Mobiles Arbeiten

Business Apps – Patentrezept für Prozessbeschleunigung?

29.07.2014 von Lars  Keller und Peter Nowak
IT-Verantwortliche sehen Business Apps inzwischen häufig als ideale Werkzeuge für schnelle und flexible Geschäftsprozesse. Diesen Anspruch erfüllen standardisiert programmierte Anwendungen allerdings oft nicht. Für den erhofften Erfolg muss eine App spezifisch auf die Unternehmens-IT zugeschnitten sein – genauso wie auf ihre User. Wir zeigen, worauf es im Entwicklungsprozess ankommt.
Foto: H&D International Group

Unternehmen erkaufen sich durch Business Apps hauptsächlich Zeit und Flexibilität. Beide Faktoren sind nicht selten ausschlaggebend für Projekterfolge und bringen gegenüber Wettbewerbern den entscheidenden Vorteil. Der reibungslose App-Einsatz im Unternehmen ist dafür allerdings Grundvoraussetzung. Dazu bedarf es des perfekten Zusammenspiels von Anwendung und Unternehmens-IT. Hier ist die Zusammenarbeit mit Dienstleistern für App-Entwicklung, die über einen entsprechenden IT-Background verfügen, besonders hilfreich. Auf dem Weg zur eigenen Business App stehen sie nicht nur als Entwickler, sondern auch als Berater bei allen Etappen im Entwicklungsprozess zur Seite.

Aufgabe der App klar definieren

Pro App nur eine Aufgabe im Fokus: Das bloße Abbilden aller Funktionen einer Anwendung taugt im mobilen Kontext nicht per se als Prozessbeschleuniger. Apps bestechen durch ihre Leichtigkeit, indem sie Prozesse radikal entschlacken, oder sich von vornherein nur auf Teilprozesse beziehen. Zu viele Anforderungen und Möglichkeiten überfrachten sie und machen sie letztlich unhandlich. Empfehlenswert sind daher mehrere kontextbezogene Apps, wie sie beispielsweise SAP anbietet. Wollen Firmen individualisierte Business Apps für sich nutzen, müssen sie sich im Vorfeld konkret klar machen: Was soll sie leisten? Welche Prozesse eigenen sich überhaupt für mobile Anwendungen, welche sind im Vorfeld zu redesignen und wo besteht Optimierungspotenzial?

Mobile Device Management als Basis für App-Einsatz

Business Apps sind nur bei einem ganzheitlichen Mobile Device Management (MDM) sinnvoll. Unternehmen sollten daher frühzeitig klären, welche Strategie sie verfolgen wollen. Existiert im Betrieb bereits ein effektives MDM mit Richtlinien zu Nutzung, Datenschutz und Sicherheit? Können Mitarbeiter ihre privaten Endgeräte nach dem BYOD-Konzept (Bring your own Device) auch beruflich nutzen? Oder stellt das Unternehmen Geräte über COPE (Corporate Owned Personally Enabled) bereit?

Jedes dieser Nutzungskonzepte erfordert angepasste Maßnahmen für den Umgang mit Daten oder Zugangsberechtigungen. Bei COPE haben Unternehmen einen entscheidenden Vorteil: Sie grenzen die Vielfalt der Geräte ein und vereinfachen dadurch den administrativen Verwaltungsprozess. Zudem behalten sie die volle Kontrolle über den unternehmensspezifischen Bereich der Geräte, so dass Compliance- und Sicherheitsthemen wesentlich besser zu managen sind. Die nötige Privatsphäre gewährleistet hier die strikte Trennung von privaten und beruflichen Daten.

Bei BYOD müssen Unternehmen verstärkt über unternehmensinterne Sicherheitsanweisungen und Security-Richtlinien arbeiten, um zumindest ein Minimum an (Rechts-)Sicherheit zu erreichen. Im Gegensatz zu COPE ist bei BYOD in jedem Fall nur eine Teilkontrolle der Geräte realisierbar. Homogene Administrationsanforderungen sind hier nur schwer zu verwirklichen.

