Karriere machen - aber wie?

Bloß nicht Manager...

02.04.2011 von Peter Ilg
Informatiker sind weniger an Management-Positionen und eher an einer Fachkarriere interessiert. Deshalb fällt es Headhuntern schwer, die richtigen Leute für die Topjobs zu finden.

Viele Wege können zu einem neuen Job führen. Doch wenn ein Headhunter anruft, darf man sich geschmeichelt fühlen. Die Personalberater -das ist lediglich ein anderes Wort für Headhunter - sind Profis darin, fähige Mitarbeiter im Auftrag von Unternehmen zu suchen. Durchschnittsjobs besetzen die Firmen selbst. Wenn der Headhunter anruft, dann geht es um Manager-Posten, Nachwuchskandidaten mit Potenzial oder absolute Spezialisten. Wer in der Datenbank eines Headhunters steht, hat Chancen auf den Karrieresprung. Nur: Wie bringt man sich selbst am besten ins Spiel?

Ursula Glock, Kienbaum: "CIOs identifizieren sich über den Inhalt der Arbeit und nicht über die Hierarchiestufe. Das macht die Suche schwierig."
Foto: Ursula Glock, Kienbaum

Ursula Glock von Kienbaum Executive Search in Stuttgart hat ihren Schwerpunkt auf den IT-Bereich gelegt. "Die Industrie beauftragt uns meist mit der Suche nach CIOs und Leuten für andere Management-Positionen. Aus der IT-Branche kommen dagegen Aufträge für alle Positionen und über alle Hierarchieebenen hinweg." Der Unterschied liege darin, dass in IT-Unternehmen selbst auf der untersten Ebene hochqualifizierte Leute gebraucht würden, die nicht einfach zu bekommen seien. "Die Industrie hingegen zieht sich ihren IT-Nachwuchs durch Ausbildung selbst und sucht daher über uns vor allem hochkarätige Manager." Die Fachpositionen kann Glock relativ leicht besetzen, weil "sie attraktiv und gut dotiert sind". Bei CIOs sei es oft schwieriger. Das habe mit der Persönlichkeit von Informatikern zu tun: "Sie identifizieren sich über den Inhalt der Arbeit und nicht über die Hierarchiestufe." Das macht die Suche nach Informatikern für Topmanagement-Positionen so schwer.

"Initiativbewerbungen von Informatikern sind uns durchaus willkommen", sagt Glock. Allerdings würden von dieser Möglichkeit nur sehr wenige IT-Spezialisten Gebrauch machen. Kommt es zu solchen unverlangten Einsendungen, prüfen die Berater zunächst, ob die Bewerbungen auf eine Stelle passen, die Kienbaum zu besetzen hat. Wenn das nicht der Fall ist, wird die Bewerbung an ausgewählte Niederlassungen weitergeleitet, weil diese Art von Jobsuche häufig mit dem Wunsch verbunden ist, in eine bestimmte Stadt oder Region zu wechseln.

Ähnlich wie eine klassische sollte die Initiativbewerbung aussehen. Glock rät zu einem knappen, übersichtlichen Lebenslauf mit kurzer Tätigkeitsbeschreibung und ohne Zeugnisse. Wichtig ist eine stichhaltige Begründung im Anschreiben: Welche potenzielle Aufgabe interessiert mich? Wem kann meine Arbeitskraft nutzen? Passen Angebot und Nachfrage zusammen, nimmt die Kienbaum-Managerin Kontakt mit dem Kandidaten auf. Andere Interessenten können nichts tun als warten, bis ihr Profil einem Suchauftrag entspricht.

"Es ist nicht leicht, aber es lohnt sich, sich bei Headhuntern selbst ins Spiel zu bringen", ist Thomas Rübel überzeugt. Er ist Geschäftsführer im bundesweit tätigen Büro für Berufsstrategie Hesse/Schrader. Seine Begründung: "Es ist die Aufgabe von Personalberatern, interessante Kandidaten zu finden. Wenn die sich dann selbst anbieten - umso besser."

Zwei Zielgruppen haben Personalberater vor allem im Visier: sehr versierte Leute und junge Talente, also Frischgemüse. Headhunter sehen sich auch als Talenteentdecker. "Der Idealfall ist die Empfehlung durch andere", sagt Rübel. Aber auch durch Netzwerke und eigene Initiative könne man auf sich aufmerksam machen.

Die Personalberatung Personal Total hatte im vergangenen Jahr rund 450 IT-Positionen zu besetzen. Michael Dorn, Seniorberater für IT, hat die Erfahrung gemacht, dass aufgrund des Fachkräftemangels vor allem Expertenstellen in der Softwareentwicklung und IT-Beratung nur schwer zu besetzen sind. Initiativbewerbungen sind auch bei Personal Total gern gesehen. Fachliche Qualifikation und Berufserfahrung sind Dorn dabei besonders wichtig. "Was die Persönlichkeit betrifft, ist es bei Informatikern wie in anderen Berufen auch": Je nach Position seien Kontaktstärke, Teamfähigkeit und selbstbewusstes Auftreten in unterschiedlichem Ausmaß gefragt.

