CeBIT 2010

Bundeskanzlerin Angela Merkel macht IT zur Chefsache

02.03.2010 von Martin Bayer
Gut gelaunt zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zur CeBIT-Eröffnung. Einen Internet-Minister, so ihre Botschaft an den ITK-Verband Bitkom, werde es nicht geben. Dafür aber steuerliche Entlastungen für die Forschung.

Angela Merkel erteilte der Forderung von Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer, einen Internet-Minister zu benennen anlässlich der Eröffnung der CeBIT 2010 eine Absage. Scheer hatte wenige Stunden zuvor vor der Presse den Wunsch geäußert, eine solche Position innerhalb der Regierung zu schaffen und moniert, die Bundesregierung verfolge keine klare IT-Strategie. Minister würden zu wichtigen ITK-Themen unterschiedliche Standpunkte vertreten, kritisierte der Lobby-Vertreter das Durcheinander in der Politik.

"Seien Sie doch froh, dass sich so viele Minister mit IT-Themen beschäftigen", konterte Merkel mit einem Augenzwinkern. Das sei in den vergangenen Jahren nicht der Fall gewesen. Ein spezieller Internet-Minister sei aus ihrer Sicht nicht die richtige Lösung. Das Wirtschaftsministerium unter Rainer Brüderle sei die geeignete Bündelungsstelle für alle ITK-Angelegenheiten.

Angela Merkel machte der CeBIT-Start offenbar Spaß: Das Eröffnungs-Video verfolgte die Bundeskanzlerin in 3D.
Foto: Messe

Ansonsten signalisierte die Kanzlerin der ITK-Branche aber Entgegenkommen. Merkel kündigte für diesen Sommer eine digitale Strategie an, vor allem um die Vernetzung der klassischen Industrien zu fördern. Sie versprach der deutschen ITK-Branche, innerhalb der Regierung eine gemeinsame IT-Sprache zu finden und alle Aktivitäten zu bündeln. "Politik und Wirtschaft müssen eng zusammenarbeiten."

Das wird auch notwendig sein, um die anstehenden Aufgaben zu lösen. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", sagte Merkel. Die großen Herausforderungen seien vor allem der flächendeckende Ausbau des bundesweiten Breitbandnetzes. Das sei aus ihrer Sicht die Basis für alle weiteren Anstrengungen. Die Bundeskanzlerin kündigte außerdem weitere Investitionen in Forschung und Bildung an. Außerdem soll die steuerliche Förderung von Forschung in das Regierungsprogramm aufgenommen werden, versprach die Kanzlerin unter dem Beifall der versammelten ITK-Prominenz.

ITK-Branchenvertreter sprechen vom Paradigmenwechsel

Scheer sagte, das neue Jahrzehnt werde rasante und revolutionäre Veränderungen bringen. Als Beispiel nannte er Cloud Computing, das die Softwareindustrie kräftig durcheinander schütteln werde. Gerade deshalb seien Strategien mit konkreten Zielen und Zahlen gefragt. "Konzepte sind gut, aber sie müssen auch umgesetzt werden."

Foto: Messe

Der neue SAP-Co-CEO Bill McDermott stellte die Softwarebranche als Innovationsmotor dar. "Wir müssen uns ständig verändern, immer innovativ sein." Wirtschaft, Forschung und Regierungen müssten zusammenarbeiten. Es gelte, Roadmaps zu entwickeln und umzusetzen. Die Politik sei gefordert, dafür einen Rahmen zu schaffen. Die diesjährige IT-Messe sieht der SAP-Chef als wichtigen Impulsgeber. "Machen wir diese Cebit zur besten, die es je gab", rief er dem Publikum im Kongresszentrum Hannover zu.

Auf Impulse hofft auch Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero. Das Partnerland der diesjährigen Messe will von dem Schwung der ITK-Branche profitieren. Der Politiker betonte die Rolle der Informationstechnik für das Wirtschaftswachstum auf der iberischen Halbinsel. Spanien setze konsequent auf die Digitalisierung seiner Industrie. Die Krise habe das Land darin bestätigt, seinen Innovationsweg weiterzugehen. Zapatero zufolge hat sich die Zahl der Internet-Surfer in Spanien zuletzt auf zwölf Millionen verdoppelt. Fast alle Haushalte verfügten über einen Breitbandanschluss. Schulen und Ärzte würden sich verstärkt darum bemühen, ITK-Techniken in ihre tägliche Arbeit zu integrieren. Der Fortschritt der ITK-Branche beflügele auch die anderen Industrien. Der strategische Beitrag der ITK könne daher nicht hoch genug eingeschätzt werden. Daher werde sein Land weiter auf Innovation setzen. Schon in den vergangenen Jahren seien die Forschungsinvestitionen verdreifacht worden.

Spanien - mit IT-aus der Krise?

Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hofft mit Hilfe der ITK-Branche einen Ausweg aus der Krise für sein Land zu finden.
Foto: Messe

Zapatero steht allerdings vor großen Herausforderungen. Spanien steckt noch tief in der Rezession. Die Arbeitslosenquote beträgt knapp 20 Prozent. Das Staatsdefizit ist auf 11,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts geradezu explodiert. Auch die weiteren Aussichten sehen eher düster aus. Dem Internationalen Währungsfonds zufolge wird Spanien das einzige Land unter den G20-Wirtschaftsnationen sein, dessen Wirtschaft in diesem Jahr nicht wachsen, sondern sogar weiter schrumpfen wird.

Zapatero ist trotz dieser Schwierigkeiten nicht bange. Der seit 2004 regierende Sozialist versprach neben einer rigorosen Sparpolitik vor allem wirtschaftspolitische Akzente im Rahmen von Spaniens EU-Präsidentschaft. Dabei bezeichnete der 49-jährige Politiker die IT als einen wichtigen Innovationsmotor. Er kündigte an, sich für Investitionen in neue Netze und in die Förderung von E-Commerce einzusetzen. In den nächsten Monaten soll eine neue digitale Agenda entstehen, die "Granada Agenda", die die EU zu weiteren Anstrengungen in Sachen Forschung und Innovation ermutigen soll. Damit will der Spanier offenbar die Charta von Lissabon fortführen.