Auch Überlegungen zur Verteilung der App im Unternehmen - beispielswiese über einen Enterprise App Store - gehören zu einem ausgereiften MDM-Konzept als Teil einer ganzheitlichen EMM-Strategie (Enterprise Mobility Management). Sie umfasst sämtliche Aspekte zu Verwaltung und Einsatz von mobilen Endgeräten sowie zugehörige Daten, Applikationen und Services im Unternehmen.

Anpassung an Unternehmens-IT

Ohne Zugang zum Backend der Unternehmens-IT klappt es nicht. Daher ist es von Belang, wie homo- oder heterogen die Hardware-Landschaft aufgestellt ist und auf welche Anwendungen und Systeme die App zugreifen soll. App-Entwickler müssen außerdem wissen, auf welchen Betriebssystemen die App später läuft: iOS, Android oder Microsoft?

Ebenso interessant ist die Frage, ob die App auf mehrere dieser Plattformen ausgelegt sein soll. Das Stichwort lautet hier "hybride App". Ansatzpunkte für die Entwickler ergeben sich dabei aus den verfügbaren APIs (Application Programming Interface) wie REST Services via HTTP und JSON, WCF oder WebServices.

Je nach Hersteller wie beispielsweise SAP sind die notwendigen APIs nicht immer offen und kostenfrei. Das Lizenzmanagement und eventuell aus dem Lizenzerwerb entstehende Kosten sollten im Vorfeld entsprechend einkalkuliert sein. Hat das Unternehmen Anpassungen an Standardsoftware vorgenommen oder setzt eigene Individualsoftware ein, sollte es einen Dienstleister auswählen, der entsprechende Backend-Erfahrung in das Projekt einbringt.

Gleiches gilt für das Zusammenspiel von neuer App und restlicher IT-Landschaft: Gerade Business-Apps sollten die vorhandene IT-Landschaft ergänzen und unter Umständen sogar mit ihr harmonisieren - nicht zusätzliche Heterogenität verursachen.

Hier wird klar, warum es häufig nicht ausreicht, einen rein auf Design ausgelegten Dienstleister mit der Entwicklung zu beauftragen und das Wissen eines erfahrenen IT-Systemintegrators zählt: In vielen Fällen benötigt die Infrastruktur eine Optimierung. Vielleicht muss erst ein Webdienst erstellt werden, der die Daten aus verschiedenen Systemen bündelt, um sie an die App weiter zu geben. Dieses Verfahren spart beispielsweise Kommunikationszeit und -volumen, da die Aggregation nicht auf dem Endgerät läuft.

Auch Konzepte wie Single Sign-On (SSO) können von Interesse sein. Sie minimieren den administrativen Overhead und vereinfacht Föderationsszenarien, was wiederum dem Anwender zu Gute kommt. Die Offlinefähigkeit von Apps durch ein smartes Daten-Caching sollten IT-Verantwortliche ebenfalls in Betracht ziehen. Eine App, die nur online funktioniert, ist im Business-Umfeld ein No-Go.

Sicherheit im Blick behalten

Mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen bedrohen bei Datenverlusten die unternehmerische Existenz. Das gilt auch für Apps. IT-Verantwortliche sollten bereits von Anfang an Compliance- und Datenschutz-Richtlinien im Blick haben. Eine sichere Verschlüsselung der Daten gehört zum Standard. Rahmenbedingungen in puncto Authentifizierung, Autorisierung und Rechtemanagement müssen beachtet werden.

So gilt es beispielsweise zu regeln, welche Daten die Anwender in der App verarbeiten dürfen und wie lange diese auf dem Endgerät gespeichert bleiben. Das ist besonders für CRM-Systeme sinnvoll, da ein Vertriebsmitarbeiter seine Kundendaten beim Verlassen des Unternehmens auf diese Weise nicht mitnimmt. Sicherheitsrichtlinien für den späteren Betrieb sind im MDM-Konzept und den generellen Security-Regeln im Unternehmen zu verankern.

