Borland wird Tools-Sparte als Tochter ausgliedern

15.11.2006
Die ursprünglichen Pläne zum Verkauf der Entwicklungswerkzeuge sind mangels realistischer Angebote vom Tisch.

Rund acht Monate hatte Borland versucht, seine Entwicklersparte, die Developer Tools Group, zu verkaufen - vergeblich. Nun wird dieser Geschäftsbereich als hundertprozentige Tochtergesellschaft unter der Bezeichnung CodeGear ausgegliedert. Die Tochter wird sich ausschließlich auf das Geschäft mit integrierten Entwicklungsumgebungen (IDEs) konzentrieren. Zu den vier Produktlinien zählen das "Developer Studio" (Delphi, C++-Builder und C#-Builder), JBuilder (inklusive des demnächst verfügbaren, auf Eclipse basierenden Tools "Peloton"), Turbo und Interbase.

"Wir haben stets hervorgehoben, für unsere Entwicklersparte einen passenden Käufer finden zu wollen, der zum einen die Innovation unserer Produkte vorantreibt und zum anderen ein Angebot abgibt, das dem Wert dieses Geschäfts entspricht", so Tod Nielsen, President und CEO von Borland. Interessenten gab es einige, die Angebote lagen aber wohl unter den Erwartungen. Offiziell heißt es: "Nach sorgfältiger Prüfung einiger Kaufinteressenten, haben wir beschlossen, dass unsere Entscheidung für CodeGear die Interessen unsere Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter am besten widerspiegelt."

Es habe fünf ernst zu nehmende Kaufinteressenten für die Tools gegeben, bestätigt Rick Jackson, Borlands Chef-Marketier. Allerdings sei es schwierig, die exakten Umsätze dieser Sparte zu ermitteln, da besonders in Geschäften, in denen mehrere Produktlinien involviert sind, der Anteil der Tools nur schwer herauszurechnen ist. Dieser Umstand habe sich negativ auf die Verkaufsverhandlungen ausgewirkt.

Die neue Strategie lautet: "Indem wir mit Borland und CodeGear zwei separate Gesellschaften bilden, behalten wir unsere Fokussierung und die Ressourcen, die es uns ermöglichen, die beiden unterschiedlichen Märkte zu bedienen." Borland will seine Rolle am Markt für Application-Lifecycle-Management (ALM) ausbauen, während sich CodeGear ganz auf die Softwareentwicklung konzentriert.

Als CEO von CodeGear wurde Ben Smith ernannt, der seit zwölf Monaten in Borlands Developer Tools Group arbeitet. Er soll die Geschäfts- und Produktpläne, die während des Ausgliederungsprozesses entwickelt wurden, weiter vorantreiben. Außerdem wird das Tochterunternehmen eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung betreiben sowie mit einer eigenen Sales- und Marketing-Strategie und einer weltweit operierenden Infrastruktur auftreten.

Leicht wird es CodeGear trotz der allgemein anerkannten Qualität seiner Produkte nicht haben. Nachdem sich neben dem Microsoft-Lager die Open-Source-Werkzeuge der Eclipse-IDE etablieren konnten, ist der kommerzielle Tools-Markt für Drittanbieter extrem eng geworden. Noch vor einigen Jahren wäre eine Spinoff-Entscheidung richtig gewesen, kommentiert die ehemalige Gartner-Analystin Theresa Lanowitz die Borland-Entscheidung. Inzwischen wäre es besser, Borland hätte den Tools-Code Open Source gestellt oder an eine indische Offshore-Company verkauft. "Die Zeit für unabhängige kommerzielle IDEs ist vorbei", ergänzt Lanowitz, die Mitte der 90er Jahre auch als Produkt-Managerin für C++ und JBuilder bei Borland tätig war. (ue)