Avanade: Die Lernkurve ist am Anfang sehr steil

16.11.2005 von Hiltrud Osterried
120 Stunden Weiterbildung inklusive eines Seminaraufenthaltes in der amerikanischen Zentrale erwarten den Einsteiger. Mitbringen sollte er dafür die Passion für neue Technologien, viel Flexibilität und enorme Lernbereitschaft.

Dass künftige Mitarbeiter eine hohe Affinität zu Technik und speziell zur Microsoft-Welt mitbringen sollten, ergibt sich schon aus der Historie von Avanade: Das Beratungsunterneh-men, das im Jahr 2000 von Microsoft und Accenture gegründet wurde, hat sich auf IT-Projekte mit Microsoft-spezifischen Produkten spezialisiert. In den vergangenen fünf Jahren hat es bereits ein rasantes Wachstum hingelegt. Weltweit erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2004/2005 rund 3000 Mitarbeiter einen Umsatz von zirka 229 Millionen Dollar, im laufenden Jahr soll er bei rund 400 Millionen Euro liegen. Diese Expansion spiegelt sich auch in der deutschen Niederlassung in Kronberg wider, die ebenfalls vor fünf Jahren mit zehn Mitarbeitern anfing. Inzwischen arbeiten dort etwa 80 Angestellte. Ende dieses Jahres sollen es mehr als 100 sein.

Große Bandbreite an Jobs

Ein Blick auf die Stellenangebote auf der Avanade-Homepage zeigt die große Bandbreite an offenen Stellen. Gesucht werden vom Entwickler über den Architekten für .NET-Lösungen und im Bereich Systems Engineering bis hin zum Project Manager oder Senior Sales Executive. Willkommen sind erfahrene Spezialisten, Young Professionals, die bereits über einige Jahre Projekterfahrung verfügen, sowie Berufseinsteiger, die direkt von der Hochschule kommen. "Die Bewerber sollten vor allem eine Passion für Technologie mitbringen und idealerweise bereits über einen technischen Schwerpunkt aus dem Microsoft-Umfeld verfügen", umreißt Yasmine Limberger, verantwortlich für das Recruiting des Beratungsunternehmens, ihre Erwartungen. Gefragt sind zudem Kundenorientierung, Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit.

Erscheint eine Bewerbung interessant, folgt ein erstes, zirka halbstündiges Telefonat mit der Personalabteilung, das teilweise auf Englisch geführt wird. Nächste Hürde ist ein ebenfalls telefonisches Interview mit einem erfahrenen Avanade-Consultant, der das technische Wissen der Kandidaten unter die Lupe nimmt. Danach folgt die Einladung nach Kronberg. Hier müssen die Bewerber neben dem Vorstellungsgespräch eine Fallstudie bearbeiten und präsentieren. "Vom ersten Telefongespräch bis zur Zusage hat es bei mir gerade mal drei Tage gedau-ert", erzählt Pascal Hohensträter, der seit November 2004 bei Avanade als Consultant arbeitet und zuvor Wirtschaftsinformatik an der FH in Konstanz studiert hat. "Ich habe das schnelle Procedere als sehr angenehm empfunden, weil man sehr bald weiß, ob die Bewerbung erfolgreich war oder nicht."

Avanade

Campus Kronberg 7, 61476 Kronberg/Taunus

Tel.: 06173/94 63-800 www.avanade.com

Standorte: 34 weltweit, in Deutschland: Kronberg

Mitarbeiterzahl: weltweit 3100, in Deutschland 85

Umsatz 2004/2005: 229 Millionen Dollar

Offene Stellen: IT-Spezialisten, Vertriebsmitarbeiter, Projektmanager

Geforderte Qualifikation: in der Regel Hochschulstudium mit technischem Schwerpunkt im Microsoft-Umfeld

