Die Konkurrenz schläft nicht

Darum sollte IIoT jetzt auf Ihrer Agenda stehen

23.01.2019 von Wolfgang Kröner
"Maschine an Service, Maschine an Service", so könnte es schon bald durch die Fertigungshallen mittelständischer Unternehmen schallen. Der Schlüssel hierzu ist IIoT. Mit dieser Handlungsempfehlung halten Sie den Anschluss.
Mit IIoT lässt sich die Produktion effizient steuern.
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In der industriellen Fertigung haben selbst kleinste Unterbrechungen spürbare Konsequenzen. Der Warenausstoß lässt sich oft nicht mehr einhalten. Dadurch droht häufig auch ein finanzieller Verlust. Mit einem integrierten IIoT-Konzept (Industrial Internet of Things) lässt sich die Produktion effizient steuern und Produktionsmittel können intelligent eingebunden werden. IIoT hat das Potenzial, Qualitäts-Management, Compliance, Rückverfolgbarkeit und Manufacturing Intelligence zu verbessern.

Maschinen, Sensoren und Condition Monitoring Systeme agieren in einer eigenen, sehr heterogenen Welt. Diese Welt mit einem ERP-System zu verbinden, lässt erhebliche Effizienzsteigerungen zu. Zudem erhöht dies den Automatisierungsgrad und die Digitalisierung in fast allen Geschäftsprozessen. Die Studie "Cloud Automation Excellence" von Crisp Research ermittelte bereits Anfang 2018, dass deutsche Unternehmen den Automatisierungsgrad von heute 36 Prozent auf 58 Prozent deutlich erhöhen wollen. Deshalb sollte jedes Fertigungsunternehmen IIoT auf der Agenda haben.

Wettbewerbsfähig bleiben

IIoT wird ein wesentlicher Treiber für den Erhalt und den Ausbau der Konkurrenzfähigkeit sein. Diese Zahlen stützen das:

Mit IIoT und ERP-Integration zukunftsfähig bleiben

Industrial-IoT schafft folglich neue Strukturen. Zugleich erfordert es ein "Neudenken" der zentralen Wertschöpfungsprozesse inklusive Kooperationen. Vielleicht sogar des gesamten Geschäftsmodells. Und: Es wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Unternehmen werden, weil es die Verwaltung großer Mengen an Fertigungsdaten vereinfacht. Da dies über Produktionsstandorte hinweg geschieht, wird es die Fertigung nachdrücklich verändern und verbessern.

So erlaubt IIoT Unternehmen beispielsweise Predictive-Maintenance-Services zu verkaufen - was wiederum die Beziehungen zu den Kunden festigt. Mit der Kombination aus Sensoren und maschinellen Lern- und Analysefunktionen sind Unternehmen in der Lage, die Ursache von Problemen punktgenau zu lokalisieren und die Kunden dabei zu unterstützen, unnötige Betriebsstilllegungen, beispielsweise wegen blinden Alarms, zu vermeiden. Ein Cloud ERP mit integrierten Funktionen für das Enterprise Asset Management ermöglicht die automatisierte Erstellung von Arbeitsaufträgen für diese Maschinen, sowie die damit verbundene Abrechnung.

Diese IIoT-Vorteile gilt es, auszuschöpfen. Es gibt sie, und sie sind mannigfaltig. Nur diejenigen Unternehmen werden das Morgen er- und überleben, die nicht in den Strukturen von heute verharren. Für Industrieunternehmen ist IIoT ein geeignetes Mittel, um Kosten zu verringern, die Effizienz zu steigern sowie neue Geschäftsmodelle und Einkünfte zu schaffen.

An welchem Punkt der Evolution befindet sich das Unternehmen?

