Mittelstand, Netze und Digitale Transformation

Breitbandausbau ist nicht nur ein Infrastruktur-Thema

24.03.2017 von Manfred Bremmer
Auf dem traditionellen Breitbandgipfel der CeBIT stand dieses Jahr das Thema Mittelstandsförderung durch Breitbandausbau im Mittelpunkt. Dabei ging es schnell nicht mehr nur um die Frage, wie KMUs die Vorteile moderner Netze nutzen können, sondern auch zu welchem Zweck.

In Deutschland tragen kleine und mittelgroße Unternehmen über 50 Prozent zum Bruttosozialprodukt bei und beschäftigen mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer. Doch obwohl der deutsche Mittelstand damit einen enormen Wirtschaftsfaktor darstellt, läuft er aktuell Gefahr, gegenüber der ausländischen Konkurrenz den Anschluss zu verlieren. Der Grund: Mangels ausreichender Bandbreite fehlt den Unternehmen häufig die Grundlage für die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse.

Glasfaser gilt immer noch als ideales Medium zur Breitbandanbindung.
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Die Deutsche Breitbandinitiative nahm dieses Thema zum Anlass, um auf dem Breitbandgipfel der diesjährigen CeBIT mit Politik, Wirtschaft und Verwaltung über den Erfolgsfaktor Gigabit-Netze zu diskutieren.

Wie Schiffe ohne Wasser

"Ohne Breitband gibt es keine Digitalisierung, das ist wie Schiffe ohne Wasser", stellte so auch Oliver Tuszik, Bitkom-Vorstand und Chef von Cisco Deutschland, gleich zu Beginn des Breitbandgipfels fest. Er wies darauf hin, dass die Basisarbeit noch nicht erledigt worden sei - etwa was die flächendeckende Breitbandanbindung von Zwei- bis Drei-Mann-Unternehmen oder Homeoffices angehe.

Ohne Breitband keine Digitalisierung, so Bitkom-Vorstand und Cisco-Chef Oliver Tuszik

Tuszikc, der privat zu Hause nur über einen 2 Mbit/s-Anschluss verfügt, stößt sich dabei besonders an dem Begriff flächendeckend: "Es geht nicht um Flächen wie in der Landwirtschaft, sondern darum, jeden Menschen anzubinden", erklärte er: "Wer keinen Anschluss hat, wird in Zukunft ein digitaler Verlierer sein."

Gewerbegebiete erhalten Anschluss

Zumindest was die Unternehmen angeht, hat die Bundesregierung inzwischen erkannt, dass das für 2018 vorgegebene Ziel, in Deutschland flächendeckend Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde bereitzustellen, für Unternehmen nicht ausreicht. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat daher im Januar 2017 ein Sonderprogramm zum Anschluss von Unternehmen in Gewerbegebieten an das Glasfasernetz initiiert.

Konkret werden dabei 350 Millionen Euro bereitgestellt, um unterversorgte Gewerbe- und Industriegebiete sowie Häfen ans Glasfasernetz anzuschließen. Der Breitbandausbau wird dabei technologieneutral gefördert, die Mindestgeschwindigkeit jedoch auf 1 GBit/s (symmetrisch, Up- und Download) angehoben. In Phase 3 und 4 soll dann mit Unterstützung der voraussichtlich bis 2020 verfügbaren 5G-Netze in Deutschland bis Ende 2025 flächendeckend eine luft- und leitungsgebundene Gigabit-fähige Infrastruktur aufgebaut werden.

Schnelles Internet allein reicht nicht

Auf dem Breitbandgipfel wies Frank Krüger, Ministerialdirigent Digitale Gesellschaft und Infrastruktur beim BMVI, bei der Vorstellung des Mittelstandsprogramms darauf hin, dass die Bereitstellung von schnellen Netzen allein nicht ausreiche. Dreh- und Angelpunkt wäre die Kompetenzbildung, denn aktuell hätten die Firmen Schwierigkeit, ihre Digitalisierungsstrategie umzusetzen. Das BMVI habe deswegen zusammen mit der IHK die Infokampagne Breitband@Mittelstand gestartet, um anhand konkreter Anwendungsbeispiele aufzuzeigen, wie die digitale Transformation Kommunikation, Geschäftsmodelle und Produktionsprozesse künftig verändern wird.

Außerdem kündigte Krüger an, dass es eine 5G-Stadt in Deutschland geben werde. Genaueres dazu werde jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Deutschland als einer der technologischen Leitmärkte müsse First Mover bei 5G werden, erklärte der BMVI-Mann. Dazu sei es notwendig, dass für den Mittelstand früh- und rechtzeitig Netze und Kompetenz aufgebaut würden.

Mittelstand fühlt sich unterinformiert

Aus Sicht von Tim Brauckmüller, Geschäftsführer vom Breitbandbüro des Bundes, ist Digitalisierung inzwischen in fast allen Unternehmen ein Thema. Viele Firmen fühlten sich diesbezüglich aber unterinformiert, was Fragen wie die zu erwartende Steigerung der Rentabilität, die benötigte Qualifizierung oder die Absicherung betrifft. Daneben fehlten für das Thema Digitalisierung auch Dienstleister. Problematisch sei dieses Manko vor allem bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern, führte Brauckmüller weiter aus: Diese seien sehr kritisch bei IT und investierten in Fünf-Jahres-Zyklen.

In der abschließenden Panel-Diskussion ging es vor allem um die unterschiedlichen Konzepte für den künftigen Netzausbau, wobei die Strategie der von den Teilnehmern vertretenen Unternehmen eine nicht ganz untergeordnete Rolle spielte. So drängten die Vertreter von Huawei, Nokia und dem Breko-Verband (beziehungsweise 1&1) zu mehr Geschwindigkeit beim Ausbau und dem flächendeckenden Einsatz von Glasfaser, beziehungsweise verwiesen auf 5G und mobile Übergangstechniken (4,5G, 4,9G).

Illustre Runde (v.l.n.r.): Dr. Jürgen Hernichel (Breko), Wolfgang Kopf (Telekom), Wilhelm Drosselhaus (Nokia), Walther Haas (Huawei), Stefan Koetz (Ericsson) und Moderatorin Kerstin Stromberg-Mallmann

"100 MBit/s sind ausreichend"

Wolfgang Kopf, Leiter Politik und Regulierung beim Vectoring-Anbieter Deutsche Telekom, wiederum vertrat die Ansicht, dass im Moment 100 MBit/s für die Masse der Nutzer ausreichend seien. Die Bedürfnisse seien unterschiedlich, so Kopf, viele Anwendungen bräuchten kein Breitband, sondern bereits verfügbare Technologien wie Narrowband IoT.

Der Telekom-Manager sieht Glasfaser entsprechend erst als nächste Stufe, wobei seine Company auch hier perfekt aufgestellt sei: "Die Telekom hat mehr als 450.000 Kilometer Glasfaser verbaut, damit haben wir für jeden Mast und für jede Kleinzelle Glasfaser liegen", so Kopf. Die Frage sei nun, ob FTTB oder Fixed Wireless Access der richtige Weg sei.