Förderpolitik Green IT

Bürokratie statt schnelle Hilfe

04.12.2009 von Jan-Bernd Meyer
Momentan gibt es noch wenig Nachfrage nach Fördergeldern für Green-IT-Projekte. Vielleicht liegt das daran, dass die Beantragung für solche staatlichen Finanzierungen einem Hindernislauf gleichkommt.

Um an staatliche Finanzspritzen für ein Green-IT-Projekt zu kommen, muss der Antragsteller zunächst seine IT-Umgebung analysieren. Dabei gilt es, ein paar Hürden zu überwinden - als erstes die deutsche Sprache. Das liest sich dann beispielsweise so: "Dieses Green IT Assessment kann durch freihändige Vergabe gemäß VOL/A §3 Nr. 4p auf Grund einer befristet bis 31.12.2010 geltenden Erlassregelung des BMVBS zur Konjunkturstärkung beauftragt werden. Die Dringlichkeit gemäß VOL/A § 3 Nr. 4f ist mit genannter Erlassregelung unterstellt."

Spätestens hier winken erste Antragswillige entnervt ab. Fördermittel zu bekommen scheitert manchmal allein daran, dass die Hinweise auf die Beantragung so verklausuliert formuliert sind, dass ein Normalsterblicher sie kaum versteht.

Florian König, Projektmanager im Green-IT-Beratungsbüro beim Bitkom e.V., kann das verstehen: "Ich weiß auch nicht, was das bedeutet. Aber ich kenne die, die das wissen, weil ich weiß, wer das geschrieben hat." Solch ein Privileg haben nur die wenigsten.

Prinzipiell, so König, müsse man zwei Fördermöglichkeiten unterscheiden, die für Green-IT-Projekte von Interesse sein können: die Spitzen- und die Breitenförderung. Erstere unterliegt strengeren Regeln.

Erst beantragen - dann bauen

Wichtig ist: Erst nachdem der Antrag auf Spitzenförderung gestellt ist, kann der Antragsteller beginnen, Aufträge für sein Rechenzentrum zu vergeben. Wer also bereits Server, Speicher oder Kühlgeräte für sein RZ geordert hat, bevor der Förderantrag unterwegs ist, der hat bei der Fördermittelvergabe Pech. Dazu König: "Um Fördermittel zu bekommen, darf der Antragsteller noch nicht bestellt haben. Auch Veränderungen beispielsweise an der Gebäudehülle zur Energieeffizienzsteigerung sind förderfähig. Aber mit diesen Veränderungen darf noch nicht begonnen worden sein, wenn man den Antrag stellt."

Die Prüfung der Anträge in der Spitzenförderung dauert etwa zwei bis vier Monate. Für IT-Verantwortliche und ihre Planungen ist dieser Zeitverzug inakzeptabel. Wenn erst einmal auf die Bewilligung von Fördergeldern gewartet werden muss, bevor mit der Renovierung des Data Center begonnen werden kann, kommt die gesamte Planung ins Stocken.

In 9 Schritten zum effizienten RZ
Bestandsaufnahme mit Asset-Management
Schritt 1: Die RZ-Betreiber müssen alle Geräte und Systeme, Hard- wie Software lückenlos erfassen und dokumentieren.
Outsourcing prüfen
Schritt 2: Als Alternative zum Eigenbetrieb sollte auch ein Komplett- oder Teil-Outsourcing in Betracht gezogen werden.
Standardisierung als Ziel
Schritt 3: RZ-Betreiber sollten auf eine standardisierte IT-Landschaft mit einheitlichen Lizenzen und einheitlichen Versionen hinarbeiten.
Kosten im Blick behalten
Schritt 4: Grundsätzlich sollten die Einkäufer darauf achten, möglichst schlank dimensionierte und verbrauchsarme Geräte einzukaufen.
Bessere Auslastung mit Virtualisierung
Schritt 5: Um Hardware zu optimieren, muss man sie reduzieren. Das funktioniert mit mehreren virtuellen Servern auf einem physikalischen Gerät.
Das passende Kühlkonzept
Schritt 6: Durch eine effizientere Auslastung der Rechner, lässt sich die Menge aller Stromabnehmer deutlich reduzieren.
Stromverbrauch planen
Schritt 7: RZ-Betreiber müssen die Richtwerte für den Stromverbrauch pro Quadratmeter RZ-Fläche realistisch planen.
Die richtige Dimension
Schritt 8: Ein Raumkonzept hilft, die vorhandenen Räumlichkeiten, Klimatisierung sowie Systeme und Geräte aufeinander abzustimmen.
Monitoring
Schritt 9: Ein umfassendes Monitoring sollte den Rechner-Pool, Stromversorgung, Kühlsysteme und die USV-Anlagen beinhalten.

