Blaumann kommt per E-Procurement

30.04.2002 von Jan Schulze
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Um die Kundenwünsche nach E-Procurement zu erfüllen, hat die Bardusch GmbH & Co., Anbieter von Miettextilien, den elektronischen Datenaustausch über eine zentrale Plattform ermöglicht. Alle Vertriebswege können nun ohne Medienbrüche genutzt werden.

Wenn Einkäufer ihren Warenbedarf decken wollen, stehen ihnen viele Wege offen. Sie können die herkömmlichen Bestellverfahren über Telefon, Fax oder Post wählen, und sie können auf Online-Marktplätzen oder Web-Shops Waren ordern. Gegenüber dem traditionellen Einkauf ermöglicht die elektronische Bestellung und Auftragsabwicklung (E-Procurement) schlankere und effizientere Prozesse: Daten müssen nur einmal, und zwar bei der Order, eingegeben werden.

Danach können sowohl der Einkäufer als auch der Zulieferer diese Daten automatisch in die weiterverarbeitenden Systeme übernehmen. Die Grundvoraussetzung dazu ist, dass beide Geschäftspartner ihre Systeme miteinander verbinden - entweder in einer direkten Eins-zu-eins-Verbindung oder über zentrale Plattformen wie elektronische Marktplätze.

Bardusch aus dem badischen Ettlingen begann bereits im Februar 2000, dem ersten Kunden E-Procurement anzubieten. Das Kerngeschäft von Bardusch sind Miettextilien und die damit verbundene Logistik - etwa die Lieferung sauberer Arbeitskleidung in den Spind jedes Arbeiters sowie Abholen, Waschen und Ausbessern des benutzten Blaumanns. Ein zweites Standbein ist der Handel mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA), etwa Sicherheitsschuhe oder Schutzmasken.

Auslöser für das Projekt war der nachdrückliche Kundenwunsch: „Wir hatten von Siemens die Anforderung bekommen, beim Start des elektronischen Marktplatzes Click 2 Procure dabei zu sein“, erinnert sich Thomas Bröll, Leiter des Zentralbereichs Informationstechnik bei Bardusch. Damit war auch der Zeitrahmen gesetzt: Innerhalb von drei Monaten musste die Anbindung an den privaten Marktplatz des Kunden stehen.

Anstatt sich in einer Eins-zu-eins-Verbindung an den Marktplatz anzubinden, entschied sich Bardusch dafür, erst einmal eine zentrale Integrationsplattform zu schaffen. Weil Siemens den Marktplatz auf Basis offener Technologien einrichtete, sollte auch die Bardusch-Lösung nicht auf proprietären Datenformaten basieren. Als Standard wurde die Beschreibungssprache XML (Extensible Markup Language) vorgegeben.

Für die IT-Abteilung bei Bardusch kam eine Eigenentwicklung der Schnittstellen zum Kunden nicht in Frage. Da das Unternehmen generell bevorzugt Standardsoftware einsetzt, entschieden sich die Projektverantwortlichen für den „Business Integration Server“ des Herstellers Seeburger AGaus Bretten.

Interne und externe Integration

Um einen möglichst großen Mehrwert für das eigene Unternehmen zu erzeugen, beließ es das IT-Team während der Planung nicht bei der geforderten Anbindung an den Kundenmarktplatz. Auch intern sollten bei der Gelegenheit einige Systeme integriert werden. „Wir haben eine Lösung gesucht, mit der wir sowohl Kunden- als auch interne Bestellungen, etwa aus anderen Unternehmensgesellschaften, sowie Aufträge aus dem Web-Shop zusammenführen und an die verschiedenen DV-Systeme zur Verarbeitung weiterverteilen können“, erklärt Bröll die Anforderungen.

In der ersten Projektphase schuf das Unternehmen die Möglichkeit, Bestellungen über den Integration Server entgegenzunehmen. Ein durchgehender, automatischer Vertriebsprozess wurde dabei noch nicht umgesetzt, aus den eingehenden Aufträgen generierte die Integrationsplattform E-Mails im HTML-Format. Diese wurden dann manuell in das ERP-(Enterprise-Resource-Planning-)System eingebucht.

Vor einer durchgängigen Prozessintegration wollte Bardusch zunächst bei den ERP-Systemen einen einheitlichen Standard schaffen. Innerhalb der weltweit aktiven Unternehmensgruppe waren verschiedene Lösungen im Einsatz, darunter auch ältere Systeme, die sich nur schwer in die E-Business-Landschaft hätten einfügen lassen. Die Migration der Niederlassungen auf SAP R/3 hatte Vorrang. Nachdem dieser Prozess weitgehend abgeschlossen war, verband das Unternehmen Ende 2001 den Integration Server mit den verschiedenen SAP-Systemen. Statt HTML-Mails erzeugt die Plattform nun SAP Idocs, die direkt weiterverarbeitet werden können.

