Vier Systeme im Vergleich

CRM-Vielfalt durch Open Source

20.07.2016 von Björn  Rafreider
Ein Vergleich der quelloffenen CRM-Lösungen XRMS, vtiger, sugarCRM und 1CRM weist auf geeignete Einsatzfelder hin.

Unter den quelloffenen CRM-Systemen gibt es zwei unterschiedliche Ansätze:

Wenn sich Anwender für eine Open-Source-CRM-Lösung entscheiden, dann meistens, um zu sparen. Daher ist es wichtig, beim Vergleich der quelloffenen und kommerziellen Produkte alle Kosten über eine längere Laufzeit zu betrachten. Dazu zählen die Aufwendungen für Betrieb, Service, Wartung, notwendige Anpassungen und Datenmigration.

Quelloffenes CRM im Vergleich
Vier CRM-Lösungen im Vergleich
Administrative Funktionen
Vertrieb und Marketing
Kontakt-Management
Collaboration und Informations-Management
Kommunikationsunterstützung
Analyse und Reporting
Support
E-Commerce

Kunden-Management und mehr

CRM beziehungsweise das Kunden-Management unterstützt Unternehmen in Marketing, Vertrieb und Service. Hier pflegen die Mitarbeiter einen direkten Kontakt zum Kunden und wollen daher sämtliche Informationen über den Gesprächspartner auf einen Blick erfassen können. Das sind zunächst einmal alle Kommunikationsdaten. Doch zunehmend fließen immer mehr Informationen aus dem ERP- oder Warenwirtschaftssystem in die CRM-Applikationen ein. Umgekehrt integrieren auch ERP-Anbieter CRM-Funktionen in ihre Anwendungen.

Foto: Fotolia, A. Bardyszewski

Diese Entwicklung erhöht die Komplexität der Systeme, zumal Nutzer häufig nur einen kleineren Teil der Funktionen nutzen. Hintergrund ist, dass sie bereits von anderen Applikationen abgedeckt werden oder nicht in den Geschäftsprozess passen. Vorteil ist, dass beispielsweise kleine Mittelständler alle unternehmensrelevanten und kundenbezogenen Informationen in nur einem System vorhalten können.

Installation und Voraussetzungen

Die in diesem Beitrag vorgestellten CRM-Systeme sind allesamt webbasierte Client-Server-Lösungen, auf die Nutzer mit gängigen Browsern ohne zusätzliche Software-Installation zugreifen können. Alle Lösungen können in einer Cloud betrieben oder auf einem Server installiert werden, der sowohl intern von der eigenen IT oder extern von einem Dienstleister betrieben werden kann.

Die Installation ist bei allen Systemen mit Ausnahme von XRMS menügeführt. Ist sie erfolgt, sollten Anwender der Verlockung widerstehen, direkt mit dem System zu arbeiten. Zuvor sollte ein verlässliches Backup für die Datenbank und Dateien eingerichtet werden. Zudem ist es ratsam, anschließend die Mail-Funktion des Systems zu prüfen und gegebenenfalls so genannte Scheduler zum Abarbeiten wiederkehrender Aufgaben und Wartungsdienste zu konfigurieren.

Self-Service für die Kunden

Die großen Unternehmen machen es vor: Immer mehr kundenbezogene Prozesse werden von Serviceportalen abgebildet. Sie können zwar nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, doch Kunden schätzen die Angebote: Rund um die Uhr können sie via Internet beispielsweise den aktuellen Bearbeitungsstatus ihrer Anfragen, Verträge und Rechnungen einsehen.

Das schafft Transparenz, was den meisten Nutzern gefällt. Die Unternehmen profitieren davon, weil Kunden ihre Stammdaten selbst pflegen. Auch wenn Serviceportale selten als zentrale Anforderung an eine CRM-Lösung formuliert werden, so lohnt es doch, diese Funktion in Betrachtung zu ziehen. Möglicherweise können später Kontaktanfragen direkt als Lead in das CRM-System einfließen. Und wenn Kunden über solche Portale Newsletter, Adressen, Bankdaten oder Zählerstände selbst verwalten, bedeutet das weniger Aufwand für die Unternehmen.

