Urheberrecht

Bilder auf der Website sind eine tickende Zeitbombe

23.07.2008 von Dr. Manfred  Fitzner und Nina Heussen
Glauben schützt vor Schaden nicht. Unternehmen und Behörden, die fremde Fotos oder Grafiken zur Illustration von Internet-Präsenzen nutzen, sollten peinlich auf die Bildrechte achten. Sonst zahlen sie möglicherweise drauf.

Kaum ein Unternehmen hat für jedes Bild auf seiner Website eine Lizenzdokumentation. Das ist quasi eine Einladung an den Urheber oder einen Dritten, der die Nutzungsrechte erworben hat. Er kann auf Nutzungsgebühren in relevanten Größenordnungen klagen. Der Streitwert solcher Klagen orientiert sich an den üblichen Lizenzgebühren für ein Jahr. Man kann pro Bild durchaus von einer vierstelligen Eurosumme ausgehen - je nach Bild auch schon einmal mehr.

Ein realer Fall

Dass dies keine bloße Panikmache ist, belegt folgender Fall aus dem Jahr 2003: Eine Unternehmensberatung hatte einer kleinen, feinen Agentur den Auftrag erteilt, ihre Website einzurichten. Das Consulting-Unternehmen gab Struktur und Inhalte vor, Layouts und Visualisierungen gestaltete der Lieferant.

Fünf Jahre später erhielt der Auftraggeber eine Rechnung über rund 1400 Euro - gestellt von einem großen, seit Jahren börsennotierten Unternehmen. Das hatte auf der Website der Unternehmensberatung ein Bild entdeckt, für das es die Rechte besaß, und deshalb Lizenzgebühren erhoben. Die Forderung lautete auf Nachweis der Bildlizenz oder Zahlung der Rechnung. Eine Bildlizenz hatte die Unternehmensberatung aber nicht, und die Agentur, die den Auftrag seinerzeit erhalten hatte, war unterdessen vom Markt verschwunden.

Keineswegs die Ausnahme

Wer Bildnutzungsrechte auf die leichte Schulter nimmt, kommt in Teufels Küche.
Foto: Pitopia/Sageo,2006

Der geschilderte Fall ist Normalität. Vermutlich gibt es heute mehr Unternehmen, die auf ihrer Website Bilder ohne Lizenz verwenden, als solche, die jedem Bild den Erwerb der Lizenz zuordnen und das auch nachweisen können. Das liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen eine Agentur damit beauftragen, ihren Web-Auftritt zu erstellen.

Stellen Sie sich vor: Sie haben eine Agentur einen Web-Auftritt entwickeln lassen, der eine ganze Reihe von Fotos enthält. Eines Tages flattert Ihnen eine Nachforderung von 45.000 Euro für 30 Bilder ins Haus. Wie sich herausstellt, ist die Forderung rechtmäßig. Nun werden Sie versuchen, die geforderte Summe von der Agentur zurückzuholen.

Es ist aber keineswegs sicher, dass die Agentur für den Schaden einzustehen hat. Und falls doch: Was, wenn sie nicht mehr existiert oder zahlungsunfähig ist? In diesem Fall bleiben Sie auf dem Schaden sitzen, allenfalls können Sie mit dem Lizenzgeber einen Vergleich verhandeln. So oder so kosten Management und Lösung dieses Problems viel Zeit und Geld. Um eine Zahlung kommen Sie übrigens auch dann nicht herum, wenn Sie Ihren Web-Auftritt sofort abschalten!

Der juristische Hintergrund

Hinsichtlich der Nutzung fremden Bildmaterials unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Urheber-, Nutzungs- und Verwertungsrechten. Das Urheberrecht liegt immer beim Urheber, in diesem Fall beim Fotografen (mehr zum neuen Urheberrecht unter "Auf einen Blick:"). Die Nutzungs- und Verwertungsrechte kann er allerdings verkaufen.

Ein Unternehmen, das einen Web-Auftritt betreibt, übernimmt die Verantwortung für die dort veröffentlichten Inhalte. Das gilt auch für den Fall, dass es den Web-Auftritt "outsourct". Was bedeutet das konkret für den Fall einer Lizenzforderung für ein verwendetes Bild?

Szenario 1: Mea culpa

Bisweilen werden die fehlenden Lizenzen durch eigene Analyse offenbar. Das Unternehmen stellt also selbst fest, dass es für genutzte Bilder Lizenzen benötigt, sie aber nicht erworben hat. Im einfacheren Fall ist der Urheber bekannt.

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Szenario 2: Urheber unbekannt

Im seltensten Falle entdeckt das Unternehmen, dass es Bilder ohne Lizenz nutzt, aber auch nicht weiß, von wem es die Nutzungsrechte erwerben soll, weil es weder den Urheber noch einen anderen Lizenzgeber kennt.

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Szenario 3: Agentur nicht mehr am Markt

Nehmen wir nun an, das Unternehmen hat die fehlenden Lizenzen nicht selbst entdeckt, sondern es ist eine Lizenznachforderung des Rechteinhabers eingegangen. Wenn die Website von einer Agentur erstellt wurde, wird der Betreiber versuchen, diese in Regress zu nehmen - vorausgesetzt, es handelt sich um einen berechtigten Fall von Urheberrechts-Verletzung. Aber möglicherweise existiert die damals betraute Agentur nicht mehr. Versuche, aus einer Konkursmasse oder nach Liquidation noch Geld zu erhalten, seien hier ausgeklammert.

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Szenario 4: Der Schwarze Peter

Auch hier ist die Lizenznachforderung bereits eingegangen. Aber die Agentur besteht noch. In diesem Fall kann die Forderung vollständig an die Agentur weitergegeben werden - allerdings nur, wenn die Agentur sich nicht von der Rechteprüfung befreit hat.

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Szenario 5: Der Biss auf Granit

Nehmen wir an, Sie versuchen, die seinerzeit mit der Web-Erstellung beauftragte Agentur zur Nachzahlung zu bewegen; diese aber verweigert die Zahlung. Können Sie in diesem Fall etwaige Forderungen abwehren? Welche Verantwortung müssen Sie übernehmen?

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Szenario 6: Außer Landes

Und was ist, wenn die Lizenzen fehlen, die Agentur jedoch irgendwo im Ausland sitzt? Können Sie dann die Forderung abwehren, falls die Agentur eine Zahlung verweigert? Aller Voraussicht nach nicht! Und sich bei der Agentur schadlos zu halten dürfte ebenfalls schwierig werden.

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Was Sie sonst noch wissen sollten

Bevor Sie sich überhaupt auf eine Forderung einlassen oder von selbst tätig werden, müssen Sie wissen, welche Aspekte hier zum Tragen kommen und welche Herausforderungen eventuell auf Sie lauern. Dazu ein paar Stichpunkte:

Ein Fall für die Qualitätssicherung

Um sich vor solchen Praktiken zu schützen, sollten die Unternehmen rechtzeitig eine Eigenanalyse vornehmen. Dazu sind alle Bilder der Internet-Präsenzen aufzulisten sowie die jeweiligen Lizenzdokumente zuzuordnen und zu archivieren.

Eventuell sollte das Unternehmen Lizenzkopien von den Agenturen bestellen. Ob das nötig und sinnvoll ist, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden . Fakt ist jedoch, dass die Rechtsprechung im Zweifelsfall Dokumente einfordern wird. Und die müssen einfach vorhanden sein. (qua)