Bewerbung: Sorgfalt zahlt sich aus

04.03.2005 von in Ingrid
Kaffeefleck, Rechtschreibfehler oder Serienbrief mit falschem Adressaten - wer seine Bewerbungsunterlagen nachlässig zusammenstellt, vergibt die Chance auf das Vorstellungsgespräch schon allzu früh.

Eine fehlerfreie Bewerbung öffnet Jobsuchenden die Tür zum neuen Arbeitgeber. Deshalb kommt es besonders darauf an, sich und seine Qualifikationen in ansprechender Form und perfekter Verpackung zu präsentieren. Ganz egal, ob die Bewerbung online oder per Post eingereicht wird: Personalchefs erwarten perfekte Unterlagen, die logisch sortiert sind und aus denen schnell ersichtlich wird, ob der Kandidat sich mit den Anforderungen an den Job, dem Arbeitgeber in spe und dem Branchenumfeld des Unternehmens auseinander gesetzt hat und die geforderten Qualifikationen mitbringt.

Haben sich dagegen Fehler eingeschlichen oder sind die Unterlagen gar schlampig zusammengeschustert, kommt keine zweite Chance, sondern die Absage. Über die passende Form einer Bewerbung gehen die Meinungen zwar mitunter auseinander, doch in einem sind sich alle einig: Sorgfalt zahlt sich aus, die Bewerbungsmappe gilt als erste Arbeitsprobe auf dem Weg zum neuen Job.

Online-Bewerbung

In vielen Unternehmen lösen Online-Bewerbungen immer stärker die klassische Mappe ab, allerdings gelten auch hierfür die gleichen Qualitätsstandards. "Die Kandidaten nehmen die Online-Bewerbung inzwischen eher ernst und machen weniger Fehler", beobachtet Marcus Fischer, bei Audi in Ingolstadt für das Personal-Marketing in den neuen Medien zuständig. Aber auch für die Bewerbung via Internet gilt: Eine zweite Chance gibt es nicht.

Marcus Fischer, Audi: "Bewerber nehmen die Online-Bewerbung inzwischen ernster und machen weniger Fehler."

Viele Unternehmen erlauben nur noch die elektronische Bewerbung anhand eines vorgegebenen Bewerbungsbogens. Sollen die Unterlagen als E-Mail an das Unternehmen versandt werden, empfiehlt sich als Datenformat die bewährte PDF-Datei; die elektronische Mappe sollte nicht größer als ein Megabyte sein. Eine elektronische Bewerbung hat Vor- und Nachteile: Sie ist schnell verschickt, doch wenn es mit der Rechtschreibung hapert oder unübliche Datenformate verwendet werden, verderben sich selbst Kandidaten, die von ihrer Qualifikation her für den Job geeignet wären, ihre Chancen.

Mittlerweile etablieren sich deshalb auch im E-Recruiting Standards, die Jobsuchende kennen sollten. Die Buchautorin Svenja Hofert empfiehlt in ihrem Ratgeber "Stellensuche und Bewerbung im Internet" aus dem Humboldt-Verlag beispielsweise, zunächst nur Anschreiben und Lebenslauf zu verschicken, und rät davon ab, Bilder, Tabellen oder exotische Schrifttypen zu verwenden. Auch mit Komprimierungsprogrammen seien viele Empfänger überfordert. Die elektronische Bewerbung sollte nach Möglichkeit nicht über E-Mail-Dienste wie GMX oder Web.de verschickt werden, da angehängte Werbebotschaften unpassende Inhalte enthielten. Ebenso empfiehlt die Expertin, keine Eingangsbestätigung vom Adressaten zu verlangen, sondern nach einer Woche zum Telefonhörer zu greifen und persönlich nachzufragen.

Tipp: Personaler wollen perfekte Unterlagen, mit denen sie auf einen Blick entscheiden können, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle in Frage kommt. Sie rücken sich und Ihre Qualifikation schneller ins Rampenlicht, wenn Sie Ihre Unterlagen übersichtlich gestalten und gängige Fehler vermeiden. Es hilft, sich in die Position ihres Gegenübers hineinzuversetzen und zu überlegen, welche Informationen ihm die Entscheidung erleichtern.