Die richtige Social-CRM-Strategie
Hans Jürgen Dietrich, BASF
"Die Anbieter müssen uns unterstützen und ihre Produkte weiterdenken."
Carolin Zausinger, Microsoft
"Firman beschäftigen sich kaum strategisch mit Social CRM."
Franz Billinger, SBK
"Unsere Social-Media-Guidelines passen auf ein Blatt Papier."
Jörg Koletzki, Eon
"Die interne IT muss genauso agil handeln, wie es im Social-Media-Umfeld der Fall ist."
Elmar Neuwirth, Oracle
"Heute ist es Facebook und Twitter, morgen womöglich etwas ganz anderes."
Andreas Zipser, CAS
"Nicht wieder mit großen monolithischen Softwareprojekten anfangen."
Marcus Rübsam, SAP
"Maschinen können Menschen nicht ersetzen."
Elke Wendel-Lander, Messe München
"Ich würde mir wünschen, dass die Anbieter Social CRM als Service anbieten."


Vergleich der Open-Source- CRM-Systeme

Ob XRMS, vtiger, SugarCRM oder 1CRM - jedes dieser CRM-Systeme unterstützt mit seinen Funktion die grundlegende Prozesse im Vertrieb, Marketing und Support. Die Basis hierfür bildet jeweils ein Modul für Firmen und zugeordnete Ansprechpartner.

Diesen beiden Modulen lassen sich beliebig viele Aktivitäten wie Aufgaben, Anrufe, Mails und Meetings zuordnen. Damit entsteht eine durchgängige Kontakthistorie für jeden Kunden. Zusätzlich bieten alle Systeme Analyse-Tools für Verkaufschancen. Hier tragen die Nutzer Abschlusswahrscheinlichkeit und den erwarteten Umsatz ein. Aus diesen Daten ergibt sich die Sales-Pipeline mit deren Hilfe der gesamte Verkaufsprozess des Unternehmens oder auch eines einzelnen Mitarbeiters ersichtlich ist.

Mitarbeiter aus dem Service und Support dokumentieren ihre Kundenkontakte in den so genannten Vorgängen oder Servicefällen. Über den dort hinterlegten Status sowie die zugeordneten Aktivitäten lässt sich eine ähnliche historische Darstellung erstellen wie in der Funktion Verkaufschancen. So kann sich jeder Mitarbeiter, egal aus welcher Abteilung, im Bedarfsfall ein umfassendes Bild vom Kunden verschaffen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die besprochenen Systeme integrieren zudem allesamt eine Kampagnenfunktion, die auf die Kundendaten zugreift. Sie hilft sowohl beim Einrichten als auch beim Auswerten von Mailings, indem sie erfolgreiche Abschlüsse bestimmten Kampagnen zuordnet. Damit lässt sich jeder Werbeaktion ein realer Umsatz zuordnen.

Erheblich Unterschiede zwischen den Systemen bestehen in den Abläufen, die in den genannten Modulen hinterlegt sind. Daher sollten Interessenten vor einer Entscheidung für ein CRM-System zunächst die unternehmensinternen Prozesse analysieren. Um die Wahl des richtigen CRM-Systems einfacher zu gestalten, sind im Folgenden die Hintergründe, wesentlichen Zusatzfunktionen und Kosten der jeweiligen Open-Source-Lösungen aufgelistet.

XRMS

XRMS wurde 2003 unter der GPL (GNU General Public License) und der OSL (Open Software License) veröffentlicht und kann seitdem kostenlos heruntergeladen werden. XRMS fehlt im Vergleich zu anderen Systemen ein kommerzielles Unternehmen als Hauptentwickler zur Unterstützung. Die Weiterentwicklung wird vornehmlich von Firmen betrieben, die das System einsetzen. Der Schwerpunkt von XRMS liegt in der Marketing- und Vertriebsunterstützung für Geschäftskundenbeziehungen. Module für Rechnungswesen und Warenwirtschaft sind nicht vorhanden. Das Reporting beinhaltet lediglich Standardberichte. Dafür bieten die Listenansichten in allen Modulen umfangreiche Gruppierungs-, Filter-, Sortier- und Summenfunktionen.

Screenshots, XRMS
XRMS Beispiel-Report
Einige Screeshots vermitteln einen Eindruck vom Open-Source-CRM-Tool XRMS.
XRMS Beispiel-Report
XRMS - Suchfunktion für Kontakte
XRMS - Kampagnenfunktion
XRMS-Sidebar
XRMS-Suche

Sowohl bezüglich Verkaufschancen als auch Servicefälle lassen sich umfangreiche Workflows hinterlegen, über die mehrstufige Prozesse abgebildet werden können. Das Berechtigungssystem mit kriterienbasierenden Benutzergruppen ermöglicht außerdem eine feingranulare Rechtestruktur. Dadurch ist es zum Beispiel möglich, Mitarbeitern Schreibrechte für bestimmte Kundengruppen - etwa nach Postleitzahlengebiet oder Status - einzuräumen.

