Das Datenschutzrecht fordert den CIO

30.07.2009 von Michael Rath  
Ein IT-Chef, der seine Hausaufgaben in Sachen Reform des Bundesdatenschutzgesetzes noch nicht erledigt hat, sollte das schleunigst nachholen.

Die Vorbereitungszeit war knapp. Anfang Juli verabschiedete der Gesetzgeber die zweite Reform des übergreifenden Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) in diesem Jahr. Die Überarbeitung war eine Folge der zahlreichen Datenschutzskandale, zu denen es in der letzten Zeit gekommen war. Die Neuerungen stärken beispielsweise die Arbeitnehmerrechte sowie den betrieblichen Datenschutz und regeln die Auftragsdatenverarbeitung.

Verschärfter Arbeitnehmer-Datenschutz

Bevor ein Arbeitgeber Daten erheben, verarbeiten und nutzen darf, um eine Straftat aufzudecken, müssen nach dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (Paragraf 32 BDSG) konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Die Maßnahmen sollten sorgfältig gewählt und verhältnismäßig sein: Nicht mehr zulässig ist beispielsweise ein IT-gestütztes Massen-Screening sämtlicher E-Mails aller Mitarbeiter, um Vergehen eines Einzelnen aufzudecken.

Alternativ kann der Arbeitgeber die schriftliche und freiwillige Einwilligung seiner Arbeitnehmer frühzeitig einholen oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung schließen. Damit werden die Maßnahmen datenschutzrechtlich legitimiert. Dennoch bleiben Risiken bestehen, denn die Rechte der Arbeitnehmer dürfen trotz solcher Vereinbarungen nicht unverhältnismäßig beschnitten werden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer einer Kontrolle zustimmen soll, ihm aber der Grund nicht genannt wird. Ein legitimer Zweck wäre etwa die Bekämpfung von Korruption oder die IT-Sicherheit. Ohne Zweckangabe sind eine Einwilligung und entsprechende Betriebsvereinbarung hingegen nicht wirksam.

Hier die wichtigsten Regeln, auf deren Einhaltung der CIO drängen muss:

Die Archivierung von E-Mails

Trotz der Novelle des Datenschutzrechts fehlen für die Archivierung von geschäftlichen E-Mails weiterhin konkrete gesetzliche Vorgaben. Handelsrecht und Steuergesetzbuch machen den Blick in die E-Mail-Fächer notwendig, dennoch müssen die Unternehmen die strengen Vorgaben des TK-Gesetzes (TKG) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beachten. Dürfen Mitarbeiter E-Mails privat verschicken, ist der Arbeitgeber also weiterhin – im Sinne des Gesetzes – ein "Telefonanbieter".

Diese Punkte muss der CIO beachten, wenn er sich nicht strafbar machen will:

Auftragsdatenverarbeitung

Für die Auftragsdatenverarbeitung (ADV) gibt es jetzt einen aus zehn Punkten bestehenden Katalog mit gesetzlich festgelegten Mindestangaben. Fehlen sie, begehen die Unternehmen eine Ordnungswidrigkeit. Dasselbe gilt, wenn der Auftraggeber es versäumt, vor der Datenverarbeitung zu prüfen, ob der Auftragnehmer den gesetzlichen technischen und organisatorischen Anforderungen genügt.

Das gehört in den ADV-Vertrag

Die Mindestinhalte eines Auftragsdatenverarbeitungs-Vertrags sind die folgenden:

  • Gegenstand und Dauer des Auftrags;

  • Umfang, Art und Zwecke der Datenerhebung sowie die Art der Daten und der Kreis aller von der Erhebung Betroffenen;

  • Maßnahmen technischer und organisatorischer Art, die notwendig werden (Paragraf 9 BDSG);

  • Regelungen zur Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten;

  • Pflichten des Auftragnehmers, die mit dem Datenschutzrecht in Zusammenhang stehen;

  • Weitergabe von Aufgaben an Subunternehmen und die daraus entstehenden Pflichten;

  • Kontrollrechte des Auftraggebers sowie Duldungs- und Mitwirkungspflichten des Auftragnehmers;

  • Mitteilungspflichten des Auftragnehmers bei Verstößen gegen geltendes Recht;

  • Weisungsbefugnisse des Auftraggebers;

  • Rückgabe und Löschung der Datenträger.

Verstöße sind mitteilungspflichtig

Nach dem Paragrafen 42a des Bundesdatenschutzgesetzes müssen bestimmte Verstöße gegen das Datenschutzrecht gemeldet sowie die Betroffenen informiert werden. Geschieht dies nicht, droht ein Bußgeld.

Die Pflicht ist allerdings auf die unrechtmäßige Verarbeitung besonders sensibler, personenbezogener Informationen wie Gesundheitsdaten oder Bank- sowie Kreditkartendaten beschränkt. Wichtig ist, dass die vorgeschriebenen internen Prozesse implementiert wurden.

Stellung des Datenschutzbeauftragten

Nach der Neufassung des Datenschutzrechts gilt für jeden internen betrieblichen Datenschutzbeauftragten (DSB) nun ein an die Rechte des Betriebsrats angelehnter Kündigungsschutz (Paragraf 4f Absatz 3 BDSG). Außerordentlich kündbar ist der Beauftragte damit nur noch, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser Kündigungsschutz wirkt noch ein Jahr nach der Bestellung des DSB nach.

Allerdings wird häufig ein externer DSB benannt und beschäftigt. Denn die Stellung des IT-Leiters lässt sich mit dieser Aufgabe nicht in Einklang bringen.

Die nächste Novelle kommt bestimmt

Weitere Änderungen des Datenschutzrechts sind schon in Vorbereitung. Dazu zählt das Datenschutzaudit-Gesetz mit zusätzlichen Anforderungen an die IT-Sicherheit. Die internen Datenverarbeitungs-Vorgänge und die oft in die Jahre gekommenen IT-Richtlinien sollten daher vom CIO schon jetzt auf den Prüfstand gestellt werden.

Falls der IT-Chef Lücken im Datenschutz und der IT-Compliance entdeckt, tut er gut daran, der Geschäftsleitung die Konsequenzen darzustellen. Neben schlechter Presse drohen behördliche Kontrollen und Sanktionen wie Bußgelder. Im schlimmsten Fall kann es auch zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung kommen. Beispiele für derartige Folgen von Versäumnissen gibt es in der Rechtsprechung – so am Landgericht Karlsruhe im Fall einer Unterlizenzierung (Urteil vom 23. April 2008, Haftung für Unterlizenzierung von Software). (jha)