werbemittel: Wer kann sich schon unter "32-Bit-Computing" etwas vorstellen.

Gleichwohl versucht's jetzt die Münchner Perkin-Elmer (PE) Data Systems erneut mit der Vier-Byte-Leier (siehe Seite 1), um Kommerz-Anwender ins Mini-Paradies zu locken. Fahrer von 16-Bit-Maschinen, sagt PE, müßten angesichts des Preis-/Leistungsverhältnisses des neuen Modells 3210 schier aus dem Häuschen geraten. Mag sein. Doch über das Marketing-Problem, mit Minis im Mainframe-Markt zu reüssieren, wird kaum neues gesagt. Ein Preisbrecher sei sie, die neue Maschine. Mittelbetriebe sollten nun nicht mehr nach dem Angebot der General Purpose Computer-Produzenten schielen, sondern den Vorteil der Minicomputer-Ökonomie nuzten .

Das hört sich gut an. Nur muß daran erinnert werden, daß ,,Minicomputer Economy" - für den Benutzer - in Software-Restriktionen besteht. Gerade das Fehlen von kommerziellen Programmpaketen macht die Minis ja so billig.

Rückblickend in der Software-Schwäche den Grund für die schlechte Resonanz zu sehen, die der Mini als "Prozentrechner" für administrative Aufgaben gefunden hat, ginge indes an den Tatsachen vorbei.

Die batchtrainierten User sperrten sich vielmehr wegen des Image-Verlustes, der mit dem Mini-Einsatz einherging. Mit Objektivität hat das herzlich wenig zu tun.

Nur: Wer Minis als Alleskönner verkaufen will, muß diese "Was-der-Bauer-nicht-kennt "-Einstellung vieler Datenverarbeiter ins Kalkül ziehen. Sonst erleidet er unweigerlich Schiffbruch. Obwohl die "Superminis" zu bieten haben, was bisher den üblichen Mittelklasse-Mainframes fehlte: Echte, nicht nur nachträglich aufgesetzte Online-Fähigkeiten, die den Dialog zu einem Kinderspiel machen - zumindest im Bedienungshandbuch.

Klarer Fall von Aschenputtel-Syndrom: Während lBM & Co. tanzen, zählt die Realtime-Clock der Minis Floating-Point-operationen wie Linsen aus der Asche.

Niemand bei den Niemanden hat indes Zweifel, daß die Minicomputer-Geschäfte jetzt erst so richtig in Schwung kommen. Die Mini-Bauer wollen sich nicht mehr als Prozeßrechner-Hersteller abstempelt lassen. Bloß kommerziellen Universalrechner-Abklatsch wollen sie auch nicht. In den klassischen Rechenzentren dienen sie dann doch nur als Alibi, wenn Ausschreibungen gemacht werden, deren Ergebnis von vornherein feststeht.

Davon haben die Mini-Produzenten genug. Jetzt soll mit anderen Methoden gewarben werden. Nicht mehr dem Vordringen in MDT-Umgebungen gilt das Augenmerk, vielmehr wird die Öffentlichkeitsarbeit ganz auf die Tauglichkeit der Minis zum Distributed Data Processing (DDP) abgestellt. In Netzwerken, so die Aussage, fühlten sich die "Leichtschwergewichtler" zu Hause.

Anders als im Stand-alone-Business, in dem die Mainframer die besseren Karten haben, können die Mini-Lieferanten im DDP-Geschäft auf Erfolge hoffen. In obenerwähnten Märchen gab's schließlich auch ein Happy-End.