Bewerber brauchen Basiswissen

18.12.2003 von Wolfgang Miedl
Der IT-Arbeitmarkt stagniert. Mit dem Aufkommen neuer Technologie-Hypes wie Web-Services, Java oder .NET sind aber Experten mit zeitgemäßem Wissen gefragt. Bringen diese Technologien den Arbeitsmarkt wieder in Schwung?

Der Web-Services-Boom ist von der Krise kaum beeinträchtigt worden. Die Industrie wird nicht müde, Einigkeit in den Kernfragen dieser neuen Basistechnologie zu demonstrieren, die den Markt revolutionieren soll. Java/J2EE ist in großen Unternehmen längst etabliert, hier könnten Experten gefragt sein. Auch Microsoft schickt sich mit dem noch jungen .NET-Konzept an, seinen Kundenstamm von einem großen Technologieschwenk zu überzeugen.

Doch wie wirken sich diese IT-Trends auf den Arbeitsmarkt und die Einstellungschancen aus? Christoph Dambeck, Personalleiter von Cap Gemini Ernst & Young, erklärt, dass eine Fokussierung auf Web-Services viel zu eng wäre, um den Anforderungen seines Unternehmens zu entsprechen: "Die ideale Vorbereitung ist ein möglichst breit angelegtes Studium, das mit Praktika bei Beratungen ergänzt wird." Je nach Projekt werden die Berater auf die entsprechenden Technologien geschult.

Hier sieht Dambeck beide Seiten in der Pflicht: Von den Beratern erwartet er Interesse an neuen Technologien und ein gewisses Engagement. Das Unternehmen müsse im Gegenzug die Möglichkeiten für eine permanente Weiterentwicklung bieten. Gute Zukunftschancen sieht Dambeck eher im Bereich Wartung und Optimierung bestehender Systeme.

Wenig Anlass zur Hoffnung, dass neue Technologien von selbst die Wende am Arbeitsmarkt herbeiführen, hat Detlev Klage, Bereichsleiter Schnittstellen und Administrations-Management-Systeme bei der Sparkassen Informatik GmbH. Zwar stimmt er mit anderen Experten darin überein, dass Web-Services das Potenzial haben, die IT grundlegend zu verändern. Schließlich löse der Ansatz, Softwarekomponenten plattformübergreifend und unabhängig von deren Ort zu nutzen, einige Basisprobleme der IT. Technik dürfe allerdings nicht zum Selbstzweck ausarten. "Der IT-Nachwuchs muss zuerst die Sichtweise des Kunden lernen und sich fragen, welchen Mehrwert der Auftraggeber durch den Einsatz einer Technologie hat", so Klage.

Berater suchen Generalisten

Der Markt für Web-Services ist laut Klage klassisch nachfrageorientiert. Es liege daher an den Herstellern, fachliche Funktionen - etwa auf Web-Service-Basis - in überzeugender Form anzubieten. Dann würden die Anwender solche Funktionen auch zu Bestandteilen ihrer Anwendungen machen. Derzeit sieht man bei der Sparkassen Informatik die prädestinierten Einsatzgebiete für Web-Services dort, wo vertrauenswürdige Geschäftsbeziehungen zwischen Anwenderunternehmen und einem IT-Dienstleister bestehen.

Völlig unabhängig von technologischen Trends sucht sich das Münchner Software- und Beratungsunternehmen sd&m seine Mitarbeiter aus. "Gefragt ist der Generalist", erklärt Personalchef Christoph Reuther. "Eine breite technische Grundlagenbildung ist auf lange Sicht wichtiger als eine zu frühe Spezialisierung." Auch sd&m richtet sich in der Projektarbeit nach den Bedürfnissen der Kunden. Das Unternehmen ist grundsätzlich produktneutral aufgestellt, bei Aufträgen kommt die Technologie zum Einsatz, die sich am besten für eine Lösung eignet. Daraus ergeben sich dann die Trainingsmaßnahmen für die Mitarbeiter. Bei der Auswahl der Bewerber legt sd&m die Latte sehr hoch - so wird überdurchschnittliches Informatikwissen vorausgesetzt, zudem achtet man auf persönliche Eigenschaften wie Überzeugungskraft, Kommunikationsfähigkeit und Kreativität.

