Service Center in der Kritik

Call-Center: Jung und unprofessionell

13.02.2008
Das Image der Call-Center-Branche haben nicht nur skrupellose Outbound-Center vermiest: Preisdumping, Billiglöhne, Qualitätsdefizite und Management-Fehler tun ein Übriges.

Die Unterschiede in der Wahrnehmung könnten kaum größer sein. Während sich die Call-Center-Betreiber als Wegbereiter, Motor oder Zentrum einer sich entwickelnden Dienstleistungsgesellschaft sehen, fühlen sich die meisten Nutzer von den Anrufzentralen genervt und belästigt. Das zeigt auch eine Umfrage der COMPUTERWOCHE unter ihren Lesern, die zum Teil entsetzt auf die Leistungen der Call-Center reagierten. Zwar erheben in der Regel vor allem die Unzufriedenen ihre Stimme, während die Zufriedenen guten Service still goutieren. Doch die Kritik zeigt ein Muster, dass die Betreiber ernst nehmen sollten. Die Vorwürfe wiederholen sich:

Lange Wartezeiten nerven

So viel Geduld wie Uwe P., Stuttgart, haben wenige: "Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Support für eine fehlerhafte DSL-Verbindung telefonisch erreichen konnte. Der erste Versuch scheiterte, weil die Verbindung während meiner Wartezeit gekappt wurde. Auch im zweiten Anlauf musste ich mich eine kleine Ewigkeit gedulden. Insgesamt habe ich über 30 Minuten gewartet. Immerhin hat mich der technische Support sehr gut beraten."

Ein gutes Call-Center erkennt man bereits, bevor der erste Agent sich meldet. Lange Wartezeiten sind unprofessionell. Zwar erwartet niemand, dass sein Anruf sogleich entgegengenommen wird, doch die Zeit in der Warteschleife füllen gute Anbieter entweder mit Informationen oder mit einer Vorqualifizierung der Anrufenden aus. "Kunden, die Call-Center anrufen, haben oft bereits ihre Kundennummer zur Hand", berichtet etwa eine Call-Center-Beraterin. "Die Nummerneingabe per Tastatur ist antiquiert. Technisch aktuelle Sprachportale erkennen gesprochene Ziffernblöcke." Auch die Integration von IT und TK müssten Call-Center beherrschen. Ein durchgestellter und vorqualifizierter Anrufer sollte vom Agenten persönlich mit Namen begrüßt werden können. Ein integriertes CRM-System präsentiert dem Call-Center-Agenten Vertragsdaten und Kontakthistorie des Gesprächspartners am Bildschirm. Leider ist eine solche Ausstattung keinesfalls gang und gäbe: "Ich musste zur schnelleren Zuordnung meine Kundennummer per Tastatur eingeben. Nun raten sie mal, wonach der freundliche Servicemitarbeiter dann als erstes gefragt hat?", fragt ein genervter COMPUTERWOCHE-Leser: "Nach meiner Kundennummer!"

Der ruinöse Preiswettbewerb in der Branche sorgt für einen Qualitätsverfall. Den Anbietern fehlt das Geld für moderne Technik. Der Mangel bremst ausführliche Hilfe und zuverlässige Problemlösung: "Das Problem scheint mir, dass Informationen nicht in einem zentralen CRM-System gespeichert werden", vermutet Matthias G. aus Lüneburg nach mehreren ernüchternden Gesprächen mit verschiedenen Call-Centern.

Betroffen seien vor allem kleine Call-Center, wiegelt hingegen Ole Wegner ab, Geschäftsführer von Freenet Customer Care: "In den Call-Centern, die wir kennen oder die wir betreiben, ist die IT-TK-Integration Realität." Freenet plane bereits den nächsten Schritt, Briefe, Faxe und E-Mails unmittelbar nach Eingang ins System einzupflegen.

Agenten sind unfreundlich

Samuel L., Schriesheim: "Unzählige Anrufe bei Freenet haben nichts gebracht. Die Antworten auf das gleiche Problem waren immer andere. Die Mitarbeiter waren inkompetent, die Antworten zum Teil sehr unfreundlich. Am meisten beeindruckte mich immer wieder die Frechheit mancher Freenet-Mitarbeiter." Das sind Ausnahmen, meint zumindest Freenet-Manager Wegner: "Klar gibt es solche Fälle. Im Durchschnitt ist das Niveau unserer Mitarbeiter aber extrem hoch", betont der Leiter des Freenet-Call-Centers. Mehr als andere Wettbewerber investiere man in Aus- und Fortbildung. "In der Branche werden wir als Benchmark betrachtet", wirbt Wegner.