Von Verweisen auf eine eigene Bewerber-Homepage oder eine mitgeschickte CD-ROM, auf der Personal-Manager sich die benötigten Unterlagen selbst zusammen suchen müssen, wollen die wenigsten Personalabteilungen etwas wissen. Lediglich für Bewerbungen von Web-Designern sind diese Formate erlaubt. Ansonsten interpretieren viele diese umständlichen Bewerbungswege als schlechten Stil und fehlenden Service am künftigen Arbeitgeber. Dagegen kann es durchaus sein, dass Arbeitgeber Google ansteuern, den Namen des Bewerbers eintippen und sich informieren, in welchen Internetforen denn die künftigen Mitarbeiter unterwegs sind. Wenn die Suchmaschine halbseidene Zitate oder gar Anstößiges zutage bringt, kann sich das negativ auf den weiteren beruflichen Werdegang auswirken.

 

Das Anschreiben

Mit dem Anschreiben begründen Bewerber, wieso sie sich für die ausgeschriebene Stelle bewerben. Sie zeigen dem Adressaten auf, welche Qualifikationen sie mitbringen, was sie motiviert und weshalb sie die richtige Person für die ausgeschriebene Stelle sind. Die Kunst eines gelungenen Anschreibens liegt gerade darin, den Adressaten zwar neugierig zu machen, aber sich gleichzeitig nicht in allzu vielen Allgemeinplätzen zu verlieren und den Lebenslauf nicht schon vorwegzunehmen. Sätze wie dieser, den ein Bewerber in seinem Anschreiben verwendete, gilt es zu vermeiden: "Sehr geehrter Herr Arbeitgeber, aus dem Internet habe ich Informationen über Ihre Fa. gewonnen. Ich habe Interesse an der ausgeschriebenen Stelle, ich möchte meine Fähigkeiten in der Praxis einsetzen und würde Sie bitten, hierfür eine Möglichkeit zu finden." Das überzeugt niemanden, schon gar nicht einen Personal-Manager.

Yasmne Limberger, Avanade: "Wenn der Bewerber nicht zum Punkt kommt, hinterlässt er einen schlechten Eindruck."

Personalverantwortliche wollen dezent umworben werden, reagieren aber meist allergisch, wenn Bewerber zu dick auftragen oder wenn sie nur langweilig den beigefügten Lebenslauf herunterbeten. Der Bewerber sollte auf wichtige Punkte des Lebenslaufs hinweisen, die für den ausgeschriebenen Job gefragt sind. Tim Ackermann, Personal-Manager und zuständig für Recruitung bei der Deutschen Bank, empfiehlt für das Anschreiben die "Ich-Sie-Wir-Formel": "Bewerber sollten aus dem Lebenslauf die Punkte aussuchen, die für die ausgeschriebene Stelle interessant sind, auf unser Unternehmen eingehen, aber Floskeln wie "Sie als Marktführer" vermeiden." Mit der "Wir-Formel" sollten Kandidaten versuchen zu umschreiben, wie sich seine Qualifikation zum beiderseitigen Nutzen einsetzen lässt. "Bewerber verkaufen sich mit dem Anschreiben. Ihre Motivation und Technikbegeisterung sollte rüber kommen", fordert Yasmine Limberger, verantwortlich für das Recruiting des

Beratungsunternehmens Avanade aus Kronberg im Taunus.

Kreative Anschreiben sind weniger gefragt, dafür zählt Projekt- und Berufserfahrung. "Bewerber sollten sich möglichst konkret ausdrücken und Allgemeinplätze vermeiden; außerdem erwarte ich eine Selbsteinschätzung der Person", erklärt Cüneyt Özcan, Personalvermittler von Eon IS (vormals IS Energy) in Hannover. Auch Angaben zum Gehaltswunsch und frühesten Einstiegstermin gehören für Özcan in das Anschreiben.

