Cloud-Datensicherung unter Web 2.0

Backup-Services im Web haben Konjunktur

06.10.2008 von Ulrike Riess
Speichermöglichkeiten im Web machen die lokale Datenhaltung nicht überflüssig. Sie können sie aber ergänzen, wenn sie Collaboration-Funktionen und Verwaltungsdienste mitbringen.

Online-Speicher erlauben es Internet-Anwendern, Daten außerhalb ihres lokalen Rechners abzulegen. In der Regel erfüllt die externe Datenhaltung Backup- und Sicherungszwecke. Doch einige Websites bieten darüber hinaus Services, mit denen die Benutzer Dokumente gemeinsam mit Kollegen und Arbeitsgruppen auf den Internet-Portalen bearbeiten können, und sind daher auch im beruflichen Umfeld eine interessante Option.

Das einfache Ablegen kleinerer Datenmengen wurde bereits vor dem Web-2.0-Zeitalter umgesetzt, etwa im Rahmen von E-Mail-Accounts bei GMX, Web.de und Yahoo. Neu hinzugekommen sind Web-Speicher, die Datenaustausch, Ablage und Bearbeitung erlauben. So gibt es Anbieter, die auch File-Hosting-Dienste offerieren wie zum Beispiel Box.net. Andere Service-Provider wie Amazon wenden sich an Unternehmen, die ihren Entwicklungsabteilungen mehr Flexibilität geben möchten. Eine weitere Gruppe sind die E-Mail-Anbieter, die ihre Services erweitert haben. So erhalten die Kunden solcher Mail-Accounts nun mehr Speicherplatz, beispielsweise für Fotos oder andere Medieninhalte. Ebenso fallen die Beschränkungen der Dateigröße sowohl für Uploads als auch für Downloads weg oder werden großzügig aufgestockt.

Alle Dienstleister legen hohen Wert auf Sicherheit, um bei den Kunden das nötige Vertrauen zu gewinnen. Fast jeder arbeitet mit den üblichen SSL-Verschlüsselungsraten von 128 oder 256 Bit oder mit 448-Bit-Blowfish-Encryption. Dabei sollten Interessenten aber genau darauf achten, wie mit ihren persönlichen Daten umgegangen wird. Zum Teil verlangen Anbieter für ihre kostenlosen Services Informationen, die sie dann in irgendeiner Form vermarkten.

Vorteile und Risiken

Die Vorteile des Online-Speichers liegen auf der Hand. Die externe Festplatte fordert keinen Administrationsaufwand, ist in vielen Fällen kostenfrei und lässt sich überall benutzen. Deshalb verwenden viele Anwender solche Dienste als Backup-Services für den Fall, dass am lokalen Rechner Datenverluste auftreten. Auch lassen sich Informationen innerhalb einer Arbeitsgruppe effizienter bearbeiten und verteilen. Für Privatnutzer sind vor allem der ortsunabhängige Zugriff und der Kostenaspekt wichtig. Ebenso können sie in den Genuss neuer Funktionen kommen, die ihnen die eigenen Rechner nicht gewähren. Dazu zählen etwa Filesharing und Collaboration. Zudem schaffen die Dienste eine einfache Möglichkeit, Ad-hoc-Arbeitsgruppen schnell eine gemeinsame Plattform für den Informationsaustausch einzurichten.

Die mit solchen Diensten verbundenen Risiken sind ebenso offensichtlich. Alles, was einmal im Web abgelegt ist, ist generell angreifbar und einsehbar, sei es durch Hacker, Viren oder andere ungebetene Gäste. Darüber hinaus kann auch die Hardware des jeweiligen Dienstleisters durchaus einen Ausfall oder gar Datenverlust erleiden. Zudem birgt die Online-Speicherung viele Fehlerquellen, hinkt doch die Zuverlässigkeit des Internets hinter der Leistungsfähigkeit eines lokalen Netzes her. Ist der Web-Service nicht erreichbar, ist dies besonders für Unternehmen schädlich, die eine hohe und zuverlässige Verfügbarkeit benötigen. Verteilte Zugriffe erfordern außerdem ein gutes Passwort-Management beziehungsweise eine Verwaltung der Zugriffsrechte.

