Marktübersicht Kunden-Management-Software

CRM-Auswahltipps für mittelständische Unternehmen

07.07.2008 von Wolfgang  Schwetz und Karsten Sontow
Software für das Kundenbeziehungs-Management einzuführen kostet zu viel Geld, um die Produktauswahl dem Zufall zu überlassen. Ein strukturiertes Vorgehen bei der Wahl der Software kann Risiken vermeiden. Firmen sollten unbedingt ein Lastenheft abfassen, damit nicht der Hersteller den Projektverlauf diktiert.

Unternehmen wissen, wie wichtig ein Kundenbeziehungs-Management für sie ist. Viele Firmen haben bereits erkannt, dass in Käufermärkten eine ausgeprägte Kundenorientierung über ihre Zukunft entscheidet. CRM-Projekte zählen daher insbesondere für mittelständische Unternehmen zu den größeren Investitionsvorhaben von hoher strategischer Relevanz mit weit reichenden Auswirkungen auf der operativen Ebene. Da solche Lösungen teuer, aufwändig zu implementieren und komplex sind, sollten Betriebe die Produkte mit Bedacht auswählen.

CRM-Auswahl ist eine kritische Projektphase

Die Auswahl der CRM-Lösung gehört zu den kritischen Phasen des Projekts. Hier finden sich häufig die Ursachen für eine spätere Unzufriedenheit mit der Lösung und sogar das Scheitern von CRM-Projekten. Meist liegt es angesichts der mangelnden Transparenz des verästelten Softwaremarktes an der fehlenden Systematik des Auswahlprozesses, aber auch daran, dass im Vorfeld weder Ziele noch Anforderungen an die Technik exakt definiert wurden. Das heißt, mit der Softwareauswahl wird auch oft zum falschen Zeitpunkt begonnen.

Das beste CRM-System gibt es nicht

Die Nachfrage nach CRM-Lösungen steigt. Nachdem Firmen ERP-Prozesse etabliert haben, können sie sich um kundennahe Abläufe kümmern.

Wer das beste CRM-System sucht, wird ebenso enttäuscht wie bei der Suche nach dem besten Auto. Die Frage muss nämlich lauten: "Welches System erfüllt meine Anforderungen am besten?" Dazu ist es notwendig, zuerst die eigenen Anforderungen zu definieren. Wer meint, er könne die geeignete Software quasi per Zufall beim Gang über eine Fachmesse oder in einer Fachzeitschrift finden, liegt falsch. Messen und Fachliteratur dienen allenfalls dazu, den Markt zu sondieren. Für den künftigen CRM-Anwender ist es ratsam, sich zuerst einen systematischen Marktüberblick zu verschaffen. Der CRM-Marktspiegel sowie die auf die CRM-Auswahl spezialisierte Version des IT-Matchmaker von Trovarit AG und der COMPUTERWOCHE bieten dabei wertvolle Hilfen. Wer in diesem intransparenten Markt mit Überlegung zu Werke geht, kann seine Lösung nicht nur schneller finden, sondern auch einfacher und mit weniger Risiko. Somit laufen Firmen nicht so leicht Gefahr, aufs falsche Pferd zu setzen.

Aufgaben bei der Produktauswahl

Zunächst stellt sich die Frage, welche Aufgaben im Rahmen der CRM-Auswahl überhaupt anstehen. Das Ergebnis der Produktauswahl ist in der Regel ein Vertragswerk mit dem zukünftigen CRM-Lieferanten, das die Überlassung der Nutzungsrechte an der Software (Lizenzvertrag), die Einführung (Beratungsvertrag) und die Wartungsleistungen (Wartungsvertrag) festlegt sowie die entsprechenden Konditionen festschreibt. Für den Beratungsvertrag ist außerdem die Projektierung der Einführung notwendig. Hierbei geht es vor allem um:

Die Softwareauswahl ist für die Verantwortlichen deshalb eine Herausforderung, weil sie sich zwischen vielen Lösungen zahlreicher Softwareanbieter entscheiden müssen. Die derzeit rund 120 CRM-Hersteller am deutschen Markt unterscheiden sich in ihrem Softwareangebot vor allem in folgenden sieben Punkten:

Eines der zentralen Kriterien bei der Auswahl des CRM-Softwarelieferanten ist die Unternehmensgröße der Bestandskunden des jeweiligen Anbieters. Hier sollte der Softwarekäufer prüfen, ob der CRM-Hersteller mit seinen Erfahrungen her zu ihm passt, also ähnlich strukturierte Unternehmen zu seinen typischen Kunden zählt. Er sollte idealerweise von seinem Anbieter als wichtiger Kunde ("A-Kunde") wahrgenommen werden, damit er auch in kritischen Situationen gut betreut wird.