Michael Dorn, Personal Total: "Informatiker haben eine nahezu grundsätzliche Abneigung gegen das Management."
Foto: Michael Dorn, Personal Total

Dorn beobachtet, dass Informatiker im Bewerbungsverfahren allzu häufig allein ihre Fachkenntnis in den Mittelpunkt stellen und dabei vergessen, die eigene Persönlichkeit zu präsentieren. "Besonders auffällig ist die nahezu grundsätzliche Abneigung dieser Berufsgruppe gegen das Management." Es werde als unwissend, erbsenzählerisch und als Quelle falscher Entscheidungen eingeschätzt.

40.000 Manager-Jobs

Rund 1800 Personalberatungen gibt es in Deutschland, teilt der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater aus Bonn mit. Deren Hauptgeschäft besteht darin, Fach- und Führungskräfte zu suchen und auszuwählen, in diesem Jahr wird das rund 40.000-mal der Fall sein. Die stärkste Nachfrage komme nach Verbandsangaben aus dem verarbeitenden Gewerbe (41,5 Prozent) sowie mit knapp elf Prozent auf der Finanzdienstleistungsbranche.

Blick hinter die Kulissen

Dieter Hofmann und Rainer Steppan haben mit ihrem Buch "Headhunter" einen "Blick hinter die Kulissen einer verschwiegenen Branche" gewagt. In dem Buch kommen vor allem Executive Search Consultants zu Wort und berichten über ihre Arbeit. Der Leser erhält Hinweise für die Auswahl eines Beraters und Ratschläge für die Karriere. Das Buch ist im Januar 2011 im Gabler Verlag erschienen und kostet 39,95 Euro.

"Den Sprung ins Management schaffen nur ganz wenige"

Foto: Lutz-Martin Busch HiTec Consult

Lutz-Martin Busch ist Headhunter bei HiTec Consult. Das Unternehmen sucht Mitarbeiter und Manager mit Hightech-Hintergrund. Informatiker kommen selten über den Status eines Nischenverantwortlichen hinaus, sagt Busch.

CW: Welche Bedeutung haben Informatiker für Headhunter?

BUSCH: Im mittleren und gehobenen Management sind sie unterrepräsentiert. Das Studium hat den Ruf, speziell zu sein, und Personaler schmunzeln, wenn sich Informatiker fürs Management interessieren. Deren Bewerbungen werden besonders hinsichtlich Kommunikationsfähigkeit, Umgang mit Menschen und Teamfähigkeit geprüft.

CW: Für welche Funktionen und Hierarchieebenen suchen Sie Informatiker?

BUSCH: Es sind Jobs im Vertrieb, Marketing, Spezialistenfunktionen wie das Produkt-Management für die Branchen IT, Consumer Electronics und Medizintechnik.

CW: Welche Skills brauchen Informatiker, um für Headhunter interessant zu sein?

BUSCH: Das lässt sich nicht verallgemeinern, weil der Informatikerberuf anders als zur Zeit des New-Economy-Hypes heute als etwas ganz Normales gesehen wird. Es kommt meist auf individuelle Erfahrung und den Werdegang an -- selten auf die ursprüngliche Ausbildung. So haben wir Informatiker ins Produkt-Management von Medizintechnikunternehmen vermittelt, etwa als Produktspezialisten für die Kardiologie. Das Beispiel zeigt: Informatiker haben mehr Chancen, als sie denken, sie müssen nur über den Tellerrand hinausschauen.

CW: Woran mangelt es Informatikern, die sich fürs Management interessieren?

BUSCH: Es fällt ihnen schwer, ihr IT-Know-how mit den Marktrealitäten, Kundenwünschen und Anforderungen des eigenen Vertriebsteams zu synchronisieren. Informatiker bleiben oft gesteuerte Fachkräfte - deshalb gelingt ihnen der Sprung ins Makroperspektivische, also ins Management, nur selten. Absolventen fehlt oft der Bezug zum Markt: Welche Themen sind zukunftsweisend, wo kann ich mein Wissen antizyklisch einbringen und meine Karriere clever entwickeln?

CW: Warum sollte ein Informatiker auf einen Headhunter zugehen?

BUSCH: Wir arbeiten mandatsbezogen, deshalb bringt die proaktive Kontaktaufnahme kurzfristig kaum etwas. Langfristig könnte es klappen, wenn der Berater den Werdegang des Informatikers als konsistent sieht.