RZ-Automatisierung

Darf's auch etwas mehr sein?

20.05.2011 von Thomas Pelkmann
Die immer komplexeren Abläufe in stark wachsenden Rechenzentren verlangen nach Standardisierung und Automatisierung bei Systemen wie Prozessen. Das ist zugleich die Voraussetzung, um in der Cloud Flexibilität zu gewinnen und Geld zu sparen.
Foto: Computacenter

In den Rechenzentren dieser Welt steigt die Zahl der Server steil an. Einer Studie des Global Information Industry Center der University of California in San Diego (UCSD) zufolge waren 2008 weltweit rund 27 Millionen Server im Einsatz. Diese Zahl ändert sich seitdem mit zweistelligen Wachstumsraten, wie Gartner und IDC zum Beispiel für das dritte Quartal 2010 unabhängig voneinander ermittelten. Der Zuwachs von 14,2 Prozent (Gartner) bzw. 13,1 Prozent (IDC) ist laut IDC die höchste Steigerung der Verkaufszahlen seit dem Jahr 2000.

Aber nicht nur die Zahl der physisch vorhandenen Server wächst: Auch bei den virtuellen Server gibt es starke Steigerungsraten. Früher, so Ralf Frühwald, bei HP als Sales Specialist Automation und Cloud tätig, gab es Server stets in 1:1-Konstallationen - ein Rechner, eine Anwendung: Mailserver, Datenbankserver, Storage. "Mit der immer leistungsfähigeren Hardware ist es nun möglich, viele virtuelle Maschinen auf nur einem einzigen physischen Rechner laufen zu lassen." Eine manuelle Handhabung dieser Vielzahl an Systemen ist schlicht nicht mehr möglich. Immer stärker rückt deswegen das Thema Automatisierung in den Fokus der Admins und IT-Leiter.

Automatisierung ist neben der Standardisierung einer der wesentlichen Grundsätze für eine effiziente IT. Durch einen hohen Standardisierungs- und Automatisierungsgrad reduzieren Unternehmen die Ausgaben für Hardware, senken laufende Betriebskosten und steigern gleichzeitig ihre Service-Qualität.

Standardisierung und Automatisierung, heißt es in einer Studie der London School of Economics, helfen CIOs und Entscheidungsträgern, Innovation und Produktivität voranzubringen. Die Verwendung von Industriestandards, so die Wirtschaftsschule, ist ein wichtiges Mittel zur Reduzierung der Kosten proprietärer Architekturen. Mehr als 30 Prozent der Befragten glauben, dass die Standardisierung von Technologien dazu beitragen kann, ein Unternehmen effizienter zu gestalten. Die Hälfte der befragten Führungskräfte meint, durch mehr Effizienz und weniger Ressourcenverschwendung immerhin fünf Prozent des IT-Budgets einsparen zu können.

Weniger Fehler, besserer Service, höhere Verfügbarkeit

"Das Automatisieren von manuellen, immer wiederkehrenden Aufgaben reduziert die Fehleranfälligkeit, erleichtert die Service-Konfiguration und erhöht die IT-Verfügbarkeit", fasst Ralf Frühwald von HP die Vorteile von Automatisierung zusammen. IT-Leiter und Service-Manager könnten so viel flexibler auf Geschäftsanforderungen reagieren und Services schneller bereitstellen. Der damit gewonnene Freiraum, so auch die Einschätzung des HP-Experten, bringt den dringend benötigten Freiraum für strategische Projekte "zum Beispiel für den Aufbau eines eigenen Cloud-Computing-Angebots".

Auch nach Einschätzung von Forrester-Analyst Glenn O’Donnell kommen IT-Organisationen heute nicht mehr umhin, viele Aufgaben zu automatisieren, um schlanker zu werden und den Anforderungen des Business besser begegnen zu können. Die Maxime, mehr mit weniger zu tun, sei kein Klischee mehr, sondern ein absolutes Muss. Vorstände verlangten mehr Disziplin von der IT, mehr Effizienz, mehr Konsistenz, mehr Zuverlässigkeit und eine höhere Flexibilität - und das alles mit kleineren Budgets und Mannschaften. Doch die typische IT-Organisation verschwende ein Gros des Budgets für Ineffizienzen, die mit zunehmender Komplexität größer werden.

Screenshot aus HPs Lösung für Run Book Automation "HP Operation Orchestration": Ein automatisierter Workflow diagnostiziert und behebt ein Applikationsproblem.
Foto: HP

Automatisierung hilft beim Sparen, hat auch Gartner ausgerechnet: Bis 2015 hilft sie, rund ein Viertel der Arbeitsstunden im IT-Service einzusparen. Der von verschiedenen Analysten ausgerufene Megatrend Cloud Computing werde diese Tendenz noch verstärken, so Gartner. Dieses Verhältnis funktioniert auch umgekehrt: Automatisierung und Standardisierung sind die wichtigste Voraussetzung, um Teile der unternehmenseigenen IT-Infrastruktur überhaupt in die Cloud auslagern und damit von den Vorteilen profitieren zu können. "Eine service-orientierte IT ist schon der Anfang von Cloud Computing", meint Ralf Frühwald. "Und dann sind wir beim Business-Aligment angelangt: Das Geschäft steht endlich im Vordergrund, weil die Infrastruktur standardisiert ist und die IT schnell auf alle Anforderungen reagieren kann."

Bei der Standardisierung und Automatisierung der IT stößt man schnell auf den Umstand, dass sich die Komponenten aus einer bunten Vielfalt von Plattformen, Systemen und Ressourcen rekrutieren. Schlimm.