Branchenorientierung der CRM-Software überprüfen

Zunehmend gewinnt die Branchenpositionierung einer CRM-Lösung als Auswahlkriterium an Bedeutung. Die Branchenausrichtung der Software geht einher mit dem Leistungsumfang der CRM-Module sowie mit den Möglichkeiten, die Funktionen für die zu unterstützenden Geschäftsprozesse zu konfigurieren. Ob ein Hersteller tatsächlich für eine bestimmte Branche spezifische Merkmale bieten kann, lässt sich vor allem bei dessen Referenzkunden nachprüfen.

Auf den "Faktor Mensch" achten

Neben Funktionen und Technik der CRM-Software entscheidet die Fachkompetenz der Mitarbeiter des Anbieters über eine erfolgreiche Implementierung. Ohne sie wird aus der Software keine Lösung, die zum Anwender passt. Dabei kommt in hohem Maße der Faktor Mensch ins Spiel, denn schließlich sind die Berater des Softwarehauses, in enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam des Anwenders, verantwortlich für die Softwareimplementierung. Insofern sollten Firmen nicht nur einen Blick auf die Referenzkunden eines CRM-Herstellers werfen, sondern auch die designierten Projektmitarbeiter begutachten.

Die Technik stellt vielfach bereits zu Beginn ein K.o.-Kriterium dar. Denn die Hardwareumgebung oder das Betriebssystem sind oft ebenso gesetzt wie das ERP-System, mit dem das CRM-System künftig regelmäßig Daten austauschen soll. Der jeweilige Lieferant der ERP-Software ist deshalb auch im Auswahlverfahren für die CRM-Software dabei, sofern er über ein CRM-Modul verfügt.

Vor der CRM-Auswahl Ziele definieren

CRM-Software dient dazu, Unternehmen im Marketing, Vertrieb und Service zu unterstützen. Vor dem Hintergrund der Projektziele, der technischen Rahmenbedingungen, zu denen die IT-Strategie zählt, und des geplanten Einsatzbereichs der CRM-Lösung werden die Anforderungen an das Produkt im Vorfeld der Softwareauswahl aus den Geschäftsprozessen und Informationsflüssen abgeleitet. Diese Angaben dokumentiert das Projektteam in einem Lastenheft, dessen Detaillierung und Umfang vor allem von der Komplexität der geplanten CRM-Installation und dem Sicherheitsbedürfnis des Anwenders abhängen. Angesichts der durchschnittlichen Projektgröße von CRM-Projekten ist jedoch ein belastbares Lastenheft dringend zu empfehlen.

Nicht auf das Lastenheft verzichten

Auf keinen Fall sollte das Unternehmen auf ein Lastenheft verzichten, auch wenn dies aufwändig ist. Ohne eine solche Festlegung würde am Ende ein System herauskommen, das keine Verbesserungen bringt, sondern lediglich den unbefriedigenden Ist-Zustand in der Software abbildet.

Diese Kriterien sind für CRM-Käufer wichtig. Die Übersicht stammt von einer Studie der COMPUTERWOCHE-Marktforschung.
Foto: CRM-Studie

Anwender müssen sich neben dem daraus resultierenden Risiko darüber im Klaren sein, dass ein CRM-Anbieter spätestens bei der Einführung der Software die Anforderungen seines Kunden kennen muss. Ergo wird immer ein Lastenheft erstellt - entweder durch den Anwender ein firmenspezifisches als Grundlage für die CRM-Auswahl oder gemeinsam mit dem CRM-Lieferanten ein meist anbieterspezifisches als Basis für die Einführung. Es leuchtet ein, dass die zweite Alternative mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer stark vom Hersteller geprägten Lösung führt.

Aufgrund der fehlenden Transparenz und der offensichtlich sehr großen Unterschiede zwischen den einzelnen Programmen hat es sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen, beim Auswahlprozess in vier Phasen vorzugehen. Auf diese Weise kann der Kreis der in Frage kommenden Anbieter stufenweise eingegrenzt werden.

