IT-Beschaffung

Beim Sourcing müssen IT und Einkauf an einem Strang ziehen

05.01.2015
Zu einer guten IT-Strategie gehört immer auch eine Sourcing-Strategie. Auf dem zweiten "Sourcing Day" der COMPUTERWOCHE diskutierten Manager aus IT und Einkauf über die besten Ansätze.

Wir sollten miteinander reden!" Wie Hartmut Lüerßen von der Unternehmensberatung Lünendonk erinnerte, ist dieser simpel klingende Vorsatz nicht immer einfach zu verwirklichen. Aber die Anfänge sind gemacht. Das zeigte sich auf dem diesjährigen Sourcing Day, wo IT-Verantwortliche und Einkaufs-Manager aus mehr als 50 Unternehmen miteinander ins Gespräch kamen.

Andreas Gillhuber, Leiter Infrastruktur beim Energieversorger RWE, umriss die Ist-Situation: "In der IT müssen wir mit hohem Kostendruck umgehen. Deshalb sind wir gezwungen, in Begriffen wie Near- oder Offshore zu denken. Die Sourcing-Strategie ist ein zentraler Bestandteil der IT-Strategie." Eine Rolle spielten dabei neben Kosten, Qualität und Flexibilität auch Personal- und juristische Fragestellungen.

Andreas Gillhuber, RWE: "Missbrauchen Sie Outsourcing nicht als Mittel, um Mitarbeiter abzubauen. Sie müssen schließlich auch neues Know-how aufbauen."
Foto: Marco Hergenröder/Foto Vogt

Die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit betonte Helma Göbel, Leiterin Einkauf von IT-Beraterdienstleistungen bei der Deutschen Bahn: Früher habe die IT "das eine gemacht" und der Einkauf "etwas anderes". Heute entwickelten beide gemeinsam eine Sourcing-Strategie: "Sie sitzen regelmäßig zusammen und planen Strategien für die nächsten Jahre. Natürlich gibt es dabei auch verschiedene Befindlichkeiten, aber letztlich ziehen alle an einem Strang."

Empfehlungen für agile Unternehmen -
Empfehlungen für agile Unternehmen
Zu einer guten IT-Strategie gehört immer auch eine Sourcing-Strategie. Auf dem zweiten "Sourcing Day" der COMPUTERWOCHE diskutierten Manager aus IT und Einkauf über die besten Ansätze.
1. Empfehlung
Sorgen Sie dafür, dass die Project Owner aus den Fachbereichen für Abstimmungen greifbar sind.
2. Empfehlung
Stellen Sie die kontinuierliche Kommunikation mit allen Stakeholdern sicher.
3. Empfehlung
Vergeben Sie Teilbudgets pro Sprints.
4. Empfehlung
Nutzen Sie das Timebox-Verfahren.
5. Empfehlung
Zwingen Sie die Project Owner zur Priorisierung.
6. Empfehlung
Holen Sie die Einkäufer rechtzeitig ins Boot.

Im Video: Sourcing Day 2014 - beim IT-Einkauf will jeder mitreden

Zum Video: Beim Sourcing müssen IT und Einkauf an einem Strang ziehen

Eine eigene Strategie für jedes Thema

Andreas Biber, Head of Sourcing AT, Erste Bank, gab zu bedenken, dass es "die eine Strategie" ohnehin nicht gebe: "Es ist schon klar, dass man Sourcing- und IT-Strategie abstimmen muss", sagte er, "aber es gibt immer unterschiedliche Levels und Bereiche. Deshalb versuchen wir, für jedes Thema eine Strategie mit dem jeweiligen Fachbereich zu schreiben."

Dagegen legt Christoph Bäumer, Vice President Global Sourcing bei DPDHL, Wert darauf, "nah an den CIOs dran" zu sein. Im Deutsche-Post-DHL-Konzern hat er es gleich mit mehreren zu tun. Mit ihnen sieht er sich an, welche Beschaffungsthemen in der IT anliegen - was Commodity ist und zentral beschafft werden kann, was bereichsspezifisch ist und individuell eingekauft werden sollte.

