Avanade-Studie

Collaboration in deutschen Unternehmen

16.06.2010 von Alexander Dreyßig
Lesen Sie wie verbreitet Collaboration-Tools in deutschen Unternehmen sind und wo die Trends der nächsten Jahre liegen.

Das unabhängige Forschungsunternehmen Kelton Research hat im Auftrag des Beratungshauses Avanade in einer groß angelegten Studie die Verbreitung von Collaboration-Lösungen in deutschen Unternehmen untersucht. Hierfür wurden 538 CIOs und CEOs in Deutschland sowie 16 weiteren Ländern befragt.

Krise ebnet Collaboration Lösungen den Weg

Folgt man den Ergebnissen der Studie, so blieb die Wirtschaftskrise auch für den Bereich Collaboration nicht ohne Folgen. In Zeiten knapper Budgets sind Innovationen, insbesondere wenn Sie eine Effizienzsteigerung versprechen, immer gern gesehen. So geben 78 Prozent der befragten deutschen Unternehmen an, dank der Krise offener für neue Technologien zu sein. Bei 44 Prozent der Befragten sind bereits vermehrt neue Technologien im Einsatz.

Die Vorteile von Collaboration-Tools

Mit den richtigen Collaboration-Tools lassen sich Arbeitsabläufe in nie gekannter Weise optimieren.
Foto: Alexander Dreyßig

Wie wichtig Unternehmen die Zusammenarbeit ihrer Mitarbeiter inzwischen bewerten, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass inzwischen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (53 Prozent) Collaboration für wichtiger halten, als die Spezialisierung einzelner Mitarbeiter. Darüber hinaus glauben 69 Prozent, dass sich mittels Collaboration die besten Arbeitsergebnisse erzielen lassen.

So nutzen 66 Prozent der Befragten Collaboration-Tools um Kosten zu sparen, die Produktivität zu steigern (59 Prozent) sowie Zeit zu sparen (50 Prozent). Reisekosten spielen für 22 Prozent eine Rolle. Für 28 Prozent der Wunsch von Kunden nach Collaboration-Lösungen.

Die wichtigsten Collaboration-Tools

Erstaunlicherweise betrachten nur 28 Prozent der Befragten Collaboration-Tools als eine neue Technologie. Demgegenüber sehen 72 Prozent Collaboration-Tools als weniger neu und schon weit verbreitet an.

Zu den Tools, die im Rahmen von Collaboration am häufigsten genutzt werden zählen: Instant Messenger (78 Prozent), Facebook (47 Prozent), Online Communities (41 Prozent), Wikis (31 Prozent) und Blogs beziehungsweise Microblogging wie Twitter mit 22 Prozent. Geringeren Anklang finden Business Netzwerke alla LinkedIn mit 6 Prozent.

Die wichtigsten Kommunikations-Tools und Kanäle

Betrachtet man nun die Frage, welches die am häufigsten genutzten Kommunikations-Kanäle sind, so zeigt sich, dass bei 80 Prozent der Befragten immer noch E-Mail und Telefon (die von über 80 Prozent der Befragten ständig genutzt werden) die beiden Spitzenplätze einnehmen. An zweiter Stelle rangieren Telefonkonferenzen (75 Prozent), gemeinsame Laufwerke (82 Prozent), das Intranet (78 Prozent) und Instant Messaging (66 Prozent) die ständig oder oft genutzt werden. Über etwas weniger Zuspruch können sich Videokonferenzen freuen, die von 60 Prozent der befragten Unternehmen kaum oder nur gelegentlich verwendet werden. Wikis werden von immerhin 38 Prozent wenigstens gelegentlich genutzt. Auf den hinteren Plätzen rangieren Online Communities, Blogs und Microblogging.

Betrachtet man nun die Frage nach den wichtigsten Kommunikationskanälen im Business-Alltag, so werden E-Mail und Telefon von über 80 Prozent der Befragten als essentiell angesehen. Wichtig sind für mehr als 60 Prozent der Befragten darüber hinaus Telefonkonferenzen, Instant Messaging und gemeinsame Laufwerke. Intranets sind für 56 Prozent der Befragten wichtig. Wikis, Blogs und Microblogging werden hingegen von 41 (Wikis) beziehungsweise 50 Prozent der Befragten als nicht wichtig angesehen. Videokonferenzen gelten für 60 Prozent eher als unwichtig beziehungsweise „nice to have“.

Social Media

Wie die Studie zeigt, ist das Thema Social Media inzwischen in den Unternehmen angekommen. So haben nur noch 9 Prozent Social Media als Collaboration-Tool nicht auf der Agenda. 34 Prozent haben bereits eine Social-Media-Strategie implementiert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in den Führungsetagen häufig noch Unkenntnis über das Potential von Social Media zu herrschen scheint. So geben 38 Prozent der Befragten an, dass Senior Manager das Potential von Social Media für Kunden und Mitarbeiter nicht erkennen würden.