Schritt eins: Vorauswahl

In der ersten Stufe, der Vorauswahl, geht es darum, den Anbieterkreis von rund 120 auf etwa zehn bis zwölf einzugrenzen. Diese Auswahl ermöglicht einen ausreichenden Überblick über das Marktangebot und bietet genügend Spielraum für die weiteren Auswahlstufen. Eine erste Übersicht bieten an dieser Stelle eine Reihe von Fachmessen und -veranstaltungen sowie Anbieterverzeichnisse. Darüber hinausgehende Informationen bieten Evaluationsplattformen wie der etwa CRM-Matchmaker oder CRM-Forum.

Mit Hilfe dieser Auswahlplattformen kann das eigene Anforderungsprofil mit den verfügbaren CRM-Systemen verglichen und eine Hitparade nach Funktionserfüllung erzeugt werden. Zusätzlich hilfreich bei der Vorauswahl ist ein Blick in die Liste der Referenzkunden. Welche Anbieter tatsächlich die besten Voraussetzungen erfüllen und am ehesten zum suchenden Unternehmen passen, ergibt sich aus einer individuellen Analyse und Bewertung von Experten.

Schritt zwei: Feinauswahl mit Ausschreibung und Angebotsvergleich

Im Rahmen der ebenfalls über die Auswahlplattform abgewickelten Ausschreibung wird einem Kreis von zehn bis zwölf in Frage kommenden CRM-Anbietern das detaillierte Lastenheft übergeben beziehungsweise erläutert. Die Anbieter erarbeiten auf dieser Grundlage ihre Lösungsvorschläge und erstellen eine erste Abschätzung der Projekt- und Wartungskosten. Dabei liefern sie auch ein Bild des Anpassungsbedarfs der Software und unterbreiten auf dieser Grundlage ein erstes Angebot.

Aus den Antworten zum Lastenheft sowie der groben Kostenabschätzung zu Softwarelizenzen, Anpassungsaufwand und laufenden Kosten wird ein systematischer Angebotsvergleich zusammengestellt. Quantitative Daten und qualitative Aussagen zu den Firmenprofilen der Anbieter ergänzen den Angebotsvergleich. Nach ausführlicher Diskussion der Vor- und Nachteile einzelner Lösungen wählt das Unternehmen die besten sechs Anbieter für die dritte Auswahlphase aus.

Schritt drei: Vorentscheidung

Die sechs Anbieter der engeren Wahl präsentieren ihre Lösung und ihr Angebot anhand eines Testszenarios mit den wichtigsten Anforderungen der Ausschreibung. Danach kann das Projektteam die beiden Favoriten auswählen und vereinbart mit diesen eine Teststellung und Referenzkundenbesuche. In dieser Phase scheiden Anbieter aus, wenn sie die gestellten Anforderungen nicht zufrieden stellend erfüllen konnten. Auf der Basis der Ergebnisse lässt sich der Kreis der Anbieter immer weiter einschränken, bis zwei annähernd gleichwertige Anbieter gefunden wurden.

Schritt vier: Feinspezifikation und Vertragsverhandlung

Am Ende der CRM-Auswahl steht die Verhandlung der Verträge mit ein bis maximal drei Anbietern. Bei komplexeren Projekten werden nun die Anforderungen anhand des Lastenhefts im Rahmen mehrtägiger Workshops im Detail festgelegt und damit eine verbindliche Kalkulationsgrundlage für die Anbieter geschaffen. Auf dieser Grundlage kann das Projektteam die Kosten für die unternehmensspezifischen Anpassungen der Software ermitteln. Parallel dazu sollte man in dieser Phase das Vertragswerk juristisch prüfen und gegebenenfalls auch die Ausgestaltung der Projektfinanzierung mit Banken oder Leasinggesellschaft besprechen.

Der durchschnittliche Zeitbedarf für ein Auswahlverfahren liegt bei mittelständischen Unternehmen bei drei Monaten, gerechnet ab Vorliegen des Lastenhefts. Allerdings kommt es durchaus vor, dass die Entscheidungsfindung mehr als sechs Monate in Anspruch nimmt. Dies ist angesichts der weit reichenden Konsequenzen durchaus vertretbar und in jedem Fall der vielfach angewendeten Methode "Augen zu und durch" vorzuziehen.

CRM-Marktübersicht zum Download

Eine tabellarische Übersicht über 52 mittelstandstaugliche CRM-Systeme können Sie sich hier als zweiseitiges PDF-Dokument herunterladen. (fn)