Freenet ist schon früher in die Schusslinie geraten, weil Agenten ihre Arbeitsbedingungen und Entlohnung anprangerten. Schon im November 2003 berichtete die Tagesszeitung "Kieler Nachrichten" über einen Stundenlohn von fünf Euro in den Freenet-Call-Centern. Das Arbeitsamt vermittle wegen der dürftigen Bezahlung keine Arbeitslosen mehr an Freenet, hieß es damals. Unter solchen Umständen ist mangelnde Motivation kein Wunder. Freundlichkeit hat ihren Preis, das weiß auch Wegner: "Wir haben hochwertige Arbeitsplätze im Zentrum von Kiel. Unsere Mitarbeiter sind fest angestellt mit guter sozialer Absicherung, und wir bilden aus." Das Gehalt setze sich aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammen. Letzterer werde abhängig von der Qualität je Team ausgezahlt. Dazu bittet Freenet beispielsweise die Kunden nach einem Agentengespräch um Benotung. Außerdem wertet der Betreiber Antwortschreiben der Agenten inhaltlich und formal (etwa Rechtschreibfehler) aus, ebenso die Problemlösungsquote.

Dennoch: Call-Center-Agenten sind keine Topverdiener. Das Gehaltsniveau entspricht etwa dem eines Einzelhandelskaufmanns, etwa 1000 Euro brutto heißt es in Branchenkreisen. "Ich zahle das ortsübliche Gehalt, so dass die Mitarbeiter ordentlich davon leben können", sagt Rainer Jacob, Geschäftsführer des Call-Center-Betreibers CMS in Dresden. Die Stundenlöhne lägen etwa auf dem Niveau des kürzlich in der Postbranche vereinbarten Mindestlohns.

Die Mitarbeiter sind inkompetent

Matthias G., Lüneburg: "Vor einiger Zeit häuften sich die Anrufe von Providern, die uns DSL-Anschlüsse verkaufen wollten. Die Agenten wussten offenbar nur, dass die angerufenen Haushalte noch nicht über einen DSL-Anschluss verfügten. Weder hatten sie die Kundennummer noch eine Historie früherer DSL-Verkaufsgespräche vorliegen. Dass in unserem Wohngebiet kein DSL-Anschluss aufgrund der Glasfaserverkabelung möglich war, hatte den Call-Center-Agenten offenbar niemand gesagt. Damals ließ sich DSL nur über Kupferleitungen betreiben. Die Agenten waren in der Regel bemüht, aber hilflos, weil ihnen wichtige Informationen fehlten."

Nicht selten bedienen Agenten mehrere Auftraggeber, die Anrufer kommen daher mit unterschiedlichen Anliegen auf sie zu. Gute Call-Center investieren viel in die Ausbildung und Fortbildung ihrer Agenten. Die Branche hat sogar mittlerweile den Ausbildungsberuf des "Kaufmanns Dialogmarketing" etabliert. Doch alle guten Ansätze helfen wenig, wenn die Agenten keinen Zugang zu Daten haben. Das ist zum Teil systembedingt, weil externe Call-Center nicht auf die Datenbanken ihrer Kunden zugreifen können, die übermittelten Datenbestände lückenhaft oder die Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Anwendungen nicht kompatibel sind. Aber selbst interne Kundenzentren müssen ohne integrierten Datenbestand Beratungsgespräche führen. Besonders eklatant ist die Situation bei den TK-Anbietern. Sie pflegen für Festnetz-, Mobilfunk- und DSL-Kunden unterschiedliche Datenstämme. Die Agenten müssen am Bildschirm zwischen den Datenbanken hin- und herschalten. Auch vielen Versandhändlern und Energieversorgern ist die Datenintegration ein Fremdwort, berichtet ein Call-Center-Betreiber. Der Zustand ist oft den Machtkämpfen in den Unternehmen geschuldet. Marketing, Fachabteilungen und Kundenbetreuung pflegen ihre eigenen Fürstentümer und geizen mit gegenseitiger Unterstützung. Den schwächsten Stand hat in der Regel der Kundenservice, weil er keinen Umsatz erzielt, sondern nur Geld kostet. Da passiert es schon einmal, dass eine Telekom-Kundin, die eigentlich ihren DSL-Vertrag anpassen wollte, eine Mitteilung bekommt, ihr Anschluss werde nun von ISDN auf analog umgestellt.

