Zwei Kulturen - ein Ziel?

CIO Circle und CIOcolloquium nähern sich vorsichtig an

05.05.2010 von Karin Quack
Wenn es um das Thema IT-Lobby geht, übt sich der CIO Circle in Zurückhaltung. Das CIOcolloquium würde aber gern mit ihm kooperieren, um mehr politischen Einfluss zu gewinnen.
Thomas Hemmerling-Böhmer vom CIO-Circle

"Wenn heute jemand nach der IT in Deutschland fragt, antwortet meist der Bitkom", so Thomas Hemmerling-Böhmer, CIO der Karl Storz GmbH & Co. KG auf der diesjährigen Jahrestagung des CIO Circle in Köln. Er äußerte sich in seiner Eigenschaft als Mitglied des Initiativkreises innerhalb der CIO-Community: "Aber IT in Deutschland ist mehr als nur die Sichtweise der Anbieter. Es wird Zeit, dass auch die Anwenderseite an Profil gewinnt." Zu diesem Zweck wäre es sicher sinnvoll, wenn sich die Anwenderunternehmen nach außen einheitlich präsentierten.

"Gleichzeitig aber gilt es, die Kultur und das Klima unserer Community zu wahren und auszubauen", ergänzte Matthias Karlshaus, Business CIO von Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA, der als Gastgeber in Köln fungierte. Im CIO-Circle hat ein Diskussionsprozess begonnen, der die vorsichtige Öffnung nach außen vorbereitet. Seit dem vergangenen Jahr wird so auch eine engere Zusammenarbeit mit einer anderen CIO-Vereinigung, dem CIOcolloquium geprüft, das schon längere Zeit am Thema einer Anwendervertretung arbeitet.

Der CIO-Circle wurde 2002 ins Leben gerufen, um den IT-Verantwortlichen eine Plattform für die fachliche Diskussion und gegenseitige Hilfestellung in Form von "Good Practices" zu bieten. Die Mitglieder organisieren sich weitgehend selbst, hautsächlich über die Website www.cio-circle.de. Der Initiativkreis wird nicht gewählt, sondern übernimmt freiwillig organisatorische Aufgaben. "Zum Initiativkreis gehört, wer initiativ wird", erläutert Hemmerling-Böhmer. Das Jahrestreffen setzte hatte heuer als einen Diskussionsschwerpunkt den dauernden Spagat, den die CIOs hinlegen müssen - zwischen "Aufräumaktionen" von Legacy-Systemen und Herausforderungen der globalisierten Unternehmensprozesse.

Den Einfluss der Praktiker stärken

Deutlich straffer ist das CIOcolloquium organisiert. Im Gegensatz zum - laut scherzhafter Selbstbeschreibung "anarchischen" - CIO-Circle hat es ein Präsidium und wird im Auftrag von seinem Partner Finaki und dessen Geschäftsführer Christoph Hecker aktiv mitgestaltet. Derzeit sind dort 90 Unternehmen durch deren CIOs vertreten. Sie repräsentieren allerdings etwa genauso viele Anwender wie die CIO-Circle-Mitglieder - rund zwei Millionen -, denn es handelt sich vorwiegend um IT-Verantwortliche großer bis sehr großer Unternehmen.

Als Präsident und Sprecher des Präsidium nahm Thomas Endres, im Hauptberuf Leiter Konzern-Informationsmanagement der Lufthansa, an der Jahrestagung des CIO-Circle teil. Wie er berichtete, hat sich das von ihm vertretene Netzwerk bereits eine gewisse "Sichtbarkeit" verschafft. Beispielsweise sei es hinsichtlich der IT-Strategie des Bundes in die Themenfindung eingebunden worden. Anders als der CIO-Circle hat sich das CIOcolloquium durchaus die Lobby-Arbeit auf die Fahnen geschrieben.

Ansonsten seien die beiden Communities aber "deckungsgleich", beteuerte Endres: "Unsere Antworten sind manchmal etwas teurer, aber die Fragen sind die gleichen." Durch eine Zusammenarbeit mit dem CIO-Circle hofft das CIOcolloquium, den Einfluss der IT-Praktiker auf die Politik stärken zu können. Und die Umworbenen scheinen nicht abgeneigt, wenn auch die Modalitäten der Kooperation offenbar noch nicht geklärt sind.

Erste zarte Annäherungen hat es jedoch bereits gegeben, beispielsweise auf der diesjährigen CeBIT, wo die CIO-Circle-Mitglieder im "House of CIOs" des CIOcolloquim willkommen waren. Auch beim "Green IT Best Practice Award" der Green-IT-Initiative Berlin-Brandenburg wollen die beiden Netzwerke kooperieren.

Berlin sucht Doppelpass mit der IT

Thomas Endres vom CIOcolloquium
Foto: Joachim Wendler

Doch aus Endres' Sicht sollte die Zusammenarbeit weiter gehen. Er könne sich beispielsweise eine "Klammer" vorstellen, die den beiden Communities beim "Infuencing" helfe: "Es ergibt durchaus einen Sinn, die eigenen Strukturen stark zu belassen", sagte der CIO der Lufthansa-Gruppe, "aber nach außen hin sollten wir mehr aus einem Guss wirken. Sprich: Zu wichtigen Themen müssen wir in geordneter Form Stellung beziehen." Jetzt sei ein günstiger "Timeslot", um eine solche Dachorganisation aufzubauen: "Berlin sucht derzeit gerade nach Doppelpass-Partnern aus der IT."

"Wir wollen unseren einzigartigen Charakter schon beibehalten, aber man sollte uns als Organisationen nicht auseinander dividieren können", pflichtete Hemmerling-Böhmer seinem CIO-Kollegen bei. Der CIO-Circle wolle eine Personengesellschaft bleiben, werde aber inhaltlich gern mit dem CIOcolloquium kooperieren.

Zur Idee einer Klammerorganisation wollte sich der Karl-Storz-CIO noch nicht äußern. In dieser Frage verwies er auf das für Mittel Juni geplante Strategie-Treffen des CIO-Circle sowie die spätere Arbeitssitzung der beiden Communities, die sich mit diesem Thema beschäftigen wird.