Satire

CW-Wert

23.04.1999

Je mächtiger einer ist, desto mehr lügen die Leute ihn an. Manager wissen daher nicht, was in ihren Unternehmen geschieht, und brauchen jemanden, der ihnen einredet, sie wüßten es doch. Diesen Vorgang nennt man Beratung. Am besten funktioniert er, wenn der Berater selbst nicht weiß, wovon er spricht. Daß Telekom-Chef Ron Sommer sich nun vom ehemaligen Außenminister Klaus Kinkel beraten läßt, paßt natürlich nicht in dieses Bild.

Noch bei einer weiteren Zielgruppe ist alles anders: "Frauen wollen ehrliche und interaktive Beratung", schreibt uns die Firma PC-Spezialist, und kein billig Denkender, der schon einmal eine Frau beraten hat, wird dem widersprechen noch auch die Schwere der damit formulierten Aufgabe leugnen. Wer kann schon reinen Herzens von sich behaupten, als ehrlicher Makler die eigenen Interessen stets hintangestellt zu haben im Verlauf einer Frauenberatung? Wahrscheinlich nur einer im Lande, der deshalb zu Recht steht, wo er steht. Gerade hat er einen verblüfften Parteitag um "ein kleines Stück Zuneigung" angeschnorrt. Quengler quengeln, man habe zwar auch mit Brandt und Kohl, Schmidt und Strauß genug Peinlichkeiten erlebt, aber immerhin nicht solche. Das ist jedoch Unfug. Vielmehr offenbart die Bescheidenheit des zitierten Wünschers - an "Liebe" genüge ihm die seiner Frau - die sonst so oft vermißte Beratungsneutralität. Nur Vorsicht, Kanzler: Mit einem "hochauflösenden Bildschirm" ist es laut PC-Spezialist nicht getan. Frauen wollen auch "Geräuscharmut" und "keine Spiele".