Christoph Bäumer, DPDHL: "Cloud ist nicht gleich Cloud. Schauen Sie sich im Detail an, was da verkauft wird."
Foto: Marco Hergenröder/Foto Vogt

Werner Schultheis, CIO des Personaldienstleisters Randstad, fährt zweigleisig: Für das Kerngeschäft bleibt er bei den bewährten Softwarelösungen mit bisweilen hohem Eigenentwicklungsanteil, ist aber immer bereit, "lohnende" Ausnahmen zuzulassen. Bei den "Support-Funktionen" schaut er sich mit der Fachabteilung konsequent auf dem Cloud-Markt um. Die Konsequenz für den CIO: "Wir werden mehr zu einem Manager und Integrator als zu einem Betreiber."

Werner Schultheis, Randstad: "Entscheiden Sie klar, was Sie outsourcen wollen – auch im Hinblick darauf, dass Sie eventuell Talente und Kompetenzen verlieren."
Foto: Marco Hergenröder/Foto Vogt

Über "Make versus Buy" macht sich auch Erste-Bank-Einkäufer Biber Gedanken. Die Tendenz ist je nach Bereich unterschiedlich: "Das Hosting der Mainframes ist outgesourct, Apps können wir durchaus woanders programmieren lassen, aber Daten geben wir nicht nach außen, die Kernbanksysteme auch nicht."

Wo die Grenze zwischen Kerngeschäft und Commodity verlaufe, sei nicht immer klar, gab RWE-Manager Gillhuber zu bedenken: "Im Zeitalter von Smart Metering, Smart Grid und E-Mobility muss man das Rechenzentrum richtig positionieren, weil man dort womöglich die Daten von Millionen Kunden gespeichert hat, beispielsweise für neue Geschäftsmodelle, an denen eventuell auch der Outsourcing-Provider Interesse hat."

Im Rahmen des Workshops berichtete RWE-Manager Andreas Gillhuber auch über das im Februar gestartete Projekt zum IT-Workplace-Outsourcing.

Wie Gillhuber betont, war dies ein "Leuchtturmprojekt für RWE". Der Bedeutung des Vorhabens entsprechend sei auch das Management bis hin zum Vorstand involviert gewesen.

Im Video: Sourcing Day 2014 - retained Organisation für besseres Sourcing

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Fallstricke bei der Auslagerung

Hat man sich für ein Outsourcing entschieden, braucht man unbedingt einen Plan B. Fehlt er, kann es gehen wie laut Biber den Österreichischen Bundesbahnen, die vermutlich deshalb ihr Bonusprogramm einstellen mussten. Als sie es nach beendetem Outsourcing ins Unternehmen zurückholen wollten, hätten sie kein Know-how für die Retransition mehr besessen. Nicht einmal die Punkteabfrage funktionierte.

ISG Outsourcing Index 1. Quartal 2014 -
Ausblick Outsourcing-Markt 2014
ISG erstellt regelmäßig den ISG Outsourcing Index (vormals TPI Index). Die ersten Zahlen von 2014 deuten auf ein starkes Jahr hin.
IT-Outsourcing vor BPM
Ein Blick auf die einzelnen Felder zeigt, dass Unternehmen insbesondere IT-Outsourcing wieder mehr forcieren. Business Process Management (BPM) entwickelt sich bisher weniger stark.
Positive Entwicklung
Insgesamt können Service Provider optimistisch ins neue Jahr blicken. Zwar ist das erste Quartal 2014 nicht so stark wie das aus dem Jahr 2012, aber gegenüber den ersten drei Monaten 2013 zeigt sich ein Anstieg. ISG rechnet jedenfalls für die ersten sechs Monate mit Zuwachs.
Anbieter weltweit
ISG will kein Ranking der Anbieter erstellen. Die Experten listen jedoch die weltweit gesehen wichtigsten Player auf. Laut ISG hat sich hierbei in den vergangenen Jahren wenig verändert.
Anbieter EMEA
Ein Vergleich der Anbieter zeigt, dass Unternehmen aus der Region EMEA (Europa, Nahost und Afrika) durchaus andere Provider bevorzugen. So zählt ISG Cognizant, IBM, Wipro und Xerox weltweit zu den führenden Anbietern. In EMEA sind diese nicht unter den Top 20 vertreten (Kategorie: ITO und BPM zusammengefasst).

