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Bundestag gestaltet Internet-Auftritt neu

12.08.2009
13 Jahre nach seiner Premiere im Internet präsentiert sich der Bundestag jetzt mit einem modernisierten Online-Auftritt.

Im Mittelpunkt des optisch und inhaltlich überarbeiteten Angebotes unter www.bundestag.de stehen bewegte Bilder, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert am Mittwoch in Berlin. So würden die Besucher jetzt bereits auf der täglich aktualisierten Startseite über die Themen des Tages informiert. Dazu zähle während der Sitzungen auch eine Verlinkung auf laufende Bundestagsdebatten und Ausschusssitzungen, die alle live im Netz übertragen werden sollen. Nach der Bundestagswahl am 27. September sollen zudem noch in der Nacht alle biografischen Angaben der neuen Mitglieder des Bundestages aktualisiert abrufbar sein.

"Die Besucher sollen so leicht und umfassend wie möglich Zugang zu allen Inhalten erhalten", sagte Lammert. Dazu zählten auch die Archivdatenbanken und Online-Petitionen. "Optisch haben wir uns bei der Gestaltung der Seite bemüht, eine einheitliche Linie mit reduzierten Farben und einer neuen Typographie umzusetzen", sagte Maika Jachmann, verantwortliche Mitarbeiterin für die Online-Dienste des Bundestages. "Wir wollen mit unserer Seite nicht mit Unterhaltungsangeboten im Netz konkurrieren", betonte Lammert. "Deshalb haben wir auf überflüssigen Schnickschnack verzichtet." Die Kosten für die umfassende Überarbeitung der bestehenden Internetseite bezifferte eine Sprecherin auf 300.000 Euro.

Gregor Hackmack, Mitgründer des Internetportals Abgeordnetenwatch.de, begrüßte die überarbeitete Homepage. "Das Redesign ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagte er laut Mitteilung. Positiv falle das zeitgemäßere Design und die übersichtlichere Navigation ins Auge. Auch die Videofunktion mache die Seite spannender und attraktiver. Kritisch sieht er dagegen den Verzicht, über die Homepage mit den Bürgern in einen Dialog zu treten. www.bundestag.de bleibe somit eine Einbahnstraße der Kommunikation.

Seit 1996 ist der Bundestag mit einer eigenen Seite im weltweiten Datennetzwerk vertreten. Seitdem wurde die Online-Präsenz zweimal inhaltlich und optisch überarbeitet. Derzeit hat die Website des Parlaments zwischen drei und 3,5 Millionen Besucher im Monat.

Kritik: Neues Design, alte Mängel

Die neuen Internet-Seiten des Bundestages wirken schick, modern und staatstragend. Aber bei wichtigen Themen wie den Nebenverdiensten der Abgeordneten, Parteispenden oder Abstimmungsverhalten sind sie nicht transparenter geworden. "Die Seite hält zwar enorme Daten- und Informationsschätze bereit, diese kann der Bürger aber nicht ohne fremde Hilfe heben", sagt Hackmack.

Abgeordnetenwatch beklagt vor allem, dass viele Informationen wie etwa die Ergebnisse namentlicher Abstimmungen oder Spenden an Parteien in PDF-Dateien vorgehalten würden - gebündelt und sozusagen nur in elektronischer Papierform. Interessierte müssten diese zunächst umständlich suchen und dann von der Webseite herunterladen. "Das Abstimmungsverhalten erwartet der Bürger übersichtlich auf der Profilseite seines Abgeordneten, aber nicht irgendwo in einem PDF versteckt", beklagt Hackmack.

Welches Informationspotenzial in den Tiefen der vom Bundestag veröffentlichten Daten verborgen liegt, zeigen ehrenamtliche Projekte wie www.parteispenden.unklarheiten.de. Dort werden alle Spenden an Parteien innerhalb der letzten Jahre aufgelistet, die mehr als 20.000 Euro betragen haben. Die Online-Datenbank ist einfach durchsuchbar nach Jahren, Spendern, Empfängern. Sie beruht ausschließlich auf den Angaben der Bundestagsseiten - nur ist sie wesentlich benutzerfreundlicher.

Gleiches gilt für www.nebeneinkuenfte-bundestag.de, das Internetangebot einer privaten Medienagentur. Der Webauftritt stellt die Nebeneinkünfte der Abgeordneten detailliert gegenüber. Mit einfachen Sortierfunktionen lässt sich schnell herausfinden, welche Abgeordneten die meisten Vertragspartner haben oder welche Organisationen die meisten Volksvertreter beschäftigen. Auch die Höhe der Nebeneinkünfte wird auf Basis der aktuellen Transparenzregeln aufgeschlüsselt. "Alle diese Daten stehen auch auf den Bundestagsseiten. Nur auswerten oder vergleichen lassen sie sich dort nicht", sagt Henning Wolf, der das Projekt betreut.

Mehr als drei Wochen Arbeit musste ein Mitarbeiter der Agentur investieren, bevor er die Informationen zu den Nebeneinkünften in ein sinnvolles Internet-Format überführt hatte. Die dafür notwendige Zeit und das Wissen hat der Bürger in der Regel nicht. Will er sich über die Nebeneinkünfte auf den Bundestagsseiten informieren, muss er zunächst die Vergütungsstufen in den Abgeordnetenprofilen entschlüsseln und dann selbst rechnen. Das ist umständlich, aber möglich - wenn er denn den entsprechenden Link zu den Erklärungen im Kleingedruckten findet.

Am heutigen Mittwoch hatte das zuständige Bundestagsreferat Onlinedienste nach dem Rebrush noch mit diversen Startschwierigkeiten zu kämpfen. Es haperte zum Beispiel an der Aktualität. Ein Beispiel: Als dpa vergangene Woche aufdeckte, dass einige Abgeordnete Angaben zu Tätigkeiten in Vereinen der Rüstungslobby unterschlagen hatten, wurden Informationen in ihren Profilen des alten Internet-Auftritts nachgetragen. Nach dem Start des neuen Webauftritts fehlten die Angaben bei zwei von ihnen aber erneut. (dpa/tc)