Bilanz 2009

CeBIT auf Schrumpfkurs Richtung Business-IT

09.03.2009
Die CeBIT 2009 hatte angesichts des wirtschaftlichen Umfelds und der wachsenden Konkurrenz einen schweren Stand. Dennoch ziehen die Beteiligten ein positives Fazit - es hätte schlimmer kommen können.

Die CeBIT ist auf Schrumpfkurs. Wirtschaftskrise und Strukturwandel in der Hightech-Industrie haben der weltgrößten IT-Messe in Hannover in diesem Jahr stark zugesetzt. Die Zahl der Aussteller und Besucher ging drastisch zurück. Und die CeBIT 2009 hat gezeigt: Die Messe ist eine Ausstellung vor allem für den Mittelstand, sie ist mehr denn je eine "Businessmesse". Auch der Kongress-Charakter hat zugenommen. Doch: Wichtige Segmente der Hightech-Industrie, vor allem Mobilfunk-Firmen und Unternehmen aus der Unterhaltungselektronik fühlen sich auf der CeBIT nicht mehr richtig aufgehoben und setzen auf andere Messen.

"Es war ein großer Fehler, dass die CeBIT den Aufstieg von Barcelona zugelassen hat", sagte ein Brancheninsider. In Barcelona findet seit einigen Jahren nur wenige Wochen vor der CeBIT der Treff der Mobilfunk-Industrie statt, der Mobile World Congress, der sich zur weltweit wichtigsten Branchenmesse entwickelt hat. Die CeBIT-Macher hätten es versäumt, der wachsenden Bedeutung dieses Segments Rechnung zu tragen.

Unternehmen der Unterhaltungselektronik setzen in Deutschland auf die Funkausstellung IFA in Berlin und in den USA auf die CES in Las Vegas. Bei einem großen asiatischen Elektronik-Konzern, der in diesem Jahr keinen eigenen Stand auf der CeBIT hatte, hieß es: "Wir haben auf der CeBIT unsere Kunden nicht mehr erreicht. Auf die IFA kommen die Menschen, weil sie sich vor allem für Fernseher interessieren - und sehen sich dann auch die anderen Produkte an."

Warnstreik
Zum Feiern war den in Hannover demonstrierenden EDS- und Avaya-Mitarbeitern nicht zumute. Sie protestierten am Messebahnhof/Skywalk vor den Toren der CeBIT gegen die Entlassungenpläne in ihren Unternehmen.

Die Messe der Wirtschaftskrise

Die CeBIT 2009 jedenfalls wird als Messe in Zeiten der Wirtschaftskrise in die Geschichte eingehen. Die Zahl der Besucher sank im Vergleich zum Vorjahr um knapp 20 Prozent auf rund 400.000. Bei der Zahl der Aussteller musste die Messegesellschaft einen Rückgang um ein Viertel auf rund 4.300 hinnehmen, bei der Ausstellungsfläche ein Minus von einem Fünftel auf rund 200.000 Quadratmeter. Viele Unternehmen setzten bei ihren Marketingbudgets den Rotstift an, vor allem Firmen aus Asien verzichteten auf einen CeBIT-Auftritt.

Natürlich tue der Rückgang "weh", sagte Ernst Raue, Vorstandsmitglied der CeBIT-Veranstalterin Deutsche Messe AG, am Sonntag zum Abschluss der Messe. Angaben über Einnahmeverluste machte er nicht, doch könnten die Rückgänge für empfindliche Löcher in der Unternehmensbilanz sorgen. Laut einem Zeitungsbericht soll die Deutsche Messe AG eine Kapitalspritze von insgesamt 250 Millionen Euro bekommen. Diese Summe wollen die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen als Eigentümer aufbringen, wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" am Montag berichtete. Damit sollten Verluste aufgefangen und Investitionen in neue Geschäfte finanziert werden, hieß es.

Das frische Kapital solle nicht nur Schuldentilgung und Abschreibungen auf das inzwischen viel zu große Messegelände ermöglichen, sondern auch Spielraum für Investitionen in neue Geschäfte bringen, hieß es. Die Messegesellschaft habe 2008 nach Angaben aus Unternehmenskreisen einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe gemacht, dieses Jahr dürfte ähnlich ausfallen und das nächste noch schlechter, schreibt die Zeitung. Das größte Messegelände der Welt lasse sich kaum noch voll auslasten, die Kosten bleiben dagegen hoch, und bis heute muss das Unternehmen finanzielle Lasten aus der Modernisierung zur Expo 2000 tragen.

DENNOCH POSITIVES FAZIT

Raue zog dennoch ein positives Fazit: Die CeBIT sei der "Fels in der Brandung". Sie sei die größte IT-Messe der Welt, viele andere Messen dieser Art gebe es gar nicht mehr. Die CeBIT sei in diesem Jahr "sehr effizient" gewesen. Die Zahl der Fachbesucher sei gestiegen, viele Unternehmen verließen Hannover mit vollen Auftragsbüchern.

Ins gleiche Horn stieß der Präsident des Branchenverbandes BITKOM, August-Wilhelm Scheer: "Wirtschaftskrise hin oder her - diese Messe war für die übergroße Mehrheit der Unternehmen ein voller Erfolg." Die große Mehrheit der Fachbesucher sei mit sehr konkreten Kauf- und Investitionsabsichten nach Hannover gekommen. "Gerade weil die Reisebudgets knapp sind, wurde der Messebesuch in vielen Firmen gut vorbereitet."

Die Hightech-Industrie sieht sich von der Wirtschaftskrise nicht so stark betroffen wie zum Beispiel die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Informations- und Kommunikationstechnik (ITK) könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, die Krise zu bewältigen. Mit ihrer Hilfe könnten Firmen Kosten senken und Geschäftsprozesse verbessern, hieß es. Mit Blick auf den Zusammenbruch der New Economy Anfang des Jahrzehnts meinte Scheer: "Bei der Dot-Com-Krise waren wir die Verursacher, nun sind wir die Löser."

Business-Charakter gestärkt

Stärker denn je richtet sich die CeBIT daher auf IT-Lösungen für Firmen aus. Im nächsten Jahr dürfte sich ihr Charakter als "Business- und Kongressmesse" weiter verstärken. Die Hightech-Schau wird um einen auf dann fünf Tage verkürzt, der CeBIT-Sonntag fällt weg - dadurch sollen die Kosten für die Aussteller weiter sinken.

Der Glanz eines "Terminators" wird 2010 fehlen: Ex-Filmstar Arnold Schwarzenegger, Gouverneur des diesjährigen Partnerstaats Kalifornien, legte einen vielbeachteten CeBIT-Besuch hin - und machte der Branche Mut: "Sieger schauen nach vorne". (dpa/ajf)