Bei der Bewertung neuer Technologien bleibt man bei sd&m eher nüchtern - Web-Services seien nur eine konsequente Weiterentwicklung bestehender Architekturen. Wer über die grundlegenden IT-Kenntnisse verfüge, so Reuther, habe kein Problem, sich in solche Themen einzuarbeiten. Die Mitarbeiter sollten über wichtige Entwicklungen im Bild sein und sich mit ihnen auseinander setzen. Auch mit Blick auf die Zukunftschancen in dieser schnelllebigen Branche sei das wichtig. "Keine Technik allein verspricht langfristige Chancen am Arbeitsmarkt", so Reuther, "wer hier zu schmal ausgebildet ist, läuft in eine Sackgasse."

E-Business bleibt wichtiges Thema

Etwas mehr Wertschätzung finden neue Technologien bei Plaut Consulting. "Die gängigen Trends wie Web-Services, Java oder Sicherheitsthemen sollte der IT-Nachwuchs auf jeden Fall beherrschen", so Bernd Schweiger, Geschäftsführer bei Plaut Deutschland. Aber auch er legt großen Wert auf IT-Basiswissen. Allerdings hält er eine Spezialisierung während der Ausbildung für entscheidend, um die Einstellungschancen zu erhöhen. Einen klaren Trend sieht Schweiger zu E-Business: "Auch wenn der Bereich nach der geplatzten Dotcom-Blase derzeit wenig Begeisterung auslöst, bin ich davon überzeugt, dass E-Business und alle damit verbundenen Aspekte - also auch Web-Services - künftig ein dominierendes IT-Thema sein werden."

Wenig Perspektiven sieht der Plaut-Chef hingegen angesichts des Offshore-Outsourcing-Trends in der Softwareentwicklung. Da man IT-Beratung nicht isoliert von den Geschäftsprozessen eines Unternehmens sehen könne, sei für die Mitarbeiter Grundwissen in den Bereichen Informatik und Betriebswirtschaft unabdingbar. Für die optimale Vorbereitung auf Projektanforderungen gibt es bei Plaut wie in anderen Firmen Ausbildungspläne.

Technologien aktiv verfolgen

Tendenziell optimistisch, was die Bedeutung aktueller Technologietrends für die Chancen am Arbeitsmarkt betrifft, ist man auch bei der CSC Ploenzke AG in Wiesbaden. "Wir erachten Java/J2EE und Microsoft .NET als wertvoll", so Giuseppe Barcellona, Business Development Director E-Business und Technology. "Eine solide theoretische Grundausbildung und erste praktische Erfahrungen in beiden Welten sind eine gute Basis für den Einstieg." Bestens gerüstet sei außerdem, wer aktuelle Entwicklungen aktiv verfolgt und entsprechende Kenntnisse früh aufbaut.

Als wichtige Trends betrachtet Barcellona die Themen Systemintegration und komponentenbasierende Lösungsansätze, bei denen es um die Integration von Softwarepaketen sowie bestehenden Anwendungsteilen geht. Skeptisch äußert auch er sich zum Thema "Jobmaschine Neue Technologien". "Eine neue Technologie allein kann oft Enabler, jedoch selten "Driver" von massiven Veränderungen auf dem Markt sein", so Barcellona.

Zu den Voraussetzungen, die ein Bewerber bei CSC Ploenzke erfüllen sollte, äußert sich sein Kollege Burkhard Hanke, Leiter Recruiting Services: "Wer so flexibel ist, dass er bei Bedarf eine Aufgabe übernimmt, die nicht in jeder Hinsicht seinen Wünschen entspricht, hat auch heute Erfolg mit seiner Bewerbung." (am)

*Wolfgang Miedl ist freier Journalist in Erding.