Bessere Websites mit Analyse-Tools

07.05.2006 von Wolfgang Sommergut
Wer online Geschäfte machen will, braucht genaue Daten über Stärken und Schwächen seines Web-Auftritts. Spezielle Software soll diese Informationen liefern.

Für die meisten Firmen ist die Website längst viel mehr als nur eine Visitenkarte im Cyberspace. Das Online-Medium entwickelt sich zu einem wichtigen Vertriebskanal.

Hier lesen Sie …

  • Wodurch sich moderne Analyse-Tools von der Logfile-Auswertung unterscheiden;

  • was die Segmentierung von Benutzerdaten bringt;

  • wie Web-Analyse Marketing-Kampagnen unterstützt.

Die Darstellung von Navigationspfaden gehört zum Standardrepertoire der Werkzeuge für die Web-Analyse.

Egal ob es um den Verkauf von Produkten in einem E-Shop, die Gewinnung von Kunden für Dienstleistungen oder potenzielle Betrachter von Werbeanzeigen geht - nur genaue Informationen über das Besucherverhalten geben Aufschluss über die Schwachstellen einer Site oder typische Bewegungsmuster der Surfer.

Fachanwender im Fokus

Die Tools der ersten Generation, etwa "Analog" oder "AWStats", konzentrierten sich auf die Auswertung der Log-Dateien des Web-Servers. Daraus gewonnene Berichte geben viele technische Informationen, beispielsweise über Browser und Betriebssystem des Clients, und richten sich daher in erster Linie an IT-affines Publikum. Aus geschäftlicher Sicht stellen sich indes andere Fragen, etwa nach der Herkunft und den Besuchsintervallen von Kunden, nach ihrer Verweildauer auf der Website oder den Hindernissen auf dem Weg zur Bestellung. Viele Anbieter versprechen, mit ihrer Software darauf die richtigen Antworten geben zu können. Die meisten beschränken sich nicht mehr auf Daten, die der Web-Server liefert, sondern sammeln ihre Informationen am Client. Zu den gängigen Techniken zählen unsichtbare Grafiken ("Web Bugs"), Scripts und Cookies.

Mit der Ausrichtung auf Fachabteilungen rücken vor der Wahl des Tools einige Kriterien in den Vordergrund, die nicht technischer, sondern primär organisatorischer Natur sind. Wenn beispielsweise Erkenntnisse darüber vorliegen, aus welchen Abschnitten des Web-Auftritts die meisten Besucher aussteigen, dann muss klar sein, wer für die Behebung solcher Defizite zuständig ist.

Die betreffende Person muss ausreichende Befugnisse haben, um die nötigen Maßnahmen zu veranlassen. Außerdem sollten Anwender sich vor der Kaufentscheidung überlegen, welche Informationen sie von dem neuen Werkzeug erwarten. Die Studie "Einkaufsführer Web Analytics 05/06" des Berliner Unternehmens Ideal Observer, das sich auf Web Analytics und Website-Verbesserung spezialisiert hat, zeigt, dass auch die besten Produkte in einzelnen Disziplinen schwach abschneiden können. Zudem gibt es eine Reihe von Kategorien, in denen die meisten Kandidaten gleichauf liegen.

Die Tools der ersten Generation - in diesem Fall Analog - beschränkten sich auf die Logfile-Analyse und förderten dabei viele technische Daten zutage. Diese helfen nur bedingt bei der Website-Optimierung.

Auch wenn sich moderne Analyse-Tools anders als Logfile-Auswertungen vor allem an Fachanwender richten, so hat die IT-Abteilung bei der Kaufentscheidung meistens doch ein Wörtchen mitzureden. Zahl, Bereitschaft und Fähigkeiten der DV-Mitarbeiter entscheiden darüber mit, ob ein Unternehmen zu einer gehosteten Lösung greift.