Dienstleister und Dienstleistungen

Die Anzahl der Service-Provider, die Internet-Speicher bieten, ist beträchtlich, und es kommen ständig neue Anbieter hinzu. Vor allem bestehende Internet-Zugangsanbieter nutzen die Möglichkeiten, ihren Kunden bessere und zusätzliche Leistungen an die Hand zu geben. Nicht immer ist allerdings auf Anhieb klar, wo die Basisleistungen enden und welche Dienste zusätzlich zu bezahlen sind. Wichtige Parameter, die Anwender im Auge behalten sollten, sind neben Speicherplatz auch Beschränkungen in der Dateigröße sowie Zusatzdienste etwa für die Verwaltung der Daten.

Amazon S3

Amazon richtet sich mit dem Speicherdienst an professionelle Anwender. Ein Online-Rechner gibt Auskunft über Preise.

Inbesondere an professionelle Anwender richtet sich der Online-Buchhändler Amazon. Der Speicherdienst "Simple Storage Service", kurz "Amazon S3", wendet sich in Europa explizit an IT-Profis und Firmen. In den USA hat Amazon S3 darüber hinaus auch für den Heimanwender geöffnet. Der Dienst erlaubt preiswerten Zugang zu derselben skalierbaren und zuverlässigen Speicherinfrastruktur, die Amazon selbst für den globalen Website-Betrieb nutzt. Ein einfaches Interface erlaubt den Nutzern, beliebige Mengen von Daten überall und zu jeder Zeit im Web abzulegen beziehungsweise aufzurufen. Der Betreiber verlangt keine Grundgebühr, bezahlt wird nach Verbrauch. Der Einstiegsservice kostet 15 US-Cent pro GB Speicher und Monat. Beim Datenaustausch sind die Kosten gestaffelt und nach GB zu bezahlen. Preisnachlässe gibt es jeweils nach zehn, 40 und 100 Terabyte. Wem die Preisliste zu umständlich ist, der kann die monatlichen Ausgaben auch mit dem Preisrechner kalkulieren (http://calculator.s3.amazonaws.com/calc5.html). Wie ernst es der Buchhändler mit den Diensten für Unternehmenskunden meint, unterstrich er kürzlich mit der Ankündigung, in den CDN-Markt einzusteigen (Content Delivery Network) und den Wettbewerb mit Marktführer Akamai Technologies aufzunehmen. Bei CDN geht es darum, Inhalte in einem garantierten und sicheren Modus auszuliefern.

ADrive.com

Adrive.com zeigt sich gemessen am kostenlosen Speicherplatz als spendabler Storage-Service-Provider, fragt bei Registrierung aber persönliche Daten ab und behält sich eine Prüfung der Inhalte vor.

Spendabel zeigt sich der amerikanische Anbieter ADrive.com. Er stellt Nutzern kostenlos bis zu 50 GB Speicherplatz zur Verfügung. Die Größe einzelner Dateien ist dabei nicht beschränkt. Hochgeladene Daten lassen sich per Download-Link mit anderen Nutzern teilen, vorausgesetzt, diese verfügen über entsprechende Zugangsbefugnisse und sind zudem angemeldet. ADrive bietet mehr kostenlosen Speicher als andere Mitbewerber. Allerdings hat die Großzügigkeit einen Haken: Der Anwender muss persönliche Daten angeben, darunter beispielsweise eine Telefonnummer. Außerdem behält sich der Anbieter eine Überprüfung der abgelegten Inhalte vor. Eine Verschlüsselung liefert nur das kommerzielle Paket für 6,95 Dollar pro Monat. Unternehmenskunden lockt der Betreiber mit individuell angepassten Diensten, die beispielsweise das Corporate-Design des Kunden übernehmen und den Online-Speicher über Schnittstellen in die Unternehmens-IT integriert.

Box.net

Der Dienst Box.net ist kostenfrei, solange der Speicherbedarf nicht 1 GB überschreitet.

