Herausgabeanspruch gegen Mitarbeiter

Bekommt der Chef die Xing-Daten?

27.01.2012 von Renate Oettinger
Was das deutsche Datenschutzrecht zu Geschäftskontakten über Internet-Plattformen sagt, erläutert Dr. Sebastian Kraska und Alma Lena Fritz.

Geschäftskontakte werden heutzutage nicht mehr im klassischen Adressbuch sondern über Internetplattformen wie Xing und LinkedIn verwaltet. Was passiert nun mit jenen Kontaktdaten, die über diese Internetplattformen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gesammelt wurden, wenn das Beschäftigungsverhältnis endet? Muss der Beschäftigte beispielsweise seine Xing-Daten an den Arbeitgeber herausgeben? Was das deutsche Datenschutzrecht hierzu sagt, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Hintergrund: ein Urteil aus England

Bereits im Jahr 2008 wurde ein ähnlich gelagerter Fall in England entschieden: ein Beschäftigter führte seine geschäftlichen Kontakte ausschließlich im Online-Netzwerk LinkedIn und verwies am PC des Arbeitgebers nur auf seine entsprechenden Notizen in dem Online-Netzwerk LinkedIn. Als er später das Unternehmen verließ, fand der Arbeitgeber lediglich diese Verweisungen auf LinkedIn vor. Ein Gericht in England verurteilte den Beschäftigten schließlich zur Herausgabe seines LinkedIn-Accounts an den Arbeitgeber.

Welche datenschutzrechtlichen Probleme können sich bei einem solchen Fall in Deutschland stellen?

Unterstellt man, dass auch in Deutschland der Arbeitgeber grundsätzlich die Herausgabe des Xing oder LinkedIn-Accounts des Beschäftigten verlangen könnte, stellt sich die Frage, ob ein solches Herausgabeverlangen auch datenschutzrechtlich zulässig wäre.

BDSG grundsätzlich anwendbar

Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist grundsätzlich anwendbar. Es wäre nicht anwendbar, wenn die Datenerhebung und -nutzung "ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten" erfolgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG). Diese Ausnahme greift aus unserer Sicht für den Beschäftigten nicht. Bei der Nutzung einer Plattform wie Xing oder LinkedIn werden zumindest auch geschäftliche Interessen verfolgt. Das BDSG ist mithin anwendbar.

Herausgabe des Xing-Accounts wäre "Übermittlung" im Sinne des BDSG

Nach dem System des Datenschutzrechtes wäre eine Übermittlung des Xing-Accounts an den Arbeitgeber durch den Beschäftigten grundsätzlich unzulässig, es sei denn "(das BDSG) oder eine andere Rechtsvorschrift [hat] dies erlaubt oder (…) [angeordnet] oder der Betroffene (hat) eingewilligt" (§ 4 Abs. 1 BDSG). Zunächst einige Ausführungen zum Thema "Einwilligung".

Gute Fotos, schlechte Fotos
Zähne zeigen
Dieses Foto wäre perfekt, wenn der Herr Zähne zeigen würde. Denn, so Bewerbungsexpertin Svenja Hofert: "Gute Fotos zeigen Zähne. Diese sind auch im Miniaturformat sichtbar."
Ungünstiger Hintergrund
Hier stimmt gar nichts. Das Foto wirkt zu verspielt und ist sehr unprofessionell. Offenbar liegt die Dame zu Hause auf dem Bett, was vor allem am Hintergrund zu erkennen ist. Wer sein Bild zu Hause macht, sollte darauf achten, dass der Hintergrund neutral ist. Svenja Hofert rät: "Tapeten gehören ins Wohnzimmer, nicht zu Xing. Hintergründe sind neutral, ohne Muster und am besten hell."
Dunkel auf Hell
Apropos Hintergrund: Der sollte also hell sein. Am besten zieht man dazu etwas Dunkles an mit möglichst wenig Muster. Im abgebildeten Foto ist das schon ganz gut. Der Herr sollte jetzt nur noch direkt in die Kamera blicken, dann wäre es perfekt.
Werbeberater
Kleiden Sie sich branchengerecht, wie der Werbeberater auf diesem Foto! Werber sehen nun einmal anders aus als Banker und sollten das auch zeigen.
Ganzkörper-Foto
Ganzkörper-Fotos sind absolut tabu. Ins Internet mit seinen Miniaturbildern gehören nur Porträts vom Gesicht.
Private Fotos
Private Fotos gehören ins Fotoalbum: Xing ist ein Netzwerk für Business-Kontakte.
Fußporträt
Bleiben Sie erkennbar! Nasen- oder Fußporträts sind etwas für StudiVZ oder andere Fun-Plattformen, haben aber im Business-Internet nichts verloren.