Bestellungen entgegenzunehmen ist jedoch nur ein Teil von E-Procurement. Genauso wichtig ist es, den Kunden Kataloge in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Da Bardusch die Einkaufslösung zunächst für Produkte aus dem Bereich persönliche Schutzausrüstung anbietet, ist die Katalogerstellung sehr aufwändig: Jeder Kunde verlangt einen individuell zusammengestellten Katalog, da jedes Unternehmen andere Schutzkleidung für sich zertifiziert hat - zum Beispiel einen bestimmten Sicherheitsschuh. Die Einkäufer dürfen nur die im Betrieb zugelassenen Produkte ordern.

Dabei schließen die Kunden Rahmenverträge über bestimmte Artikel aus dem Sortiment mit dem Zulieferer ab. Auch hätte jeder Einkäufer gerne ein bestimmtes Datenformat, um Artikelstammdaten schnell und bequem in sein eigenes System übernehmen zu können. Dazu führte Bardusch zeitgleich mit der Integrationsplattform das Katalog-Management-Tool „E-Supplier-Link“ der Poet Software GmbHein.

Um die Kataloge zusammenzustellen, werden die jeweiligen Kundenpreislisten und die dazugehörigen Materialstammdaten aus den SAP-Systemen entnommen und mittels der Microsoft-Datenbank „Access“ verbunden. Zusätzlich müssen die Produktdaten mit Bildern und erklärenden Texten ergänzt sowie im Katalog-Management-System aufbereitet und in das jeweilige vom Kunden gewünschte Datenformat übersetzt werden.

Die Katalogerstellung gestaltete sich schwieriger, als das Projektteam zu Beginn gedacht hatte, gesteht Bröll. Hier habe das Projektteam den Aufwand unterschätzt, den das Zusammenführen der verschiedenen Daten aus den ERP-Systemen mit sich bringe. Auch funktional habe die Kataloglösung damals noch einige Schwächen gehabt, teilweise mussten die IT-Mitarbeiter bei Bardusch noch Hand anlegen. Als Beispiel nennt der IT-Leiter das Erzeugen von Daten in BME-Cat, einem speziellen XML-Format für den Austausch von Katalogdaten. Dieses sei im damaligen Release-Stand noch nicht vollständig implementiert gewesen.

Mittlerweile läuft das komplette System zur Zufriedenheit, am Ausbau der Lösung wird gearbeitet. Bardusch möchte seinen Kunden auch die Dienstleistungen im Bereich Miettextilien auf elektronischem Weg zugänglich machen. Bröll sieht da allerdings noch einige Schwierigkeiten: „Wir haben für den Austausch von Dienstleistungsdaten am Markt noch keine vernünftigen Standardformate.“ Auch seien die Einkaufssysteme der Kunden in der Regel nicht geeignet, die Daten einer Dienstleistung so zu verarbeiten, wie sie Bardusch benötige.

Für die Logistik in Krankenhäusern, die zum Beispiel mit sterilen Tüchern für den OP beliefert werden, ist das Unternehmen nun dabei, ein eigenes XML-Modell zu entwickeln. Insgesamt ist Bröll mit dem Projektverlauf zufrieden. Das Budget sei eingehalten und das Umsatzziel für diesen Vertriebsweg erreicht worden. Große Schwierigkeiten während der Einführung habe es nicht gegeben - zumindest auf der technischen Seite: „Das größte Problem ist, dass die Kunden ebenfalls eine entsprechende Infrastruktur schaffen müssen“, erläutert der IT-Leiter. Dazu komme eine gewisse Zurückhaltung bei den Einkäufern selbst. Bestellabwicklungen ohne Unterschrift seien für viele Menschen ungewohnt. Die Mitarbeiter müssten langsam an die neuen Prozesse herangeführt werden.

Hier kann Bröll auf eigene Erfahrungen zurückgreifen: Bardusch beginnt nun, mit dem ersten Zulieferer selbst E-Procurement einzuführen. „Auch wir haben mit dem Bereich Einkauf später angefangen als im Verkauf“, gesteht Bröll selbstkritisch.Keine Skepsis hatten die Vertriebsmitarbeiter bei Bardusch, die inzwischen rund ein Dutzend Großkunden via E-Procurement mit Schutzausrüstung versorgen. Für sie ergab sich durch diese Möglichkeit sogar ein neues Verkaufsargument.

Das Unternehmen

Die Bardusch GmbH & Co. mit Stammsitz in Ettlingen bietet Miettextilien, zum Beispiel Berufs- und Schutzkleidung, Wäschevollversorgung für Krankenhäuser und Pflegeheime sowie persönliche Schutzausrüstungen an. Weltweit zählt das Unternehmen 3000 Mitarbeiter, die rund 65000 Kunden betreuen. Im vergangenen Geschäftsjahr setzte die Bardusch-Gruppe 160 Millionen Euro um - und täglich 275 Tonnen Schmutzwäsche.