Auf ein Insourcing oder einen Provider-Wechsel sollten sich die Unternehmen rechtzeitig vorbereiten, warnte auch Deutsche-Post-Mann Bäumer. Man müsse regelmäßig "an den Markt gehen" und den Provider überprüfen. Beim Logistikkonzern geschehe das zum Teil anderthalb Jahre, bevor der aktuelle Vertrag ende.

Ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen dürfe, beschrieb Gillhuber: Wenn der Supplier nicht mehr nach optimalen Marktkonditionen liefere oder gar Teile des Vertrags nicht erfülle, man aber den Ausstieg nicht geklärt habe, werde der Anbieter den Auftrag kaum kampflos aufgeben. In diesem Fall könne man den Service zwar neu ausschreiben und einen besser geeigneten Supplier beauftragen, doch der alte werde versuchen, seinen Kunden "zu schröpfen".

Change-Management ist Pflicht

Die Perspektive der User nahm Randstad-CIO Schultheis ein: "Wie verändern sich die Prozesse für Anwender , wenn man beispielsweise den Desktop-Service auslagert? Das Gefühl wird irgendwie industrieller, weil man erst ein Ticket aufmachen muss, bevor man Hilfe bekommt. Da müssen Sie die User abholen, wenn Sie den Schwenk zum Outsourcing machen."

Change-Management liege in der Pflicht der IT, konstatierte Schultheis. Außerdem sei es hilfreich, die Service-Levels mit den internen Kunden abzustimmen. Und last, but not least: "Entscheiden Sie klar, was Sie outsourcen wollen - auch im Hinblick darauf, dass Sie eventuell Talente und Kompetenzen verlieren."

