Brückenbauer zwischen IT und Business

27.10.2005
Michael Haug, CIO von Bayer Crop Science (BCS), will die IT- und Fachabteilungen enger miteinander verzahnen und hat dabei vor allem die Prozesse im Blick.

"Auch wenn man ein Chaos in ein Tool gießt, bleibt es immer noch ein Chaos." Deshalb achtet Michael Haug, CIO der Bayer Crop Science AG, auf Ordnung innerhalb seiner IT- und Prozesslandschaft. Das Aufräumen begann für den 47-jährigen CIO im Juni 2002. Nach dem Merger der Pflanzenschutzsparte des Bayer-Konzerns mit Aventis Crop Science zur Bayer Crop Science galt es, die unterschiedlichen IT-Strukturen beider Konzernteile unter einen Hut zu bekommen.

Michael HAUG Bayer Crop Sience

Mittlerweile abgeschlossen ist die weitgehende Harmonisierung der ERP-Systeme. Rund 85 Prozent der weltweiten Umsätze und Bestände der Bayer-Tochter mit etwa 19 000 Mitarbeitern werden in einem der drei Regionalsysteme auf Basis von SAP R/3 verwaltet. Das SAP-System beinhaltet ferner Reporting-Funktionen, ein Management-Cockpit auf Basis des Business Warehouse (BW) sowie Supply-Chain- und Global-Demand-Planning mit "APO 3.1". Eine besondere Herausforderung bildete hierbei die hohe Saisonalität des Pflanzenschutzgeschäfts.

Eine Vielzahl von Projekten läuft derzeit noch. Die Mobile-Computing-Strategie sieht unter anderem die Einführung von Blackberries und drahtlosen Netzen vor. Außerdem sollen die Telefonanlagen sukzessive auf Voice over IP (VoIP) umgestellt werden. Ferner sind Konsolidierungsmaßnahmen auf der Server- und Client-Seite im Hausaufgabenheft verzeichnet.

Erfolgsbausteine

- Integration aller größeren Landesorganisationen in die drei Regionalsysteme mit SAP R/3, APO und BW;

- Projekt-Management im Rahmen des BCS-Programms: Definition und Steuerung von 20 priorisierten Projekten zur Optimierung von Prozessen, Organisationen und Applikationen;

- Konsolidierung der Service-Provider-Landschaft mit Kosteneinsparungen von rund 30 Prozent;

- Mobile-Computing-Strategie mit der Einführung von Blackberries und WLAN;

- Umstellung der Telefonanlagen auf VoIP;

- Standardisierung im Server- und Client-Bereich (zum Beispiel Migration auf Windows XP).

Im Mittelpunkt all dieser Maßnahmen stehen für Haug und seine rund 250 Köpfe zählende Kernmannschaft vor allem die Prozesse: "Wir konnten die damalige Geschäftsführung davon überzeugen, dass das SAP-Vorhaben ein Business- und kein IT-Projekt ist." Im weiteren Verlauf ging es für den CIO in erster Linie darum, die IT-Abteilung aus ihrer Isolierung zu lösen und eng mit der Geschäftswelt zu verzahnen. Um seine Abteilung neu auszurichten, hat Haug einen wesentlichen Teil der Organisation mit Leuten besetzt, die aus den Fachabteilungen kommen. Dort hat auch der promovierte Chemiker seine Wurzeln.

"Wir verstehen uns als Dolmetscher zwischen den einzelnen Bereichen", definiert Haug die Rolle der IT. Szenen, bei denen in der Kommunikation mit den Fachabteilungen der Fachjargon verwendet wurde und dort Unverständnis hervorrief, müssten der Vergangenheit angehören. Daher würden auch zu den aktuellen Projekten immer wieder Mitarbeiter aus den verschiedenen Abteilungen des Bayer-Konzerns hinzugezogen. "Damit stellen wir sicher, dass wir hier nicht im Elfenbeinturm arbeiten, sondern Lösungen produzieren, die die erwarteten Ergebnisse abliefern."