Ansprechpartner für Bewerber Yasmine Limberger, Tel.: 0 61 73 - 94 63 807

Am Anfang viele Fragen

Seine beiden ersten Arbeitstage verbrachte er wie alle anderen Neulinge in der so genannten Welcome-Session, in der sich das Avanade Core Services Team vorstellt, die wichtigsten Unternehmensabläufe erklärt werden und die neuen Kollegen ihr Notebook und Handy erhalten. Jeder von ihnen wird von einem Career-Manager betreut, mit dem sie auch den individuellen Trainingsplan abstimmen. Er umfasst im Schnitt 120 Stunden Weiterbildung im Jahr, die Berufseinsteiger schließen innerhalb des ersten Jahres die Prüfung zum MCSE (Microsoft Certified Systems Engineer) oder zum MCSD (Microsoft Certified Solution Developer) ab. Jeder, der bei Avanade anfängt, fliegt zudem zu einem einwöchigen Einführungsseminar in die Hauptniederlassung nach Seattle, um die Consulting-Methodik von Avanade kennen zu lernen. "An dem Workshop nahmen 25 Mitarbeiter aus aller Welt teil. Wir hatten die Gelegenheit, ein internationales Netzwerk aufzubauen. Mit einigen tausche ich mich regelmäßig per E-Mail aus", erklärt Matthias Schuldes, der zusammen mit Hohensträter in Konstanz studiert hat und gleichzeitig mit ihm bei Avanade anfing.

Yasemine Limberger, Avanade: "Wir führen das erste Telefongespräch mit dem Bewerber zum Teil in Englisch."

Bei der Einarbeitung setzt das Beratungsunternehmen auf eine Mischung aus Selbstlern-Tools und einer gehörigen Portion Praxis: Nach wenigen Wochen arbeiten die Neuen, begleitet von erfahrenen Consultant, an Kundenprojekten mit. "Die Lernkurve in den ersten Monaten ist sehr steil", fasst Hohensträter zusammen, der sich bisher bei internationalen Großkunden mit Migrationsprojekten im Office-Bereich beschäftigte. "Am Anfang muss man viel fragen. Aber wenn ich ein Tool das vierte Mal implementiere, kann ich bereits einen Großteil der technischen Hürden allein überwinden."

Die Jung-Berater werden in der Regel in Projekten eingesetzt, in denen ihre Spezialkenntnisse gefragt sind. "Es erfordert eine enorme inhaltliche Flexibilität, da jedes Projekt andere Arbeitsschwerpunkte hat", berichtet Schuldes, für den diese Abwechslung den besonderen Reiz ausmacht. Allerdings ist auch in anderer Hinsicht Flexibilität erforderlich: Die Consultants arbeiten überwiegend in Kundenprojekten ,und diese finden nur in Ausnahmefällen an ihrem Wohnort statt. "Wir leben fünf Tage pro Woche aus dem Koffer", fasst Hohensträter zusammen.

Resultate statt Status

Diese Aussicht störte Quereinsteiger Roland Meier nicht, als er im Mai nach sechs Jahren Tätigkeit in einem Systemhaus zu Avanade wechselte. Ausschlaggebend war für ihn vor allem die Möglichkeit der Zusammenarbeit in großen Teams und Projekten im Enterprise-Umfeld. "Im Systemhaus war ich in meinem Spezialgebiet auf mich selbst gestellt. Wenn jetzt ein technisches Problem auftaucht, kann ich das in der entsprechenden weltweiten Community von Avanade kundtun. Meist erhalte ich innerhalb kürzester Zeit eine Antwort", berichtet Meier über die Zusammenarbeit, die außerhalb der Teamarbeit im Projekt meist über Handy oder online stattfindet.

Die Mischung aus schnellem Lernen und abwechslungsreichen Projekten liegt ihm. Sehr positiv empfindet er, dass sich alle Kollegen duzen und dass es bei Avanade keine Rolle spielt, wer mit wem zusammenarbeitet - die Resultate zählen, nicht der Status. "Zudem ist es wichtig, Ziele und eine Perspektive für die Zukunft zu haben. Einer Karriere steht bei Avanade keine interne Struktur im Weg. In traditionellen Unternehmen muss man warten, bis die entsprechende Position frei wird, das wollte ich nicht." Bei Avanade gibt es zwei Karrierepfade: Die fachliche Laufbahn beginnt als Associate Consultant und geht über 13 Stufen bis hin zum Lead Architect. Zudem gibt es die rein technisch orientierte Laufbahn, bei der sich die Berater auch international auf bestimmte Themengebiete spezialisieren.

Die drei Avanade-Einsteiger sind mit ihrer Entscheidung zufrieden. Nach ihren Zielen gefragt, sind sie sich ebenfalls einig: Lernen, Lernen, Lernen - und dabei möglichst viel über das gesamte Technikumfeld erfahren sowie die ersten Karrierestufen erklimmen. Allerdings müsse klar sein, dass sich das Consulting-Dasein nicht für jeden eigne: "Wer um 8 Uhr zur Arbeit fahren und dort immer die gleichen Kollegen treffen will, wird in einem Beratungshaus nicht glücklich."