10 Ratschläge fürs Change-Management -
Change-Projekte steuern
Nur gut jedes zweite Change-Projekt klappt. Weil Argumente alleine so wenig nutzen wie das reine Gefühl, haben die Berater von Strategy& zehn Prinzipien aufgestellt.
1. Mit der Firmenkultur arbeiten, nicht gegen sie.
Wer Veränderung will, darf die bestehende Unternehmenskultur nicht als Legacy betrachten. Die Art, wie Menschen kommunizieren, soll beibehalten werden. Manchmal können Entscheider diese Kultur aber nur schwer benennen oder haben bloß ein vages Gefühl dafür. Dann hilft ein alter Trick: die Mitarbeiter fragen. Führungskräfte können die Belegschaft bitten, zu beschreiben, in welcher Art sie arbeiten. Die Antworten helfen bei der Gestaltung des Change-Managements.
2. Oben anfangen:
Strategy& stimmt der These zu, dass Change nur gelingt, wenn er auf allen Hierarchiestufen eines Unternehmens umgesetzt wird. Aber der Firmenleitung kommt eine Vorbildfunktion zu. Dass sie diese übernimmt, muss im Unternehmen sichtbar sein.
3. Jeden mitnehmen:
Nach Schritt zwei folgt Schritt drei: Jeder Mitarbeiter muss in den Change einbezogen werden. Das ist aber kein einseitiger Prozess. Zwar beginnt die Veränderung oben, aber das Feedback von unten ist unabdingbar. Das kann zum Beispiel über eine firmeninterne Website geschehen, auf der jeder Kommentare abgeben, Erfahrungen mitteilen und Vorschläge machen darf.
4. Rationale und emotionale Aspekte einbringen:
Entscheider setzen oft nur auf Argumente. Aussagen wie "diese Umstrukturierung wird den Umsatz in den kommenden drei Jahren um 20 Prozent steigern" mögen überzeugen - emotional berühren werden sie kaum. Die gefühlsmäßige Seite der Mitarbeiter spricht auf symbolträchtige Aktionen an. Wer etwa die Grenzen bisher getrennter Teams aufheben will, kann Trennwände in Büros einreißen lassen oder Schreibtische neu gruppieren. Solche Bilder erreichen die Mitarbeiter emotional.
5. Gemäß der neuen Denke handeln:
Es ist wichtig, Policies und Direktiven zu erstellen. Auch Incentives unterstützen den Change. Noch wichtiger sind aber Handlungen. Will beispielsweise eine Bank den Kundenservice verbessern, muss die Führungsriege nicht nur die Schalteristen nach ihren Erfahrungen befragen - sondern sich auch einmal selbst in die Schalterhalle begeben.
6. Drüber reden:
Kommunikation ist für Strategy& ein Schlüsselwort. Das bedeutet, dass die Firmenleitung ihre oberen Stockwerke verlassen und sich den Fragen der Belegschaft stellen muss. Nach dem Modell interner Messen können Entscheider zu bestimmten Zeiten im Foyer stehen und Fragen beantworten oder kurze Präsentationen zeigen.
7. Spezialkräfte einsetzen:
Führung hat innerhalb jeden Unternehmens mindestens zwei Aspekte: Menschen mit formalen Titeln und solche mit informellen. Das kann ein Projekt-Manager sein, mit dem jeder gern zusammenarbeitet - oder die Empfangsdame, die schon 25 Jahre im Hause ist. Strategy& rät, diese Spezialkräfte zu Botschaftern des Changes zu machen. Sie genießen Respekt und Vertrauen innerhalb der Firma und können viel bewirken.
8. Formale Mittel nutzen:
Sichtbar wird Veränderung an Formalem wie Trainings und Belohnungs-Systemen. Verbale Anerkennung für Mitarbeiter, die dem Change folgen, ist nötig, aber alleine nicht ausreichend. Sie sollten auch eine formale Belohnung erhalten.
9. Informelle Mittel nutzen:
Dieser Punkt schließt an Punkt 7 an. Wer die einflussreichen Köpfe in der Belegschaft identifiziert hat, kann diesen zum Beispiel ein neues Motto an die Hand geben. Strategy& nennt das Beispiel eines Zulieferers, der nach einigen Jahren extremer Kostenfixierung stärker auf Kundenservice umschwenken wollte. Für diese unterschiedlichen Prioritäten wurden griffige Slogans gefunden: bisher habe gegolten "Ship by any means", ab sofort aber heiße es "If it’s not right, don’t ship it". Einflussreiche Mitarbeiter haben das wieder und wieder kommuniziert.
10. Die Wirkung messen und nachbessern:
Letztendlich nützen alle Change-Initiativen ohne Erfolgskontrolle nichts. Das heißt: Unternehmen müssen Metriken für das Gelingen ihrer Projekte festlegen und diese auch anwenden. Nur so ist es möglich, die Vorgehensweise immer wieder nachzubessern.

Sechs Themen, die unter den Nägeln brennen

Im weiteren Verlauf des Tages fanden sich die Teilnehmer zu jeweils drei parallel laufenden Workshops zusammen. Den "Praxis-Check Nearshore/Offshore" nahm Lüerßen gemeinsam mit RWE-IT-Bereichsleiter Gillhuber vor. Unter Mithilfe der Workshop-Teilnehmer formulierten sie fünf Thesen:

1. Eine Retained Organsation ist unerlässlich. Sie kümmert sich nach dem Betriebsübergang um die Provider-Steuerung und sorgt unter anderem für Kompetenz zum Supplier-Wechsel (Second Generation Outsourcing) oder zum Rückholen (Insourcing).

2. Wichtig ist auch das Thema Risikoverteilung und Risikoverlagerung zwischen Auftraggeber und -nehmer.

3. Die potenziellen Auftraggeber sind dankbar, wenn gängige Marktstandards für eine Ausschreibung genutzt werden.

4. Das Change-Management ist nach dem Go-live noch lange nicht beendet.

5. Wer in ferne Länder auslagert, muss sich rechtzeitig Gedanken über Zeitunterschiede, persönliche Kontakte und Personal-Management ("Retention") des Outsourcing-Partners machen - auch um die Fluktuation der dortigen Mitarbeiter einzudämmen.