Die Agenten werden zwischen Machtkämpfen und Pfennigfuchserei der Auftraggeber sowie dem Unvermögen der Call-Center-Betreiber zerrieben: "Die Branche ist in den vergangenen Jahren schnell gewachsen", beschreibt Manfred Stockmann, Präsident des Branchenverbands Call Center Forum (CCF), das Problem." Wir haben ein Qualitätsproblem im mittleren Management. Außerdem sind die Organisationsstrukturen nicht mitgewachsen."

Probleme werden nicht gelöst

Sabine R., Düsseldorf: "Ich habe im Call-Center angerufen, um eine Störung in der Kabel-Flatrate beheben zu lassen. Der erste und zweite Anruf brachte keine Besserung, der dritte Versuch nur kurzzeitig. Die Ratschläge waren jeweils identisch: Ich sollte erst ein Software-Reset des Modems, danach ein Hardware-Reset vornehmen. Hat beides nichts gebracht. Dann sollte die Trennung aller Geräte vom Stromnetz für zirka eine Minute das Problem beheben – auch das hat nichts gebracht. Im vierten Anruf verriet mir die anfangs freundliche Dame, dass das alles eigentlich gar nicht nötig sei, weil sie von ihrem Arbeitsplatz aus auf das Modem zugreifen könne. Allerdings liege keine Störung vor. Ich solle mich an einen anderen Kundenservice mit 0900- Nummer wenden, der die Störung im Betriebssystem suchen werde."

Was die Agenten nicht am Bildschirm lösen können, bleibt meistens liegen. Die Abläufe für die Kundenbetreuung reichen selten über die Grenzen des Call-Centers hinaus. Immer dann, wenn beispielsweise Techniker oder Experten aus anderen Unternehmen ins Spiel kommen, hakt es an den Schnittstellen. Das gilt beispielsweise für die derzeit vielen DSL-Neukunden und –Wechsler. Die alternativen Carrier ohne eigene Infrastruktur müssen darauf vertrauen, dass die Telekom die Leitung freischaltet. Vergleichbares gilt für Probleme mit dem DSL-Zugang. An der Lösung sind unterschiedliche Mitarbeiter aus konkurrierenden Firmen beteiligt. Die Voraussetzungen für einen nahtlosen Workflow im Sinne der Kundenhilfe sind damit denkbar schlecht.

"Once and done" heißt die Zauberformel, mit der die Branche punkten möchte. Ein Anruf, und der Kunde ist abschließend versorgt. Dazu bedarf es aber sicherer Prozesse, gut ausgebildeter Agenten und eines hohen Qualitätsanspruchs des Auftraggebers. So lange die Unternehmen ihre Kunden von den Call-Centern betreuen lassen, die am günstigen anbieten, wird sich am der Güte der Anrufzentralen wenig ändern. Mit Kopfschütteln quittieren Marktbeobachter beispielsweise eine Aktion der Deutschen Telekom, in der Call-Center-Kapazitäten an den günstigsten Anbieter abgegeben wurden. Einsparungen bieten sich nur kurzfristig, weil Mehrfachanrufe der Kunden auf Dauer teurer sind.

Call-Center sind aufdringlich

Torsten S., Unterschleißheim: "Der Anruf kam gegen 18.30 Uhr. Der Call-Center-Agent stellte die Standardfragen: Sind Sie bei der Telekom? Wollen Sie nicht weniger zahlen? Ich verneinte. Es folgte die übliche Argumentation inklusive der Standard-Suggestivfragen. Auf Nachfrage, wie das Call-Center an meine Telefonnummer gekommen sei, sagte man mir, dass ich an einem Gewinnspiel mitgemacht habe. Auf die Bitte, meine Telefonnummer aus der Datenbank zu löschen, kamen nur Ausflüchte. Nach 20 Minuten Diskussion legte die Mitarbeiterin ohne weitere Worte auf."

Lästig sind Outbound-Call-Center, denn sie rufen an. Viele dieser Einrichtungen arbeiten am Rande der Legalität, denn erlaubt sind nur Anrufe, denen der Kunden zuvor zugestimmt hat. "Den Betreibern war klar, dass die Kaltakquise verboten ist", beschreibt ein ehemaliger Teamleiter eines Outbound-Centers die übliche Masche zum Kundenfang. "Sie haben Adressen gekauft. Am Telefon wurde den Kunden gesagt, sie hätten an einem Preisausschreiben teilgenommen." Kontrollieren könne das ohnehin niemand.

Das Call-Center ist mittlerweile pleite, doch zumindest vorübergehend lief das Geschäft mit dem Verkauf von Lotterielosen ganz gut, berichtet der Ex-Mitarbeiter. Für die Chefs sei die Rechnung aufgegangen, sie hätten ohnehin nur das schnelle Geld gesucht. Die Agenten wurden dürftig bezahlt. Zum Teil haben sie einen fixen Stundenlohn von sechs Euro plus Provision erhalten. Viele wurden vom Betreiber jedoch als Selbständige ohne Fixum beschäftigt.