Die Problematik ist Bitkom-Mann König bewusst. Grundsätzlich gebe es deshalb die Möglichkeit eines "vorzeitigen Vorhabensbeginns". Klingt nach Beamtendeutsch und bedeutet, dass man mit guten Argumenten, warum IT-Anschaffungen schon vor der Förderprüfung sein müssen, durchaus Chancen hat. Auch hier stehe das Beratungsbüro des Bitkom dem Antragsteller hilfreich zur Seite, denn "wir verstehen die Sprache der Fördergeber etwas besser als die Leute draußen", so König.

Nicht so leicht: die Spitzenförderung

Alles paletti also? Nicht ganz. Die Spitzenförderung ist an Bedingungen geknüpft, die man erst einmal verstehen muss. Spitzenförderung wird für Techniken oder Projekte gewährt, die erstmals in Deutschland oder einer Branche eingesetzt werden und eine besondere Umweltentlastung erzielen können.

Es gibt allerdings einen Gummiparagrafen, der besagt, dass auch Projekte, die "innovativ für den Einzelnen" sind, unter Umständen gefördert werden können. König erklärt, letztendlich gehe es dem Staat darum, viele potenzielle Interessenten zum Ausprobieren anzuregen.

Damit nun ein Unternehmen sich nicht unendlich viel Mühe mit einem Förderantrag macht, bloß um dann aus irgendeinem Grund eine Ablehnung zu bekommen, habe der Bitkom das Beratungsbüro eingerichtet. Gemeinsam mit dem Antragsteller könne man eine Projektskizze erarbeiten und herausstellen, was der innovative, ergo förderungswürdige Ansatz eines Projekts sein könne. Die Hilfestellung des Beratungsbüros ist kostenlos.

Einmaligkeit als hohes Gut

Die Formulierung, wonach ein förderwürdiges Projekt sich durch seine Erstmaligkeit auszeichnen können muss, erklärt König so: Der "Grad der Erst- und Einmaligkeit" sei "ein hohes Gut, das im Umweltinnovationsprogramm festgeschrieben ist". Es bedeute, dass im Prinzip nur der erste interessierte Mittelständler für ein neues Kühlungsprojekt in seinem Rechenzentrum Fördermittel bekomme. Der nächste Betrieb, der seine Kühlung renoviere, müsse diesem Projekt "schon einen anderen Dreh geben, noch einen Aspekt hinzufügen, damit unter der Richtlinie der Erst- und Einmaligkeit Gelder fließen".

Nächste Hürde: KfW-Bankengruppe

Hat der IT-Verantwortliche die Projektskizze erarbeitet, kann er nun den offiziellen Förderantrag bei der KfW-Bankengruppe in Bonn abgeben. Diese leitet den Antrag zur fachlichen Prüfung an das Umweltbundesamt und an das Beratungsbüro des Bitkom weiter. König: "Wir prüfen diesen Antrag dann unter technischen Aspekten, das Umweltbundesamt eher unter dem Gesamtaspekt des Ressourceneinsatzes etc."

Ist auch diese Hürde überwunden, geht der Antrag weiter zum Umweltministerium. Dort wird er "unter politischen Gesichtspunkten in Richtung einer Gesamtförderfähigkeit betrachtet. Dieser Prozess kann zirka vier bis sechs Wochen dauern."