Gillhuber warnte davor, Outsourcing als Mittel zu missbrauchen, um Mitarbeiter abzubauen. "Es wird bestimmtes operatives Know-how outgesourct, aber dafür anderes aufgebaut, zum Beispiel für das Vertrags-, Service-Level-Agreement- und Supplier-Management." Außerdem riet er den Kollegen davon ab, zu viel auf einmal zu wollen: "Wichtig ist eine stringente Planung und ein sehr gutes Projekt-Management. Die Umsetzung erfolgt dann in Phasen." Zudem sei nach dem Go-live weiterhin ein aktives Management nötig, um Ziele wie Kostensenkung und Flexibilisierung auch längerfristig zu erreichen.

Um das Thema "Agile Entwicklung - Herausforderung für Projektsteuerung und Vertragsmodelle" kümmerte sich COMPUTERWOCHE-Redakteur Joachim Hackmann gemeinsam mit Michael Maretzke, Vice President Technology bei Friendscout24, und Hani Istambouli, Geschäftsfeldleiter MRO bei Lufthansa Systems. Wie die beiden Praktiker betonten, sind die agilen Prozesse in den IT-Abteilungen längst verankert. Probleme gebe es allerdings häufig bei der Vertragsgestaltung, wenn externe Entwickler in die Abläufe eingebunden würden.

Michael Maretzke, Friendscout24, kümmerte sich als „Themenpate“ um den Workshop "Agile Entwicklung".
Foto: Marco Hergenröder/Foto Vogt

Hier widerspricht das Paradigma der Agilität dem Ziel der Einkäufer, die klar umrissene Leistungspakete zu definierten Preisen anstreben. Ein Festpreis funktioniert für "agile" Projekte genauso wenig wie das traditionelle Werkvertrags-Modell. Dazu ändern sich die Anforderungen von Kundenseite zu häufig.

