CeBIT: Bald nur noch sechs Tage Hannover?

19.12.2006
Nicht nur die Systems leidet unter dem Aussteller- und Besucherschwund - ihre große Schwester in Hannover steckt ebenfalls in der Krise und soll um einen Tag gekürzt werden.

Gestern war angekündigt worden, dass die süddeutsche IT-Messe "Systems" um einen Tag verkürzt wird, heute bestimmt das große Vorbild aus Hannover die Schlagzeilen: Die weltgrößte Computermesse CeBIT ist wegen der Absage von Branchenriesen in heftige Turbulenzen geraten und soll ab 2008 grundlegend reformiert werden. In einem Brief an die Aussteller, der der "dpa" vorliegt, spricht die Deutsche Messe AG in Hannover von "aktuellem Handlungsbedarf". Vor allem weil große Konzerne wie Nokia, BenQ, LG, Konica Minolta oder Motorola 2007 nicht nach Hannover kommen werden, droht der CeBIT nach dpa-Informationen bei Umsatz und Netto-Ausstellungsfläche ein Einbruch von bis 15 Prozent. Ein Messe-Sprecher bestätigte die Existenz der Briefe, wollte die Pläne für einen Umbau aber nicht kommentieren. "Wir stehen derzeit in einem intensiven Dialog mit unseren Ausstellern."

Nach dpa-Informationen arbeiten die CeBIT-Macher aber an einer grundsätzlichen Neupositionierung der Messe von 2008 an. Ziel ist es, das "Erscheinungsbild der Messe" nachhaltig zu verbessern. Für die Unternehmen soll die Effektivität der Messebeteiligung deutlich erhöht werden. Zudem soll (wieder mal) das Profil der Messe als "Profimesse" gestärkt werden. Damit will sich die CeBIT stärker von der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin abgrenzen. Die Verbraucherelektronik-Messe, die früher alle zwei Jahre stattfand, öffnet nun jedes Jahr im September ihre Pforten. Dies war auch als Angriff auf die CeBIT gewertet worden. BenQ etwa hatte mitgeteilt, statt eines Auftritts auf der CeBIT eine Teilnahme an der IFA zu prüfen.

Wie aus Branchenkreisen verlautete, zählt zu dem Umbau der CeBIT, dass die Dauer der Messe ab 2008 auf sechs Tage verkürzt werden soll. Die CeBIT soll dann von Montag bis Samstag stattfinden. 2007 noch läuft sie von Donnerstag bis Mittwoch (15.-21.3.). Nach dpa-Informationen wird die Deutsche Messe AG immer stärker mit Forderungen der IT-Unternehmen nach einem effizienteren Messeauftritt konfrontiert. Die Messe will darauf reagieren, indem die CeBIT ab 2008 nicht mehr über ein Wochenende läuft. "Denn das treibt die Kosten hoch", sagte ein Insider.

Hintergrund der CeBIT-Krise ist ein rasanter Wandel des High-Tech-Marktes, zu dem vor allem ein steigender Kostendruck zählt. Dies könne nicht ohne Auswirkungen auf die CeBIT bleiben, schrieb Messe-Vorstandsmitglied Ernst Raue in dem Brief an die Aussteller. Als globale Leitmesse sei die CeBIT stark von den aktuellen Marktverhältnissen und zukünftigen Entwicklungen in der Computerindustrie sowie der Telekommunikationsbranche abhängig. In einigen Bereichen wie zum Beispiel Telematik und Navigation sowie Sicherheit und der neuen Funktechnik RFID werde die CeBIT wachsen, in anderen verliere sie Aussteller, wie etwa bei Handys.

Als Problem wird in der Branche auch gewertet, dass die deutschen Töchter ausländischer Großkonzerne zum Teil nicht mehr selbst bestimmen können, ob sie an der CeBIT teilnehmen. Um zu sparen, sagten die Konzernzentralen daher den Messeauftritt entweder ganz ab oder verringerten die Ausstellungsfläche, hieß es. "Das macht die Geschichte schwer." Bereits in den vergangenen Jahren war die Zahl der Netto-Ausstellungsfläche - die für die CeBIT wichtigste Kennziffer - kontinuierlich zurückgegangen. Betrug sie 2001 im CeBIT-Rekordjahr noch 431.000 Quadratmeter, lag sie 2006 bei nur noch 303.000 Quadratmetern. Auch die Zahl der Aussteller nahm von rund 8.100 im Jahr 2001 auf rund 6.200 in diesem Jahr ab. Für 2007 rechnet die CeBIT zwar mit einer nur leicht veränderten Ausstellerzahl um die 6.000 - entscheidend ist aber die Netto-Ausstellungsfläche. Diese droht 2007 um bis zu 40.000 Quadratmeter abzunehmen.

Die "neue CeBIT" ab 2008 soll nach dpa-Informationen effizienter werden und stärker auf die Interessen der einzelnen Zielgruppen eingehen. Vorbild dafür soll die Struktur der Industrieschau "Hannover Messe" sein. Die CeBIT soll sich demnach stärker auf Anwendungs-Schwerpunkte konzentrieren - etwa Industrie, Home, Telematik und Navigation, Medizintechnik, öffentliche Verwaltung. Die Struktur soll klarer werden. Bisher sei die CeBIT zu breit aufgestellt, hieß es. Der Besucher sei der Vielfalt oft ausgesetzt. In einem Paradigmenwechsel soll künftig der professionelle Anwender im Focus stehen. (dpa/ajf)