Design-Knackpunkt Usability

Ein cleveres User Interface (UI) sorgt für die Usability und damit auch für eine positive User Experience. In der Gestaltung des UI liegt der eigentliche Knackpunkt der Entwicklung. Nur ein übersichtliches, intuitiv verständliches Business UI gewährleistet die Akzeptanz beim Endnutzer und bringt die gewünschte Effizienz. Eine gute App bricht einen komplexen Vorgang auf seine eigentliche Essenz herunter. Sie bietet zum jeweiligen Prozessfortschritt nur die Informationen, die der Anwender gerade benötigt. Hier gilt das Motto: Weniger ist mehr!

Zur Kommentierung des Tickets zeigt die Tablet-App nur die relevanten Optionen und Eingabemöglichkeiten.
Foto: H&D International Group

Eine Anwendung für das Ticket-Management enthält in der Desktop-Variante diese in der Regel für jedes Ticket zahlreiche Gestaltungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten. Die mobile Variante hingegen bietet zur Bearbeitung eines Tickets maximal lediglich zwei oder drei Optionen. Zu wissen, welche konkreten Rechte oder Informationen der "Supporter" zu einem bestimmten Zeitpunkt braucht und welche nicht, ist entscheidend. Hier arbeiten Unternehmen und App-Entwickler so eng wie möglich zusammen.

Sind im Betrieb gleichzeitig Endgeräte mit verschiedenen Betriebssystemen im Einsatz, sollten Entwickler die unterschiedlichen Nutzerführungen und Bedienweisen der Endgeräte immer berücksichtigen. Beim Design der UI spielt die Plattform eine wesentliche Rolle: Eine App ist genau dann gut, wenn sie aussieht und sich verhält wie die ihr zugrunde liegende System-Applikation. Sie nutzt die gleiche Designsprache, aber auch das "Look and Feel".

Agiler Entwicklungsprozess für Teamplayer

Teamplayer kommen schneller zum Ziel. In dieser Phase tauschen sich im Idealfall Auftraggeber und Dienstleister kontinuierlich aus und geben konstruktives Feedback. Dafür eignet sich am besten ein agiler Entwicklungsprozess im Zusammenspiel mit regelmäßigen Kundenpräsentationen und im Vorfeld festgelegten Meilensteinen. So sind noch während der Entwicklung entstehende Änderungswünsche leichter und schneller umzusetzen, als bei einem komplett fertigen Produkt.

Ergänzend ist es empfehlenswert, auch Mitarbeiter aus der IT-Abteilung des Unternehmens in den Prozess einzubinden. Die enge Zusammenarbeit in einem solchen agilen Vorgehensmodell sorgt für Zeitersparnis und kann die Budget-Kontrolle erleichtern.

Probelauf mit Friendly User Tests

Hier kommt es zur Bewährungsprobe: Vor dem eigentlichen Einsatz im laufenden Betrieb steht ein umfangreiches Testing der fertigen App an, um auch die letzten Bugs ausfindig zu machen. Jetzt zeigt sich abschließend, wie glatt die Interaktion zwischen ihr und der restlichen IT-Infrastruktur funktioniert.

Hier liegt der Vorteil in der agilen Entwicklung und dem engen Austausch mit dem Kunden. Je besser die Zusammenarbeit, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass es hier zu gravierenden Problemen kommt. Die Friendly User Tests sind wichtig, um logische Fehler vor einem großen Rollout zu beseitigen. Je reibungsloser die App schließlich läuft, desto größer ist ihre Akzeptanz bei den Mitarbeitern.

Wartung im Betrieb berücksichtigen

Updates sichern einen nachhaltigen Einsatz. Regelmäßige Aktualisierungen der eigenen Systeme gehören zum Business-Alltag und sind gerade im Hinblick auf Sicherheit unerlässlich. Demzufolge benötigt auch der Release-Stand einer App regelmäßige Anpassungen, um langfristig im Einsatz zu bleiben. Hier regeln Wartungsverträge mit den Entwicklern die kontinuierliche Aktualisierung der Anwendung über Updates sowie die Handhabung von Notfällen. (mb)