Erlanger Studenten schlagen wegen der hohen Durchfallsquoten in ihrem Ausbildungsgang Alarm:

Das junge Studienfach Informatik kollabiert

06.06.1986

ERLANGEN (CW) - "Katastrophale Durzhfallsquoten" meldet die studentische Fachschaftsinitiative Informatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Allein in einer der sechs Vordiplomprüfungen seien 58 Prozent der Prüflinge durchgefallen: für zirka die Hälfte der 98 Wiederholer habe dies das Aus bedeutet.

Bereits Ende 1982 hatte die Fachschaftsinitiative Informatik auf die sich zuspitzende Situation in diesem Studiengang aufmerksam gemacht und vor drohenden hohen Durchfallsquoten im Vordiplom gewarnt. Die Reaktion seitens der zuständigen Stellen "war gleich Null", so die Studenten. Als sich im November 1984 nochmals 536 Studenten/innen (WS 83/84: 461) zum Studium der Informatik immatrikulierten, habe der absolute Kollaps der Erlanger Informatik gedroht. Nochmals wies die Fachschaftsinitiative Informatik mit offenen Briefen, studentischen Vollversammlungen etc. auf diese Situation hin und warnte.

Trotzdem blieb es dabei, daß Vorlesungen nicht an der Technischen Fakultät (der größte Hörsaal faßt 390 Studenten/innen), sondern in der Stadt im Audimax mit bis zu 800 Studenten/innen abgehalten wurden. Die Forderung der Fachschaftsinitiative Informatik nach Teilung der Vorlesungen fand kein Gehör, obwohl auch das Institut für Mathematische Maschinen und Datenverarbeitung die Meinung vertritt, daß Vorlesungen mit über 300 Studenten/innen nicht effizient sind. Das Kultusministerium versprach jedoch den raschen Ausbau der Erlanger Informatik.

Außerdem sollte das Stellenvolumen "mit Hilfe von Überlastmitteln" und "auch für Forschungsschwerpunkte erweitert werden", war in einer Antwort des Kultusministeriums auf den offenen Brief der Studenten/innen zu lesen. Es bleibt jedoch die Frage, wie der Lehrbetrieb verbessert werden kann, wenn die Überlastmittel nur mittelfristig zur Verfügung stehen. Zudem betreffen StelIen für Forschungsschwerpunkte den Lehrbetrieb nicht.

Trotz der Überlastmittel gab es in einigen Fächern Massenübungen mit über 100 Teilnehmern/innen, in denen natürlich nicht auf Schwierigkeiten eingegangen werden konnte, betonen die Studenten. Auch sei der rasche Ausbau der Informatik kaum vorangeschritten. Im Januar 1985 wurde er im Kultusministerium beschlossen. 16 Monate später, also vor einigen Tagen, wurde die Baugenehmigung erteilt. "Das war eine behördliche Sofortmaßnahme", mokiert sich die Fachschaftsinitiative. Angesichts von 1500 Studenten/innen auf 400 Studienplätzen sei in Erlangen kein geordnetes Studium möglich. Die derzeitigen Durchfallsquoten seien die traurige Konsequenz. Es bleibt also nur die Annahme, daß durch die Prüfungen die Anzahl der Studierenden der Studiensituation angepaßt werden soll.