Bitkom: Deutsche Behörden bleiben IT-Muffel

27.11.2006
Die deutsche Verwaltung hinke bei der Digitalisierung von Prozessen hinter anderen europäischen Ländern her, kritisiert der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunmikation und neue Medien (Bitkom).

Deutschlands Ämter nutzen kaum das Internet, lautet das Fazit der Bitkom-Verantwortlichen. Während sich in vielen anderen Ländern Behördengänge bereits online erledigen ließen, bliebe dies hierzulande die Ausnahme. Dabei beruft sich der Branchenverband auf eine Studie der Europäischen Kommision zu den Internet-Diensten der öffentlichen Hand (siehe auch: Der Amtsschimmel ist offline). Demnach rangiere Deutschland im Vergleich der 15 EU-Kernländer auf Platz 13. Nur Griechenland und Luxemburg hätten noch schlechter abgeschnitten. "Das ist ein Armutszeugnis", kommentierte Bitkom-Vizepräsident Jörg-Menno Harms das Ergebnis.

Harms warnt weiter vor einer digitalen Spaltung zwischen Staat und Unternehmen. Der Grad der Internet-Nutzung klaffe zwischen beiden Seiten immer weiter auseinander. Im Gegensatz zu Behörden hätten deutsche Unternehmen keine Berührungsängste mit dem World Wide Web, stellt der Bitkom-Vize fest. Elektronische Geschäftsprozesse würden für den überwiegenden Teil der Firmen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Um einer Spaltung zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand entgegen zu wirken, müssten Behörden ihre Verwaltungsvorgänge komplett im Netz abwickeln. "Portale zur Selbstdarstellung reichen nicht aus."

Auch intern knirscht im IT-Betrieb der Behörden Sand im Getriebe, moniert der Bitkom. Demnach gebe es Probleme im digitalen Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Beispielsweise scheint es unter anderem an Standards zu fehlen. So könnten von einer Bundesbehörde erhobene Daten nur schwer von einer Landesverwaltung eingelesen und weiter verarbeitet werden.

Ganz ohne Hintergedanken dürfte die Behördeschelte des IT-Verbands wohl nicht sein. Schließlich machen Anbieter und Hersteller von Kommunikations- und IT-Equipment und -Dienstleistungen gute Geschäfte mit Behörden und Verwaltungen hierzulande. Mit den Appellen, Prozesse stärker zu digitalisieren, hören die Anbieter gleichzeitig ihre eigenen Kassen klingeln.

Unbestritten ist jedoch, dass sich die öffentliche Hand schwer tut mit IT-Projekten. Fehlschläge, wie das jahrelange Gefeilsche um "Herkules", ein Vorhaben, mit die Bundeswehr ihre IT auf Vordermann bringen will, sowie nicht enden wollende Softwareprobleme bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg belegen dies (siehe auch: Bundesrechnungshof nimmt Herkules aufs Korn).

Dabei hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen. Im Jahr 2000 startete der damals amtierende Bundeskanzler Gerhard Schröder mit "Bund Online 2005" ein ambitioniertes IT-Vorhaben. Zahlreiche Dienste des Bundes sollten digitalisiert und Online angeboten werden. "Die Daten sollen laufen, nicht der Bürger", lautete das Motto der Politiker.

Im Herbst vergangenen Jahres zog Innenminister Otto Schily eine positive Bilanz des Projektes (siehe auch: Bund Online: Schily sieht nur Erfolge). 379 Dienste der Bundesverwaltung ließen sich online nutzen. Bund Online 2005 habe gezeigt wie man mit E-Government eine moderne Verwaltung schaffen könne. Rund 1,4 Milliarden Euro hat das Projekt gekostet. Im Gegenzug versprachen sich die Verantwortlichen Einsparungen in Höhe von 400 Millionen Euro jährlich. Inwieweit sich diese Hoffnungen bislang erfüllt haben, teilt man indes nicht mit.

Schon vor einem Jahr mäkelte der Bitkom an der IT-Bilanz der Bundesregierung. Zwei Drittel der Angebote seien reine Informationsdienste, kritisierte Pablo Mentzinis, Bereichsleiter E-Government beim Bitkom. "Der Bund muss Informations- zu Transaktionsangeboten ausbauen." Nur so ließen sich Einsparungen in größerem Umfang erzielen. (ba)