Das Problem der Einwilligung: An wen richtet sie sich?

Könnte in der Annahme einer Kontaktanfrage bereits die Einwilligung gesehen werden, dass diese Daten später auch an den Arbeitgeber weitergegeben werden dürfen? Schließlich handelt man bei Xing oder LinkedIn nie nur in privater Mission, sondern immer auch als Vertreter des Unternehmens, das man in der Kontakt-Plattform angegeben hat (auch wird diese Firmenbezeichnung stets unter dem eigenen Namen angezeigt).

Einwilligungserklärung muss genau betrachtet werden

XING formuliert die Standard-Anfrageerklärung bei einem Kontaktwunsch folgendermaßen: "Sehr geehrte/r (…), ich würde Sie gerne zu meinen Kontakten hinzufügen". Dabei kann derjenige, dessen Daten hinzugefügt werden sollen, unterscheiden, ob er seine privaten und/oder geschäftlichen Kontaktdaten freigeben will. Genauso kann auch der Anfragende bestimmen, ob er nur private oder nur geschäftliche Kontaktdaten freigibt oder beides. Insgesamt weist vor allem die Formulierung "ich" darauf hin, dass letztlich nur für eine verantwortliche Stelle Daten erhoben werden sollen.

Damit liegt per se keine Einwilligung der Betroffenen (sprich der Xing- bzw. LinkedIn-Kontakte) vor, dass der Beschäftigte die Daten dieser Betroffenen an den Arbeitgeber weitergeben darf.

Rechtsgrundlage für Herausgabeverlangen des Arbeitgebers möglicherweise § 11 BDSG?

Als Rechtsgrundlage für eine Übermittlung könnte im Grundsatz auch § 11 BDSG in Betracht kommen. Wäre der Beschäftigte für die Kundenführung auf Xing oder LinkedIn der (streng weisungsgebundene) Auftragsdatenverarbeitungsnehmer des Arbeitgebers, so dürfte der Arbeitgeber nach dieser Vorschrift eine Weisung erteilen, die Kontaktdaten herauszugeben.

Stellt das Verhältnis eine Auftragsdatenverarbeitung dar?

Dann müsste das Verhältnis zwischen Beschäftigtem und Arbeitgeber aber als Auftragsdatenverarbeitung im Sinne von § 11 BDSG zu bewerten sein. Dies ist nach unserer Auffassung indes abzulehnen, da der Beschäftigte grundsätzlich ein eigenes Interesse an den Daten auf Xing bzw. LinkedIn hat. Auch wenn die Unternehmenskunden im privaten Xing- bzw. LinkedIn-Account geführt werden sollten, läge aus datenschutzrechtlicher Sicht maximal eine sogenannte "Mischdatenverarbeitung" und damit kein Fall des § 11 BDSG vor.

Rechtsgrundlage für die Übermittlung: 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1/2 bzw. 28 Abs. 2 BDSG?

Auch § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1/2 BDSG scheidet nach unserer Auffassung als datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm für eine Übermittlung der Daten aus: weder ist die Herausgabe der Kontaktdaten "erforderlich" im Sinne von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG, noch fällt die Interessenabwägung in § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG zu Gunsten der Übermittlung aus, da anzunehmen ist, dass von der Übermittlung betroffene Personen ein überwiegendes Interesse haben dürften, dass eine derartige Übermittlung unterbleibt. Mit den gleichen Argumenten würde im Übrigen auch eine Übermittlung auf Grundlage von 28 Abs. 2 BDSG ausscheiden.