Vor allem diesen schwarzen Schafen ist der schlechte Ruf der Branche zu verdanken. Allerdings müssen sich seriöse Betreiber darauf einstellen, sich dauerhaft mit dieser unliebsamen Konkurrenz auseinanderzusetzen. Anders als in Branchen wie Maschinenbau oder Finanzdienstleistungen gibt es im Call-Center-Markt praktisch keine Markteintrittsbarrieren. "Mit einem Kleinkredit kann jeder ein Call-Center aufbauen, die Anlagen sind schnell installiert", schimpft CMS-Geschäftsführer Jacob. Man brauche lediglich ein Büro, ein Telefon, einen PC mit Outlook und einen Auftraggeber. Läuft das Geschäft nicht, wird es wieder geschlossen. "Eines schönen Morgens ging ich zur Arbeit, und es war einfach niemand mehr da: Kein Chef, keine Sekretärin, keine Einrichtung – nichts", berichtet eine geprellte Agentin auf der Web-Seite schuldnerberatung.de. "Ich habe Anzeige bei der Polizei erstattet. Dabei hat sich herausgestellt, dass das Call-Center mich weder bei der Krankenkasse noch bei der Rentenversicherung angemeldet hat."

Call-Center beuten ihre Mitarbeiter aus

Kerstin S., Dresden: "Ich habe für ein Outbound-Center Zeitschriften und Bücher verkauft. Die Mitarbeiter wurden allesamt als freie Handelsvertreter beschäftigt. Nur in der Einarbeitungszeit gab es einen festen Stundenlohn von fünf Euro, danach wurden wir bloß noch auf Erfolgsbasis bezahlt. Bei meiner Einstellung hieß es, man könne zwölf bis 13 Euro die Stunde verdienen. Ich habe etwa sieben bis acht Euro geschafft. Einige Mitarbeiter mussten sich mit einem Stundenlohn unter fünf Euro begnügen." Die Branche ist in eine preisliche Abwärtsspirale geraten und gibt den Druck an ihre Angestellten weiter. Das gilt nicht nur für Raubritter, die mit ihren Call-Centern schnelles Geld verdienen wollen, sondern auch für seriöse Anbieter. Im Inbound-Geschäft, also bei der Anrufannahme von Kundengesprächen, wird die Produktivminute eines Agenten derzeit für 38, zum Teil auch für 36 Cent verkauft. Pro Stunde können Mitarbeiter etwa 42 bis 48 Minuten telefonieren, nur diese Zeit bezahlen die Auftraggeber. Im ungünstigen Fall erlösen die Call-Center also rund 15 Euro pro Stunde. Davon müssen sie den Agenten, das Management, die Betriebskosten und Investitionen in die Technik bezahlen. Wen wundert es da, dass die Betreiber beim Gehalt geizen und den Einfluss der Gewerkschaften scheuen. Bis heute konnte beispielsweise die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht in der Call-Center-Branche Fuß fassen.

Einige Anbieter haben mit der Auslagerung der Arbeitsplätze in Niedriglohnländer reagiert. Eine besondere Rolle spielt zudem Istanbul, wo die Anbieter zweisprachig aufgewachsene Türken einstellen. "Das Nearshore-Thema wird übertrieben dargestellt", winkt CCF-Präsident Stockmann ab. Seiner Einschätzung zufolge bedienen weniger als 10.000 ausländische Agenten deutsche Kunden.

Problematisch ist der Teufelskreis aus Preisdumping der Anbieter, Kostendruck der Kunden und kurz laufenden Verträgen. Die großen und etablierten Anbieter drücken die Preise, weil sie von wenigen großen Kunden abhängig sind. Laufen die Abkommen aus, deren Laufzeit sich oft nur über Monate erstreckt, geraten die Call-Center-Betreiber in Zugzwang. Sie müssen den Kunden behalten, um die aufgebaute Belegschaft weiter beschäftigen zu können. Die Auftraggeber wiederum betonen zwar die Qualität in der Kundenbetreuung. Den Erfolg ihrer Einkäufer für Serviceleistungen bewerten sie in der Regel aber an finanziellen Kenndaten und nicht anhand der Servicequalität.

