Traumkarriere oder schlaflose Nächte

Berufsziel IT-Architekt

03.08.2009 von Hans Königes
Informatiker streben oft mit großer Begeisterung das Berufsziel des IT-Architekten an. In Bewerbungsgesprächen zeigt sich dann, dass für sie Anforderungen und Inhalte ein Buch mit sieben Siegeln sind.

In den letzten Jahren hat sich in der IT ein neues Berufsbild - analog zur Architektur im 19. Jahrhundert - herauskristallisiert: das des IT-Architekten, der den ausführenden Gewerken einen Planungs- und Orientierungsrahmen vorgibt, anhand dessen sich hochkomplexe IT-Projekte erfolgreich realisieren lassen.

Mathias Müller, Information Systems AG: "Ein IT-Architekt muss Generalist sein."

Um den Anforderungen dieser neuen Disziplin zu begegnen, mussten Informatiker, wie ehemals die Baumeister, ihr Spezialwissen mehr und mehr ausweiten und sich zudem umfangreiche Kenntnisse hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Belange aneignen. Sie mussten Strukturen über die Grenzen der IT hinaus in ihrer Gesamtheit verstehen, und, als Multiprojektleiter, große Teams in heterogenen fachlichen Zusammensetzungen zu führen lernen.

Der IT-Architekt als Visionär und Zukunftsforscher

Um eine zukunftsfähige IT zu etablieren, muss der IT-Architekt zunächst "eine Vorstellung definieren und eine Strategie entwickeln, die eine möglichst hohe Annäherung der Ist-Architektur an die Vision beziehungsweise Soll-Architektur ermöglicht", so Mathias Müller, Vorstand der Information Systems AG. Der Regensburger IT-Dienstleister hat sich auf IT-Architekturprojekte spezialisiert.

Der Architekt wird nicht nur konzeptionelle Aufgaben wie die Definition und Planung von Infrastrukturen lösen müssen, sondern auch Produktauswahlkriterien für die Beschaffung neuer Soft- oder Hardwarekomponenten festzulegen haben. "Unsere langjährige Erfahrung als Multiprojekt-Manager und Architekten für IT-Großprojekte zeigt uns immer wieder, dass einmal erarbeitete Lösungen oder Architekturvisionen weder statisch noch dauerhaft sind", so der Regensburger Softwareprofi.

Der ständige Abgleich zwischen der Ist- und der Soll-Architektur und der Analyse technischer Neuerungen und Trends hinsichtlich ihrer Standardisierungsfähigkeit gehört zu den größten Herausforderungen, denen sich ein IT-Architekt, gerade auch als externer Berater, stellen muss.

Der IT-Architekt als Planer und Projekt-Manager

Mit der Architekturvision erarbeitet der IT-Architekt Entwurfsvorschläge auf der IT-Architekturebene. Diese Ideen muss er mit Entwurfsvorschlägen der Projektmitarbeiter, der Vision und der IT-Strategie abgleichen. Er führt das Gesamtprojekt als Großprojektleiter, überprüft IT-Konzepte und kontrolliert den jeweils aktuellen Projektstand hinsichtlich der Richtlinien der Architekturstrategie und der Zielvorgaben der Soll-Architektur. Im Laufe dieser andauernden Optimierung der IT wird der IT-Architekt immer wieder auf mangelhafte, teure und veraltete Architekturkomponenten stoßen, die wieder neue Anforderungen und Projekte nach sich ziehen.

So muss der Architekt nicht nur die technischen Rahmenbedingungen für die IT-Architektur definieren, sondern gleichzeitig ihre praktische und finanzielle Umsetzbarkeit verifizieren. Schwachstellen werden ihm immer wieder begegnen. Im Zusammenspiel mit der Gesamtarchitektur können Entwürfe, die für sich betrachtet unkritisch erschienen, bei der Integration und im Test plötzlich Unzulänglichkeiten aufweisen.

Der IT-Architekt als Generalist und Motivator

Ein erfolgreicher IT-Architekt muss kein Spezialist sein, aber er muss über ein breites Fachwissen verfügen, um die jeweils besten Lösungsansätze herauszufiltern. "Ein erfolgreicher IT-Architekt muss jedoch immer Generalist sein und neben den technischen Architekturthemen vor allem die ökonomischen Belange des Unternehmens berücksichtigen", fordert Müller. Er muss sich schnell in neue Themen einarbeiten und die gewonnenen Erkenntnisse in den Gesamtkontext seiner Arbeit einordnen können. Zudem sollte er über Erfahrungen mit verschiedensten Design- und Projektmethoden verfügen.

Als Führungspersönlichkeit ist er in der Lage, sein Team auch in Zeiten äußerer und innerer Widerstände zu motivieren, fachlich zu fordern und zu fördern. Als zentraler Ansprechpartner für unterschiedlichste Spezialisten und Entscheider, für komplexe Fragen zur IT-Architektur, als freigebende Instanz für Planungs- und Entwicklungsvorlagen muss sich der Architekt auch in schwierigen Situationen selbst motivieren können. Denn nur wenn er selbst über genügend Begeisterungsfähigkeit verfügt, kann er in schwierigen Zeiten die Motivation seines Teams aufrechterhalten.

Der IT-Architekt als Stratege und Entscheider

Je komplexer die IT-Projekte, umso erheblicher sind die Auswirkungen - auch in ökonomischer Hinsicht. Einmal getroffene Entscheidungen sind meist schwer revidierbar, dennoch muss der Architekt über den Mut verfügen, sie zu treffen und argumentativ auf der Management-Ebene zu vertreten. Um jedoch zu verstehen, welche Zielarchitektur die Entwicklung eines Unternehmens unterstützen wird, muss er diese Entwicklung auch voraussehen können.

Ein junger Informatiker, der diese Aufgabe anstrebt, sollte sich zum einen der Verantwortung, der Vielfalt und Komplexität der Herausforderungen, zum anderen aber auch der Länge des Weges, der ihn für diese Aufgabe qualifizieren soll, bewusst sein. Denn ein erfolgreicher IT-Architekt braucht laut Müller vor allem (Projekt-)Erfahrung und den Willen, seine persönliche Entwicklung niemals als abgeschlossen zu betrachten. "Lebenslanges Lernen ist der Grundstoff seines Tuns, stets über den Tellerrand zu blicken die Zutat; Kreativität und visionäres Vermögen sind die Würze. Und sicher werden ihm in diesem Beruf bei der Lösung komplexer Probleme einige schlaflose Nächte bevorstehen. "

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