Schlimmer ist, dass diese Komponenten nicht gemeinsam für den Geschäftserfolg arbeiten, sondern meist getrennt voneinander, inkompatibel miteinander und in Silos isoliert werkeln. Die Silostrukturen verhindern, dass vorhandene Systeme miteinander interagieren und bedeuten zudem eine Verschwendung von Ressourcen, weil eine gemeinsame Nutzung von Kapazitäten systembedingt nicht möglich ist. Konsolidierung und Standardisierung im Rechenzentrum könnten - wenn sie aus einer Hand kämen - diesen verschwenderischen Inseln ein Ende bereiten. Aber das würde Best-of-Breed-Lösungen verhindern und ist daher aus Sicht vieler IT-Abteilungen nur die zweitbeste Wahl. Besser wäre, wenn die jeweils besten Systeme und Komponenten in der Lage wären, zu kooperieren. Der Ansatz, das im Rechenzentrum zu ermöglichen, heißt Converged Infrastructure.

Converged Infrastructure ohne Vendor Lock-in

Die Converged-Infrastructure-Strategie integriert bisher isolierte IT-Domänen für Applikationen, Rechner, Speicher, Netze und Gebäuderessourcen. HP, einer der Protagonisten konvergenter Infrastrukturen, setzt dabei auf ein einheitliches Management aller IT-Komponenten als Teil eines Ressourcen-Pools.

"Converged Infrastructure (CI) ist der nächste große Schritt, weil die Infrastruktur von den Anwendungen effektiver gemeinsam genutzt werden kann" wirbt Doug Oathout, Vizepräsident bei HP und für das Marketing für Converged Infrastructure zuständig. Die Anwendungen könnten "leben und atmen", kleinere Erweiterungen je nach Bedarf ergänzt oder entfernt werden.

In einer konvergenten Infrastruktur, schreibt Doug Oathout im HP-Blog, sind die Server-, Storage- und Netzwerk-Komponenten integriert, damit sie in kleinere Erweiterungseinheiten aufgeteilt werden können. CI verfügt auch über die Management-Software, damit die Anwendungen passend zu den geschäftlichen Anforderungen verschoben werden können.

Für Markus Herber, CTO bei HP Deutschland, ist eine konvergente RZ-Infrastruktur zugleich ein wichtiger Schritt in Richtung „Private Cloud“: Hier geht es um die dynamische und orchestrierte Bereitstellung von IT-Ressourcen, bei der es letztlich unerheblich ist, wo die Service-Plattform physisch angesiedelt ist.
Foto: HP

So offensichtlich die Vorteile von CI sind, weil sie inkompatible Strukturen auflöst, ohne die Leistungsfähigkeit einzelner Systeme infrage zu stellen: Bei der Einführung einer Converged Infrastructure gebe es dennoch einiges zu bedenken, meint Doug Oathout. "Prozesse müssen verändert werden. Es muss festgelegt werden, wer Prozesse hinzufügen oder entfernen kann." Heutzutage benötigten die meisten Organisationen viele Arbeitsschritte, um solche Änderungen mit den dafür notwendigen Freigaben durchzuführen. Bisher würden Netzwerk- , Server- und Servicemanager zudem weitgehend isoliert vom restlichen Betrieb arbeiten. "Das wird sich ändern. Wegen der Ressourcen, die ständig on- und offline gehen, müssen sie sich über die Auswirkungen und Prozeduren der Anderen im Klaren sein. Sie müssen miteinander reden."

Bedenken gebe es auch in Hinsicht auf eine mögliche Herstellerbindung ("Vendor Lock-in"). Auch hier beruhigt Oathout: Niemand sei gezwungen, ab sofort Hard- und Software ausschließlich von HP zu verwenden. "Sämtliche CI-Schnittstellen von HP basieren auf Standards. Alles ist auf offene Integration hin aufgebaut." Die konvergente Infrastruktur funktioniert "hervorragend in einer integrierten Umgebung, aber auch mit Brocade, Emulex, EMC, Cisco…" Eine Lock-in-Strategie sei das nicht. "Wir sind lediglich der Meinung, dass man einige der Vorteile verliert, wenn man anfängt, unsere Produkte mit denen anderer Anbieter zu mischen."

Wichtiger Schritt in Richtung Private Cloud

Eine konvergente RZ-Infrastruktur bringt einen deutlichen Fortschritt im Sinne einer automatisierten, siloübergreifenden Bereitstellung von IT-Ressourcen. Im Idealfall wird dies ergänzt durch das koordinierte Zusammenspiel der Automation auf der ITSM-Ebene (Operations Orchestration) mit System-Level-Automatismen. Damit, erläutert Markus Herber, CTO bei HP Deutschland, sei eine konvergente RZ-Infrastruktur zugleich ein wichtiger Schritt in Richtung dessen, was heute als "Private Cloud" bezeichnet wird: Hier geht es um die dynamische und orchestrierte Bereitstellung von IT-Ressourcen, bei der es letztlich unerheblich ist, wo die Service-Plattform physisch angesiedelt ist. "Die Vision eines vollautomatisierten RZs besitzt große Leuchtkraft, kann aber auch proprietäre Schattenseiten haben. Heute ist der höchste Automationsgrad nur erreichbar, wenn die Einzelkomponenten von einem einzigen Hersteller stammen. Wie groß die Kompromisse im Hinblick auf die Abhängigkeit vom Lieferanten sind, hängt davon ab, wie ernst dieser sein Bekenntnis zu Standards nimmt."