"Ich bin der Beste!" - keine Diskriminierung

Bewerber wird Opfer von Selbstüberschätzung

22.03.2011 von Renate Oettinger
Gericht entscheidet weder für Schadensersatz noch für Prozesskostenhilfe für eine Klage wegen angeblicher Benachteiligung.
Foto: runzelkorn - Fotolia.com

Das Landesarbeitsgericht Köln hat einem 61-jährigen Mann Prozesskostenhilfe versagt, der auf Schadenersatz wegen Altersdiskriminierung gemäß § 15 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) klagt. Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Leiter des Fachausschusses "Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen" des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf den am 24.02.2010 veröffentlichten Beschluss des Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 10.02.2010 - 5 Ta 408/09.

Der Kläger hatte sich am 06.03.2010 um eine Stelle als Vertriebsleiter mit 15 unterstellten Mitarbeitern beworben. Vor Gericht behauptet er, die Personalleiterin habe ihm in einem Gespräch im Juli 2009 erklärt, er sei zu alt und passe nicht in das Vertriebsteam. Das Landesarbeitsgericht hat die Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil davon auszugehen war, dass der Kläger für die Stelle offensichtlich ungeeignet war, betont von Bredow.

Er hatte jedenfalls seit 1986 nach seinen eigenen Bewerbungsunterlagen als Selbstständiger ohne Personalverantwortung gearbeitet, während die Stellenanzeige bereits erworbene Erfahrungen in ähnlicher Position wie der eines Leiters der Vertriebsabteilung verlangte. Dass das Alter bei der Ablehnung tatsächlich keine Rolle gespielt hat, stand für das Landesarbeitsgericht auch deshalb fest, weil der Kläger im Juli unangemeldet bei der Firma erschienen war, ein Gespräch mit der Personalleiterin gefordert und, ohne das übrige Bewerberfeld zu kennen, behauptet hatte, der bestqualifizierteste Bewerber zu sein. Aus einer solchen Provokation und Selbstüberschätzung - so das Landesarbeitsgericht - habe die Firma nur den Schluss auf die fehlende Eignung ziehen können. Von Bredow empfiehlt, dies zu beachten und bei aufkommenden Fragen dazu Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:

Frhr. Fenimore von Bredow, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Leiter des VdAA-Fachausschusses "Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen", c/o Domernicht, v. Bredow, Wölke, Köln, Tel.: 0221 283040, E-Mail: v.bredow@dvbw-legal.de, Internet: www.dvbw-legal.de und www.vdaa.de.

Karriere-Irrtümer
In Sachen Bewerbung ...
... kann man viele Fehler machen, wie Karrierecoach Martin Wehrle in seinem "Lexikon der Karriere-Irrtümer" zeigt. Klicken Sie sich durch weiterverbreitete Fehleinschätzungen.
1. Je mehr Bewerbungen man schreibt, desto höher der Erfolg
Blinde Schüsse mit der Schrotflinte, auch „Blindbewerbung“ genannt, bringen wenig. Eine Topbewerbung ist ein maßgeschusterter Aschenputtel-Schuh: Sie darf nur an den Fuß dieser einen Firma passen.
2. Wenn gewünscht, sollte ich meine Gehaltsvorstellung im Anschreiben nennen.
Wer eine Gehaltsspanne von 30.000 bis 40.000 Euro angibt, verrät dem Unternehmen zweierlei: Erstens wären Sie bereit, den Job für 30.000 Euro zu machen- warum sollte man Ihnen dann mehr bieten? Zweitens scheinen Sie im Vorfeld schlecht recherchiert zu haben; sonst wären Sie in der Lage, ein konkretes Gehalt zu nennen.
3. E-Mails dürfen formlos sein
E-Mails vermitteln Botschaften unübertroffen schnell – auch die Botschaft, dass der Absender keine Manieren hat! Unhöflichkeit bleibt Unhöflichkeit, Fehler bleibt Fehler. Und wie steht es damit, kleine Schludrigkeiten durch Smilies zu entschuldigen? Keine gute Idee, denn die Emoticons haben in Geschäftsmails nichts verloren.
4. Ständige Erreichbarkeit wird als Zeichen für hohes Engagement gewertet
„Wenn der Chef mich anruft, stehe ich dreißig Sekunden später bei ihm auf der Matte.“ Gut, Sie sind schnell zur Stelle. Aber daraus lassen sich auch andere Schlüsse ziehen. Zum Beispiel der, dass Sie nicht viel zu tun haben, womöglich den ganzen Tag auf Kommandos des Chefs warten.
5. Fortbildungswillige Mitarbeiter sind gern gesehen
Der Bewerber war so oft auf Fortbildung, dass seine Qualifikation nur eine winzige Frage offen lässt: Wann hat der Kerl eigentlich gearbeitet? Fortbildungswille ist äußerst gern gesehen, aber nur nach Feierabend, wenn er die Firma keinen Cent und keine Minute kostet. Ansonsten werden Weiterbildungen oft nach den Notarzt-Prinzip vergeben: Man operiert erst, wenn es nicht mehr anders geht.
6. Der autoritäre Führungsstil hat ausgedient
Doch unter dem demokratischen Deckmantel verbergen sich oft die Ellbogen autoritärer Führung. Zwar dürfen die Mitarbeiter den Speiseplan in der Kantine und den Bildschirmschoner ihres Computer bestimmen – aber keiner fragt sie, wenn wesentliche Entscheidungen anstehen, etwa ein Umzug, eine Fusion, eine Änderung der Geschäftsstrategie.
7. Manager haben einen sichern Job
Was haben Militärpiloten und Topmanager gemeinsam? Den Schleudersitz! CEO´s sind nicht nur Meister im Entlassen sondern auch im Entlassenwerden! Im Jahr 2006 räumte weltweit fast jeder siebte CEO seinen Sessel, in Europa sogar jeder sechste – eine Hälfte „unfreiwillig“, die anderen im gegenseitigen Einvernehmen.