Das FIFA-Portal erwartet Milliarden Seitenzugriffe

31.05.2006
Yahoo muss zur WM für den Fußballverband eine mächtige Web-Plattform am Laufen halten.

Als exklusiver Internet-Dienstleister der FIFA ist Yahoo für die offizielle WM-Website www.fifaworldcup.com sowie den Media-Channel für akkreditierte Journalisten verantwortlich. Neben der redaktionelle Betreuung und der weltweiten Vermarktung des Web-Auftritts heißt dies vor allem, für den erwarteten Fan- und Presseansturm eine Infrastruktur parat zu haben, die ihres gleichen sucht. Welche Dimensionen dies annehmen kann, zeigte sich bereits bei der letzten Fußballweltmeisterschaft 2002, als rund 2,4 Milliarden Pageviews und 20 Millionen Besucher auf der FIFA-Site registriert wurden.

Hier lesen Sie ...

  • wie die offizielle WM-Site entstand;

  • welche Infrastruktur sie hat;

  • wie sich Betreiber Yahoo für den Ansturm von Millionen Fans rüstet.

Christian Muche, Director International Sales & Marketing Yahoo FIFA Partnership.

Yahoo glaubt diese Lawine mit seinem existierenden Netzwerk Herr zu werden. In diesem unterhält die Internet-Company hunderte Server, die auf diverse Rechenzentren weltweit verteilt sind. Die dazugehörige Softwareinfrastruktur basiert vorwiegend auf Open-Source-Technik unter freien Unix-Derivaten, berichtet Christian Muche, Director International Sales & Marketing Yahoo FIFA Partnership. Die zentrale Backend-Anwendung ist ein selbst entwickeltes Content-Management-System (CMS) mit individuell anpassbarer Benutzeroberfläche, über die Redakteure Artikel und Fotos einstellen und publizieren können. Entwicklern bietet das CMS Schnittstellen zur Programmierung des Frontends und zur Integration von Newsfeeds.

45 Redakteure aus aller Welt

Bei der Entwicklung von fifaworldcup.com arbeiteten der Weltfußballverband und Yahoo zusammen und machen auch beim Produkt-Management gemeinsame Sache. Darüber hinaus steuern rund 45 FIFA-Redakteure aus aller Welt Inhalte bei. Sie werden dabei von sechs Koordinatoren und Produzenten in Zürich betreut. Das Yahoo-Team überprüft die Beiträge auf mögliche Formulierungsverbesserungen, formatiert die Texte und stellt sie dem Nutzer zeitgerecht im relevanten Umfeld auf der Site bereit. Yahoo ist für die Technik allein zuständig. So erfolgt die gesamte Softwareentwicklung und der Aufbau der Infrastruktur bei Yahoo in Europa, wobei auf die deutsche Dependance der Löwenanteil der Arbeit entfällt. Ebenfalls beteiligt sind zudem Teams in Frankreich und Großbritannien sowie in den USA. Die Überwachung des Systems erfolgt rund um die Uhr durch das Yahoo Network Operations Center.

Beim Projekt konnte man laut Muche auf frühre Erfahrungen zurückgreifen: "Seit der FIFA WM 2002 in Korea/Japan wurde fifaworld-cup.com kontinuierlich weiterentwickelt", erklärte der Manager gegenüber der COMPU-TERWOCHE. Weitere Erfahrungen konnten die Partner 2003 bei der Frauen-WM in den USA sowie in den letzten beiden Jahren während der über 800 Qualifikationsspiele für die FIFA WM 2006 sammeln. Für letztere Spiele hatte es bereits einen eigenen Redaktionsbereich im dem Portal gegeben.

Web.2.0-Dienste angebunden

Der wichtigste Test war indes eine neu entwickelte Site für den Confederations Cup 2005, der im Juni 2005 in Deutschland stattfand. Vor allem die damals gemachten Erfahrungen halfen, die jetzige Systemarchitektur und die Entwicklungsprozesse zu optimieren, sagte Muche. Zum Endrundenauslosung im Dezember 2005 wurde dann eine erste WM-Version von fifaworldcup.com gelauncht, die nachfolgend sukzessive zusätzliche Features und Informationen erhalten hat, beispielsweise vor kurzem nach Bekanntgabe der Spieleraufgebote. Insgesamt wurde acht Monate lang an der Version 2006 von FIFAworldcup.com entwickelt. Softwareseitig wurden für die Integration der Site mit verschiedenen Back Offices mehrere technische Ansätze verwendet, die jedoch alle auf XML basieren. So sind andere Yahoo-Dienste wie Flickr, Yahoo Go, Yahoo 360°, Yahoo Messenger und Yahoo Sport über Web-Services eingebunden. Web-2.0-Techniken (Ajax) wurden stellenweise zur Verbesserung der Bedienbarkeit eingesetzt (siehe auch "Yahoo gibt sich mit Ajax ein neues Gesicht").

Derzeit betreuen mehr als 40 Produzenten und IT-Spezialisten vom WM-Hauptquartier der FIFA in Berlin aus die Site. Zusätzlich stehen ihnen Mitarbeiter aus Abteilungen in den U-SA, Großbritannien und Asien zur Seite. Während des Turniers sollen es dann etwa 95 Mitarbeiter aus 20 Ländern sein. Eine der größten Herausforderungen wird es dann für das Team sein, die Site trotz der hohen Besucherzahlen am Laufen zu halten. Schon die Erfahrung von 2002 und anderen Sport-Events hatte gezeigt, dass es zusätzlich zum ohnehin hohen Traffic innerhalb kürzester Zeit zu außergewöhnlich großen Spitzen kommen kann, weiß Muche.

Angst vor Performance-Problemen

Die damals gemessenen Traffic-Spitzen dienten jetzt als Messlatte für die Skalierung der Site. Zudem droht Performance-Gefahr durch die globale Verteilung des Traffics, da die Site aus allen Teilen der Welt gleichermaßen gut erreichbar sein soll. Muche gibt sich vor dem Anpfiff dennoch optimistisch: "Wir haben große Erfahrung darin, Server und Software für hohe Zugriffszahlen zu optimieren, weil wir täglich mehrere Milliarden Pageviews auf Yahoo haben." Für diverse Zugriffsszenarien entstanden dabei Caching-Strategien für die Infrastruktur. Zusätzlich werden beispielsweise Bilder durch Akamai auf weltweit verteilten Servern gecached. Um Ausfälle zu vermeiden, sind Backend und Frontend sowohl lokal als auch in verschiedenen Standorten redundant ausgelegt. Durch die Verteilung auf regionale Rechenzentren sei eine globale Abdeckung erreicht worden, sagte Muche: "Jede Region kann durch mehrere Rechenzentren versorgt werden."

Trotz aller Vorbereitungen wächst kurz vor Beginn der WM die Spannung bei Yahoo: "Wir erleben 2006 die erste digitale Fußball-Weltmeisterschaft. Kein anderes Ereignis zieht so viele Zuschauer in die Stadien und vor den Fernseher - und immer mehr auch ins Internet", betonte Muche. Bereits weit im Vorfeld des Ereignisses habe das Web eine sehr wichtige Rolle als Informations- und Erlebnisquelle gespielt. Tickets waren sogar nur über das Internet erhältlich. Yahoo rechnet deshalb im Vergleich zur WM 2002 mit nochmals deutlich erhöhten Zugriffszahlen in allen neun angebotenen Sprachen. "Wie hoch sie sein werden, kann keiner sagen."