Pflicht-Disziplin Social Media

Bilanz von Twitter und Facebook mau

10.04.2012 von Werner Kurzlechner
Ihr Auftritt im Web 2.0 ist ein Misserfolg oder lohnt nicht: Unternehmen haben laut BVDW-Studie bisher kaum von Social Media profitiert.

Social Media ist bekanntermaßen ein wichtiger und viel beleuchteter IT-Trend in Unternehmen – mittlerweile auch hierzulande. Wie umfangreich ist aber die Schattenseite der Enterprise-2.0-Aktivitäten? Eine Befragung der Fachgruppe Social Media des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) unter 185 Unternehmen gibt darüber sehr konkret Aufschluss.

So stufen die Befragten die Relevanz von Social Media ein.
Foto: BVDW

Die dunklen Ergebnisse der Studie im Detail: Jedes zehnte Unternehmen klagt bereits über echte Misserfolge mit Social Media. 16 Prozent der Firmen berichten, ihre Aktivitäten hätten sich bisher nicht gelohnt; weitere 23 Prozent beurteilen das Resultat bisher als durchwachsen und mittelprächtig. Fast zwei Fünftel der Anwender sind bisher also keineswegs zufrieden. Knapp 28 Prozent bleiben bislang bei Web 2.0 abstinent. 15 Prozent messen dem Thema keine Bedeutung für ihr Unternehmen bei; weitere 13,5 Prozent sind sich in dieser Frage unschlüssig.

Forrester Social-Media-Tipps
Fünf Tipps für das Social Enterprise
Social Media in Unternehmen wird häufig im Rahmen von Content- und Cololaboration-Projekten eingeführt, um die Zusammenarbeit zu fördern. Damit die Tools ihre Wirkung entfalten, sollten Unternehmen folgende Ratschläge beachten.
Überdenken Sie Ihre Richtlinien
In vielen Unternehmen ist der Zugriff auf öffentliche Netzwerke wie Facebook und Twitter verboten. Das wird Mitarbeiter nicht davon abhalten, auf diese Seiten via Smartphone zuzugreifen. Forrester rät zu Richtlinien, die den verantwortungsvollen Umgang fördern. Dazu sollten aktuelle Policies so aktualisiert werden, dass sie genau beschreiben, was erlaubt und verboten ist.
Fördern Sie frühe Nutzer
Der Netzwerkeffekt von mehreren Millionen Nutzern in öffentlichen Diensten lässt sich nicht kopieren. Hilfreich ist es aber, besonders netzaffine Mitarbeiter zu ermuntern, das interne Social-Media-Profil ähnlich engagiert zu pflegen, wie sie es mit ihren öffentlichen Facebook- und LinkedIn-Seiten tun.
Nutzen Sie die Erfahrung der ­Mitarbeiter
Besonders gut vernetzte Mit­arbeiter können in intensiven Gesprächen wertvolle Hinweise geben, wie und warum sie Social-Media-Plattformen einsetzen. Dazu müssen die Verantwortlichen diese ungewöhnlich aktiven Nutzer identfizieren, und zwar unabhängig davon, ob sie auf internen und externen Plattformen unterwegs sind.
Holen Sie das Management ins Boot
Eine Social-Media-Strategie und ihre Umsetzung braucht Zeit und Ressourcen. Daher rät Forrester, die Unternehmensleitung frühzeitig zu konsultieren. Sie kann bei der Auswahl der Plattform helfen und als aktiver Anwender mit gutem Beispiel vorangehen.
Weniger ist mehr
Wichtig ist ein Tool, dass die zuvor ­formulierten Anforderun­gen der Mitarbeiter erfüllt. Mehrere parallel betriebene Lösungen sind selten hilfreich. Forresters Umfrage hat gezeigt, dass nur wenige Nutzer mehr als zwei Plattformen bedienen wollen.

Social Media fester Bestandteil des Marketing

Es glänzt also nicht immer alles und überall golden, was deutsche Unternehmen in virtuellen Welten anpacken. Das sei vorausgeschickt, denn im Kern spiegelt die Studie den unaufhaltsamen Aufstieg von Social Media auch in Firmen wider. Offen scheint nur die Frage, wie rasant diese Entwicklung weiter geht – und wie lange sich Unternehmen völlige Skepsis noch leisten können.

Als eindeutiges Ergebnis stellt der BVDW fest, dass rund 85 Prozent der Unternehmen Social Media künftig eine sehr hohe Bedeutung zusprechen. „Social Media ist nicht nur in aller Munde, sondern hat sich auch als wesentlicher Bestandteil im Media- und Marketingmix der werbungtreibenden Unternehmen in Deutschland fest etabliert“, konstatiert der Fachgruppenvorsitzende Curt Simon Harlinghausen.