Wie machen Sie nun Ihre Wartungs- und Serviceprozesse IIoT-fähig? Die Antwort: Indem Sie Schritt für Schritt die Evolution von Industrie 1.0 bis 4.0 durchlaufen. Wenn Ihre Instandhaltung nicht mehr aktuell oder noch größtenteils reaktiv agiert, dann rüsten Sie auf und arbeiten künftig verstärkt präventiv. Und: Lernen Sie aus diesem Change-Prozess. Sehen Sie es wie eine Art Weiterbildungsmaßnahme an. Es bringt nichts, sich als Beginner direkt in den Kurs für das Level 5 der Fortgeschrittenen zu stürzen. Arbeiten Sie sich lieber Stück für Stück vor und beginnen Sie jetzt, wenn Sie rechtzeitig beim Thema Predictive Maintenance und IIoT ankommen wollen.

Entwicklungsstufen von Industrie 1.0 zu Industrie 4.0
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Können meine Anlagen überhaupt Daten übermitteln?

Ja, das können sie. Schon heute leisten Sensoren unfassbar gute Dienste. Damit bestückte Maschinen, Anlagen oder Fassadenelemente melden ihre Zustände nämlich selbst - permanent und ohne Zeitverlust. Ein Pluspunkt, denn jede Normabweichung oder Störung fällt sofort auf und lässt sich korrigieren, meist ohne das Hauptgeschäft zu beeinträchtigen oder dass ein Kunde davon etwas merkt. Nehmen Sie das Thema vorausschauende Wartung oder Predictive Maintenance. Dank Sensoren ist dies ebenfalls ein IoT-Szenario, das sich immer stärker durchsetzen wird. Mit intelligenten Sensoren lässt sich das industrielle IoT ausreizen.

IIoT bietet dabei eine Plattform für den Austausch weit größerer Datenmengen als je zuvor und eröffnet zahlreiche Möglichkeiten. Mit seinem größeren Datenvolumen ermöglicht es ausgefeilte Kontrollen sowie eine effizientere Verwaltung von Prozessen, Anlagen und Wartungsplänen.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie Daten in integrierten Prozessen fließen

Wir haben gesagt, dass Unternehmen mit IIoT mehr Informationen aus dem Produktionsprozess ermitteln und intelligent verarbeiten können. Wie sich der Weg vom Sensor bis ins ERP-System darstellen kann, zeigen zwei Beispiele:

Bei einem Lebensmittelproduzenten müssen die Zutaten für Convenience-Produkte mit Vorsicht gelagert werden, denn sie reagieren sowohl gegenüber Trockenheit als auch gegenüber einer zu hohen Feuchtigkeit empfindlich. Moderne Sensoren messen den Zustand daher direkt in den Lagerbehältern und übermitteln sie per Cloud-Plattform an das ERP-System. Egal, ob es dort zu feucht oder zu trocken ist, das Unternehmen erkennt dies und kann einschreiten. Vielleicht stimmt etwas an den Behältern nicht, vielleicht ist aber auch einfach eine falsche Temperatur eingestellt. So oder so, der Zustand lässt sich korrigieren oder defekte Behälter lassen sich umgehend instand setzen. In Verbindung mit den Systemen der Fertigungssteuerung lässt sich anschließend sogar die Produktion optimieren.

Auch andere Branchen profitieren von moderner Sensorik. So misst eine Papierfabrik in Brandenburg anhand von 600 Sensoren Vibration und Temperatur ihrer rund 100 Meter langen Papiermaschine. Die Sensoren sind am Gehäuse installiert und liefern Werte, um Ausfälle oder Störungen beispielsweise durch Überlastung frühzeitig zu erkennen oder besser noch ganz zu vermeiden. Zusammen mit anderen Daten aus der Produktionssteuerung lassen sie sich im ERP-System nutzen, um so in kritischen Situationen automatisch Wartungsprozesse zu initiieren.

Strom als Fingerabdruck von Maschinen

Neben Vibrationen und Temperaturen trägt auch der Stromverbrauch dazu bei, die Situation zu verbessern. Hiermit etablieren sich derzeit Lösungen, welche vorhandene Energiezähler vernetzen, kontinuierlich Daten sammeln, zentral speichern und verarbeiten. Folgendes Szenario verdeutlicht das: Ein Fertigungsunternehmen fährt zu Wochenbeginn all seine Maschinen hoch. Die Folge: Es entstehen unnötige Spitzenlasten und hohe Stromkosten. Würde das Unternehmen die Stromverbräuche maschinenspezifisch erfassen, ließen sich Normalverbräuche mit tatsächlichen Werten vergleichen und darauf aufbauend Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten einleiten.

