V und Recht/Rechtsanwälte empfehlen Providern, sich abzusichern

Betreiber eines Internet-Servers haftet für wettbewerbswidrige Werbung

16.04.1999
Von Silke Pape* Ein Provider muß wissen, was auf seinem Internet-Server läuft. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat einen Internet-Betreiber für die wettbewerbswidrige Werbung haftbar gemacht.

Das klagende Unternehmen, das sich mit der Vermittlung von Last-Minute-Reisen beschäftigte, hatte gegen den Betreibereines Internet-Servers und dessen Gesellschafter und Geschäftsführer geklagt. Der Provider hatte auf dem Server unter www.last-minute.com einen "Last-Minute-Club" eingerichtet, in dem er zum einen selbst Reisen bewarb und vermittelte, zum anderen jedoch auch anderen Reiseveranstaltern Speicherplatz zur Verfügung stellte, so daß diese ihre eigenen Reisen gleichfalls in dem "Last-Minute-Club" bewerben konnten. Inhalt und Form der Werbung gestalteten die anderen Reiseveranstalter selbständig.

Angebote führen Kunden in die Irre

In dem "Last-Minute-Club" hatten andere Veranstalter Reisen als Last-Minute-Angebote aufgenommen, deren Abreisetermin um mehr als 14 Kalendertage später lag und die dennoch den Normalpreis kosten sollten. Diese Werbung stufte das Gericht als wettbewerbswidrig ein (Paragraphen 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb). Die Urlauber verbänden mit einer als "Last-Minute" beworbenen Reise ein Angebot, das sehr kurzfristig gebucht wird und wegen dieses Zwanges zu einer schnellen Entscheidung auch besonders günstig sei. Die auf dem Server angebotenen Reisen führten demnach den Kunden in die Irre und übten einen nicht gerechtfertigten Entscheidungsdruck auf die Urlauber aus.

Das Gericht verurteilte den Provider, solche Werbung zu unterlassen und sie auf seinem Server auch keinen anderen Veranstaltern zu ermöglichen. Das Argument des Providers, er stelle lediglich Speicherplatz auf dem Server zur Verfügung und könne die Werbung der anderen Anbieter nicht überprüfen, ließ das Gericht nicht gelten. Unbestritten sei es mit Hilfe einer geeigneten Software möglich, Werbung für Reisen, die erst in mehr als 14 Tagen stattfänden, herauszufiltern und zu überprüfen. Im übrigen könnte der Provider seinen Kunden wettbewerbswidrige Werbung untersagen.

Die Entscheidung des OLG München muß jedoch auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, daß die Beklagten selbst auch Reisen bewarben und vermittelten, sich in der Branche also auskannten. Ob die vom OLG München entschiedene Haftung generell für alle Betreiber eines Internet-Servers gilt, also auch für solche, die nicht selbst in der jeweiligen Branche verhaftet sind, bleibt abzuwarten.

Wären die Inserate in einer Zeitung erschienen, wären die Beklagten nicht verurteilt worden. Die eingeschränkte Haftung der Presse für Inserate wird mit den besonderen Gegebenheiten (Zeitnot, viele verschiedene Inserate, Verantwortlichkeit des Inserenten für den Inhalt des Inserats), aber auch mit der Ausstrahlungswirkung des Artikels 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (Pressefreiheit) begründet, auf die sich der Betreiber eines Internet-Servers natürlich nicht berufen kann. Fazit: Sämtliche Betreiber von Internet-Servern sollten sich durch entsprechend gestaltete Kundenverträge absichern.OLG München, Urteil vom 26.2.1998 - 29 U 4466/97

*Silke Pape ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Zwipf, Rosenhagen Partnerschaft in München