10 Thesen zu Social Media
1. Social Media muss abteilungsübergreifend organisiert werden:
Im Umgang mit Social Media sind "Hobby-Lösungen mit Praktikanten" vorbei. Social Media wird zum Alltag und muss daher abteilungsübergreifend organisiert werden. Der BVDW sieht nicht nur die IT, sondern vor allem auch die Unternehmenskommunikation in der Pflicht.
2. Employer Branding 2.0:
Künftig reicht es nicht mehr, eine eigene Jobbörse auf der Homepage zu schalten und Stellenanzeigen aufzugeben. Bewerber informieren sich in den Netzen über potenzielle Arbeitgeber - und erfahren dabei auch, wie diese von anderen Nutzern bewertet werden.
3. Neue Dynamik in der Produktentwicklung:
Unternehmen lassen immer mehr Informationen in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen einfließen. Social Media liefert Input zur Produktentwicklung und ermöglicht intern wie extern schnelles Feedback. Der BVDW spricht hier von "Adaptive Engineering".
4. Customer-Relationship-Management (CRM) verschmilzt:
Schon in diesem Jahr verschmelzen verschiedener CRM-Bereiche mit Social Media-Komponenten. Leadmanagement, Kundenservice und Kundenbindung sind die ersten Bereiche, in denen Social Media eine zunehmende Rolle spielt.
5. Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf:
2011 werden auch kleinere und mittlere Player auf den Zug aufspringen. Mittelständler, Verbände oder auch Non-Governmental-Organisationen (NGOs) können aus Erfahrungen der "Großen" lernen.
7. Erfolgsfaktor "Social Intelligence":
Social Media Monitoring war bereits voriges Jahr ein großes Thema. Nun geht es darum, Tools weiter zu optimieren. Dabei kreist alles um die Frage, wie und wofür die Daten eingesetzt werden können. Von einer adaptiven Aussteuerung der Kommunikation über die Produktentwicklung bis zur Kundensegmentierung - die Informationen aus dem Social Web bieten viele Möglichkeiten.
8. Auf der Suche nach dem Return on Investment (ROI):
Die Messbarkeit der Maßnahmen gewinnt 2011 an Bedeutung. Bisher mag es ausgereicht haben, dabei zu sein - in Zukunft muss Social Media Ergebnisse erzielen, die messbar sind.
9. Neue Berufsbilder entstehen:
Die Nutzung von Social Media erfordert von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. "Mit Social Media wollen neue Tools und Infrastrukturen bedient werden, zudem muss ein neuer Kommunikationsstil geprägt werden", schreibt der BVDW.
10. Mit dem Launch eines Produktes beginnt die Arbeit erst:
Die klassischen Werbe-Kampagnen reichen nicht mehr aus. Unternehmen nutzen das Engagement und Feedback von Verbrauchern, um an ihren Marken zu arbeiten.
Die Mehrheit rechnet mit steigenden Budgets fürs Enterprise 2.0.
Foto: BVDW

Eine intelligent genutzte Social-Media-Präsenz trage maßgeblich zum gesamten Erfolg des Unternehmens, seiner Marken, Produkte und Dienstleistungsangebote bei. „Für das tägliche Business und insbesondere in der Markenkommunikation gilt Social Media bereits als unverzichtbar – auch für die klare Positionierung direkt innerhalb der gewünschten Zielgruppe“, so Harlinghausen.

Mobile Apps noch unpopulär

Foto: Dirceu Veiga, Fasticon & Sgursozlu, Fotolia

Laut Studie geben rund 72 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Social Media aktuell eine sehr hohe Bedeutung besitzt. Während 74 Prozent aller befragten Unternehmen sich vor einem Jahr deutlich weniger mit Social Media als heute beschäftigten, stimmen 85 Prozent der Aussage zu, dass Social Media in den nächsten zwölf Monaten für ihr Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird.

Über drei Viertel der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass die Budgets für Social Media steigen werden. 61 Prozent erwarten eine mäßige Steigerung ihrer Budgets. 16 Prozent rechnen sogar mit einem starken Anstieg der Budgets. Ganze 19 Prozent planen mit gleichbleibenden Budgets; nur etwa drei Prozent gehen von sinkenden Budgets aus.

In Bandbreite und Intensität der Social-Media-Nutzung gibt es nach wie vor jede Menge Luft nach oben. Genau betrachtet lässt sich das Spektrum in drei Teile zerlegen. Erstens gibt es zwei Aktivitäten, die insbesondere und von einer klaren Mehrheit betrieben werden: 80 Prozent haben ein Profil in sozialen Netzwerken wie Facebook, 62 Prozent sind aktiv beim Microblogging etwa über Twitter.

Zweitens folgen Web-2.0-Kanäle, die immerhin von jeweils etwa 40 Prozent genutzt werden: Videoplattformen und eigene Blogs auf der Firmenhomepage. Drittens befassen sich deutlich weniger als ein Drittel der Firmen mit Mobile Apps, dem Kommentieren fremder Blogs oder mit viralem Marketing oder viralen Gewinnspielen und Aktionen.