Um sich nicht schon mit dem Anschreiben ins Abseits zu katapultieren, sollten Bewerber folgende Fehler vermeiden:

- DIN-Normen eines Geschäftsbriefs beachten; das Anschreiben sollte - wenn möglich - nicht länger als eine Seite sein;

- Adressat: Serienbriefe mit falschen Ansprechpartnern und falschem Firmennamen sind allen Personalern ein Gräuel (das geht vermutlich allen Menschen so - niemand möchte mit falschem Namen angesprochen werden.)

Tipp: Sie sammeln Pluspunkte, wenn sie ihr Schreiben statt mit der allgemeinen Formel "Sehr geehrte Damen und Herren" mit dem Namen des zuständigen Ansprechpartners (der meist in der Stellenausschreibung genannt wird) beginnen. "Wichtigtuer, die sich entgegen den Kontaktangaben in der Stellenanzeige mit ihrem Schreiben direkt an die Geschäftsleitung wenden oder im Anschreiben schon verlangen: "Ich erwarte ihre baldige Antwort", fallen unangenehm auf", weiß Brigitte Schaffer, Personalchefin des Softwarehauses Soft M aus München zu berichten.

- Rechtschreib-, Tipp- und Grammatikfehler sind absolut tabu.

- Realistische Karriereplanung. Firmen erwarten, dass sich die Bewerber mit dem potenziellen Arbeitgeber auseinander setzen. Zwar bieten gerade international tätige Unternehmen viele Chancen, doch das Anschreiben sollte trotzdem auf die ausgeschriebene Stelle zugeschnitten sein. "Wenn Bewerber nicht darstellen, was sie für die ausgeschriebene Stelle interessant macht, sondern uns das Gefühl geben, dass wir das Reisebüro für den Job im Ausland sind, sinken die Chancen beträchtlich", bringt es Fischer von Audi auf den Punkt.

- Keine ausufernde Vergangenheitsbeschreibung. Marcus Fischer empfiehlt, im Anschreiben nicht zu ausführlich in der Vergangenheit zu schwelgen, negative Aussagen - etwa zu früheren Arbeitgebern - zu vermeiden und sich nicht als Opfer widriger Umstände zu präsentieren oder zu jammern.

Lebenslauf

Cool sein reicht nicht.

Foto: Joachim Wendler

Ob Bewerber mit ihrer Schulbildung beginnen und dann chronologisch fortfahren oder mit der aktuellen Position und dann ihre Ausbildungsstationen auflisten, bleibt den Vorlieben des Schreibenden überlassen. Beide Formen haben ihre Vor- und Nachteile, und in diesem Punkt zeigten sich die befragten Personalexperten großzügig - allerdings wird erwartet, dass der Lebenslauf logisch und in tabellarisch übersichtlicher Form aufgebaut wird. Auch hier sollten Bewerber an den Adressaten denken und nur jene Praktika oder Hobbys aufnehmen, die auch einen Bezug zur angestrebten Position herstellen. Als optimale Länge gelten zwei Seiten; ausführlichere, romanhafte Elaborate empfinden viele Firmen als Zumutung.

Der europäische Lebenslauf erfreut sich wachsender Beliebtheit. Bewerber tun gut daran, sich an die üblichen Standards zu halten, beispielsweise die tabellarische Darstellungsform zu wählen. "Im CV nicht originell sein", rät Tim Ackermann den Bewerbern: "Sie sollten im Lebenslauf einer logischen Struktur folgen und immer im Standard bleiben; Individualität können Sie im Anschreiben zeigen. Allerdings beachten rund 30 Prozent der Bewerber diese Mindestanforderungen nicht, packen zu viele Informationen in den Lebenslauf und wählen nicht das Passende für die ausgeschriebene Stelle aus", so der Recruiter der Deutschen Bank. Auch der Eon-IS-Mann Özcan beklagt sich über die fehlende Struktur und Übersichtlichkeit vieler Lebensläufe. "Die Reihenfolge ist mir egal, aber wenn ich mir alles zusammensuchen muss, kostet mich das zu viel

Zeit", fasst er seine Erfahrungen zusammen.