Fazit

Selbst wenn man unterstellt, dass auch in Deutschland der Arbeitgeber grundsätzlich die Herausgabe des Xing oder LinkedIn-Accounts des Beschäftigten verlangen könnte, stünde diesem Herausgabeanspruch unserer Ansicht nach das Datenschutzrecht entgegen. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden sollten Unternehmen diese Fallkonstellationen nach Möglichkeit im Vorfeld mit den Beschäftigten klären und rechtssichere Lösungskonzepte erarbeiten. Denn mit voranschreitender Digitalisierung wird für die Unternehmen die Frage nach der Nutzung von derartigen Kontaktdaten an Bedeutung gewinnen. (oe)

Kontakt:

Der Autor Dr. Sebastian Kraska ist Rechtsanwalt und externer Datenschutzbeauftragter im IITR Institut für IT-Recht - Kraska GmbH. Die Autorin Alma Lena Fritz ist Rechtsassessorin. IITR Institut für IT-Recht - Kraska GmbH, Eschenrieder Straße 62c, 82194 Gröbenzell, Tel.: 089 5130392-0, E-Mail: skraska@iitr.de, Internet: www.iitr.de

Kontaktpflege à la Xing
Kontaktpflege à la Xing
Im Social Network Xing können nicht nur das berufliche Profil wie Lebenslauf oder Interessen hinterlegt, sondern auch Geschäftskontakte gepflegt werden. Acht Tipps zur Kontaktpflege à la Xing hat Kommunikationsberater Klaus Eck:
1. Laden Sie Kontakte ein!
Nach Ihrer Registrierung bei Xing können Sie direkt Ihre Kontakte einladen. Dazu müssen Sie zunächst auf "Kontakte einladen" gehen.
2. So laden Sie per E-Mail ein.
Anschließend können Sie einige Ihrer E-Mail-Adressen individuell eingeben, was jedoch sehr zeitaufwendig sein dürfte, oder Sie integrieren Ihren persönlichen Einladungslink in Ihrer E-Mail-Signatur und laden somit all Ihre Kontakte nebenbei ein. Automatisch hinzugefügt werden die Kontakte dabei nur, wenn Sie dieses wollen.
3. Adressen importieren
Alternativ können Sie außerdem all Ihre Kontakte aus Outlook oder einem anderen digitalen Adressbuch importieren und einige Geschäftspartner zu Xing einzeln oder gesammelt einladen. Das macht vor allem beim Start des Social Networkings Sinn, weil Sie auf diese Weise sehr schnell Ihr Netzwerk auf Xing übertragen können.
4. Kontakte abgleichen
Zudem lassen sich Ihre importierten Adressen mit den Xing-Mitgliedern abgleichen, so dass Sie Ihre Kontakte auf Xing vervollständigen können.
5. Wen man auswählt
Wählen Sie nur die Kontakte aus, die Sie auch wirklich persönlich kennen, damit Sie nicht den Überblick verlieren und noch mit Ihrem Netzwerk arbeiten können. Andererseits sollten Sie den Kreis nicht zu eng anlegen, damit Sie wirklich vom Social Networking auf Xing profitieren können.
6. Wen man ablehnt
Für Kontaktanfragen sollten Sie eine kleine Guideline für sich entwickeln und nicht allen zustimmen. Jemand völlig Fremden hinzuzufügen macht nur Sinn, wenn das Anliegen für Sie tatsächlich von konkretem Interesse ist.
8. Für Suchmaschinen erreichbar sein
Achten Sie darauf, dass Ihr Account für die Suchmaschinen erreichbar ist. Dazu müssen Sie in Ihren Privatsphäre-Einstellungen Ihr Profi auch für Nichtmitglieder zugänglich machen und der Auffindbarkeit in Suchmaschinen zustimmen.
7. Benchmark: 100 Kontakte und mehr
Zu viele Kontakte können Sie eigentlich nie haben, aber es stellt sich immer die Frage des Nutzens. Letztlich hängt die richtige Zahl der Kontakte von Ihren konkreten beruflichen Aktivitäten ab. Weniger als 100 sollten es bei einem Angestellten mit einer gewissen beruflichen Erfahrung jedoch nicht sein. Wer weniger hat, schöpft bei Weitem sein persönliches Potenzial nicht aus.
Klaus Eck: Karrierefalle Internet
Weitere Tipps zum Thema Xing, Twittern und wie man seine Online-Reputation managt gibt Klaus Eck in seinem Buch "Karrierefalle Internet" (Hanser Verlag, 19,90 Euro).