Bedenken gegen Outsourcing

Gegen das Auslagern der Web-Statistiken an einen externen Dienstleister könnte sprechen, dass Firmen diese Informationen als vertraulich betrachten und daher nicht weitergeben wollen. Überträgt sich diese Haltung auf den hausinternen Informationsfluss, so dass Web-Analysen zum Herrschaftswissen einzelner Führungskräfte werden, dann droht den Erkenntnissen die Irrelevanz.

Die Performance einer Website lässt sich theoretisch über die Zahl der Seitenabrufe oder Besuche bestimmen. In der Praxis geht es aber nicht bloß um die ziellose Steigerung der Zugriffe, sondern um deren geschäftliche Funktion. So möchten die Initiatoren einer Google-Adwords-Kampagne wissen, wie sich diese auf den Traffic ihrer Site auswirkt oder wie viel es gekostet hat, einen Neukunden zu gewinnen.

Die Studie

Der Berliner Web-Analytics-Dienstleister Ideal Observer vergleicht im "Einkaufsführer Web Analytics 05/06" 73 Produkte aus verschiedenen Marktsegmenten. Die Studie umfasst 311 Seiten und kostet in einer Einzelplatzlizenz 349 Euro.

Optimaler Einsatz der Mittel

Insgesamt muss das Unternehmen seine Besucher so lenken können, dass sie seinen geschäftlichen Zielen dienen, egal ob es um den Verkauf von Produkten oder den Bekanntheitsgrad einer Marke geht. Tools für das Web-Controlling sollen dabei helfen, im Rahmen eines beschränkten Budgets möglichst viele Besucher auf die Website zu locken und von diesen möglichst viele zu Kunden zu machen. Sie bieten eine Reihe von Kennzahlen an (Key Performance Indicators = KPIs), mit denen Anwender ihre Online-Aktivitäten überprüfen und ihre Mittel besser einsetzen können.

Zu den gängigen Kennzahlen gehören etwa die Zahl der Seitenabrufe pro Besucher (Page Impressions pro Visit), die Verweildauer eines Besuchers, der Anteil der Besucher mit nur einem Seitenabruf ("Bounce Rate") oder die Abbruchrate (nicht vollständig ausgefüllte Registrierungsformulare, verlassene Warenkörbe). Nach der Untersuchung von Ideal Observer schneiden die meisten führenden Anbieter in dieser Kategorie gut ab - neun der besten 15 Tools landen gemeinsam auf Platz eins.

Bewegungsmuster

Um eine Website verbessern zu können, muss man wissen, welche die beliebtesten Routen durch das eigene Web-Angebot sind. Anhand solcher Navigationsanalysen lässt sich erkennen, wo gut ausgetretene Pfade durch die Web-Präsenz führen und wo die Reisen in Sackgassen enden. Außerdem geben sie Aufschluss darüber, über welche Seiten die Besucher bevorzugt auf die Site gelangen. Das wird häufig auf die Homepage zutreffen, dank externer Links und Suchmaschinen können es aber auch beliebige andere Seiten sein. Interessant ist diese Information für Marketing-Kampagnen (Banner, Keyword-Advertising, Newsletters), die auf bestimmte Zielseiten (Landing Pages) gerichtet sind. Dann lässt sich feststellen, wie viele der damit gewonnenen Besucher weitere Seiten aufrufen ("Click-Through-Rates"). Zu den gängigen Daten gehört auch die Anzeige der häufigsten Ausstiegsseiten - gerade sie müssen mit einiger Wahrscheinlichkeit verbessert werden. Anstatt nur die gebräuchlichen Routen durch das Web-Angebot zu ermitteln, sind einige Tools in der Lage, Fragen nach der Effektivität bestimmter Pfade zu beantworten. Dies bietet sich an, wenn ein Unternehmen wissen möchte, wie gut seine Web-Seiten für eine Bestellung verknüpft sind.

Woher kommen die Besucher?