Lücken im Lebenslauf sind ein weiterer Stolperstein. Wenn nicht alles reibungslos verlief zwischen dem Studienabschluss und der ersten Anstellung oder dem ersten und den folgenden Jobs Lücken klaffen, sollten Bewerber diese erklären. "Die Bewerber sollten hier ehrlich bleiben und beispielsweise nicht Arbeitslosigkeit mit fingierten Projekten oder Sabbaticals zu verschleiern versuchen", empfiehlt Özcan. Selbst wenn die Vita eines Jobsuchenden trotzdem überzeugend wirkt und ein Vorstellungsgespräch folgt, werden spätestens dort Erklärungen erwartet. "Unerklärte Lücken im Lebenslauf sind ein wichtiges Thema im Vorstellungsgespräch", so Schaffer von Soft M. Bewerber vermeiden deshalb peinliche Situationen, wenn sie diese Phasen schon vorher erklärt haben.

Ein weiterer Negativpunkt: Fehlt die Unterschrift unter einem Lebenslauf oder ist das Datum nicht aktuell, da die Bewerbung als Serien-E-Mail an mehrere Arbeitgeber gleichzeitig adressiert wurde, signalisiert das nach Meinung der Personalchefin Desinteresse und fällt negativ ins Gewicht. "Unpassend finde ich auch, wenn sich bei uns jemand unaufgefordert in Englisch bewirbt", gibt Schaffer zu bedenken. Fehlende praktische Berufserfahrungen, etwa durch Praktika oder Jobben, und mangelnde Englischkenntnisse gelten für Berufseinsteiger als Ausschlusskriterien bei Audi, dafür zeigt sich der Autobauer bezüglich Abschlussnote und Studiendauer großzügiger. "Ein FH-Absolvent mit zwölf Semestern und ein Uni-Absolvent mit 14 Semestern haben durchaus Chancen, wenn sie ihre Studiendauer auch begründen können. Ingenieure sollten ihr Examen nicht schlechter als 3,0 und alle anderen nicht schlechter als mit der Note 2,7 abgeschlossen haben. Allerdings ist die Konkurrenz unter

den Bewerbern dann wesentlich größer", gibt der Audi-Mann zu bedenken.

Die dritte Seite

In den letzten Jahren propagieren einige Bewerbungsratgeber opulente Bewerbungsunterlagen; dazu gehört auch die so genannte "dritte Seite", auf der nochmals die schon im Lebenslauf zitierten Berufserfahrungen erläutert und die Qualifikation für den Job dargestellt werden. Die Meinungen über Sinn und Unsinn dieser Informationen gehen weit auseinander. "Alles Quatsch", sagen die einen und empfehlen, die Informationen in Anschreiben und Lebenslauf unterzubringen, andere schwärmen vom "i-Tüpferl" einer Bewerbung. In dieser Frage ist also guter Rat wirklich teuer.

Audi, die Deutsche Bank oder auch Eon IS legen keinen Wert auf eine dritte Seite. Dagegen freut sich Schaffer über ein extra beigelegtes Qualifikationsprofil: "Jemand wird greifbar mit seiner beruflichen Erfahrung, und es wird genau nachvollziehbar, wie nahe der Bewerber dem Anforderungsprofil kommt", so Schaffer.

Bewerbungsfoto

Unpassende Fotos verschlechtern die Chancen der Bewerber.

Seriosität ist hier oberste Maxime; Urlaubsfotos, Schnappschüsse, Ablichtungen in allzu lässiger Kleidung oder unscharfe Bilder mit der eigenen Digitalkamera mögen zwar für Erheiterung im grauen Alltag eines Personalers sorgen - dem Bewerbern schaden sie nur. Deshalb lohnt es sich, sich im adretten Outfit in ein professionelles Fotostudio zu gehen. Das gilt auch für das Vorstellungsgespräch: Bevor Sie sich auf den Weg machen, sollten Sie Ihre Kleidung kritisch begutachten. Frauen sollten transparente und schulterfreie Kleidung ebenso vermeiden wie T-Shirts mit Spaghettiträgern oder tiefe Ausschnitte; Männer sollten Anzug und Krawatte statt karierter Flanellhemden tragen. Ein gepflegtes Äußeres ist selbstverständlich.