Der Ausweg aus der Spirale führt nur über gute Leistung: Auftraggeber müssen Qualität nachfragen, die Betreiber müssen sie liefern. "Schwarze Schafe können wir nicht verhindern. Auch in anderen Branchen gibt es Gesetzesbrecher. Was mich ärgert, sind die schlechten Kampagnen etablierter Anbieter. Hier haben wir noch ein Qualitätsproblem", schimpft Stockmann. Gut gemeinte Aktionen wie das einheitliche Gütesiegel von Call-Center-Forum und DDV (Deutscher Direktmarketing Verband e.V.) allein bringen nichts, wenn die Call-Center einen schlechten Job machen.

Qualität zahlt sich aus

Tomothy S., Kaiserslautern: "Die Call-Center-Agenten hatten Zugriff auf frühere Korrespondenz und konnten Protokolle über ältere Maßnahmen einsehen. Die Probleme wurden immer zuverlässig und in angemessener Zeit gelöst. Aufgrund des guten Service bleibe ich dem Unternehmen treu." Eine gute Betreuung zahlt sich aus, denn einen verlorenen Kunden zurückzugewinnen ist ungleich teurer, als ihn zu halten. Das wissen auch die Auftraggeber, und viele zahlen auch für Qualität. Minutenpreise von 60 Cent bis ein Euro für Call-Center-Leistungen sind keine Seltenheit. "Preisdrücker sind vor allem die Telekommunikationsanbieter und Mobilfunkunternehmen, die unter enormem Wettbewerbsdruck stehen. Andere Auftraggeber lassen sich Qualität etwas kosten", schildert Stockmann.

Auch Call-Center-Betreiber scheren aus der Preisspirale aus. "Ich brauche einen Umsatz von 30 bis 35 Euro pro Stunde. In vielen Ausschreibungen habe ich damit das Nachsehen", berichtet CMS-Geschäftsführer Jacob. "Die Branche muss in Qualität investieren, sonst können wir die Kunden nicht mit deutschen Mitarbeitern bedienen. Das Qualitätsbewusstsein steigt."

Das schlägt sich auch auf die Angestellten nieder, die zwar nicht auf rapide steigende Löhne, aber zumindest auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen dürfen. "Wir haben einen Betriebsrat und Betriebsärztin. Brillenträger bekommen Zuschüsse. Die Arbeitsplätze sind gut ausgestattet", schildert Chris B. aus Dresden ihr Arbeitsumfeld. "Ich kann eigentlich nichts Negatives berichten. Nur Outbound würde ich nicht machen wollen. Das finde ich gruselig."

Auf jeden Fall lohnt die Investition in die Mitarbeiter. Marcus E. aus München konnte mit einem Anruf im Call-Center zwar nicht sein PC-Problem lösen, beendete das Gespräch aber dennoch zufrieden: "Die Call-Center-Mitarbeiterin war sehr freundlich und hilfsbereit. Besonders nett fand ich die ehrliche Antwort auf die Frage, wie ich denn das Autoupdate-Tool des Asus-PC zum Laufen brächte: ´Schmeißen Sie das blöde Autoupdate lieber runter. Das ist totaler Schrott und wird Ihnen nur Ärger bereiten."

Jobmotor Call-Center

  • In deutschen Call Centern waren zum Jahresende 2007 laut Branchenverband Call Center Forum (CCF) 420.000 Mitarbeiter beschäftigt. Das sind 20.000 mehr als noch vor Jahresfrist.

  • Ende des Jahres werden die Betreiber rund 450.000 Mitarbeiter haben.

  • Zurzeit kann die Bundesagentur für Arbeit etwa 5.200 offene Stellen nicht besetzen.

  • In Deutschland gibt es rund 5.700 Call Center.

  • Vor allem der deutsche Mittelstand baut derzeit Kapazitäten auf. Für den Kundenservice richtet er kleine Anrufzentralen mit acht bis zehn Mitarbeitern ein.

  • Inbound-Kapazitäten werden derzeit für minimal 36 Cent pro Minute gehandelt. Durchschnittlich telefoniert ein Agent etwa 40 bis 48 Minute pro Stunde.

  • Das Call Center Forum arbeitet mit dem zweiten Branchenverband DDV (Deutscher Direktmarketing Verband e.V.) an einem einheitlichen Qualitätssiegel und Ehrenkodex.

  • Ab April starten die Verbände ein Beschwerde-Portal für Agenten und Kunden.

  • 86 Prozent der Bevölkerung fühlen sich laut Forsa-Umfrage durch unlautere Werbeanrufe belästigt. Die Verbrauchschützer fordern ein schärfere Gesetze: Verträge ohne schriftliche Bestätigung sollen nicht rechtskräftig sein.