Bei Box.net lassen sich die Daten nicht nur ablegen, sondern auch gemeinsam mit anderen dort registrierten Anwendern nutzen. Der Dienst richtet sich an Privat- und Geschäftskunden. Passwortschutz ist hier, wie bei allen anderen Dienstleistern, selbstverständlich. Box.net verfügt über unlimitierte Bandbreite, beschränkt die Dateigröße jedoch auf ein GB. Im Rahmen der Business Edition können fünf weitere Anwender diesen Service mitverwenden. Der Dienst ist nicht kostenfrei. Für 7,95 Dollar pro Monat stehen dem Nutzer 5 GB Speicherplatz zur Verfügung. Dafür erhält der Anwender bereits Services wie Mobile Access oder 24/7-E-Mail- und Telefonsupport. Die Kosten der Enterprise-Version fallen nicht pro Monat, sondern pro Nutzer (15 Dollar) an.

MyDrive

Die Datenspeicherung ist einfach. Der Upload-Button öffnet den lokalen Datei-Manager, die zu sichernden Files lassen sich problemlos auswählen.

MyDrive bietet als kostenfreien Einstieg 1 GB Speicherplatz an. Download-Limits gibt es nicht, die Menüführung ist in Deutsch und übersichtlich. Der aus der Schweiz angebotene Service erlaubt jegliche Datenformate und eine einfache Speichererweiterung, die dann allerdings Investitionen nach sich zieht. 1 GB zusätzlicher Speicher kostet 60 Cent pro Monat, 5 GB schlagen monatlich mit 2,70 Euro zu Buche. Ein 10-GB-Upgrade gibt es für 4,80 Euro im Monat. Die Nutzung von MyDrive ist jederzeit kündbar. Hinter dem Service steht der RZ-Betreiber Softronics Communication AG aus Jona am Zürichsee. Er vertreibt auch Services für das Web-Hosting, den Betrieb virtueller Server und FTP-Speicher.

Wuala

Wua.la/de ist ein Austausch-Service für Bilder, Videos, Musik und Dateien. Er installiert Dienste und ein zusätzliches "Wuala"-Laufwerk auf dem lokalen Rechner.

Wuala bezeichnet sich selbst als "social online storage". Derzeit läuft dieser Dienst noch in der Betaphase, zeigt sich aber generell sehr professionell und funktionsreich. Wuala vergibt 1 GB Freispeicher. Darüber hinaus kann der Kunde nicht einfach nur Speicherplatz hinzukaufen, sondern es gibt auch die Möglichkeit eines "Tauschs". Der Anwender kann freien Speicherplatz seiner Festplatte gegen Online-Speicher eintauschen. Wer lieber kaufen möchte, bezahlt für 10 GB 15 Euro pro Jahr. Zum Funktionsumfang gehören Streaming-Optionen, Verschieben der Files per Drag and Drop, unbegrenzte Dateiengröße oder auch die Verteilung eigener Dateien mittels Link.

GMX, Yahoo und Co.

Auch viele E-Mail-Provider bieten Online-Speicher an, auf denen die Kunden ihre beliebten Media-Files etwa im JPEG- oder MP3-Format ablegen können. Beispiele sind GMX und Yahoo, die solche virtuellen Festplatten auf ihren Portalen bewerben. Yahoo gibt seinen Mail-Nutzern und anderen Interessenten unter der Bezeichnung "Briefcase" 15 GB kostenfreien Speicher. Die Dateigröße ist auf 15 MB begrenzt. Leider ist die Seite noch recht spartanisch und gibt keinerlei Auskunft über mögliche Upgrades in puncto Speicherkapazität. Bei GMX findet man unter Freemail ein Mediacenter, das ein GB kostenlosen Speicher bereitstellt. Die Servicevielfalt ist beachtlich. Der Anwender kann die Namen der gesicherten Dateien ändern. Es gibt Filesharing-Funktionen, einen Fotoservice, eine Auswahl elektronischer Grußkarten und Bilder-Diashows oder MMS-Funktionen. Fortgeschrittene Kunden können über Web-based Distributed Authoring and Versioning (WebDAV) das Mediacenter auch direkt in ihr Betriebssystem einbinden. Dies erlaubt den Anwendern einen ähnlich komfortablen Zugriff auf die Daten wie bei einer Festplatte. Dazu muss der rund 2,7 MB große Upload-Manager lokal installiert werden. Danach steht die Online-Festplatte mit einem eigenen Laufwerksbuchstaben wie ein lokales Laufwerk zur Verfügung.