"Jemand, der sich allzu salopp auf einem Foto präsentiert, hat nicht verstanden, worum es geht", interpretiert Fischer die misslungene Selbstdarstellung. Auch Ackermann von der Deutschen Bank erhält immer noch Bewerbungen mit Urlaubsfotos. "Das zeugt von fehlendem Respekt gegenüber dem Arbeitgeber; Respekt erwartet der Bewerber ja auch vom Unternehmen", so der Personal-Manager. "Ein Foto gehört für uns auf jeden Fall zu einer Bewerbung dazu", erklärt Schaffer. Allerdings sollte es nicht mit einer Büroklammer am Lebenslauf befestigt sein.

Die Avanade-Personalfrau Limberger dagegen erwartet im ersten Bewerbungsschritt noch kein Foto. Deplatziert wirken ihrer Meinung nach selbst fabrizierte Digitalfotos mit Fußballpokalen im Hintergrund, um nur ein Beispiel aus ihrem Erfahrungsschatz zu zitieren.

Tipp: Die meisten Personalchefs suchen das Foto in der rechten oberen Ecke des Lebenslaufs. Ob eingeklebt oder in guter Qualität gescannt, bleibt dem Bewerber überlassen. Frauen wirken erfolgreicher und kompetenter, wenn sie maskulin aussehen, ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie. Deshalb sollten Bewerberinnen grelle Farben, opulenten Schmuck und zu viel Make-up vermeiden.

Telefonisches Vorgespräch

Bevor Yasmine Limberger geeignete Kandidaten zum persönlichen Vorstellungsgespräch einlädt, führt sie und ein Kollege aus der Fachabteilung jeweils ein Telefoninterview, um grundsätzliche Fragen zu klären und einen ersten Eindruck zu gewinnen. "Wir sprechen jeweils rund 45 Minuten mit den Bewerbern. Ich kläre noch Fragen zum Lebenslauf, Gehaltswünsche, Einstiegstermin und Englischkenntnisse ab. Im zweiten Teil des Interviews geht es darum, das technische Wissen unter Beweis zu stellen." Bewerber sollten sich auf diese Hürde gut vorbereiten; rund 30 Prozent scheitern bereits hier.

"Wir vereinbaren einen Gesprächstermin mit den Interessenten und erwarten, dass sie sich Zeit nehmen. Wenn Bewerber aber während dieses Telefonats nebenher essen, Kinder lärmen, Töpfe klappern oder zwischendurch noch Handyanrufe entgegengenommen werden, dann macht das einen sehr unprofessionellen Eindruck", so die Recruiterin. Auch ausschweifende Antworten wirken als Ausschlusskriterium: "Wenn jemand nicht zum Punkt kommt, Fragen nicht beantwortet oder selbst keine Fragen stellt, hinterlässt das einen schlechten Eindruck."

Vorstellungsgespräch

"Wir wollen ein Gespräch mit den Bewerbern führen und uns mit ihnen austauschen; deshalb führen wir keine Stress-Interviews. Ganz im Gegenteil: Personaler sollten versuchen, den Bewerbern ihre Nervosität zu nehmen", so Fischer von Audi. Fragen zu Arbeitszeit und Gehalt hält er für legitim, allerdings sollten das nicht die ersten und einzigen Fragen des Bewerbers sein. Meistens stehen ein bis zwei Vorstellungsgespräche auf dem Programm.

Abhängig von der angestrebten Position können Bewerber bei der Deutschen Bank durchaus mit drei oder mehr Einzelgesprächen rechnen, von denen mindestens eines in englischer Sprache geführt wird. "Positiv fällt auf, wer zeigt, dass er sich über seinen Arbeitgeber in spe detailliert informiert hat", verrät Ackermann. Eine fundierte Vorbereitung gehört deshalb unbedingt dazu.