XRMS enthält ein Plugin-System, so dass sich die Software mit relativ wenig Programmieraufwand mit anderen Unternehmens-Applikationen integrieren lässt. Leider ist die auf der Web-Plattform Sourceforge zum Download bereitstehende Release-Version nicht auf dem aktuellen Stand. Die letzten Änderungen stammen vom 26. April 2013. Das spiegelt sich auch in der in die Jahre gekommenen Benutzeroberfläche wider. Interessenten sollten auf jeden Fall auf die aktuelle Entwicklungsversion aus dem Versionierungssystem (CVS) von Sourceforge zurückgreifen.

Kosten: XRMS ist kostenlos.

Informationen: http://www.sourceforge.net/projects/xrms

vtiger/vtiger VTC

vtiger ist im Jahr 2004 als Abspaltung von SugarCRM gestartet. Der Code wurde in weiten Teilen überarbeitet. Die Applikation wird von einer indischen Firma und einer großen Community aktiv weiterentwickelt. vtiger beinhaltet Module für das Angebots- und Rechnungswesen sowie eine einfache Warenwirtschaft. Außerdem gibt es Funktionen, um Dienstleistungen und Serviceverträge zu hinterlegen. Die Module sind sauber verknüpft, so dass Anwender aus Angeboten einfach Bestellungen und Rechnungen erzeugen können. Die Lagerhaltung wird automatisch über Einkaufsbestellungen bei den Lieferanten bestückt und beim Verkauf der Produkte entsprechend reduziert.

Screenshots vTiger
vTiger-Startseite
Hier finden Sie einige vTiger-Screenshots.
vTiger-Vertrieb
vTiger-Report
vTiger-Leads
vTiger-Kampagnenfunktion

Als Add-On lässt sich in vtiger ein Self-Service-Portal installieren, über das Kunden auf die Wissensdatenbank zugreifen und Support-Tickets an das CRM übermitteln können. Außerdem haben die Kunden die Möglichkeit, ihre Stammdaten zu korrigieren. vtiger VTCist die vom größten vtiger-PartnerDifferent Solutions GmbH vertriebene Complete Edition. Sie ergänzt vtiger um das Projekt-Management, eine Ansicht für mobile Endgeräte und die Möglichkeit, Geschäftsprozesse in Workflows abzubilden.

Kosten: vtiger ist kostenlos. vtiger VTC ist ab 25 Euro pro User und Monat über ein Support- und Update-Abonnement für mindestens ein Jahr zu beziehen.

Informationen: http://www.vtiger.global/de und http://vtc.different-solutions.io/de/.

Sugar Community Edition/Pro Edition

SugarCRM ist das bekannteste quelloffene CRM-System. Es ist durch die kostenlose Community Edition populär geworden. Diese bietet bereits ausgereifte CRM-Funktionen für Vertrieb, Marketing und Service.

SugarCRM-Screenshots
SugarCRM-Dashboard
Hier finden Sie einige Screenshot des quelloffenen CRM-Tools Sugar CRM.
SugarCRM-Accounts
SugarCRM-Opportunities
SugarCRM-Kalender
SugarCRM-Report

Die Kampagnen-Funktion erlaubt es, sehr komfortabel Newsletter zu verschicken. Die Empfänger werden über so genannte Target-Lists verwaltet, so dass individuelle Abonnements für jeden Kunden möglich sind. Tracker-URLs und Interessentenformulare, die mit der Kampagne verknüpft sind, geben jederzeit Hinweise auf den Erfolg des Newsletters. Der Community Edition fehlen jedoch Funktionen für das Reporting, Projekt-Management, Rechnungswesen und die Warenwirtschaft. Diese stehen aber als Erweiterung zur Verfügung und lassen sich leicht über die Administrationsoberfläche installieren.

Bei der Sugar Community Edition ist es jedoch wichtig zu wissen, dass sie in der zukünftigen Weiterentwicklung von SugarCRM nicht mehr berücksichtigt ist. Mit der neuen Version der kommerziellen Variante wurde die gesamte Architektur überarbeitet und auch die Performance optimiert. Doch von diesen grundlegenden und zukünftigen Softwareanpassungen profitieren nur noch die kommerziellen Versionen. Die Sugar Community Edition ist daher nur bedingt, etwa für Test- und Trial-Zwecke, zu empfehlen. Oder es sollte auf aktiv betreute Folgeprojekte wie zum Beispiel SuiteCRM gesetzt werden.