Die meisten Werkzeuge ermitteln indes nicht nur die internen Pfade, die Besucher beschreiten, sondern zeigen auch, von wo diese kommen. Sie werten die Referrer aus, also die vom Browser gelieferten Angaben über die Herkunftsseiten. Dabei lässt sich herausfinden, wie viel Traffic von Partnerseiten stammt oder welcher Anteil auf Suchmaschinen entfällt. Die Analyse-Tools können in der Regel angeben, über welche Suchbegriffe die Benutzer auf der Site gelandet sind.

Die Tabelle der 15 führenden Produkte ist nach dem Abschneiden in der Gesamtwertung sortiert. Die Zahlen in den einzelnen Spalten geben den Rang in den jeweiligen Disziplinen wieder. Bei einigen Funktionen liegen die Wettbewerber sehr eng beieinander, so dass sich häufig mehrere einen bestimmten Platz teilen. Besonders auffällig ist dies in der Kategorie "Kennzahlen", wo neun Anbieter gleichauf an der Spitze liegen. Die Platzierung in der Gesamtwertung resultiert aus einer unterschiedlichen Gewichtung der Einzeldisziplinen.

Besonders bei Websites mit hohen Zugriffszahlen bringt es wenig, wenn Kennzahlen das durchschnittliche Verhalten eines Besuchers wiedergeben. Aufgrund der großen Schwankungsbreite der Daten, etwa der jeweiligen Verweildauer, der Zahl an Seitenabrufen pro Besucher oder der häufigsten Einstiegsseiten, geben sie nur eingeschränkt Hinweise, wie sich bestimmte Nutzergruppen besser anlocken und halten ließen. Deshalb können alle fortgeschrittenen Werkzeuge die gewonnenen Informationen nach unterschiedlichen Kriterien betrachten. Die Segmentierung erlaubt im Stil der traditionellen Logfile-Analysen eine Eingrenzung nach technischen Kriterien wie etwa nach benutztem Browser oder Betriebssystem. Diese Informationen mögen beispielsweise helfen, wenn sie zeigen, dass sich die Nutzer eines bestimmten Web-Clients von bestimmten Seiten besonders häufig verabschieden. Das könnte auf Darstellungsprobleme der betreffenden Inhalte in einem spezifischen Browser hindeuten.

In der Regel erwarten Unternehmen unter Marketing- und Vertriebsgesichtspunkten jedoch andere Hinweise. So kann es interessant sein, die Besucher nach ihrer geografischen Herkunft zu unterteilen und dabei Unterschiede im Kaufverhalten zu entdecken. Den Standort des Kunden ermitteln die Tools auf Basis seiner IP-Adresse, die sie mit Hilfe von Location-Datenbanken in geografische Informationen übersetzen. Die Herkunft der Besucher lässt sich damit allerdings nur weiträumig eingrenzen und enthält wegen global agierender Provider wie AOL Fehler. Diese Informationen eignen sich daher vor allem für international tätige Unternehmen, die ihre Besucher nach Ländern unterteilen wollen. Weitere Kriterien zur Kategorisierung der Website-Benutzer sind beispielsweise die Besuchshäufigkeit, die abgerufenen Seiten und Bereiche oder die Unterscheidung zwischen Käufern und Nichtkäufern.

Neben der Nutzung solcher Standardfilter möchten Anwender häufig eigene Raster einführen, um Aufschluss über die Interessen und Vorlieben ihrer Besucher erhalten. Nicht alle Tools lassen dies indes zu, vielmehr verweisen manche auf die Bequemlichkeit der vorgegebenen Filter. Im Idealfall können einzelne Benutzer selbst die Regeln definieren, nach denen sie ihre Daten analysieren wollen, und müssen dafür keinen Administrator behelligen.