Cüneyt Özcan spricht im Vorstellungsgespräch mit den Bewerbern anhand des Lebenslaufs vor allem auch über die Motivation für den Job und klärt eventuelle Unstimmigkeiten ab. Das Gespräch mit der Fachabteilung von Eon IS richtet sich nach dem jeweiligen Anforderungsprofil. "Oft wechsele ich während des Gesprächs vom Deutschen ins Englische, um die angegebenen Sprachkenntnisse auch zu testen. Deshalb ist es besser, im Lebenslauf nicht zu schwindeln, sondern besser ist es, den Wissensstand ehrlich anzugeben. Nicht für jede Position muss der Bewerber verhandlungssicher Englisch sprechen." Einen ganz schlechten Eindruck hinterlässt, wer die Branche des Unternehmens oder dessen Produkte nicht kennt.

Diese Fehler sollten Sie vermeiden:

- Unpünktlichkeit wird nicht entschuldigt.

- Desinteresse: Wer keine Fragen stellt, wirkt wenig überzeugend.

 Allgemein übliche Höflichkeitsformeln sollten Sie beachten: "Wir bieten den Bewerbern immer ein Getränk mit Glas an; ein Bewerber hat aber lieber direkt aus der Flasche getrunken", erzählt Schaffer noch heute sichtlich überrascht.

Bewerbungen gelten als erste Arbeitsprobe.

Ein weiterer Fauxpas ist einseitiger Blickkontakt während des Gesprächs. "Manche Bewerber konzentrieren sich sehr stark auf die hierarchische Position und nicht auf denjenigen, der ihnen die Frage stellt. Einen schlechten Eindruck hinterlässt es auch, wenn die Gehaltsfrage im Mittelpunkt des Gesprächs steht, keine Fragen gestellt werden oder sich jemand mit laschem Händedruck verabschiedet. "Wer die von uns verteilte Infomappe liegen lässt, scheint sich nicht für uns zu interessieren." Wenn angehende Softwareentwickler im Vorstellungsgespräch weniger reden, sei das okay; dagegen wirken Schweigen und Nervosität bei einem Vertriebsmitarbeiter als unpassend.

Kleidung - Kleider machen Leute

Foto:

Mit einem seriösen Business-Outfit sind Bewerber immer auf der sicheren Seite. "Ein Gespür für die richtige Kleidung ist bei den Bewerbern auf jeden Fall da; selbst wenn Hochschulabsolventen in ihrem guten Anzug oft noch ein wenig unbeholfen wirken", erzählt Fischer von Audi mit einem Augenzwinkern. "Hier machen die Bewerber nur noch selten Fehler", so auch die Erfahrung von Ackermann, denn das Umfeld ist bekannt und die Kleiderordnung der Banker ebenfalls. Auch Limberger erwartet von angehenden Beratern Anzug und Krawatte für das Vorstellungsgespräch. "Sind Bewerber schlampig gekleidet, entspricht meist die ganze Person nicht den Ansprüchen an den Job", so die Erfahrung der Personalerin.

Wie das Outfit eines Bewerbers aussieht, der zu Eon IS zum Vorstellungsgespräch kommt, hängt von der ausgeschriebenen Position ab. "Kundenorientierung ist uns sehr wichtig; deshalb sollte auch die Kleidung entsprechend ausgewählt sein. Wer sich für eine Position als Help-Desk-Mitarbeiter bewirbt, muss nicht zwingend mit Anzug und Krawatte erscheinen."

Zeugnisse

Viele Unternehmen erwarten von Hochschulabsolventen, dass sie neben dem Abschlusszeugnis ihrer Bewerbung auch das Abiturzeugnis beilegen. Lediglich bei Bewerbern mit Berufserfahrung kann darauf verzichtet werden. Praktikums- und Arbeitszeugnisse gehören ebenso in die Mappe.

Den nächsten Karriereschritt wagen

Gerhard Winkler berät Bewerber persönlich, per E-Mail und auf seiner Website www.jova-nova.com. YOUNG PROFESSIONAL wollte von ihm wissen, wie sich Jobsuchende vorteilhaft präsentieren können.

Gerhard Winkler, www.jova-nova.com

YP: Personal-Manager sind anspruchsvolle Wesen, die wenig Zeit haben und wählerisch sind. Wie können Bewerber deren hohen Ansprüchen genügen?

