Bundesnetzagentur: Wer kommt nach Kurth?

23.08.2006
Seit geraumer Zeit ist es ein offenes Geheimnis, dass Matthias Kurth schon bald den Posten als Chef der Bundesnetzagentur niederlegen will. Zeit, das Thema Nachfolger zu behandeln…

Chefregulierer Kurth, dessen Vertrag erst 2007 endet, trägt sich mit dem Gedanken, die Bundesnetzagentur schon früher zu verlassen. Der 54-Jährige ist im Gespräch für das Amt des Generalsekretärs der International Telecommunications Union (ITU) in Genf, einer Unterorganisation der Vereinten Nationen. Als einer von sechs Bewerbern hat er gute Chancen, im November für den Posten gewählt zu werden. Nominiert hatte ihn die Europäischen Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation (CEPT)

Die Arbeit bei der Bundesnetzagentur mache ihm viel Spaß und sei "eine sehr spannende Herausforderung", erklärte Kurth im Gespräch mit der "Financial Times Deutschland". Wenn er nach sieben Jahre etwas anderes mache, heiße das nicht, er kneife vor einer schwierigen Aufgabe. Zuvor war Kurth unter anderem Richter und SPD-Staatssekretär im hessischen Wirtschaftsministerium.

Obwohl die Bundesnetzagentur auch für Elektrizität, Gas, Post und Eisenbahnen zuständig ist, hätte ein möglicher Weggang Kurths vor allem im Zusammenhang mit der Regulierung des heimischen TK-Marktes Auswirkungen. So hatte die für Medien zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding am vergangenen Montag einen Vorschlag der von Kurth geleiteten Bundesnetzagentur zum Bitstream-Zugang gutgeheißen. Demnach sollen die Konkurrenten der Deutschen Telekom noch in diesem Jahr Zugang zu den Breitbandnetzen (DSL-, ADSL- und VDSL-Netze) des ehemaligen Staatsmonopolisten erhalten, um auf Basis dieses Vorleistungsprodukts flexible und damit wettbewerbsfähige Angebote zu schnüren. Kurth begab sich damit auf direkten Konfrontationskurs mit der Regierung in Berlin. Diese sah vor, in der geplanten Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) das drei Milliarden Euro teure VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz für eine befristete Zeit von der Regulierung auszunehmen.

Inwieweit ein Nachfolger Kurths den Willen der EU-Kommission Nachdruck verleiht oder aber eher gegenüber der Bundesregierung einlenkt, hängt wohl stark mit dessen Parteizugehörigkeit zusammen. In diesem Zusammenhang wird schon seit längerem spekuliert, dass der CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer bei der Neubesetzung des Chefsessels zum Zuge kommen könnte. Singhammer, der in der TK-Branche als der Telekom nahestehend gilt, ist seit geraumer Zeit Vorsitzender des Beirats bei der Regulierungsbehörde - des Ausschusses, der dem Kabinett mögliche Nachfolger vorschlägt.

Ein Interessent für den Posten soll auch der frühere RegTP-Präsident Klaus-Dieter Scheurle sein, erfuhr die COMPUTERWOCHE aus gut informierten Kreisen. Angeblich ist Kurths Vorgänger bei Credit Suisse First Boston nicht so glücklich und an einer Rückkehr interessiert. Wie in der Branche zu erfahren war, gibt es darüber hinaus noch eine Reihe weiterer Interessenten. Es sei jedoch schwer zu verifizieren, wer davon tatsächlich ein Kandidat sei, sich ins Gespräch bringen wolle oder wer gar von Dritten ins Spiel gebracht werde, um ihn bereits vorab zu diskreditieren, hieß es.

Nach aktuellem Kenntnisstand soll Georg Wilhelm Adamowitsch nicht mehr zur Verfügung stehen. Der frühere Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie war bereits im April als potenzieller Thronfolger Kurths genannt worden. Inzwischen hat der SPD-nahe Politiker jedoch einen Posten in der Industrie angetreten.

Der Verband der Telekom-Wettbewerber VATM plädiert indes dafür, dass Kurth den Posten behalten soll. Angesichts der "Bewertungsspielräume" bei der angeordneten Bitstream-Regulierung, stelle sich die Frage, inwieweit bisherige und anstehende Beschlüsse der Bundesnetzagentur nach einer Neubesetzung des Postens rückgängig gemacht oder anders getroffen werden könnten, erklärte VATM-Pressesprecher Wolfgang Heer. Möglicherweise werde auch die Umsetzung durch einen Wechsel im Haus behindert. So erhebe die EU-Kommission bereits jetzt den Vorwurf, dass die hiesige Regulierungsbehörde durch ihr zweistufiges Verfahren nicht schnell genug agiere, meinte Heer. Andererseits sei Deutschland aus Sicht der Brüssler Behörde zwar nicht das am besten regulierte Land, aber auch nicht das Schlusslicht Europas.

Rainer Lüddemann, Geschäftsführer des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko), betonte, er stimme ungern einen Nachgesang auf jemanden an, dessen Weggang noch in den Sternen stehe. Generell sei Kurth ein hochgradig politischer Präsident, der nicht auf Paragrafen herumreite. Stattdessen schaue er, was politisch durchsetzbar sei. Wenn ein etwaiger Nachfolger ähnlich politisch agiere, wäre es gut. Aktuell weise die Bundesnetzagentur einen hohen Grad an Kontinuität auf. (mb)