Im Video: Sourcing Day 2014 - zufriedenere Kunden durch agile Methoden

Zum Video: Beim Sourcing müssen IT und Einkauf an einem Strang ziehen

Die 10 CIO-Prioritäten für 2014 -
Die 10 CIO-Prioritäten für 2014
Der CIO muss sich 2014 um den Mehrwert der IT für das Unternehmen kümmern. Das ist seine persönliche Aufgabe und Herausforderung, meint Luis Praxmarer von der Experton Group.
1. Aufbau von Innovationsteams
In fast allen Unternehmen steht das Thema Innovation ganz oben auf der Agenda. Die IT muss funktionsübergreifende Teams aufbauen, um alle Innovationsbereiche aktiv angehen zu können: also Innovationen bei Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen. Fast 75 Prozent der Verantwortlichen auf der Geschäftsseite sehen die IT nicht als Innovationsführer, und noch mehr sprechen den IT-Experten die dafür erforderlichen Qualifikationen ab.
2. Business Prozess Know-how, Self-Service, TCE
Entwicklung von Geschäftsprozesswissen; Geschäftsprozess-Masterplan, Self-Service, Total Customer Experience (TCE); Total Customer Experience
3. BI, Big Data, Enterprise Performance Management
Business Intelligence steht auf der Prioritätenliste schon eine ganze Weile ganz oben. Die Implementierung schreitet allerdings nach wie vor relativ schleppend voran und erfolgt meist auf isolierte Weise für einzelne Applikationen. Jetzt steht mit dem Schritt auf die nächste Ebene die Implementierung eines Enterprise-Performance-Management-Konzepts an. Angesichts der zunehmenden Datenmenge aus vielen unterschiedlichen Quellen bieten "Big Data" Konzepte vielen Unternehmen einen exzellenten Mehrwert.
4. Industrie 4.0, Branchen-Trends, IT als Produkt
Der vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0, bescheinigt die Experton Group enormes Potenzial und dies obwohl es von der Regierung initiiert wurde. Laut Wiki ist Industrie 4.0 ein Zukunftsprojekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung, mit dem die Informatisierung der klassischen Industrien, wie z.B. der Produktionstechnik, vorangetrieben werden soll.
5. Workspace of the Future - Mobility
Nicht mehr der Arbeitsplatz steht im Mittelpunkt sondern der Arbeitsraum. Wer hat noch einen festen Arbeitsplatz im herkömmlichen Sinn? Ja, es werden noch viele in den nächsten Jahren sein, aber eben schon lange nicht mehr alle. Es kommt zu einer radikalen Verschiebung durch die Mobilität, die wir heute mit dem Einsatz von ICT erreicht haben. Der "Bring-your-own-Device"-Ansatz (BYOD) hat zu allerlei Kontroversen geführt. Doch Tatsache ist: BYOD wird nicht mehr zu unterbinden sein.
6. Social Business, Strategie & Richtlinien
Social Collaboration bedeutet Dezentralisierung der Organisation und des internen Kommunikationsstils. Bei der externen Kommunikation und geschäftlichen Ausrichtung wird oft vom Social Enterprise / Social Business gesprochen, auch wenn das mit "sozial", verantwortungsvollen Investitionen oder Achtsamkeit eigentlich nichts zu tun hat. Wir alle wissen ja, wie sich durch die sozialen Medien der Kommunikationsstil zwischen Menschen und Organisationen verändert hat. Das muss bei der übergreifenden ICT-Strategie bedacht werden, und die IT-Organisation ist gefordert, entsprechende Empfehlungen für das Unternehmen aufzusetzen.
7. Dynamic Infrastructure dem Business anpassen (Cloud!)
Cloud Computing als neue IT-Architektur des Jahrzehnts, ermöglicht mehr Flexibilität und Business-Fokus für die IT-Strategie. In den meisten Unternehmen gibt es inzwischen eine stabile IT-Umgebung und auch die Effizienz wurde in den vergangenen Jahren gesteigert. Eine agile IT ist allerdings in den meisten Fällen noch nicht umgesetzt worden. Agilität bedeutet, die sehr schnelle Anpassung der Ausgaben und Ressourcen an sich verändernde Märkte.
8. Security & Datenschutz (Cloud, BYOD, Mobility)
Cloud Computing, BYOD und Mobility werden immer wichtiger. Damit sind Sicherheit und Datenschutz ein Muss und eine unabdingbare Voraussetzung. Das Thema Identitätsmanagement nimmt ja bereits seit einiger Zeit eine hohe Priorität ein. Bei der Implementierung vieler Cloud-Lösungen spielt es nun eine ganz entscheidende Rolle. Es muss ein Cloud-Framework aufgebaut werden, das auch die Themen Single-Sign-On, Provisionierung, Verrechnung und Sicherheit adressiert. Das Thema Datenschutz hat und hatte insbesondere in Deutschland immer schon einen sehr hohen Stellenwert und muss natürlich all diese neuen Lösungen mit beinhalten.
9. Skill Analyse & HRM-Strategie
In der Mehrheit der Unternehmen liegt bei der IT-Qualifikation der Fokus zu 90 Prozent darauf, die Systeme am Laufen zu halten. Es geht also um Skills wie Management des IT-Betriebs, Helpdesk, Infrastrukturmanagement, Desktops und mobile Endgeräte und Anwendungsunterstützung. IT-Architekten und Geschäftsprozess-Spezialisten sind dagegen dünn gesät. Anders ausgedrückt, die meisten Skills sind in Bereichen vorhanden, die bereits heute oder spätestens in nächster Zukunft Standard sind und dem Unternehmen keine Wettbewerbsdifferenzierung bieten.
10. Sourcing Strategie überarbeiten (Commodity/Value)
Insgesamt 80 Prozent des Server-basierten Computings wird bis zum Jahr 2020 ausgelagert sein. Es gilt, diesen Trend zu verstehen und sich entsprechend vorzubereiten, zu entscheiden, was Standard ist und was dem Unternehmen einen Mehrwert bringen kann. Auch wenn die Rechenzentren regelmäßig aufgerüstet wurden, sind viele doch nicht in der Lage, moderne Strom- und Kühlungsbedarfe zu erfüllen.

DPDHL-Manager Bäumer unterstützte den Workshop "Strategische Provider-Steuerung". "Cloud ist nicht Cloud", stellte Bäumer fest: "Schauen Sie sich im Detail an, was da verkauft wird." Kritische Punkte seien beispielsweise Datenschutz, Exportrechte oder Skills auf beiden Seiten. Eine Kernaufgabe der Provider-Steuerung ist aus Bäumers Sicht das "Service-Management". Dabei geht es darum, unterschiedliche Dienste so zusammenzustöpseln, dass daraus ein "Ende-zu-Ende-Service" wird.