Gerhard Winkler: Es ist eine sichere Wette, dass die unaufwändige und zurückhaltende, auf die Kerninformationen eingedampfte Bewerber-Präsentation dort am besten ankommt. Mein Rat an alle, die gern zum Info-Overkill beitragen: Verzichten Sie auf große Worte, sparen Sie sich Höflichkeitsfloskeln, präsentieren Sie sich klar und eindeutig. 1700 bis 2000 Anschläge genügen für Jobwechsler.

YP: Manche Bewerbungsratgeber empfehlen, opulente Bewerbungsmappen zu verschicken. Was halten Sie von zusätzlichen Nettigkeiten wie der schon länger in Mode gekommenen "Dritten Seite"? Übereifrige fügen mittlerweile sogar ein Inhaltsverzeichnis hinzu und schmücken die Mappe mit einem Deckblatt. Was ist nötig, was lästig für den Empfänger?

Winkler: Ich verstehe, dass sich für erfahrene Verwaltungskräfte die Idee von einer gelungenen Präsentation in einem möglichst prallen Dossier niederschlägt. Gegen den konzeptionellen Ansatz "Erschlag den Adressaten" ist nichts einzuwenden, sofern man sich bei Menschen mit einem leeren Schreibtisch und mit aller Zeit der Welt vorstellt. Bewerbung ist Business. Erwünscht sind kurze Briefings und die Präsentation, die gleich zur Sache kommt.

YP: Die schwierigste Übung aus Sicht der Bewerber dürfte ein ansprechendes Anschreiben sein. Die möglichen Fehler sind bekannt - nur: Wie lässt es sich besser machen? Haben Sie ein paar Tipps parat?

Winkler: Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich auf meiner Site alle Tricks und Techniken hergebe und mich die Jobsuchenden dennoch beauftragen. Im Anschreiben bringe ich ohne jede Einleitung das aus Jobanbietersicht stärkste Argument und zähle dann alle weiteren faktischen und belegbaren Argumente in absteigender Relevanz auf. In den ersten Absatz packe ich nichts als pure Joberfahrung. Im zweiten Paragraphen bündle ich Abschlüsse, Kenntnisse und erworbene Kompetenzen. Im letzten Absatz lege ich dem Personaler nahe, wie er reagieren soll.

YP: Bewerber sollen glaubhaft vermitteln, dass sie die richtige Person für den Job sind. Wie können sich Jobsuchende überzeugend präsentieren?

Winkler: Bewerber haben einfach - wie jedermann - Angst, sich zu exponieren. Auf lange Sicht beruflich erfolgreich sind weder die Schüchternen noch die Blender, sondern Leute, die klar und deutlich Position beziehen: Ich bin der und der. Ich kann das und das. Meine Expertise beruht auch auf dieser Ausbildung und auf jenen Weiterbildungen.

YP: Originalität ist im Bewerbungsprocedere selten gefragt. Trotzdem möchte jeder Bewerber überzeugen. Gibt es kleine, dezente Tricks?

Winkler: Klienten, die schon ein gutes Foto haben, rate ich, in einen außergewöhnlich guten Werbefotografen zu investieren. Ich nutze alle Überredungskunst, damit Bewerber in ordentliche Business-Klamotten wechseln. Aber immer dort, wo es um einen Text, um etwas Geschriebenes geht, muss der Text für sich sprechen. Alle Aufwertung durch Material, Papier und edle Mappe scheitert, wenn man sich nicht durch seine Worte positiv abhebt.

YP: Zurzeit werden viele Unternehmen mit Bewerbungen überhäuft. Für Bewerber beginnt dann die schwierige Zeit des Wartens. Wann dürfen sie nachfragen? Winkler: Es gibt die Storys von Bewerbern, die nachtelefoniert, die Aufmerksamkeit eines überlasteten Jobanbieters gewonnen und sich so in den Job hineingeredet haben. Aber meistens hören Sie von Leuten, die nur erfahren, dass sie nerven. In der Personalbeschaffung können vier bis sechs Wochen vergehen, bis man richtig in die Gänge kommt.

YP: Was ist der größte Bewerbungsfehler?

Winkler: Es gibt nur einen wirklich schlimmen Fehler: Sich nicht trauen, den nächsten Karriereschritt zu gehen.