Was den konkreten Nutzen anbelangt, so geben 38 Prozent der Befragten, die Social Media bereits nutzen an, dass der Einsatz die Mitarbeiterzufriedenheit steigert. Zudem bestätigen 30 Prozent, dass Social Media die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen erhöht, Problemlösungen beschleunigt sowie das Image des Unternehmens verbessert. Darüber hinaus können 22 Prozent eine Stärkung der Produktivität und des Vertriebes bestätigen.

Hindernisse bei der Nutzung von Collaboration-Tools

Sicherheits- und Datenschutzbedenken scheinen immer noch das größte Hindernis für die vermehrte Nutzung von Collaboration-Tools darzustellen. So sehen 50 Prozent der Befragten diese Problematik. 41 Prozent vermissen die persönliche Interaktion und 38 Prozent die Möglichkeit den konkreten Mehrwert zu berechnen. Für 28 Prozent stellt das scheinbare Überangebot am Markt ein Problem dar. Erstaunlicherweise sind hingegen nur 22 Prozent der Meinung Collaboration-Tools könnten zu einer potentiellen Überkommunikation führen und unnötig viel Zeit beanspruchen. 22 Prozent befürchten eine Zeit- und Geldverschwendung. 44 Prozent der Befragten sehen ein Problem in der Vernetzung unterschiedlicher Hierarchie-Stufen, 22 Prozent in der Vernetzung unterschiedlicher Abteilungen. Bei der Vernetzung globaler Teams wiederum nehmen 38 Prozent der Befragten unternehmensfremde Strukturen und Ziele, 10 Prozent die Schwierigkeit die richtige Person zu finden sowie 13 Prozent kulturelle Hindernisse als potentielle Barrieren war.

Lesen Sie auf den folgenden Seiten das große COMPUTERWOCHE-Interview zu den Ergebnissen der Studie.

Thomas Krofta und Peter Eisele zu den Ergebnissen der Studie

COMPUTERWOCHE: Wie grenzen Sie das Thema Collaboration ab? Viele der von Ihnen in Ihrer Studie erwähnten Tools und Kommunikations-Kanäle, wie beispielsweise Telefon, Social Networks, Microblogging würde man ja nicht unbedingt in diesem Kontext erwarten.

Thomas Krofta, Service Line Lead Portal & Collaboration Solutions bei Avanade
Foto: Alexander Dreyßig

Thomas Krofta: An diesem Punkt scheiden sich die Geister: Klassische Collaboration beginnt in Unternehmen mit dem Bereich der reinen Infrastruktur. Fängt also, um ein Beispiel aus der Microsoft-Welt zu nennen, bereits mit Exchange, sprich E-Mails, an. Aber natürlich reicht Collaboration weiter in Richtung Datenaustausch und Instant Messaging. Wir erkennen, dass der Teilbereich E-Mail- und Telefonkommunikation durch neue Technologien aus dem Umfeld von Dokumentenmanagement und Social Media ergänzt wird. Auch Microblogging ist ein neuer wichtiger Aspekt. Der Trend geht hin zu einem neuen Arbeitsplatz, wobei der gemeinsame Austausch eine zentrale Rolle spielt. Darüber hinaus sehen wir die Entwicklung weg von E-Mail, hin zur Instant-Kommunikation. Viele Features, die heute von webbasierten Diensten angeboten werden, erwarten Mitarbeiter künftig auch im eigenen Unternehmen.

COMPUTERWOCHE: Wirft man einen Blick in Ihre Studie, dann fällt auf, dass momentan scheinbar eher klassische Tools, wie E-Mail, Telefon, Telefonkonferenzen, gemeinsame Laufwerke, Intranet und Instant Messaging dominieren. Modernere, insbesondere auch webbasierte Tools, werden hingegen weniger genutzt. Woran liegt das?

Thomas Krofta: In Bezug auf Microsoft-Lösungen haben wir die Erfahrung gemacht, dass diese von den Unternehmen nach wie vor eher auf dem klassischen Client gesehen werden. Webbasierte Collaboration-Tools kennen die meisten von Google und anderen Anbietern. Daher wird es eine gewisse Zeit dauern, bis die nächste Welle an Produkten in den Unternehmen ankommt. Welchen neuen Client Unternehmen dabei letztlich definieren, ob nun virtuell oder rein webbasiert, wird sich in naher Zukunft zeigen. Momentan ist die Adaptionsrate in den Unternehmen sicherlich noch gering, was das Thema Webanwendungen betrifft. Dennoch ist dies ein ganz klarer Trend für die Zukunft. Unsere Studie hat gezeigt, dass bei den Unternehmen Interesse besteht, an dieser Stelle effizienter zu werden, weniger Last auf den Client zu bringen und Anwendungen aus der Cloud heraus anzubieten – sei es nun als unternehmensinterne oder externe Cloud.

Collaboration ist vielfach eine Generationenfrage

COMPUTERWOCHE: Scheinbar besitzen die wenigsten Unternehmen eine wirkliche Collaboration-Strategie. Täuscht dieser Eindruck, oder sind es wirklich größtenteils Insellösungen?