"Fachbereiche, Einkauf und IT rücken zusammen" - so die Arbeitsthese eines vierten Workshops, den COMPUTERWOCHE-Chefredakteur Heinrich Vaske zusammen mit dem CIO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Hans-Joachim Popp, betreute. Letzterer verantwortet beim DLR auch den Einkauf - zumindest, soweit es die IT betrifft. "Die Schnittstelle, die mich wirklich beschäftigt, ist die zu den Fachbereichen", räumte Popp denn auch ein, "zwischen IT und Einkauf haben wir einen sehr kurzen Draht."

Foto: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Wie Popp klarmachte, haben die dringend notwendigen Standardisierungen in den vergangenen Jahren eine Kehrseite: Sie hätten zum Entstehen von Monokulturen und deshalb von Abhängigkeiten geführt. Es gelte deshalb, wieder mehr Wettbewerb zu stimulieren - ohne aber Unruhe ins System zu bringen: "Wie in anderen Industrien brauchen wir jetzt Second-Source-Konzepte." Als sinnvolle Maßnahmen zur Konkurrenzförderung hätten sich folgende erwiesen:

"Wenn wir die Auswahl an Produkten nicht wieder vergrößern, wird die Zukunft schwierig", sagte Popp. Konkret sollten die Einkäufer Startups und Alternativen zu den Platzhirschen fördern: "In manchen Lieferverhältnissen sind wir an der Grenze angekommen."

Interne Orchestrierung der Cloud-Services

Die technischen Herausforderungen und die Serviceorchestrierung von "Sourcing aus der Cloud" standen für die fünfte Arbeitsgruppe im Vordergrund. Geleitet wurde sie von COMPUTERWOCHE-Redakteur Martin Bayer und Bernd Christoph Meisheit, Geschäftsführer der Sana IT Services GmbH. "Die reine Cloud-Lehre wird noch nicht so angenommen", so das Fazit der beiden. Vor allem Business-kritische Anwendungen müsse man sich zweimal anschauen, bevor man sie einem Cloud-Provider anvertraue. Die unterschiedlichen Arten von Datenschutz erwiesen sich immer wieder als Bremse und Kostentreiber. Ob man die Orchestrierung der Cloud-Services auch auslagern könne? - Das erscheint Meisheit mehr als fraglich. Wichtig sei die Bestandsaufnahme: Was kann die interne IT überhaupt noch leisten mit dem vorhandenen Personal? Das Kostenargument dürfe auf keinen Fall das einzige sein.

Last, but not least diskutierte eine Gruppe über "Retained Organisation und Fachkräftemangel". Andreas Beeres, CIO der Schott AG, gab den Workshop-Teilnehmern und seinem Co-Moderator, COMPUTERWOCHE-Redakteur Hans Königes, einen Einblick, wie er immer wieder die volle Transparenz über Kosten und Leistungen erringt. Beeres und sein Team treffen - gemeinsam mit dem Procurement - für jeden Service separat eine Make-or-buy-Entscheidung: "One size fits all - das geht nicht. Sourcing ist immer Taylor-made."

Andreas Beeres, Schott AG: "Eine mündige IT und souveränes Auftreten gegenüber den Providern funktionieren nur, wenn das Know-how noch im Unternehmen ist."
Foto: Marco Hergenröder/Foto Vogt

Die Anforderungen werden bei Schott regional gesammelt, die Verantwortung für das Demand-Management ist zentral. Bei der Priorisierung arbeiten IT und Business zusammen. "Nichts läuft am Prozess außen vorbei", beteuert der CIO. Das Sourcing dem Einkauf zu überlassen hält Beeres für gefährlich: "Da kann es passieren, dass die bestellte Leistung nicht zu Anforderungen der IT passt, weil das IT-Fachwissen in Einkauf selten vorhanden ist."