Selbst findige Vertriebs- und Marketing-Spezialisten sind normalerweise nicht in der Lage, mit ihren maßgeschneiderten Abfragen versteckte statistische Zusammenhänge bloßzulegen. Diese Aufgabe übernehmen traditionell die Anbieter von Tools für Business Intelligence. Sie haben aber bis dato den Markt für Web-Analytics den einschlägigen Spezialisten überlassen. Unter den bewerteten Top-15-Anbietern ist SAS Institute der einzige Hersteller von BI-Tools. Er brilliert im Vergleichstest mit seinen Funktionen für das Data Mining. Damit ließen sich auch für die Website Zusammenhänge aufdecken, nach denen Unternehmen in anderen Vertriebskanälen schon lange suchen.

Cookies als Achillesferse der Web-Analyse

Alle Auskünfte über das Verhalten einer Person während eines längeren Zeitraums leiden unter einer erheblichen Ungenauigkeit. Wenn sich Besucher nicht auf einer Website anmelden, dann können benutzerspezifische Aktivitäten nur mit Hilfe von Cookies verfolgt werden. Allerdings betrachten immer mehr Anwender diese kleinen Dateien als Eindringlinge in ihre Privatsphäre und blockieren beziehungsweise löschen sie. Anlässlich einer Studie von Jupitermedia gab ein Drittel der Befragten an, durchschnittlich einmal pro Monat alle Cookies zu entfernen.

Besonders stark betroffen sind Third-Party- Cookies, also solche, die nicht von der besuchten Website selbst gesetzt werden, sondern von Banner-Lieferanten oder eben Analyse-Tools. Immer mehr Software macht diesen Fremd- Cookies den Garaus. Personal Firewalls, Proxy-Server und Browser bieten die Option, solche Dateien abzulehnen. Seit dem Service Pack 2 für Windows XP ist auch der Internet Explorer dazu in der Lage.

Experten raten deshalb zu Analysewerkzeugen mit First-Party-Cookies. Daneben suchen verschiedene Anbieter nach Alternativen, um Besucher unabhängig von Cookies wiedererkennen zu können. So erstellt Apago einen elektronischen Fingerabdruck aus den Daten über einen Benutzer, die ihn bei seinem nächsten Besuch identifizieren sollen. Etracker vertraut auf die Möglichkeiten des Flash-Players, um dauerhaft Informationen auf dem PC des Besuchers zu hinterlegen.

Kampagnennutzen wird messbar

Wer über das Internet Produkte verkaufen will, wirbt dort in der Regel auch. Mittel dazu sind Newsletters, Banner-Anzeigen auf anderen Sites oder das Keyword-Advertising von Suchmaschinen. Der Erfolg ist viel besser zu messen als bei Werbung im Fernsehen oder in der Zeitung. Zum Beispiel lässt sich ziemlich verlässlich feststellen, von wo ein Besucher auf eine Website geleitet wurde.

Allerdings soll auch ein Kampagnen-Management nicht bloß zählen, wie viele Besucher eine Anzeige oder ein Newsletter auf die Site gebracht hat. Vielmehr geht es darum, die geschäftliche Wirkung zu ermitteln. So stellt sich die Frage, wie viele der neu gewonnenen Besucher auch zu Kunden wurden (Konversionsrate), wie viel die Akquisition eines Neukunden gekostet hat oder welche Werbemaßnahmen am effektivsten sind. Typischerweise können Tools die Funktionen für das Kampagnen-Management mit jenen zur Segmentierung von Besuchern kombinieren, so dass sich beispielsweise feststellen lässt, welche Pfade die Nutzer durch die Website genommen haben, nachdem sie einem bestimmten Werbemittel gefolgt sind.

Fazit

Im Markt für Web-Analytics tummeln sich Dutzende Anbieter. Die Kaufentscheidung fällt aber nicht nur wegen der schieren Menge an Tools schwer. Aufgrund der zahlreichen Einzeldisziplinen, die in dieser Kategorie üblich sind, müssen Anwender entscheiden, wo sie bei der Auswertung ihres Besucherstroms die Schwerpunkte setzen wollen. Die meisten Tools glänzen nämlich mit manchen Features, haben anderweitig aber auch Schwächen.