Peter Eisele, Vice President Avanade Deutschland, Österreich, Schweiz
Foto: Alexander Dreyßig

Peter Eisele: Nach unserer Erfahrung sind die Unternehmen hier unterschiedlich weit. So lassen einige Unternehmen Collaboration-Tools einfach testweise mitlaufen, um Erfahrungen zu sammeln und zu sehen, was diese wirklich leisten können – ohne jedoch ein wirkliches Konzept zu verfolgen. Andere Unternehmen wurden überrascht, dass die „Millenials“ (auch bekannt als „Digital Natives“, die Generation der unter 30Jährigen; Anm.d. Redakteurs), die nun in den Beruf starten, plötzlich Wikis und andere Kanäle im Unternehmen aufsetzen. Die dritte Gruppe der Unternehmen macht sich konsequent Gedanken, wie Collaboration-Konzepte sinnvoll umgesetzt werden können. Jedoch ist allen drei Gruppen letztlich klar, dass sie die richtigen Konzepte und Rahmenbedingungen benötigen, um Collaboration auch tatsächlich produktiv einsetzen zu können.

COMPUTERWOCHE: Ist das Ganze zum Teil einfach eine Generationenfrage? Gerade die Digital Natives, die Sie angesprochen haben, sind ja scheinbar viel eher mit den neuen Techniken vertraut und drängen ältere Mitarbeiter dazu sich näher mit dem Thema zu beschäftigen.

Thomas Krofta: Das stimmt. Die Kollegen, die einer älteren Generation entspringen, haben eine andere Präferenz. Sie entwerfen eher Präsentationen, kommunizieren via E-Mail und fühlen sich in diesen Bereichen viel mehr zu Hause, während die jüngere Generation lieber auf direktem Wege miteinander kommuniziert. Ein weiterer Aspekt, den Unternehmen berücksichtigen sollten, ist die Frage, wo sie präsent sind. In einer wirklich homogenen Welt, in der alle Mitarbeiter an einem Standort konzentriert sind, treffen sich die Leute in Meetings, auf dem Gang oder in Pausen und tauschen sich dort aus. In einer globalisierten Welt mit vielen Standorten funktioniert das nicht mehr. Hier benötigen Unternehmen neue Technologien, um Länder- und Unternehmensgrenzen zu überbrücken und immer den jeweils richtigen Ansprechpartner für spezifische Probleme zu finden.

Compliance und Betriebsrat

Peter Eisele: Ein weiterer wichtiger Punkt, den Unternehmen nicht vergessen dürfen, ist der, dass jedes neue Konzept natürlich auch Compliance-Vorgaben gerecht werden muss. Wo findet beispielweise nur ein einfacher Austausch statt und wo werden hingegen geschäftsrelevante Dinge ausgetauscht, die Unternehmen durchaus auch archivieren müssen? Was heute bei E-Mails schon gang und gäbe ist, wird sich auch auf andere Bereiche ausweiten. So müssen beispielweise Richtlinien definiert werden, welcher Kommunikationskanal für welche Art von Kommunikation genutzt werden darf.

COMPUTERWOCHE: Wenn man einen Blick auf Ihre Studie wirft, dann fällt auf, dass noch über die Hälfte der deutschen Unternehmen im Bereich Collaboration große Sicherheits- und Datenschutzbedenken haben. Ist es wirklich im wesentlichen die Compliance-Problematik oder spielen hier noch Dinge wie beispielsweise die Datenschutzskandale bei Facebook eine Rolle?

Thomas Krofta: In deutschen Unternehmen spielen gerade die Punkte Mitbestimmung und Betriebsrat eine große Rolle. Was wir immer wieder sehen ist, dass IT-Abteilungen deutlich zurückhaltend reagieren, wenn es um das Thema Collaboration geht. Sie fürchten häufig Gegenwind aus dem Bereich der betrieblichen Mitbestimmung und sehen das als klaren Hinderungsgrund. Auf der anderen Seite merken wir jedoch deutlich den Bedarf der Unternehmen nach neuen Collaboration-Werkzeugen. Hier ist wiederum die Frage nach dem Konzept und der Strategie unbedingt zu stellen.

Peter Eisele: Wir empfehlen immer, frühzeitig den Betriebsrat mit einzubinden und zu kommunizieren, was sich durch den Einsatz von Collaboration im Unternehmen ändert und welche Vorgaben erfüllt werden müssen. Ein weiterer Punkt, der auch zu manch kritischer Sichtweise beiträgt, ist die Frage nach der Messbarkeit. So zeigt unsere Studie klar, dass gerade die Messbarkeit des Erfolges neuer Collaboration- und Social-Media-Tools kritisch gesehen wird. Unternehmen müssen also darauf achten, dass anfallende Daten frühzeitig anonymisiert werden. Auch in diesem Falle sollte der Betriebsrat mit eingebunden werden.