Für 83 Prozent der Firmen traten im Rückblick auf die bisherigen Social-Media-Aktivitäten bisher keinerlei Misserfolge auf. Dabei ist jedes sechste der befragten Unternehmen der Meinung, dass sich die bisherigen Aktivitäten in Social Media für das Unternehmen gelohnt haben.

Social Media messbar machen
Alterian
Alterian bietet mit SM2 eine leistungsstarke Lösung für die Überwachung Social-Media-Aktivitäten an. Besonders gelungen sind die Analyse- und Reporting-Funktionen.
Alterian
Alterian bietet mit SM2 eine leistungsstarke Lösung für die Überwachung Social-Media-Aktivitäten an. Besonders gelungen sind die Analyse- und Reporting-Funktionen.
Brandwatch
Brandwatch überwacht eine Vielzahl von Quellen, von Blogs über Firmen-Web-Sites bis hin zu Social-Media-Plattformen.
Brandwatch
Brandwatch überwacht eine Vielzahl von Quellen, von Blogs über Firmen-Web-Sites bis hin zu Social-Media-Plattformen.
CoTweet
Mit CoTweet lassen sich bis zu fünf Twitter-Accounts von einer Konsole aus verwalten.
Gigya
Gigya bietet eine eingängige Benutzeroberfläche, jedoch keine so tief greifendenAnalysefunktionen wie Radian6 oder Alterian.
Hootsuite
Die kanadische Plattform Hootsuite startete als Tool für Twitter, unterstützt jedoch nun auch Dienste wie Facebook, Linkedin und Myspace.
Hootsuite
Die kanadische Plattform Hootsuite startete als Tool für Twitter, unterstützt jedoch nun auch Dienste wie Facebook, Linkedin und Myspace.
Lithium
Lithium spielt dank der reichhaltigen Funktionen in der Königsklasse. Besonders die Workflow-Funktionen können überzeugen.
Lithium
Lithium spielt dank der reichhaltigen Funktionen in der Königsklasse. Besonders die Workflow-Funktionen können überzeugen.
Postling
Der Social-Media-Management-Service Postling ist noch stark auf Kunden in den USA fixiert.
Radian6
Radian6 wurde von der Muttergesellschaft Salesforce.com stärker auf Social-CRM getrimmt. Kein Wunder, ist das doch eines der zentralen Betätigungsfelder von Salesforce.com.
Sendible
Bei Sendible laufen Beiträge von Facebook- und Twitter-Nutzern in einer zentralen Inbox zusammen.
Sendible
Bei Sendible laufen Beiträge von Facebook- und Twitter-Nutzern in einer zentralen Inbox zusammen.
Sendible
Bei Sendible laufen Beiträge von Facebook- und Twitter-Nutzern in einer zentralen Inbox zusammen.
Sendible
Bei Sendible laufen Beiträge von Facebook- und Twitter-Nutzern in einer zentralen Inbox zusammen.
Sysomos
Sysomos Heartbeatist weniger für das Management, sondern die Analyse von Social-Media ausgelegt. Das Tool erlaubt es unter anderem, Social Profiles anzulegen.
Sysomos
Sysomos Heartbeatist weniger für das Management, sondern die Analyse von Social-Media ausgelegt. Das Tool erlaubt es unter anderem, Social Profiles anzulegen.
Sysomos
Sysomos Heartbeatist weniger für das Management, sondern die Analyse von Social-Media ausgelegt. Das Tool erlaubt es unter anderem, Social Profiles anzulegen.
Tweetdeck
Tweetdeck bietet Schnittstellen zu Twitter, Facebook, Foursquare und Linkedin.
Tweetdeck
Tweetdeck bietet Schnittstellen zu Twitter, Facebook, Foursquare und Linkedin.
Tweetdeck
Tweetdeck bietet Schnittstellen zu Twitter, Facebook, Foursquare und Linkedin.
UberVu
UberVu wertet Inhalte aus, die über mehr als 20 Plattformen bereitgestellt werden.
UberVu
UberVu wertet Inhalte aus, die über mehr als 20 Plattformen bereitgestellt werden.

IT-Branche überrepräsentiert

Deutsche Unternehmen seien sehr offen für den Umgang mit Social Media, schlussfolgert Anna-Maria Zahn, Marktforschungsleiterin der BVDW-Fachgruppe. Die große Mehrheit setze bereits auf strategische Maßnahmen und erziele damit individuelle Erfolge. „Diese positiven Erfahrungen werden in steigenden Budgets für Social Media resultieren, von denen die gesamte digitale Wirtschaft in den kommenden Jahren profitieren wird“, so Zahn.

Möglicherweise erscheinen die Studienergebnisse aber etwas sonniger als die Wirklichkeit, weil zwei als eher IT-affin geltende Branchen deutlich stärker im Sample vertreten sind als der Rest: IT und Telekommunikation mit knapp 15 sowie Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister mit über zwölf Prozent. Die Studie "Social Media in Unternehmen" ist beim BVDW erhältlich.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)