Backup-Web-Seiten

Angeboten werden auch reine Backup-Web-Seiten wie arvato.de oder Mozy.com. Hier muss sich der Anwender auch für den Gratisdienst Software herunterladen und installieren und kann dann Datensicherungen automatisieren. Bei Mozy sind die ersten 2 GB frei. Wer mehr benötigt, kann eine Desktop- oder Server-Lizenz erwerben. Die PC-Ausführung kostet monatlich 3,95 Dollar je 500 MB. Die Server-Version schlägt mit 6,95 Dollar pro 500 MB und Monat zu Buche. Arvato ist grundsätzlich kostenpflichtig und verlangt bereits für die zu installierende Software 49 Euro. Für den Online-Backup-Dienst mit 2 GB pro Nutzer fallen noch einmal 15,90 Euro monatlich an. Zusätzlicher Speicher in GB-Schritten kostet 2,90 Euro. Diese Services sprechen ausschließlich Unternehmen und andere professionelle Anwender an.

Damit ist die Liste der Internet-Anbieter mit Festplattenplatz natürlich nicht geschlossen. Auch Anbieter wie Xdrive, My-Files, MyDocsOnline und Netfiles bieten zentrale Speichermöglichkeiten. Letzterer richtet sich ausdrücklich an Unternehmenskunden. Netfiles betreibt das Angebot als Software as a Service für das Filesharing.

Eine Frage des Vertrauens

Die Online-Speicherdienste sind nützliche Tools. Neue Web-2.0-Technikern ermöglichen es den Service-Providern, erweiterte Funktionen zu integrieren. Bis zur breiten Akzeptanz ist noch ein gutes Stück Weg zu gehen, und einige Services werden sich hierbei verändern oder gar verschwinden. Beispielsweise wurden Mediamax, der Web.de-Dienst "Comwin" sowie Freeoffice von CAS eingestellt. Interessenten sollten auf der Suche nach geeigneten Online-Diensten auf jeden Fall sehr genau den Funktionsumfang betrachten. Festplattenplatz ist da nur ein Aspekt des gesamten Pakets. Sicherheits-Features, Erweiterungsoptionen, Zugriffsmöglichkeiten etwa via Handy und Vertragslaufzeiten sowie Preispolitik sollten einem kritischen Blick standhalten können.

Backup im Web: Anbieter im Überblick

Anbieter

Kostenloser Speicher

Sprache

Maximale Dateigröße

Zusätzlicher Speicher

Web-Seite

MyDrive

1 GB

Deutsch

keine

Ab 60 Cent pro Monat

www.mydrive.ch

GMX

1 GB

Deutsch

20 MB

Ab 2,99 Euro pro Monat

www.gmx.de

ADrive

50 GB

Englisch

Keine

Ab 13,95 Dollar pro Monat

www.adrive.com

Amazon S3

Nein

Englisch

k.a.

Ab 0,15 Dollar pro Monat

aws.amazon.com/s3

Box.net

Nein

Englisch

1 GB

Ab 7,95 Dollar pro Monat

www.box.net

Mozy

2 GB

Englisch

Keine

Ab 3,95 Dollar pro Monat

www.mozy.com

Arvato

Nein

Deutsch

Keine

Ab 2,90 Euro pro Monat

online-backup.arvato.de

Yahoo Briefcase

15 GB

Englisch

15 MB

k.A.

briefcase.yahoo.com

Google

2,5 GB

Deutsch

10 MB

k.A.

www.google.de

Xdrive

5 GB

Englisch

Keine

Ab 9,95 Dollar pro Monat

www.xdrive.com

My-Files

Nein

Deutsch

Keine

Ab 1 Euro Pro Monat

www.my-files.de

MyDocsOnline

Nein

Englisch

Keine

Ab 9,95 Dollar pro Monat

www.mydocsonline.com

Net-Files

Nein

Deutsch

Keine

Ab 99 Euro pro Monat

www.net-files.de