Prozesse im Fokus

Das ist Haug und seinen Leuten offenbar gelungen. Nachdem der Bereich Organization & Information Services in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte zur Optimierung von Prozessen erfolgreich abgeschlossen hatte, betraute die Geschäftsleitung den CIO im November vergangenen Jahres mit dem BCS-Programm. Haug sollte mit seinem Team das Management der verschiedenen konzerninternen Projekte in die Hand nehmen. Nach einer ersten Analyse zählte man rund 100 Vorhaben, 60 laufende sowie 40 gewünschte. Gemeinschaftlich mit den Fachabteilungen wurden die Projekte nach Prozessgruppen geordnet und anschließend zusammen mit der Geschäftsleitung nach ihrer Bedeutung für das Unternehmen priorisiert. Heraus kam ein Portfolio von 20 Großprojekten, die nun unter der Federführung von Organization & Information Services bis 2007 abgewickelt werden sollen.

Mit Hilfe der zentralen Projektsteuerung sei es gelungen, die Effizienz bei der Umsetzung deutlich zu verbessern, blickt Haug zurück. Eigens für jedes Projekt zusammengestellte Teams begleiten die einzelnen Vorhaben. Je nach Projekt sind in wechselnden Zusammensetzungen Mitarbeiter von Organization & Information Services und Vertreter aus den Fachabteilungen involviert. Zusätzlich gibt es für alle Prozessgruppen, denen die Projekte zugeordnet sind, je einen Paten aus der Geschäftsleitung. Zwischenergebnisse werden im Monatsrhythmus dem Management berichtet. So lassen sich schnell Entscheidungen treffen. Nach rund zehn Monaten seien bereits ein viele Projekte erfolgreich abgewickelt worden, zieht Haug Bilanz.

In Prozessen denken

Dieser Erfolg ist dem CIO und seinem Team jedoch nicht in den Schoss gefallen. "Wir sehen als IT natürlich, wo es hakt", berichtet Haug. "Alle Prozesse schlagen in irgendeiner Form zu uns durch." Zusammen mit dem bis dato erarbeiteten Know-how in Sachen Prozessen und Methodik habe dies dazu geführt, dass mehr und mehr Wünsche an Organization & Information Services herangetragen wurden. "Allerdings mussten wir zeigen, dass wir das können", so der CIO. "Den Status haben wir uns mühsam erarbeitet."

»Betriebswirtschaft und Technik müssen kein Gegensatz sein, bei vernünftigem Einsatz kann man beide Seiten in Einklang bringen.« Michael Haug

Dabei setzt der IT-Leiter in erster Linie auf das Potenzial seiner Mitarbeiter. Wichtig sei vor allem, das Prozessdenken in den Köpfen zu verankern, um von einer funktionalen auf eine prozessuale Sichtweise der Vorgänge im Unternehmen umzuschwenken. Tools brächten dabei nur einen begrenzten Nutzen. "Das ist eher eine technische Sichtweise. Ausschlaggebend ist aber das Denken in Prozessen."

Dem Druck, die Kosten zu senken, begegnet der CIO offensiv. 70 Prozent seines jährlichen IT-Budgets werden darauf aufgewendet, den laufenden Betrieb sicherzustellen, 30 Prozent fließen in Innovationen. Ersparnisse gibt der IT-Leiter zum Großteil direkt an das Business weiter. Seit 2001 haben sich die IT-Aufwendungen von BCS um über 20 Prozent verringert. "Wir haben das Budget selbst beschnitten", erzählt Haug. Man könne nur vernünftig wirtschaften, wenn man solche Maßnahmen ergreift und "nicht von sich aus wartet, bis ein anderer auf die Idee kommt". Diese Strategie habe sich in den vergangenen Jahren ausgezahlt. Das Management vertraue der IT, dass in puncto Kosten etwas unternommen werde.

Martin Bayer

Zur Person

Seit 2002: Ressortleiter Organization & Information Services von Bayer Crop Science (BCS);

1998-2001: Leitung SAP-Projekt Bayer AG/Pflanzenschutz;

1996-1998: Abteilung Projektplanung und -analyse;

1995-1996: Projekt "Strategische/betriebswirtschaftliche Analyse der Forschungs- und Entwicklungspipeline;

1991-1995: Referent der Forschungsabteilung;

1986-1991: Laborchemiker.