SugarCRM Pro und Enterprise ergänzen die Community-Variante um umfangreiche Berichtsfunktionen, ein Projekt-Management-Tool sowie ein einfaches Angebots- und Rechnungswesen inklusive Produktkatalog. Außerdem gibt es eine optimierte Oberfläche und Suchfunktion sowie Schnittstellen zu diversen Social-Media-Netzwerken. Diese Schnittstellen sollen Kontaktdaten direkt aus den Netzwerken heraus vervollständigen. Bestandteil der Enterprise-Variante zusätzlich noch ein Offline-Client und ein Self-Service Portal.

Kosten

Informationen: http://www.sugarcrm.com

1CRM

1CRM ist eine stark erweiterte Version der SugarCRM Community Edition, die von der kanadischen Firma 1CRM Corp. entwickelt wird. Die Software enthält zusätzliche Module etwa für das Projekt-Management, Vertrags-Management, Angebots- und Rechnungswesen sowie Warenwirtschaft. Im Zusammenspiel mit dem Mitarbeiter-Management gibt es zudem einen Urlaubsplaner und eine Arbeitszeiterfassung. Die Erweiterungen sind nahtlos in die anderen Module eingebunden. So können etwa Nutzer, die eine Rechnung erstellen, die für ein Kundenprojekt angefallenen Arbeitsstunden direkt übernehmen. Auf Wunsch lässt sich zudem automatisch ein Servicevertrag anlegen, und die Produkte aus der Rechnung werden ohne Umschweife hinzugefügt.

1CRM verfügt im Gegensatz zu den anderen Lösungen über die Möglichkeit, CRM-Funktionen für den Privatkundenkontakt (B2C) einzurichten. Individuelle Berichte erstellt 1CRM mithilfe des integrierten Berichtswesens über mehrere Relationen sowie mit "Und-&-oder-Verknüpfungen". Bei Bedarf lassen sich damit ähnliche Werbeaktionen wie die der kostenpflichtigen SugarCRM-Versionen erzeugen. Das Kampagnen- und Newsletter-Modul lässt in Bezug auf Auswertung kaum Wünsche offen.

Darüber hinaus bietet 1CRM für Self-Service und E-Commerce-Lösungen ein kostenloses Self-Service-Portal mit Hilfe des Open-Source-CMS Joomla. Im Self-Service-Formular können Kunden ihre Stammdaten bearbeiten, Angebote freigeben und Rechnungen einsehen. Außerdem haben sie Zugriff auf das Forum, die Wissensdatenbank und können Support-Tickets erstellen und verfolgen. Um den Erfolg im E-Commerce mit einem idealen Kundenservice und gezielten Marketing-Kampagnen zu steigern, werden außerdem Shop-Lösungen für Virtuemart, WooCommerce und Magento angeboten. Diese Lösungen bieten mehr als einfache Anbindungen über Zapier, denn sie ermöglichen eine bi-direktionale Synchronisation des Warenbestands, der Kundendaten, des Bestelleingangs und des Versandstatus mit dem CRM-System. In Bezug auf die Lizenzen bietet 1CRM ein sehr flexibles Modell von der Cloud über On-Premise bis zum Kauf an. Die Kaufoption ist für viele Mittelständler oft ein wichtiges Kriterium.

Kosten: Die Startup Edition ist kostenlos (mit Einschränkungen in der maximalen Benutzer und Kundenzahl sowie einem Hinweis in PDF Dokumenten und Mails)

Informationen: www.1crm-system.de und www.1crm.com (Hersteller)

Kontinuierliche Verbesserung garantiert

Open-Source-CRM-Systeme müssen sich hinsichtlich ihres Funktionsumfangs nicht hinter klassischer Lizenzsoftware verstecken. Insbesondere die kommerziellen Open-Source-Erweiterungen bieten ein großes Spektrum sinnvoller Module. Die hinter diesen Lösungen stehenden Firmen garantieren darüber hinaus Verlässlichkeit in Wartung und Betrieb.

Der Auswahl eines passenden Systems sollten immer eine detaillierte Analyse der Unternehmensprozesse sowie ein ausführlicher Test vorausgehen. Sind diese Hürden genommen, steht der erfolgreichen Einführung einer CRM-Anwendung auf Open-Source-Basis nichts mehr im Weg. Der Zugriff auf den Quellcode hält alle Möglichkeiten für eine kontinuierliche und individuelle Optimierung des Systems offen.

Einen ausführlicheren Vergleich der CRM-Systeme finden Sie unter http://www.visual4.de/crm-studie.