Zertifizierungen wie Sand am Meer
Green-IT-Zertifizierung
Der <a href="http://www.wwf.de/der-wwf/" target="_blank">WWF Der World Wide Fund For Nature (WWF)</a> ist eine der größten und erfahrensten Naturschutzorganisationen der Welt und in mehr als 100 Ländern aktiv.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.worldwatch.org/">World Watch Institute</a> ist eine unabhängige Forschungsorganisation.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.unep.ch/">United Nations Environment Programme</a> ist eine Weltbehörde, die Nationen bei Umweltfragen behilflich ist.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.oeko.de/das_institut/dok/558.php/">Öko-Institut</a> ist eine europaweit agierende, unabhängige Forschungs- und Beratungseinrichtung für eine nachhaltige Zukunft.
Green-IT-Zertifizierung
The <a href="http://www.thegreengrid.org/about-the-green-grid" target="_blank">Green Grid</a> ist ein weltweit agierendes Konsortium von IT-Unternehmen und IT-Verantwortlichen, die sich um Fragen der Energieeffizienz in Data Centers und von IT-Systemen allgemein bekümmern.
Green-IT-Zertifizierung
<a href="http://www.blauer-engel.de/" target="_blank">Blauer Engel</a> ist das erste Umweltzeichen der Welt.
Green-IT-Zertifizierung
Die <a href="http://www.eea.europa.eu/de/about-us/who" target="_blank">Europäische Umweltagentur (EUA) </a> ist eine Einrichtung der Europäischen Union. Ihre Aufgabe besteht darin, zuverlässige und unabhängige Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.bmu.de/allgemein/aktuell/160.php" target="_blank">Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)</a> ist in Deutschland das oberste Organ für Öko-Fragen.
Green-IT-Zertifizierung
Die <a href="http://www.epa.gov/" target="_blank">United States Environmental Protection Agency (EPA)</a> ist das US-Gegenstück zum BMU.
Green-IT-Zertifizierung
<a href="http://www.endseurope.com/home" target="_blank">Environmental Data Services (ENDS) </a> ist eine europäische Informationsplattform für alle Fragen rund um Umwelt-, Energieeffizienz- und sonstige Öko-Themen.
Green-IT-Zertifizierung
Der <a href="http://www.clubofrome.org/eng/about/1/" target="_blank">Club of Rome </a> hatte bereits 1972 mit seinem Bericht über die gesellschaftlichen Folgen der Mikroelektronikentwicklung Aufsehen erregt. Später folgten die noch bekannteren Untersuchungen zu den Folgen der Umweltzerstörung.
Green-IT-Zertifizierung
Die <a href="http://www.climatesaverscomputing.org/" target="_blank">Organisation Climate Savers Computing </a> setzt Standards für umweltgerechten IT.Betrieb. Sie ist weltweit tätig mit ihren Empfehlungen.
Green-IT-Zertifizierung
Der <a href="http://www.energienetz.de/" target="_blank">Bund der Energieverbraucher </a> Bund der Energieverbraucher ist ein eingetragener deutscher Verein, der auf über 2.500 Seiten umfassende, verständliche und aktuelle Informationen zu allen Energiethemen mit Service und Beratungsangeboten, Links, Downloads, Statistiken, Rechtsinformationen, Fördermöglichkeiten, Fortbildungsangeboten und Herstellerverweisen bietet.
Green-IT-Zertifizierung
Der <a href="http://www.bund.net/" target="_blank">Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) </a> Deutschland setzt sich ein für den Schutz der Natur und der Umwelt. Der BUND engagiert sich u.a. für eine ökologische Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel, für den Klimaschutz und den Ausbau regenerativer Energien, für den Schutz bedrohter Arten, des Waldes und des Wassers.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.eu-energystar.org/de/index.html" target="_blank">Energy-Star-Gütezeichen </a> steht für eine Norm, die für umweltbewusste Hersteller eine Messlatte ist. In der Energy-Star-Datenbank sind die Modelle mit dem niedrigsten Stromverbrauch und der Energy-Star-Norm aufgeführt, die Ihren Leistungsanforderungen entsprechen.
Green-IT-Zertifizierung
Mit dem <a href="http://www.epeat.net/" target="_blank">Electronic Product Environmental Assessment Tool (Epeat)</a> können sich Unternehmen wie Privatkunden umweltspezifische Informationen zu IT-Produkten und den Öko-Bedingungen in 40 Ländern holen.
Green-IT-Zertifizierung
Hinter <a href="http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:037:0019:0023:DE:PDF" target="_blank">Restriction of the use of certain hazardous substances (RoHS) </a> verbergen sich Richtlinien des Europäischen Parlaments zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten.
Green-IT-Zertifizierung
Auch die <a href="http://ec.europa.eu/environment/waste/weee/index_en.htm" target="_blank">Richtlinien über Waste Electrical and Electronic Equipment (WEEE)</a> Richtlinien über Waste Electrical and Electronic Equipment (WEEE) regeln die Nutzung bzw. eben Nichtnutzung von toxischen Materialien in IT-Gerätschaft.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.ciesin.columbia.edu/" target="_blank">Center for International Earth Science Information Network (Ciesin)</a> gehört zum Earth Institute der Columbia University. Ciesin arbeitet an der Schnittstelle der Erforschung zu gesellschaftlichen, naturbedingten und IT-basierten Fragestellungen. Ciesin bietet eine Fülle von Online-Daten zu Umweltthemen. Ciesin bietet auch Schulungenund Interdisziplinäre Forschungen an, die die Auswirkungen menschlichen Agierens auf die Umwelt thematisieren.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.wri.org/about " target="_blank">World Resources Institute (WRI) ist eine Denkfabrik (Think Tank), </a> ist eine Denkfabrik (Think Tank), die über Forschungsprojekte hinaus prkatische Hilfestellungen geben will, um die Umwelt zu schützen und die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern.
Green-IT-Zertifizierung
Der <a href="http://www.tuv.com/de/index.html " target="_blank">TÜV Rheinland </a> zertifiziert Green-IT-konforme Data Center.
Green-IT-Zertifizierung
Green-IT-Zertifizierungen bietet auch die <a href="http://www.dekra.de/home" target="_blank">Dekra</a> an.
Green-IT-Zertifizierung
Das <a href="http://www.greencomputingportal.de/" target="_blank">Green Computing Portal </a> versteht sich als Community für Fragen zur Ökologie. Das Portal bietet Nachrichten, Links und Meinungen zu allen möglichen Umweltthemen.
Green-IT-Zertifizierung
Auf <a href="http://www.ecocrimes.org/" target="_blank">Ecocrimes.org </a> Ecocrimes.org finden Interessierte Informationen zum Thema Environmental Investigation.