Die 7 Todsünden beim IT-Demand-Management -
Die 7 Todsünden beim IT-Demand-Management
Egal welche Branche, Region oder Kundenstruktur — die Nachfrage nach IT-Services wächst. Die Gartner-Studie „Improving Demand Management for Better Monitoring“ bestätigt den Trend, dass Unternehmen immer mehr IT-Systeme, Dienste und Support-Services unterstützen müssen.
Sünde 1: Der Störer
In jedem Unternehmen gibt es Menschen, die ihre Anfragen auf der Prioritätenliste nach ganz oben stellen und so lange stören, bis ihre Erwartungen erfüllt sind. Ob es sich dabei um ständige Nachfragen in der IT-Abteilung handelt oder die Eskalation von Requests — wie ein quietschendes Rad strapazieren professionelle Störer die Nerven der IT-Entwickler und weichen vom Standard-Prozedere ab.
Sünde 2: Das schwarze Loch
Die häufigste (vorwurfsvolle) Nachfrage von Kollegen ist, welchen Status ihr Request denn eigentlich hat oder ob er etwa komplett vergessen wurde. Viele Mitarbeiter haben schlicht keinen Einblick, welchen Status ihr Request eigentlich hat. Wichtige Ideen werden zwar eingereicht, aber sie verenden in einem schwarzen Loch der IT und niemand weiß mehr, was aus ihnen geworden ist.
Sünde 3: Der Jahresplan
Jede IT-Organisation nutzt einen Jahresplan mit einer Vielzahl guter Initiativen für das kommende Jahr. Allerdings verändern sich im Laufe dieses Jahres Prioritäten, Wettbewerbskonditionen und Ressourcen – der Plan bleibt aber immer gleich. Der einst logisch aufgebaute Jahresplan einer IT-Organisation mit allen Initiativen, die sie im laufenden Jahr realisieren möchte, verliert deshalb an Relevanz.
Sünde 4: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Ohne klare Richtung und Priorität bedient die IT einfach immer den Nächsten in der Reihe – wichtigere Projekte dagegen werden verschoben. Ähnlich wie bei notorischen Störern, die produktive Abläufe im Unternehmen gefährden, geraten viele IT-Leiter auch hier aufs falsche Gleis.
Sünde 5: Vermeidungsstrategie
IT-Organisationen haben häufig Bedenken, Ressourcen für bestimmte Initiativen tatsächlich zuzuweisen. Stattdessen verwenden sie viel zu viel Zeit auf die Analyse, frei nach dem Motto: Wenn Du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. Oder aber ihnen fehlen schlicht die Informationen darüber, welche Ressourcen momentan tatsächlich verfügbar sind.
Sünde 6: Entscheidungsangst
Viele Verantwortliche drücken sich um Entscheidungen herum und fällen sie erst, wenn der Zug längst abgefahren ist. Viel zu häufig kommt es vor, dass Prozesse nicht vorankommen, weil wichtige Freigaben fehlen. Engpässe im Organisationsablauf sind umso prekärer, je mehr die IT-Entwicklung in verteilten Umgebungen mit separaten und ausgelagerten Entwickler-Teams stattfindet.
Sünde 7: Hängepartien
Nach der recht erfolgreichen Startphase eines IT-Projekts drängen oft andere Projekte in den Vordergrund – und so versandet eine Initiative, weil niemand sie fortführt. Häufig passiert es auch, dass Verantwortliche befördert und mit anderen Prioritäten betraut werden. So kann auch ein Erfolg am Ende zu Problemen führen.

Wie Beeres berichtet, wurde er vom Schott-Management "geholt mit dem Auftrag, die IT zum Business-Partner zu machen". Dazu gehöre auch, das Know-how darüber, "wie IT geht", im Unternehmen zu halten. "Wir insourcen nicht unbedingt die Leistungserbringung, aber deren Steuerung", sagte der IT-Chef: "Eine mündige IT-Abteilung und sourveränes Auftreten gegenüber den Providern funktionieren nur, wenn das Know-how noch im Unternehmen ist." Es lohne sich, die Mitarbeiter dafür auszubilden.

Im Video: Sourcing Day 2014 - Fazit von Hartmut Lüerßen

Zum Video: Beim Sourcing müssen IT und Einkauf an einem Strang ziehen