Der Stromverbrauch ist zudem ein guter Indikator für die Last, der die jeweilige Maschine ausgesetzt ist. Einfach gesprochen heißt das: hoher Stromverbrauch = hohe Last = früherer Wartungsbedarf. Durch die Daten ist das Unternehmen zu jedem Zeitpunkt Herr der Lage. Auf diese Weise können Wartungen nicht mehr einfach vergessen und die Instandhaltung von einer unvorhergesehenen Wartung überrumpelt werden. Zu wenig Wartungspersonal verfügbar? Mit der gewonnenen Transparenz Schnee von gestern. Erhebt das Unternehmen die Daten an allen Maschinen, so hat es auch unternehmensweit verlässliche Betriebszeiten. Diese weichen in der Praxis oft sehr deutlich von den geplanten ab.

Darüber hinaus können Unternehmen so einer ihrer zentralen Herausforderungen zu Leibe rücken und ihre Maschinenstundensätze richtig kalkulieren. Da viele Produktionsunternehmen ihre Maschinenauslastung nicht systematisch erfassen, kalkulieren sie diese meist auf Basis einer Vollauslastung. Stillstandzeiten, unerwartete Unterbrechungen im Materialfluss, Störungen oder unplanmäßige Wartungsarbeiten werden nicht berücksichtigt. Tatsächliche Auslastungsquoten von 40 Prozent sind in vielen Unternehmen daher an der Tagesordnung - mit der Folge, dass die Maschinenstundensätze deutlich höher liegen, als kalkuliert. Mit einer IIoT-gestützten Datenerfassung passiert das nicht.

IIoT macht vor keiner Maschine Halt

Damit ein ERP-System die Maschinendaten erhält, will deren Sammlung und Fluss organisiert sein. Neuere Maschinen und Anlagen sind bereits IP-fähig. Sie besitzen von Haus aus IoT-Module, welche die notwendigen Messwerte erfassen, digitalisieren, verschlüsseln und über Funk an ein Gateway übertragen, das via Internet mit einer zentralen Cloud-Plattform verbunden ist.

So weit so gut. Aber nicht jedes Unternehmen ist Besitzer von IP-fähigen Anlagen. Was ist also mit jenen Fertigungsunternehmen, die Maschinen besitzen, die 20, 30 oder noch mehr Jahre alt sind? Ganz einfach. Sie rüsten diese nach - Stichwort Retrofit. Retrofit bedeutet nichts anderes, als bereits im Betrieb befindliche Maschinen nachträglich mit IoT-Funktionen zu versehen. Nachrüstsätze halten hierfür Sensoren parat, die sich mit IoT-Modulen verbinden lassen. Diese Sensorboxen erheben eine Vielzahl an Daten: etwa Temperatur, Feuchtigkeit, Helligkeit, Vibration, Lautstärke (Schall), Bewegung oder Beschleunigung.

Darüber hinaus lassen sich aber auch Kontakte und Relais ansteuern, die nicht von vornherein über entsprechende Schnittstellen verfügen (Aktorik). So gibt es beispielsweise Module, die Anzeigen von analogen Energiezählern digitalisieren und diese für die nachfolgende Verarbeitung speichern. Altersbegrenzungen oder technische Einschränkungen gibt es beim Retrofit nicht. So ist es einem deutschen Sensorhersteller zu Demonstrationszwecken gelungen, eine 130 Jahre alte, pedalgetriebene Drehbank mit IoT-Funktionen auszurüsten.

Fazit: IIoT benötigt vier Dinge

IIoT ist der Konzept- und Pilotprojektphase entwachsen und wird zunehmend unternehmensweit eingesetzt. Und: IIoT ist für alle machbar, dazu werden vier Komponenten benötigt:

Wer zu spät auf den IIoT-Zug aufspringt, läuft einerseits Gefahr, Marktanteile zu verlieren, andererseits wird es ihm nicht gelingen, mit dem allgemeinen Innovationstempo mitzuhalten.