Das ist noch nicht das Ende. Denn nun gibt es einen Zwischenbescheid, ob - wieder das charmante Beamtendeutsch - "eine grundsätzliche Förderfähigkeit angestrebt werden kann". Ist das der Fall, wird der Antragsteller aufgefordert, noch einmal einen Projektantrag zu stellen, der auf der ursprünglichen Projektskizze basiert, dem aber detailliertere Zahlen hinzugefügt werden müssen.

Die Finanzierung

Der Antragsteller erhält eine Förderung in Form eines zinsvergünstigten Darlehens. König: "Bei der Spitzenförderung können 70 Prozent der förderfähigen Kosten mit solch einem zinsvergünstigten Darlehen finanziert werden." Auf gesonderten Antrag sei es ferner möglich, im Umweltinnovationsprogramm 30 Prozent dieser Kosten als Investitionskostenzuschuss zu bekommen. Wichtig: In die Summe der förderfähigen Kosten dürfen keine Betriebsmittel und keine Personalkosten eingerechnet werden.

Der Antragsteller muss auch darlegen, warum er sein Green-IT-Projekt ohne eine staatliche Förderung nicht realisieren kann. Dabei geht es um die Darstellung des unternehmerischen Risikos.

Die Kritik, das ganze Prozedere dürfte wohl abschreckend auf potenzielle Antragsteller wirken, erwidert König mit Hinweisen auf "das System, das uns vorgegeben ist. Wir versuchen, das zu transformieren, zu übersetzen, zu moderieren."

Breitenförderung

Anders sind die Voraussetzungen bei der Breitenförderung. Hier können Interessenten noch bis einen Tag vor Abschluss eines Projekts einen Förderantrag stellen. Ansprechpartner sind die Hausbanken. Diese kommunizieren mit der KfW-Bank. Hier ebenso wie bei der Spitzenförderung werden zinsvergünstigte Darlehen zur Verfügung gestellt.

Voraussetzung für die Zahlung solcher Gelder in der Breitenförderung ist der Nachweis, dass sich mit dem Projekt bei einer Neuinvestition eine um 15 Prozent bessere Energieeffizienz erzielen lässt, als sie der Branchendurchschnitt aufweist. Handelt es sich lediglich um Ersatzinvestitionen, gilt es, 20 Prozent Energieeffizienz im Vergleich zum Branchendurchschnitt nachzuweisen.

König bringt ein Beispiel: Wer alte Server oder eine alte Kühlung durch neue ersetzt und dafür 50.000 oder 100.000 Euro investieren muss, bekommt diese Kosten zu 100 Prozent mit einem zinsgünstigen Darlehen finanziert. Je nach Risikoklasse und Bonität, die von der Hausbank geprüft wird, gebe es momentan Zinssätze zwischen zwei und drei Prozent. "Das ist zwar mehr als eine Null-Prozent-Finanzierung. Aber gefühlt geht es an eine solche ran." (jm)