Bachelor - ist das ein richtiger Abschluss?

03.04.2006 von Magdalena Schupelius
Noch sind sie in Deutschland Pioniere. Udo Werner und Lars Schmidt-Bielicke haben 2004 mit einem Bachelor-Abschluss das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam verlassen und sind ins Berufsleben eingestiegen.

Bachelor of Science in Software Engineering steht in ihrem Zeugnis. Der 24-jährige Schmidt-Bielicke ist seit Mai 2004 Qualitäts-Manager für Navigationssysteme in der Entwicklungsabteilung von BMW in München. Der 26-jährige Werner ist IT Services Manager bei BIG, Berliner Inkasso GmbH, in Berlin.

Dass die beiden den berufsqualifizierenden Bachelor auch wirklich als solchen nutzen, ist durchaus eine Besonderheit. "Noch streben die meisten Bachelor-Absolventen direkt einen Master an", sagt Professor Christoph Meinel, wissenschaftlicher Direktor des Hasso-Plattner-Instituts. Ein Grund dafür ist unter Umständen die Unsicherheit, die zurzeit im Bezug auf den Bachelor besteht. Meinel: "Im Moment bieten auch Berufsakademien und Fachhochschulen Bachelor-Studiengänge an. Da ist die Vergleichbarkeit der Abschlüsse noch nicht unbedingt gewährleistet."

Deutsche Abschlüsse sollen internationaler werden

Gerade das aber war einer der Gründe für die Einführung der Bachelor-Studiengänge. Deutsche Abschlüsse sollten im internationalen Bildungsmarkt transparenter werden. Aber, so Meinel, Bachelor-Studiengänge in den USA seien viel breiter angelegt. "Sie beinhalten noch keine ausgeprägte fachliche Festlegung. Ein Master-Studium wird in den USA häufig erst nach einer Zeit der Berufstätigkeit aufgenommen."

Die derzeitige Verunsicherung im Bezug auf den Marktwert der Bachelor-Abschlüsse bekam auch Udo Werner zu spüren. "Und das ist wirklich ein richtiger Universitätsabschluss?", fragte ihn sein Arbeitgeber, als er sein Zeugnis vorlegte. Der Arbeitgeber ließ sich überzeugen, Werner bekam die Stelle.

Je unübersichtlicher das Bildungsangebot wird, umso mehr schauen Personalchefs darauf, von welcher Universität ein Absolvent kommt. HPI-Absolventen haben gute Karten. Innerhalb weniger Jahre konnte sich das private Universitätsinstitut einen Namen machen. Absolvent Schmidt-Bielicke sagt: "Das Interesse der Personaler an dem neuen HPI-Studiengang hat sicherlich bei der einen oder anderen Bewerbung nicht geschadet."

Früher Blick auf die Praxis

Lars Schmidt-Bielicke fand mit seinem Bachelor-Abschluss seinen ersten Job bei BMW.

Der Bachelor-Studiengang IT-Systems Engineering ist in Deutschland in dieser Form einmalig und von vornherein anders konzipiert als etwa das Grundstudium Informatik an anderen Universitäten. Auf die Vermittlung von Führungsqualitäten und Soft Skills wie Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeit wird großer Wert gelegt. "Daneben steht aber die strenge Ausrichtung an den Erfordernissen der Praxis", berichtet Schmidt-Bielicke. Darin sieht er den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Universitäten. Meinel sagt dazu: "Informatikstudenten lernen in erster Linie, IT-Grundlagen und Systeme zu entwickeln. Später ist aber weit häufiger die Fähigkeit gefragt, Systeme am Laufen zu halten."

Um früh den Blick für die eigentlichen Probleme zu schulen, bearbeiten die HPI-Studenten im Rahmen eines Bachelor-Projektes eine konkrete Industrieanfrage. Zurzeit befassen sie sich mit einem Telemedizin-Projekt für die Charité. "Für mich waren die Erfahrungen, die ich im Rahmen des Bachelor-Projektes gesammelt habe, von großem Wert", sagt Werner, "und sie sind es nach wie vor."

Master als nächster Karriereschritt

Udo Werner fand über die Tätigkeit als Werkstudent zu seinem ersten Arbeitgeber, der Berliner Inkasso GmbH.

Werner ist in die Firma eingestiegen, in der er schon als Werkstudent gearbeitet hatte. Er hat sich sein amerikanisches Modell selbst gebastelt: Neben seiner Berufstätigkeit absolviert er ein Studium zum Master of Computer Science an der Fernuniversität Hagen. Den Abschluss wertet er als "nächsten entscheidenden Schritt meiner Karriere".

Schmidt-Bielicke sieht seine berufliche Zukunft im Automotive-Bereich: "Die Entscheidung für den Bachelor-Abschluss fiel erst während des Studiums. Ich wollte einfach zügig in die Wirtschaft wechseln und das theoretisch Erlernte in der Praxis anwenden." In seinem jetzigen Job kann er sowohl das am HPI erworbene Management-Wissen als auch seine Informatikkenntnisse anwenden. Als Qualitäts-Manager überwacht und steuert er die Lieferanten und versucht, den Prozess zu verbessern. Schmidt-Bielicke: " Mein Job beinhaltet konkret sowohl eine Beratungskomponente als auch technische Anteile." Und bereut hat er seine Entscheidung für den Bachelor noch nie.