Teuer, unflexibel, komplex

Das Data Center hat ausgedient

19.12.2010 von Wolfgang Herrmann
Das klassische Rechenzentrum wird den Anforderungen an eine effiziente und agile IT-Infrastruktur immer weniger gerecht. Doch die Transformation ist schwierig, trotz Virtualisierung und Cloud Computing.

"Die traditionelle IT hat ein Problem", konstatierte David Dale vom Storage-Anbieter NetApp zum Auftakt der Fachkonferenz SNW Europe in Frankfurt am Main. "Die Ressourcen sind begrenzt, gleichzeitig steigt die Komplexität." Mit den wachsenden Anforderungen an die IT schnellten auch die Anforderungen an die Stromversorgung und Kühlung konventioneller Data Center in die Höhe. Doch damit nicht genug. Unternehmen bräuchten immer mehr Administratoren, um die diversen IT-Komponenten im Griff zu behalten; zugleich steige die Fehleranfälligkeit der Systeme. Last, but not least behinderten die hergebrachten Strukturen auch das Einführen neuer Technologien.

IT-Budgets wachsen nicht mit

Schuld an dem Dilemma seien keineswegs nur die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen, erläuterte Dale, der im Auftrag des SNW-Veranstalters SNIA (Storage Networking Industry Association) eine Keynote zum Thema Data Center Transformation hielt. Aus seiner Sicht liegt ein Kernproblem in der Diskrepanz zwischen wachsenden Datenmengen und der nur moderaten Steigerung der verfügbaren IT-Budgets. Nach einer Erhebung der amerikanischen Evaluator Group stieg das Datenvolumen in den Unternehmen im Zeitraum von 2002 bis 2006 jedes Jahr um 30 bis 60 Prozent, während die IT-Budgets sich annähernd an der Entwicklung der Volkswirtschaften orientierten und im Durchschnitt um rund 3 Prozent zulegten.

Die Anforderungen an das klassische Data Center sind extrem gestiegen. (Foto: Rittal)
Foto: Rittal

Vielen Unternehmen fehle es noch immer an einer klaren IT-Strategie, monierte der Manager. Allzu oft führten sie neue Techniken nur um ihrer selbst willen ein. Das vielzitierte Business Alignment, also die Ausrichtung der IT an betriebswirtschaftlichen Anforderungen, bleibe dabei auf der Strecke. Viel zu leicht sei es etwa in der traditionellen IT, immer neue Storage-Komponenten hinzuzufügen ohne deren tatsächlichen Nutzen zu hinterfragen. Komplex werde die IT in einigen Bereichen auch durch fehlende Standards. In anderen Segmenten gebe es wiederum zu viele Spezifikationen.

Ein neues Business-Modell für die IT

Der Weg aus der Krise führt aus Sicht des Storage-Experten über ein "neues Business-Modell für die IT." IT-Kosten müssten sich stets durch einen erkennbaren Geschäftsnutzen rechtfertigen lassen. Das erfordere transparente Kostenmodelle, die es Unternehmen erlauben, IT-Dienste anhand der tatsächlichen Nutzung und mit Hilfe von SLAs abzurechnen. Am Ende müssten IT-Abteilungen nicht mehr als klassische Kostenstellen sondern als Profitcenter agieren.

Dabei helfen könnte IT-Managern ein Megatrend, den Dale "IT as a Service" (ITaaS) nennt. Er vermied damit zunächst den arg strapazierten Begriff Cloud Computing, nur um anschließend deutlich zu machen, dass sich eben dieses Konzept dahinter verbirgt. Die diversen Ausprägungen der ITaaS (vulgo Cloud) beziehen sich denn auch auf die altbekannten Bereiche Infrastruktur, Plattformen und Software as a Service. Analog zur Cloud-Terminologie unterscheidet auch Dale zwischen internen, externen und hybriden Modellen. Entscheidend dabei sei, dass sich die interne IT zu einer Servicefunktion entwickele und sich konsequent an Business-Anforderungen ausrichte. Unternehmen, die diesen Weg gehen, könnten Einsparungen in verschiedensten Bereichen realisieren, so Dale. So führe schon die damit einhergehende Standardisierung zu reduzierten IT-Management-Aufwendungen. Zudem ließen sich IT-Systemen besser auslasten, die Fachabteilungen zahlten nur noch für IT-Dienste, die sie tatsächlich nutzten.

IT als Service - was ist heute anders?

Die Idee, IT als Service zu betrachten und abzurechnen, ist freilich alles andere als neu. Doch im Vergleich zu früheren Serviceansätzen, die sich nie wirklich durchsetzen konnten, sieht der NetApp-Manager einige Unterschiede. So seien etwa Techniken zur Virtualisierung heute erheblich weiter entwickelt als noch vor einigen Jahren. Auch in den für die Cloud-Akzeptanz noch kritischen Bereichen wie Sicherheit und Management gebe es zumindest einige Verbesserungen. Was Unternehmen mit Cloud-Ambitionen noch am meisten fehle, seien wirksame Mechanismen zum Monitoring, Messen und Abrechnen der diversen IT-Dienste. Dahinter verbirgt sich nicht zuletzt das schon in der Outsourcing-Diskussion immer wieder angemahnte Provider Management, eine Disziplin, die etliche Unternehmen noch immer vernachlässigen.

Fazit

Die Transformation der klassischen Rechenzentrums-IT ist dennoch kein Wunschtraum sondern eine realistische Option, resümierte Dale. Alle erforderlichen Techniken seien verfügbar. Die größten Herausforderungen lägen auf der Business-Seite. Unternehmen müssten es schaffen, ein neues Business-Modell für die IT zu etablieren und dabei die richtige Mischung aus intern und extern erbrachten Diensten finden. Ein Schlüssel dazu seien passgenaue SLAs, die Benutzern exakt das Serviceniveau sichern, das sie für ihre Aufgaben brauchen - nicht weniger, aber auch nicht mehr